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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 14. Okt.

Brachycephale Hunderassen

Ein Thema das viele Emotionen auslöst und gerade bei Besitzern einer solchen Rasse auch mal negativ aufgefasst wird. Trotzdem würde ich gerne etwas mehr dazu informieren, da hier auch häufiger Erstbesitzer von Hunden sind und die jenigen, die noch auf der Suche nach ihrem ersten Hund. Unter Brachyzephalen Rassen fallen die bekannten Plattnasen Hunde -auch Katzen- die auch als Qualzuchten bezeichnet werden. Die Beliebtheit dieser Rassen ist auch in heutiger Zeit immer noch groß. Was auch darauf zurückzuführen ist, dass zum einen kognitive Dissonanz herrscht, aber auch, weil immer noch der Aberglaube umher geht, dass diese Rassen auch gesund sein können. Vorab muss man hier sagen, es ist leider unmöglich ein komplett gesundes Tier dieser Art zu züchten. Es gibt Vertreter die weniger Probleme haben als andere, aber das sollte man nicht als etwas gutes Ansehen. Denn weniger Leid heißt am Ende nicht, gar kein Leid. Was sind nun klassische Krankheitssymptome dieser Rassen? Nun das auffälligste Symptom ist wohl die Atmung. Brachyzephale Rassen sind anatomisch so verzüchtet worden, dass durch ihre Kopfform keine freie Atmung möglich ist. Die Atemwege sind zu kurz und die Nasenlöcher häufig so stark verengt das ein Eingriff notwendig ist, bei dem die Nasenlöcher erweitert werden. Sie werden dafür ausgelötet und die äußere Nase wird etwas frei geschnitten. (Ich liefere gerne Bilder von Tierärzten auf Nachfrage, posten werde ich sie aber nicht, weil es kein schöner Anblick ist) Da das Maul zudem sehr klein ist, ist das Gaumensegel fast immer zu groß. Das Gaumensegel ist unter anderen für die Regulierung der Atmung zuständig. Bei Brachyzephalen Rassen ist diese Regulierung sehr schwierig möglich, durch das zu große Gaumensegel. Es rutscht teilweise bei der Atmung in die Luftröhre und verschlimmert dadurch noch die Atemprobleme. Durch diese Atemprobleme sieht man diese Rassen oft mit erhöhtem Kopf schlafen. In manchen Fällen schlafen diese Rassen aber auch mit Spielzeug im Maul. Das sieht zwar sehr süß aus, dient dem Hund aber dazu nicht zu ersticken im Schlaf. Ein weiteres Problem stellt auch das Gebiss an sich da. Das Maul ist zu klein und deformiert. Dementsprechend schaut auch das Gebiss aus. Zähne die sich überlappen, Zähne die schief wachsen, Zähne die gar nicht erst wachsen. Dadurch entstehen häufig Entzündungen im Maul. Das Kauen fällt diesen Hunden dementsprechend auch oft sehr schwer. Weiter geht es mit den Augen. Diese sitzen durch das gewollte hervor quellen leider nicht sonderlich fest, weshalb es zum einen zu Entzündungen kommen kann, die Augen aber auch leicht herausquellen können. Dann müssen sie vorsichtig zurückgeführt werden ins Auge. Ein weiteres Thema sind die Falten im Gesicht. Diese sind teilweise so dicht, das kein Sauerstoff in die Falten gelangt und sich damit schnell bei nicht regelmäßiger Pflege Bakterien dort niederlassen, die schlimme Entzündungen in diesen Falten verursachen. Ein weiteres klassisches Krankheitsbild sind Patellaluxtationen. Hier sind deutlich häufiger Möpse als zb Frenchis betroffen. Auch seriösen Züchtern ist es unmöglich dieses Krankheitsbild wegzuzüchten, da es durch die gewollte Statur dieser Rassen fast unumgänglich ist, das es dazu kommt. Fragt man Hundeqhysiotherapeuten so sind dort häufiger als andere Rassen Brachyzephale anzutreffen mit diesen Problemen anzutreffen ( Eine spannende Podcast Folge gibt es hierzu bei E-Dogs Folge 5) Ich möchte hier keinen Shitstorm aufmachen mit diesem Text, sondern für das Thema sensibilisieren. Vielleicht gibt es hier ja einige Hundebesitzer die gerne ihre Erfahrungen zu diesem Thema teilen möchten. ~~~~~~~~~~~~~<~~~~~~~>~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 
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Ute
22. Okt. 12:11
Interessiert, auf jeden Fall. Ich freue mich über jeden der dazulernen möchte. Jene die aber unbelehrbar sind und weiterhin darauf bestehen das ihre Hunde gesund sind obwohl sie es nicht sein können (gesunde Behinderung gibt es nicht) können einen durchaus zur Verzweiflung treiben.
Dein Engagement verstehe ich, aber ich finde das klingt schon so Oberlehrerhaft.
 
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Vanessa
22. Okt. 12:19
Dazu sollte man erstmal kurz erläutern, dass Bulldoggen eigentlich Arbeitshunde sind. Intelligent, robust, durchsetzungsfähig und loyal. Klingt gut oder? Ist es auch, wirklich. Bis zu dem Punkt gab und gibt es ja auch keine Probleme.
Es wurden irgendwann mal kleine Vertreter der Rassen geboren, nicht mehr groß genug für die Arbeit mit Rindern, dafür aber gut einsetzbar für Haus und Hof, also wurden diese separat neben her weiter gezüchtet. So hatte die Fehlbildung einen Nutzen. Passt.
Jetzt kommen wir dahin, wo es pervers wird. Das Mutationen und Fehlbildungen bei Rassen dabei sein können, hatten wir schon und ist uns klar, brauchen wir also gerade nicht weiter zu erläutern. Diese kleinen Bulldoggen erfreuten sich also einer größeren Beliebtheit, weil loyal, gelehrig, intelligent, aktiv, freundlich, lustig und niedlich, weil kleiner als ursprüngliche Bulldoggen. Und genau diese Niedlichkeitskiste ist den Hunden zum Verhängnis geworden und ist es bis Heute, weil Menschen das gerne bis zur Extreme ausreizen, ohne Rücksicht auf Verluste.
 
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Katrin
22. Okt. 12:20
Dein Engagement verstehe ich, aber ich finde das klingt schon so Oberlehrerhaft.
Ist das so? Das liegt dann wahrscheinlich daran das ich selber immer wieder gerne was dazu lerne. Das Thema beschäftigt mich seit meinem 12 Lebensjahr. Das sind fast 30 Jahre (jetzt fühle ich mich alt🙈) und schon fast genauso lange höre ich von gewissen Leuten immer die selben Sätze wenn es um das Thema geht. Mir geht es auch nicht um Meinungen sondern um Fakten. Mir geht es auch nie um den einzelnen Hund oder die einzelne Rasse sondern um das Problem an sich. Oder besser gesagt die Probleme.
 
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Dogorama-Mitglied
22. Okt. 12:32
Menschen hören in der Regel nur das was sie hören wollen. Eine Bekannte hat sich ihren ersten Hund angeschafft. Löblicherweise hat sie vorher gefragt, was für eine Rasse ich für geeignet halte. Sie ist begeisterte Radfahrerin und wollte einen Hund, der mitlaufen kann. Ich habe ihr extra Rassen genannt, die so gar nicht passen. Na und nun ratet mal, was passiert ist. Sie hat sich einen Wurf Französische Bulldoggen "nur mal so" angeschaut. Und schon war es passiert. Die Kulleraugen, der dicke Poppes mit dem lustigen Bürzel und das ach so niedliche Grunzen hat sie alle guten Vorsätze vergessen lassen. Als sie mir das erzählt hat, wusste ich nicht, ob ich vor Verzweiflung lachen oder weinen sollte. Ich gebe auf und hoffe einfach nur, dass der "Trend" bald zu anderen Rassen tendiert.
 
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Ute
22. Okt. 12:34
Ist das so? Das liegt dann wahrscheinlich daran das ich selber immer wieder gerne was dazu lerne. Das Thema beschäftigt mich seit meinem 12 Lebensjahr. Das sind fast 30 Jahre (jetzt fühle ich mich alt🙈) und schon fast genauso lange höre ich von gewissen Leuten immer die selben Sätze wenn es um das Thema geht. Mir geht es auch nicht um Meinungen sondern um Fakten. Mir geht es auch nie um den einzelnen Hund oder die einzelne Rasse sondern um das Problem an sich. Oder besser gesagt die Probleme.
Ich habs jetzt halt an dem Wort "Unbelehebaren" für mich fest gemacht. Ich hab erst garnicht den Anspruch jemanden, schon garnicht Erwachse zu belehren sondern ihn bestenfalls zu informieren.
Nichts für Ungut, Du schreibst ne Menge guter Sachen und nein, Du bist nicht alt, was soll ich denn dann sagen 🤣
 
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Dogorama-Mitglied
22. Okt. 12:36
https://www.vdh.de/pressemitteilung/artikel/brachycephale-hunderassen/
 
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Katrin
22. Okt. 12:36
Ich habs jetzt halt an dem Wort "Unbelehebaren" für mich fest gemacht. Ich hab erst garnicht den Anspruch jemanden, schon garnicht Erwachse zu belehren sondern ihn bestenfalls zu informieren. Nichts für Ungut, Du schreibst ne Menge guter Sachen und nein, Du bist nicht alt, was soll ich denn dann sagen 🤣
Ich war gerade echt selber geschockt. 30 Jahre!!!! rede ich bereits dasselbe und es hat sich echt nicht viel getan in dieser Zeit😒.
 
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Dogorama-Mitglied
22. Okt. 12:59
Interessante Projektarbeit zum Thema Qualzucht.
https://www.yumpu.com/de/document/read/62248495/quo-vadis-canis-qualzucht-bei-hunden


Besonders erschreckt hat mich das Beispiel von "Danny" (S.10),.ein kranker Pekinese, der auf der Crufts Ausstellung die höchste Auszeichnung bekommen hat und mit dem anschließend kräftig weiter Zucht betrieben wurde, er war ja schließlich ein "Champion".
Es ist mir unbegreiflich, warum hier von Gesetzgeberischer Seite nicht mehr getan wird, wo so viele Züchtungen doch eindeutig gegen das Tierschutzgesetz verstoßen.
 
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Ute
22. Okt. 13:00
Verstehe ich das jetzt richtig? Sehen die ihre felle in den niederlanden davon schwimmen ? Wäre ja mal ne gute sache und vielleicht ändert sich bei uns ja dann auch irgendwann mal was...
 
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Luca
22. Okt. 13:24
Ich denke dass da weniger passiert ist als bei den Ridgebacks, da es bei den brachyzephalen Rassen nicht nur 0 und 1 gibt wie bei einem Gentest, sondern verschiedene Härtegrade. Würde man z.B. nur noch Frenchies zur Zucht zulassen, die absolut keine Atemprobleme haben, dann würde es diese Rasse bald kaum noch geben. In den Niederlanden z.B. gibt es den Ansatz, Hunde mit einem besonders niedrigen Nasenlänge-Kopflänge-Verhältnis von der Zucht auszuschließen. So was macht Sinn, muss aber auch kontrolliert werden. Das wär ein guter Anfang, muss aber auch kontrolliert werden. Vielen ist das Problem aber auch gar nicht bewusst, die sich so einen Hund z.B. als Ersthund zulegen.
Wir haben einen Shar Pei Labbi Mix, und haben uns bewusst für diese Mischung entschieden, da man davon ausgehen konnte dass die Wahrscheinlichkeit für Hautprobleme auf Grund von wenigen Falten so extrem gesenkt wird. Toska hat kaum noch Falten, nur auf der Stirn.
Was wir trotz langer Recherche nicht wussten, ist dass es beim Shar Pei auch zu Atemproblemen kommen kann. Als Welpe hatte sie noch eine eher kurze Schnauze a la OEB, jetzt wo sie fast ausgewachsen ist hat sie eine normal lange Schnauze und keine Atemprobleme. Sie ist zwar kein Ausdauersportler, aber das liegt eher an ihrem ruhigen Gemüt und kompakten Körperbau. Glück gehabt.
Nur viele sind sich den Problemen ihrer Wunschrasse auch einfach nicht bewusst oder verdrängen sie, weil der platte Kopf oder die Raketenstellung beim DSH „so toll“ aussieht