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Joe
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zuletzt 31. Okt.

Wieviel Entscheidungsfreiheit für Hunde?

In einem anderen Thread meinte eine Kollegin, sie würde ihrer Hündin viele Entscheidungen, wie zB die über die Gassirouten, überlassen. Ich haber viel darüber nachgedacht, weil ich das wo möglich auch mal mache, hab aber festgestellt, dass es häufig eben einfach nicht möglich ist. Einerseits hab ich in meiner direkten Wohnumgebung genau drei Gassen mit ausreichend Strassenbegleitgrün um halbwegs vernünftig Geschäfte verrichten zu können. Da ist die Wahlmöglichkeit schon für mich kaum gegeben und für den Hund nur dann, wenn nicht auf einem der Wege eine Erledigung ansteht. Oder es einem wahrscheinlichen Trigger zu vermeiden gilt. Oder grad einige andere Hunde die Grünstreifen in eine Richtung besetzt halten. Bei weiteren Ausflügen wird es auch nicht unbedingt besser. Erstens kann ich Hund nicht fragen, ob er lieber mit Ubahn in den Prater, mit Bus an den Wienerberg oder mit Auto nach Mödling runter will, und zweitens folgt man dort dann auch oft den Wegen, wo zB Freilauf erlaubt ist oder es weniger matschig ist, oder der ausgeschilderten Wanderroute...oder, oder, oder... Was entscheidet euer Hund? Wie ermöglicht ihr diese Auswahl? Und wieviel davon braucht ein Hund eurer Meinung nach, um glücklich und zufrieden zu sein?
 
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Nadine
20. Okt. 10:11
Ich glaube, wir haben hier unterschiedliche Definitionen von Entscheidungsfreiheit 😉 Wenn ich sage, Wayne darf auch mal entscheiden wo wir lang gehen, heißt das, er darf Vorschläge machen und anzeigen, wo er hin will (und besonders, wo er NICHT hin will). Ob wir das dann machen, entscheide im Endeffekt ich, wir sind also in der Kommunikation. Wenn er irgendwo nicht hin will, wird das zum Beispiel zu 99% akzeptiert oder wir einigen uns auf ein Kompromiss. Zum Beispiel sitzt da ein fremder Hund, er will nicht dran vorbei, also laufen wir einen Bogen, schnüffeln unterwegs deeskalierend (also nur er 😜) und machen es allen so angenehm wie möglich. Wenn er abends aber nicht raus will, weils regnet, ich aber weiß dass es so bald nicht aufhören wird und er sogar aktuell Probleme mit der Verdauung hat, dann muss er da halt durch. Wenn er dann sein Geschäft erledigt hat und an der nächsten Kreuzung abfragt, ob wir heim gehen, wird das aber natürlich wieder angenommen. Oder wir sind irgendwo wandern, haben 3 Wege zur Auswahl, überlegen wo wir lang müssen/wollen und er läuft zu einem Weg und schaut mich an. Wenn nichts dagegen spricht, warum sollte ich da nicht lang gehen? Er rennt ja nicht einfach los, sondern schlägt höflich vor. Ich kann mir vorstellen, dass viele, die hier schreiben, der Hund entscheidet nicht, das genauso handhaben. Ich sehe es als Entscheidung, die der Hund treffen darf, aber eben auf Rücksprache. Andere sehen es als ihre Entscheidung, nachdem der Hund angefragt hat. Am Ende ist es aber das gleiche, egal wie man das Kind nennt ^^ Was ich tatsächlich sehr kritisch finde, wenn Meideverhalten vom Hund ignoriert wird und er trotzdem weiter gehen muss, weil der Mensch da jetzt lang will und Richtung und Geschwindigkeit vorgibt. Gestern erst erlebt: uns kommen 2 Frauen mit einem Goldie frobtal entgegen. Wayne beschwichtigt schon von weitem, dem Goldie ist es auch sichtbar unangenehm. Er wird immer langsamer und dreht den Kopf weg. Die Frau hängt sich mit voller Kraft in die Leine und zerrt den Hund weiter und lacht dabei. Wir sind dann so gut es ging den Hang daneben hoch gekraxelt, für Wayne war es schon zu nah (er wollte eigentlich deeskalierend schnüffeln, die wären aber nen halben Meter neben uns lang und damit mit der schon existierenden Anspannung viel zu nah, also hab ich seinem Wunsch nicht nachgeben können) und er hat kurz gebellt. Und die Frauen schutteln nur lachend den Kopf. Der Goldie hatte einen sehr valide Grund für sein Verhalten, es war sogar höflich. Wurde aber als Fehlverhalten gewertet und weiter gezogen, weil der Mensch das ja entscheidet, und erst dadurch kam eine für alle unangenehme Situation zustande. Ich gehe mal davon aus, dass so etwas hier nicht mit "ich entscheide alles" gemeint ist 😉
 
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Kristina
20. Okt. 10:20
Meine war anfangs vorsichtig und verunsichert. Ich geb zu, ich fand es super, als sie auch mal etwas selber entschied. Aber eins ist für mich immer klar: Ich entscheide das Grundlegende. Also wo geht es hin, wie wird sich bewegt ( zu Fuß oder Rad, frei oder Leine). So 1x im Monat mache ich jetzt eine "Io-Runde", d.h.: sie darf entscheiden wohin wir gehen...sehr spannend. Geht hauptsächlich um schnüffeln. Interessant finde ich auch, dass es absolut nichts mit den üblichen Gassitouren zu tun hat und vermehrt im Dorf und durch Straßen geht statt in die Felder oder den Wald.
 
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Daniela
20. Okt. 10:20
Ich glaube, wir haben hier unterschiedliche Definitionen von Entscheidungsfreiheit 😉 Wenn ich sage, Wayne darf auch mal entscheiden wo wir lang gehen, heißt das, er darf Vorschläge machen und anzeigen, wo er hin will (und besonders, wo er NICHT hin will). Ob wir das dann machen, entscheide im Endeffekt ich, wir sind also in der Kommunikation. Wenn er irgendwo nicht hin will, wird das zum Beispiel zu 99% akzeptiert oder wir einigen uns auf ein Kompromiss. Zum Beispiel sitzt da ein fremder Hund, er will nicht dran vorbei, also laufen wir einen Bogen, schnüffeln unterwegs deeskalierend (also nur er 😜) und machen es allen so angenehm wie möglich. Wenn er abends aber nicht raus will, weils regnet, ich aber weiß dass es so bald nicht aufhören wird und er sogar aktuell Probleme mit der Verdauung hat, dann muss er da halt durch. Wenn er dann sein Geschäft erledigt hat und an der nächsten Kreuzung abfragt, ob wir heim gehen, wird das aber natürlich wieder angenommen. Oder wir sind irgendwo wandern, haben 3 Wege zur Auswahl, überlegen wo wir lang müssen/wollen und er läuft zu einem Weg und schaut mich an. Wenn nichts dagegen spricht, warum sollte ich da nicht lang gehen? Er rennt ja nicht einfach los, sondern schlägt höflich vor. Ich kann mir vorstellen, dass viele, die hier schreiben, der Hund entscheidet nicht, das genauso handhaben. Ich sehe es als Entscheidung, die der Hund treffen darf, aber eben auf Rücksprache. Andere sehen es als ihre Entscheidung, nachdem der Hund angefragt hat. Am Ende ist es aber das gleiche, egal wie man das Kind nennt ^^ Was ich tatsächlich sehr kritisch finde, wenn Meideverhalten vom Hund ignoriert wird und er trotzdem weiter gehen muss, weil der Mensch da jetzt lang will und Richtung und Geschwindigkeit vorgibt. Gestern erst erlebt: uns kommen 2 Frauen mit einem Goldie frobtal entgegen. Wayne beschwichtigt schon von weitem, dem Goldie ist es auch sichtbar unangenehm. Er wird immer langsamer und dreht den Kopf weg. Die Frau hängt sich mit voller Kraft in die Leine und zerrt den Hund weiter und lacht dabei. Wir sind dann so gut es ging den Hang daneben hoch gekraxelt, für Wayne war es schon zu nah (er wollte eigentlich deeskalierend schnüffeln, die wären aber nen halben Meter neben uns lang und damit mit der schon existierenden Anspannung viel zu nah, also hab ich seinem Wunsch nicht nachgeben können) und er hat kurz gebellt. Und die Frauen schutteln nur lachend den Kopf. Der Goldie hatte einen sehr valide Grund für sein Verhalten, es war sogar höflich. Wurde aber als Fehlverhalten gewertet und weiter gezogen, weil der Mensch das ja entscheidet, und erst dadurch kam eine für alle unangenehme Situation zustande. Ich gehe mal davon aus, dass so etwas hier nicht mit "ich entscheide alles" gemeint ist 😉
Genau. Ich entscheide grundsätzlich, aber der Hund und ich kommunizieren, und seine Bedürfnisse und Befindlichkeiten werden berücksichtigt. Und „bei Regen abends raus“ ist für Hund und Mensch blöd, aber ein klarer Fall von „isso“.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Okt. 10:26
Wenn ich das hier so lese gehöre ich eher zur liberaleren Seite 😅 Mein Hund (auch alle Vorgänger) darf vieles selbst entscheiden- welches Spielzeug sie möchte (ja, wir haben eine Spielzeugkiste die frei zugänglich ist), welcher Kausnack, wo sie schlafen möchte… klar gibt es Regeln (z.B. beim Essen wird weder gebettelt noch auf den Schoß gehüpft, wir sind höflich & nett zu anderen Lebewesen usw.), aber eben auch viele Freiheiten, und das funktioniert (zumindest bei und für uns). Beim Spaziergang gehe ich auf dem Hinweg voran, dabei wird auch trainiert, auf dem Rückweg darf sie dann schauen, gehen und schnüffeln wie sie mag. Kommt wahrscheinlich auf den Einzelcharakter des Hundes an, für uns klappt das bisher prima. Den Vergleich mit der Kindererziehung finde ich übrigens gar nicht verkehrt 🤔
 
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Dogorama-Mitglied
20. Okt. 10:44
Ich hab mir vor kurzem dieses Interview mit einem Shaolin-Mönch Gange hört: https://youtu.be/ow57EMimOoI?feature=shared Er erklärt in dem Gespräch, dass ihm das sehr durchstrukturierte Leben im Kloster zu mehr innerer Freiheit verholfen hat. Wenn ich es richtig verstanden habe, führte das Wissen darum, dass der Tagesablauf festgeschrieben ist und er seinen Bedürfnissen nicht uneingeschränkt folgen konnte, dazu, dass er langfristig eine Unabhängigkeit von seinen Bedürfnissen erlangen konnte, diese also nicht zeitnah befriedigen muss, sondern dann , wenn sie “dran sind”. Hab mich gefragt, ob man das bei Hunden auch so erklären könnte.
Solche Tatsachen werden immer wieder mal untersucht und zwar auch warum Menschen älter werden als andere. Ein geregelter Alltag sorgt für Vermeidung von Stress. Meistens geht es darum, dass wir ein zu großes Angebot von unnötigen haben. Hunde würde ich sagen haben natürlich Bedürfnisse jedoch noch nicht soo viele wie der Mensch wir denken an diese Bedürfnisse auch auch außerhalb der Situation. Hunde würde ich mal behaupten haben ihre Bedürfnisse eher situationsbedingt (natürlich ist das nur Spekulation denn ich kenne die Gedanken Gänge nicht) Der Stress bei Hunden kommt wenn man ihnen Aufgaben gibt wie auf das Rudel aufpassen. Das ist eine Aufgabe die man immer machen muss und Stress ist. Ich stimme dir zu, dass ein Hund ein geregelten Alltag braucht und auch Regeln wie: du braucht nicht aufpassen, du läufst nicht weg, du gehst nicht auf die Straße, du darfst nicht zu anderen Hunden hin…. etc. Trotzdem kann er in der Zeit auch freie Entscheidung treffen das schließt sich meiner Meinung nach nicht aus wie gehen wir heute hier lang oder nicht oder jetzt möchte ich mit dir spielen. Ich glaube nicht das ihn das stresst denn er entscheidet und trotzdem könnte ich noch eingreifen.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Okt. 10:56
Hier wurde auch nochmal das beschrieben, dass der Hund frei entscheidet wann er isst. Ich weiß nicht mehr von wem 🤔 Ich persönlich bin kein Typ der sagt das Futter sollte zur freien Verfügung stehen denn ich brauche das füttern als Ritual für den Alltag. Jetzt beginnt der Tag es sind Abläufe z.B Ich arbeite jetzt oder nach dem Abendessen ist Ende mit spielen und Gassi Touren. Das Klappt sehr gut um Bertha zur Ruhe zu bringen.
 
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Vivi
20. Okt. 13:03
Wenn ich Pico nur entscheiden lassen würde wo wir hingehen, würden wir ausschließlich zu Freunden gehen oder ins Auto und das Gassi gehen komplett sein lassen. Deswegen entscheide ich wo es hingeht und er darf im Wald die Wege auswählen, oder am Park die Richtung etc.
 
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C.
20. Okt. 15:14
Ich finde auch Freiheit ist an Bedingungen geknüpft. Sein wir mal ehrlich freie Entscheidung ist super. Aber auch wir Zweibeiner habe so viele Freiheiten weil wir uns andererseits an viele Regeln halten. Manche davon sind nirgends fest geschrieben aber gesellschaftlicher Konsens. Sanktioniert wird dann erst, wenn zu viele eine Grenze deutlich überschreiten. Dann wird auf staatlichen Seite eingegriffen. Wir bewegen uns also auch frei innerhalb mancher fließenden und auch festen Grenzen. So halte ich das mit den Tieren. Es gibt Grenzen die sind unantastbar. Innerhalb derer ist Spielraum.
 
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Eva
20. Okt. 20:03
1.Ich habe eine Kiste mit Spielzeug. Er kennt diese Kiste und zeigt durch hinschauen auch an das er nun spielen möchte. Er darf dann raus suchen was er nehmen möchte. 2. Ich will weitergehen auf dem Spaziergang, er aber lieber Stehgassi machen und den Rüssel in die Luft hängen. Alles klar. Machen wir (außer ich stehe unter Zeitdruck natürlich) 3. Gassirunden klar. Wenn es die Zeit übrig lässt. Meistens der Fall zum Glück 4. Beim Training. Wenn er zeigt... nö kein Bock dann machen wir was anderes. Trainieren zu einem anderen Zeitpunkt. 5. Bei der Pflege, dem täglichen Check-Up: Setze das das 1. Mal gegen 18:00 an, er will nicht...Ok dann eben nach der letzten Gassirunde. Wird aber jeden Tag gemacht und ist auch sehr positiv aufgebaut, also keine Angst oder so...geht nur um die Böcke ob jetzt oder später. 6. Kuscheln: Er dackelt auf mich zu, ich biete ihm schmusen an, er kommt dann oder legt sich wieder auf seinen Platz. Das sind die Punkte die mir jetzt spontan eingefallen sind 😉 Wichtiger Punkt: Wir haben einen fest strukturierten Tagesablauf. Bedeutet er hat Erwartungssicherheit und weiß genau ... Wenn z. B. Frauchen Stuhl da hin schiebt ist Freizeit (Bürostuhl Homeoffice 😂) oder Heia gemacht nach dem Füttern, Frauchen zieht sich an, es geht raus. Wie gehen in den Garten, danach ist Training angesagt usw. Er kennt also genau den Ablauf und wie es weitergeht wenn er jetzt gerade das Training zum Beispiel nicht möchte und lieber kuscheln.
 
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Ines
20. Okt. 20:07
Wo es lang geht entscheide ich schon immer. Da kommt es ganz auf meine Befindlichkeiten an. Mal mag ich die " Herausforderung" und mal mag ich einfach nur Ruhe und Natur. Mein Hund macht das so mit und ist sicher auch glücklich so.