Es gibt viele Hunde, bei denen die Vorschrift sinnvoll ist, weil niemand sich überhaupt Gedanken macht um den Erhalt der Vibrissen. Auch viele Hundefrisöre nicht. Das musste ich feststellen, als ich auf der Suche nach einem Weg war, drum herum zu schneiden.
Und es gibt auch eine Menge Hunde, deren Fell es leicht macht, mit etwas Vorsicht die Vibrissen stehen zu lassen. Es wäre schön, wenn die Halter solcher Hunde sich hier etwas Zurückhalten würden mit Kommentaren wie "ist doch kein Problem". Seid froh, wenn es bei Eurem Hund kein Problem ist.
Es gibt aber Hunde, deren Fell nicht so einfach zu schneiden ist, wo das Schneiden aber der Gesundheit dient, weil es trotz täglicher Fellpflege sonst zu Problemen kommt. Und das sind nicht alles verzüchtete Hunde. Pudel und Tibet Terrier sind z. B. Gebrauchshunde, deren Fell nichts mit Qualzucht zu tun hat.
Bei Tibet Terriern, Herdenschutzhunden, dient das Fell zur Klimatisierung und zum Schutz vor Angreifern, die sich im Fell verbeißen, statt in der Haut. Die langen Haare hängen vor den Augen, werden aber durch lange Wimpern von den Augen fern gehalten.
Manche Tibet Terrier haben eine Fellstruktur, wo das nicht so gut klappt, die Haare geraten regelmäßig in die Augen, die sich dadurch entzünden. Bei denen ist es angebracht, die Augen frei zu schneiden. Gleichzeitig macht es die Fellstruktur aber unmöglich, drum herum zu schneiden. Das ist nicht der Regelfall, aber bei einigen Hunden ist das halt so. Und bei dem derzeitigen Boom von Doodle-Rassen gibt es immer mehr Hunde mit so schwieriger Fellstruktur.
Wenn man so einen Hund hat, muss man sich entscheiden, ob Augen oder Schnauze mit intakten Vibrissen und langem Fell gefährdet sind für Entzündungen oder Parasiten, die man dort nicht mehr entfernen kann, und wo das tägliche Auskämmen an diesen empfindlichen Stellen langwierig wird und viel mehr ziept. Oder ob bei intakten Vibrissen das alle paar Wochen notwendige Drum-herum-schneiden zur Mammutsitzung wird, was aber auch für den geduldigsten Hund irgendwann zu viel wird, weil alles im Gesicht statt findet. Oder ob man die Vibrissen mit kürzt, die dann aber ihrer Funktion der Unterstützung der Sinneswahrnehmungen beraubt sind.
Ich habe mit Yoshi einen Tibetdoodle, und er hat dieses schwierige Fell vor allem um die Augen herum. Monatelang habe ich alles mögliche ausprobiert. Letztendlich war es mir wichtiger, dass seine Augen keinen dauerhaften Schaden nehmen und ich habe alle Haare auf eine Länge gekürzt, auch die Vibrissen.
Und ich kann diejenigen beruhigen, die meinen, Sinne mit Schmerzempfinden gleichsetzen zu müssen. Die Vibrissen haben keine Schmerzrezeptoren, das Kürzen tut nicht weh. Yoshi hat jedenfalls nichts davon gemerkt.