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Claudia
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zuletzt 19. Dez.

Wo beginnt Gewalt im Hundetraining?

Ich habe dazu noch kein Thema hier gefunden. Ich bin noch neu und kenne mich hier noch nicht so gut aus, aber wenn es schon ein Thema dazu gibt bitte sagen ich nehme es dann raus. Loki ist ja jetzt mein erster eigener Hund(davor Familienhund,bis ich 8 war) und ich versuche ihn artgerechte zu erziehen.Ich lese viel über Hundeerziehung und versuche mich auch im Internet weiter im Thema Hundeerziehung fortzubilden,doch es kommt mir in letzter Zeit immer mehr die Frage ab wann wende ich Gewalt in der Erziehung an. Unter Gewalt in der Hundeerziehung hat für mich lange Zeit nur schwere körperliche Strafen wie z.B schlagen, treten oder "Trainingszubehör"was starke Schmerzen verursacht z.B Stachelhalsband, Elektroschocker.. Doch seit ich Loki habe hat sich das verändert und ich stelle mir diese Frage immer öfter. Wir wollen ja ihn unseren Hunden treue Partner haben und wir wünschen uns ja alle den perfekten Begleiter und wir versuchen alle den Hund zu erziehen,dass er der perfekte Begleiter wird.Dabei hat jeder für sich und seinen Hund andere Trainingsmethoden,aber sind die auch wirklich immer okay? Ich höre oft,dass wenn der Hund nicht sofort zurück kommt, reist man Mal fest an der Leine und zieht dann den Hund zu sich damit er weiß,dass du ihn immer unter Kontrolle hast und er es sich merkt und das nächste Mal lieber kommt oder wenn der Hund sich beim Fuß nicht konzentriert soll man zur Korrektur einen festen Rucker machen das er es sich merkt,wieder anderes Beispiel ist wenn der Hund nicht Sitz macht einfach solange auf das Hinterteil drücken bis er sich setzt oder wenn der Hund bellt Schnauze zudrücken und erst loslassen wenn er ruhig ist. Ich könnte noch viel mehr Aufzählen, aber ich glaube es ist klar was ich meine. Ich finde diese Trainingsmethoden fragwürdig,weil schließlich ist ein Hund ein freies Lebewesen und woher nehmen wir uns,dann das Recht diese Tiere mit solchen Konsequenzen beizubringen was wir gerne von ihnen hätten. Sollte man nicht eher versuchen den Hund selber dazu bringen das gewünschte Verhalten zu finden und mit Verstärkern zu belohnen? Ich bekomme wenn ich das sage, aber oft gesagt,dass der Hund einen so nicht respektiert. Ich freue mich sehr über eure Meinungen und Antworten.🤗
 
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Alexandra
21. Apr. 21:02
Gewalt fängt für mich dort an, wo der Verstand aufhört. Meist ist es ein Zeichen von Überforderung und/oder geringes Selbstwertgefühl. Wobei ich jetzt „Gewalt“ mit „übertriebene körperliche oder seelische Züchtigung“ definieren würde. „Druck“, der situationsabhängig und zeitlich begrenzt ist, empfinde ich gelegentlich als nötig, damit der Hund auch weiß, dass ich es ernst meine bzw es in manchen Situationen keine Diskussion gibt. Ich setze jetzt mal voraus, dass der Hund weiß, worum es in dem Moment geht und ich einfach meinen Standpunkt klar stelle.
 
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Claudia
21. Apr. 21:14
Es gibt auch die psychische Gewalt. Körperlich beginnt bei mir, wenn man den Hund beim Gassi mit der Leine zerrt. Ihn nicht schnüffeln lässt oder pinkeln und ihn wge zieht. Nur weil man keine Geduld hat. Gewalt in der Erziehung beginnt für mich, wenn man keinerlei Geduld hat und das den Hund körperlich / seelisch spüren lässt. Gewalt beginnt bei mir, sobald man das Tier anschreit. Gewalt beginnt, ab da wenn der Hund etwas tun soll, worauf er keine Lust hat und ihn drängt. Gewalt hat viele Gesichter. Nur jeder definiert das anders. Was jedenfalls NICHT funktioniert, ist den Hund mit Gewalt trainieren. Liebevolle Erziehung und der Hund hat auch Freude daran. Mein Hund muss leben dürfen. Luft zum atmen. Sie selbst sein. Wer keine Geduld hat, sollte sich kein Tier holen. Ich könnte jedesmal ko**** wenn ich sehe, wie Menschen ihren Hund leicht in die Flanke treten, weil er nicht das macht, was er "soll". Wie Hunde auf den Rücken gehauen wird, damit er sitz macht. Ganz ehrlich, welches Lebewesen, lernt da gerne mit?! Es entsteht lediglich Druck und Angst. Ich hab letztens folgendes gesehen draußen... - Hund bellt / knurrt - Halterin ruckelt an der Leine - Halterin schreit den Hund an : ICH BIN DER CHEF, NICHT DU! Auch habe ich bereits mitbekommen, wie Hunden die schnauze zugedrückt wird, bis sie wimmern. Das sind Mittelalterliche Methoden und traurig dass das noch angewendet wird. Ganz ehrlich... Was nimmt sich der Mensch eigentlich raus? Wieso müssen andere Lebewesen, die sich nicht wehren können, immer unterdrückt werden? Ich persönlich sehe mich nicht als "Chef"meines Hundes an. Ebenso nicht anders herum. Wir sind eine Gemeinschaft. Wir respektieren und lieben uns. Die Frage ist... Wieso stellst du die Frage? Hast du das Gefühl zu weit gegangen zu sein?
Ich stelle mir diese Frage ,da mir Methoden die mir geraten werden oder die ich lese, die Frage aufwerfen ob sie wirklich so harmlos für den Hund sind wie immer getan wird,weil schließlich sind es freie Lebewesen und man sollte ihnen unsere Meinung nicht mit z.B zu drücken der Schnauze beibringen und genau deswegen überdenke ich auch noch Mal meine Erziehungsmethoden,ob sie wirklich so "harmlos" für Loki sind wie ich dachte und mich interessiert,deswegen sehr wo beginnt für andere Gewalt und wie sehen andere dieses Thema.
 
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Andrea
21. Apr. 21:38
Beispiel Schnauze zudrücken bis der Hund aufhört zu wimmern, wäre für mich schon Gewalt. Viele kritisieren hier im Forum ja schon den Schnauzengriff allgemein, den man ja normalerweise nur sehr kurz anwendet. Abgesehen davon nimmt man dem Hund damit eine Art zu kommunizieren, was, denke ich, langfristig eher zu einer stärkeren Eskalation des Verhaltens bzw Überspringen vom Schritt Bellen führt (zu was auch immer der Hund einem mitteilen will). Auch wenn meine der erste Hund ist und ein Welpe, habe ich jetzt schon die Erfahrung gemacht, dass sie mir meistens damit etwas sagen will und dann reagiere ich entsprechend (Pinkel-Winseln -> rausgehen, Forderungsbellen im Auto -> wegdrehen, ignorieren, wenn sie ruhig ist loben). Rütter hatte das im Podcast insbesondere auf Knurren erzählt. Viele Hunde, die beißen, machen die Erfahrung, dass sie ignoriert oder schlimmer bestraft werden fürs Knurren und eskalieren dann halt gleich zum Biss.
 
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Barbara
21. Apr. 21:53
https://dogorama.app/de-de/forum/Erziehung_Training/Massregeln_Korrigieren-wUq1GOYf7QKcOHDxYDbI/ Der sehr schöne Text ist von Frederike, die leider nicht mehr dabei ist. Du musst aber bitte deinen Thread nicht rausnehmehmen, wie du schreibst, es ist ja gut, dass das wichtige Thema mal wieder in den Focus kommt. Wo Gewalt beginnt ist für jeden verschieden. Manche finden es fürchterlich, wenn mit einem Hund per Fußstupps kommuniziert wird, andere halten es für selbstverständlich einen Hund am Halsband aufzuhängen. ( ich muß glaube ich nicht betonen, dass das nicht meinen Ideen entspricht) Auch unsere Hunde haben individuell ein breites Spektrum, mit dem sie uns wissen lassen, was sie sich von uns als Reaktion wünschen. Da kann ein langer tiefer Blick kommen, es gibt aber auch Kandidaten die ihre Zähne sehr kreativ einsetzen können. ( Anregung: googelt Hellhound Foundation, sehr anrührende, intensive Portraits von Hunden die als nicht vermittelbar gelten und resozialisiert werden. Öffnet den Blick, wenn man denkt, man hätte Probleme mit seinem Hund) Gewalt beginnt da, wo die Grenze zu dem, was das Gegenüber zu tolerieren bereit ist, überschritten wird, ohne auf Verletzungen zu achten. Nachtrag: und manchmal ist sie nötig.
 
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Claudia
21. Apr. 22:00
Danke für den Link zu dem Thema. Ich lese mir den am Wochenende durch. Klingt schon sehr interessant und hilfreich. Danke auch für den Tipp Hellhound Foundation.🤗
 
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Dogorama-Mitglied
21. Apr. 22:16
https://dogorama.app/de-de/forum/Erziehung_Training/Aversive_Erziehungs-_und_Trainingsmethoden_und_ihre_Folgen-wFdduIXCtn5RLaB1w93D/ Schau mal hier gibt es auch einen ähnlichen Tread.
 
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Fredi
21. Apr. 22:53
Meine Erfahrung ist erst mal eine gute Bindung zu seinem Hund aufbauen stimmt das dann brauch man das ganze Training nicht der Hundi folgt einem dann auch so freudig oft denke ich wenn ich meine Hunde untereinander beobachte dann sind nicht gerade zimperlich wenn sie sich gegenseitig Maßregeln
 
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Sonja
21. Apr. 23:05
Wir arbeiten seit Beginn nur mit Klicker und positiver Verstärkung . Mein Hund respektiert mich und ich ihn... Viele sind erstaunt/begeistert das er so gut hört. Er ist ein Northern Inuit (Wolfhund) , also eine sehr eigenständige Rasse mit wenig "will to please" also nicht einfach zu führen geschweige denn ein "Selbstläufer" , Aber zwischen uns klappt es ohne jemals irgend welche harschen Methoden ( Leinenrucklen, anschreien.etc) Aversiven Methoden oder gar Gewalt angewendet zu haben. Wir waren/sind von Anfang an in einer IBH Hundeschule , dort wird absolut gewaltfrei und nur mit positiver Verstärkung & Klicker gelehrt/trainiert. Trainieren statt dominieren ist deren Motto...
 
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Melissa
21. Apr. 23:35
Immer wenn ich zu heftig reagiere, wenn ich meinen Hund zum Beispiel anschreie oder an der Leine Rucke oder sie einfach wegziehe, merke ich, dass ich überfordert war. Das sind keine schönen Momente, weder für sie noch für mich. Sie lernt daraus auch nichts. Aber es sind in solchen Momenten auch immer Schock Momente. Sie springt mir zum Beispiel plötzlich vor die Füße und ich trete ihr dabei beinahe auf die Füße. Oder aber sie kläfft und kläfft einen anderen Hund an und ist nicht zu beruhigen. Oder sie will einfach plötzlich auf die Straße losschießen, weil auf der anderen Seite ein Vogel flattert. Ich denke, dass solche Momente sich nicht vermeiden lassen. Ich denke, dass jeder mal überfordert ist und falsch reagiert. Ich denke aber auch, dass es wichtig ist diese Situationen zu reflektieren und sich zu fragen, wie man es das nächste mal besser macht. Und wenn man selber keine Antworten findet sollte man sich Hilfe holen. Mir hilft es auch während des Spaziergangs in mich reinzufühlen. Möchte ich jetzt was trainieren? Was möchte ich üben? Wo gehen wir dafür lang? Bin ich heute konzentriert genug? Kann ich heute genug Geduld aufbringen? Und danach beobachte ich meinen Hund und gucke, ob sie heute aufmerksam ist und etwas anbietet. Seitdem ich mich so auf sie einstelle funktioniert vieles zwischen uns deutlich besser und es entstehen viel weniger überforderte Momente auf beiden Seiten.
 
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Ivonne
22. Apr. 00:33
Also wenn die, die meinen, durch Leckerlies und positiver Verstärkung respektiert dich dein Hund nicht, verwechseln glaube ich einige Dinge. Ja vielleicht hören ihre Hunde perfekt, vertrauen ihnen aber nicht, wenn sie dieses Hören mit komischen Methoden die den Hunden weh tun durchgesetzt haben. Ja vielleicht dauert es etwas länger mit positiver Verstärkung zu arbeiten (kommt ganz auf die Lernbereitschaft des Hundes an) aber es ist doch nachhaltiger! Der Hund schließt Vertrauen, folgt und lernt. Wobei positiv nicht immer nur Leckerlies sind, man muss halt ausfinden was für das Tier das Größte ist. Bei Ava war es anfangs schon Streicheleinheiten. Gewalt lehne ich ab, meine beiden Auslandshunde haben genug Gewalt erfahren, das reicht für 2 Leben 🙈 wenn Louis dann mal nicht so dolle hört, lasse ich ihn das über meine Stimme spüren (damit ist nicht anschreinen gemeint) , das ich das grad echt doof finde, wichtig dabei finde ich es aber auch sofort zu zeigen, wenn ers dann toll macht. Ava kriegt man manchmal nicht aus ihrem "ich drehe durch weil ich uuuuunbedingt den anderen Hund dort kennenlernen will" Tunnel. Irgendwann habe ich festgestellt, das sie es echt doof findet angepustet zu werden..also puste ich sie an habe dadurch kurz ihre Aufmerksamkeit, zeige ihr ein Leckerlie und zack ist ihre Aufmerksamkeit bei mir. Mittlerweile ist durchdrehen bei anderen Hunden fast kein Thema mehr. Ich arbeite also auch irgendwie in manchen Situationen mit Druck (aber ohne Gewalt), hebe ihn jedoch sofort auf und bin wieder freundlich.