Hallo Sina, du hast da sehr kluge Fragen gestellt.
Ich möchte mit einer Mischung aus eigenen Ideen / Erfahrungen dazu und wissenschaftlichem Hintergrund antworten. Wissenschaftlicher Hintergrund bedeutet in meinem Fall unbedingt Thieme-Verlag. Dem vertraue ich da meine Fragen immer an. Und ich habe einen brillanten Artikel dazu gefunden tatsächlich. Wenn sich für dich (oder andere) aus diesem Artikel Fragen ergeben, versuche ich die natürlich im Rahmen meiner Möglichkeiten zu beantworten.
Der Artikel:
https://www.thieme.de/de/degenerative-myelopathie-50450.htm
Aber zu meinen eigenen Erfahrungen mit dieser Erkrankung mein Bericht:
Ich habe kürzlich einen bekannten Hund (oder Bekannten-Hund) verloren. Der Verdacht der Klinik kam auf degenerative Myelopathie.
Diese „bescheidene“ Erkrankung kann man tatsächlich sicher lediglich postmortem nachweisen.
Alle anderen Versuche, sich dem zu nähern, erfolgen via Differentialdiagnostik und Ausschlussverfahren.
Der Hund wurde nach der Verdachtsdiagnose neurodynamisch therapiert. Durch diese Therapie verbesserten sich nachweislich das Spüren / Empfinden von Reizen, die Reaktion auf Reize sowie die Reflexe.
Allein dadurch konnte der Verdacht bereits widerlegt werden.
Bei degenerativer Myelopathie wird nichts mehr besser. Warum? Weil das Myelin, das ist die „Polsterung“ um ein Axon, dem Körper der Nervenzelle, die aus Kopf, Hals bzw. Körper und Füßchen oder Armen besteht (seeehr vereinfacht ausgedrückt!) und für die Informationsweiterleitung sorgt, abstirbt oder unwiederbringlich zerstört wird. Folge davon: keinerlei Informationsweiterleitung mehr. Keine Kommunikation „Gehirn <—> Körper und Muskulatur“ mehr.
Nur weil ein Hund Genträger ist, heißt es nicht, er bekommt diese (relativ seltene) Erkrankung, ähnlich ALS beim Menschen. ALS ist, was z. B. Stephen Hawking, der Physiker, hatte. ALS ist so wie degenerative Myelopathie ein Todesurteil.
Sina, was ich dir gern raten möchte: such dir eine Physiopraxis, die neurodynamisch arbeitet, ähnlich beim Humanphysio die „PNF-Therapie“ (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation).
Sieh zu, dass Ihr da fleißig dran bleibt. Und wenn Verbesserungen für deinen Hund zu erzielen sind, weißt du sicher: degenerative Myelopathie ist es nicht!
Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen mit meinen Ausführungen.
Da kann ich in zweifacher Hinsicht ein bisschen beitragen.
Bei unserer Leika war die Tierärztin sich ziemlich sicher, dass es DM ist. Einmal, da sie zur Hälfte Schäferhund war, zum anderen, weil die Symptome trafen. Bei Leika ging es ziemlich schnell, ich denke, es lag an ihrer Vorgeschichte und am Alter. Sie hatte im Juni eine Magendrehung, im August folgte Vestibularsyndrom, was aber völlig ausheilte, es blieb lediglich eine leicht schiefe Haltung des Kopfes, womit sie aber gut zurecht kam. Sie hat ihr Leben lang das Rennen und Toben geliebt (andere Hälfte Husky), musste natürlich nach der Magendrehung zunächst geschont werden. Ende Oktober ging es dann fix. Am Samstag noch ordentlich durch die Felder gerannt, am Montag plötzlich schwache Hinterhand, konnte kaum aufstehen. Nachmittags gleich zum Tierarzt, da kam der Verdacht auf. Die Ärztin sagte, man könnte hochgradig Cortison spritzen, sollte es etwas anderes sein, dann sollte schnell eine Besserung eintreten. Leider half es nicht, am Dienstag morgen waren auch die Vorderläufe zu schwach zum Aufstehen. Beim Fressen fiel auf, dass auch die Kiefermuskeln nicht mehr OK waren. Also blieb der Anruf bei der Ärztin, die dann mittags kam und Leika erlöste.
Zum anderen kann ich die Sache mit dem Myelin auch vereinfacht erklären ( aus eigener Erfahrung, ich habe MS). Man muss sich die Nerven als Elektrokabel vorstellen, Myelin ist die Kunststoff-Isolierung des Kabels.
Durch eine Fehlinformation bildet das Immunsystem Antikörper, die die Myelinschicht angreifen und zerstören. Was passiert also, wenn das Kabel abisoliert ist? Es kommt zum Kurzschluss und der Strom fließt nicht mehr. Folglich kommen keine Signale mehr da an, wo sie hin sollen. Leider kann der Körper das zerstörte Myelin nicht nachbilden, die Leitung bleibt tot.
Ich hoffe, dass ich es so erklärt habe, dass es leicht verständlich ist.
Der einzige Trost - es tut nicht weh.