Mir wäre es definitiv grundsätzlich egal, zu wem nun gegangen wird und wer hilft. Sollte ein Tierheilpraktiker einem Tier besser helfen als ich es kann, so ist mir das nur Recht. Ich bin Tierarzt, um Tieren zu helfen und nicht um andere Berufsgruppen schlecht zu reden oder damit möglichst viel Geld zu verdienen.
Selbstverständlich gibt es Fälle, in denen Tierheilpraktiker und andere Methoden helfen und sogar von Beschwerden befreien können. Auch da ist es mir egal, wie genau das funktioniert, so lange es dem Tier gut geht. Selbstverständlich gibt es auch schlechte Mediziner und natürlich weiß kein Mediziner alles bzw. erlangt irgendwann die Grenzen seines Wissens. Dies zu erkennen und sich dementsprechend zu verhalten, sollte auch jeder zu seinen Fähigkeiten zählen. Auch ist es nicht unbekannt, dass die Schulmedizin ihre Grenzen hat und nicht jeder Fall ausreichend diagnostiziert und behandelt werden kann.
Jedoch erlebe ich regelmäßig die andere Seite. Personen, die anstatt zum Tierarzt lieber einen Tierheilpraktiker, einen Telepathen oder sonst jemanden vertrauen, teilweise ohne jegliche Ausbildung. Personen, die anstatt zum Tierarzt zu gehen lieber mit Hausmitteln behandeln und versuchen die Probleme selbst zu lösen. Wenn diese Tiere zu mir bzw. meine Kollegen kommen, sind sie teilweise schwer bis tödlich krank. Und da frage ich mich, was es der Person nützt: Hat es geholfen nun zu wissen, dass Kokosöl nicht ausreichend hilft, da der Hund an Babesiose gestorben ist? Hat es geholfen zu wissen, dass die Globuli nicht den Tumor beseitigt haben, da der Hund nun voller Metastasen ist und jede andere Behandlung, wie eine Operation, nun nicht mehr besteht? Es geht hier nie um die eigene Gesundheit, sondern um die Gesundheit des Tieres. Und in ernsten Fällen sollte man keine Experimente versuchen.
In diesem Beispiel wäre es also völlig in Ordnung gewesen zu vermitteln, dass ein Tierheilpraktiker auch hinzugezogen werden kann, um weitere Therapiemöglichkeiten zu testen. Es ist jedoch gefährlich zu raten, auf Tierärzte zu verzichten und zu behaupten, ein Tierheilpraktiker oder jegliche andere Person könnte die Erkrankungen genauso gut oder sogar besser heilen. Denn selbst wenn dies möglich ist, so sollte dennoch zuerst eine vernünftige Diagnostik und Therapie begonnen werden. Ein Tierheilpraktiker kann keine Bildgebung betreiben, kann keine Not-Operation durchführen, kann sehr selten innerhalb weniger Minuten wichtige Blutergebnisse haben, kann keine Medikamente verabreichen und noch vieles mehr nicht. Dies sind Methoden, die in akuten Fällen und bei lebensbedrohlichen Situationen Leben retten können. Und bevor eigenständig behandelt wird oder Alternativen in Betracht gezogen werden, sollte das Leben abgesichert sein. Andernfalls habe ich kein Verständnis und hoffe lediglich, dass das betroffene Tier niemals schwer erkrankt.