Home / Forum / Erziehung & Training / Tierschutzhund sozialisieren

Verfasser-Bild
Christian & Ineke
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 24
zuletzt 1. Sept.

Tierschutzhund sozialisieren

Hallo liebe Community, ich habe ein paar Fragen zum Thema sozialisieren. Yoshi (5 Jahre alt, kastriert) aus dem Tierschutz, kam als Junghund nach Deutschland und von der Pflegestelle recht schnell zu seinem ersten Frauchen. Nach 2-3 Jahren ging es für ihn zurück zur Pflegestelle, wo er vier Monate blieb, bis er Anfang des Jahres zu meinem Mann und mir durfte. In den acht Monaten ist wahnsinnig viel passiert, wir konnten einige Dinge vor denen er Angst hatte positiv "überschreiben". So zum Beispiel seine Angst vor angelehnten Türen. Diese Woche hat er sich zum ersten Mal getraut die Tür mit der Schnauze aufzustoßen, anstatt sich nur durchzuquetschen, wenn es sein musste. 🥲 Da sein erstes Frauchen ihn kein Stück sozialisiert hat, haben wir nun einen großen Brocken Arbeit vor uns allen, den wir nach und nach erklimmen. Mein Ziel ist es, dass er zumindest sicherer und entspannter in fremden / ungewohnten Situationen und Orten wird. Toll finden muss er nicht alles. Tun wir Menschen immerhin auch nicht. 🙃 Ich bräuchte also ein paar Tipps, wie ich ihm mehr Sicherheit in unbekannten Situationen geben kann oder wodurch. Gerade üben wir daran, dass es nicht schlimm ist an Bahnhof vorbei zu gehen, da hat er nämlich wahnsinnige Angst. Selbst, wenn ich etwas entfernt vom Bahnhof mit ihm auf Freunde warte hat er schon Angst. Da er wirklich vieles nicht kennt möchte ich ihm wirklich mehr Sicherheit geben, fühle mich aber manchmal überfragt, wie ich es (besser?) machen kann. Die meisten Dinge gehen wir in kleinen Schritten an und das darf auch so bleiben. Wenn ihr Tipps für mich habt, oder was bei euch geholfen hat, wäre ich euch sehr dankbar.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Lisa-Eileen
30. Aug. 08:40
Bei uns waren es z. B. am ehesten Autos, die Grusel auslösten und an denen man Never ever (!) hätte vorbeikommen können. Tritt fand ich da eher nicht so angesagt, allein schon der Eigentümer wegen. Ich habe mich dann wie ein Boxengirl 🙈 streichelnd und räkelnd an Reifen und Motorhaube versucht 🙈🙈 Finde ich heute noch peinlich, echt, aber: hat nach einigem Durchhaltevermögen Wunder bewirkt. Heute sind nur noch Autos gruselig, die da stehen, wo nie eins steht, z. B. am Waldrand o.ä.
Die Bilder im Kopf.🤣 Also Autos würd ich aus Prinzip schon nicht anfassen weil ich schiss hätte wenn der Besitzer es sieht das der denkt man macht iwas komisches daran, man weiß ja nie wie die Person drauf ist. Letzteres kannte ich nur in der Angstphase, das geht jetzt mittlerweile. Nur wenn wieder Pilzzeit ist und die Pilzsucher im Wald unterwegs sind dann guckt der Herr Sheriff mit erhobener Rute ganz empört weil das geht ja garnicht, man geht ja nicht vom Weg ab.🤣
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Lisa-Eileen
30. Aug. 08:41
Bei uns hat es geholfen, Dinge „ schön“ zu füttern. Viel mit Leckerlis belohnen, aber auch in gewissen Grenzen ablenken (der Hund soll den Reiz mitbekommen, eventuell aus größerer Entfernung aber durch das werfen von Leckerlis auf etwas anderes, um gelenkt werden). Außerdem haben wir (da wo möglich), Orte oder Situationen mit viel Futter (zum Beispiel füttern in der leeren Badewanne, es passiert nichts weiter) positiv aufgebaut. Nachtrag: wenn der Hund kein Futter nimmt, ist der Reiz eventuell noch zu stark. Beispiel Bahnhof würde ich größere Entfernung einhalten oder den Reiz des Futters zum Beispiel durch Bewegung erhöhen.
Oder Schlabbertube, wird meist besser angenommen als Leckerlies... bei uns zumindest ists die höchste Belohnung.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Jochen
30. Aug. 16:13
Aber noch mal zurück zum Thema „sozialisieren“. Eine Sozialisierung wie sie in bestimmten Entwicklungsstufen hätte ablaufen sollen, ist nicht nachholbar. Und man schreibt/sagt immer „der Hund ist nicht sozialisiert“. Aber jeder Hund ist sozialisiert, nur eben vielleicht nicht auf die Lebensbedingungen, mit denen er jetzt leben soll. Das Problem ist, dass diese Hunde oft gar nicht mehr oder viel schlechter generalisieren können, als wenn sie im Welpenalter diesen Reizen ausgesetzt gewesen wären. Also -klassisches Beispiel- wenn Welpen bärtige Männer kennenlernen und positiv verknüpfen, sind für sie später erstmal alle bärtigen Männer kein Problem. Fehlt diese Welpenerfahrung, muss jeder Bärtige einzeln neu bewertet werden… Man kann das ein bisschen vergleichen mit dem Spielen eines Instruments. Hast du das nicht schon als Kind gelernt, wirst du als Erwachsener nicht in der Profiliga mitspielen können, so sehr du auch übst.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Christian & Ineke
1. Sept. 13:56
Nochmal zum Thema Bahnhof: um welchen Bahnhof geht es denn? Bremen Hbf oder irgendein kleinerer Bahnhof? Ich würde mal überprüfen, was das eigentliche Problem ist: die Geräusche des Bahnhofs oder der ganze Trubel am Bahnhof. Ich würde mir an deiner Stelle daher erstmal einen ganz kleinen Bahnhof in deiner Umgebung suchen und dort mal hingehen. Wenn gerade keine Züge fahren und dort sind. Und wenn sowieso wenig los ist. Die Vorbeifahrt des Zuges dann im Bahnhofsgebäude erleben. Oder sogar im geparkten Auto. Mir stellt sich auch die Frage: MUSS der Hund Bahnhof können? Wenn nein würde ich das tatsächlich auch einfach erstmal weglassen und durch z.B. Hundesport und dadurch viele gemeinsame positive Erlebnisse die Bindung und das Selbstbewusstsein des Hundes stärken. Und erst dann aus einer erreichten Stärke heraus das Thema Bahnhof neu angehen. Thema „angelehnte Türen“. Dass euer Hund angelehnte Türen mit Skepsis betrachtet spricht für seine Intelligenz. Angelehnte Türen bergen das Risiko, dass sie sich im Zug weiter öffnen und / oder dann zuknallen. Hohe Verletzungsgefahr für Haustiere. Vielleicht hat euer Hund in seiner Vergangenheit genau das bereits am eigenen Leibe erlebt. Bei uns gibt es keine angelehnten Türen. Entweder stehen sie offen, mit Türstopper gesichert oder sie sind geschlossen.
Bei uns in Achim gibt es nur einen kleinen Bahnhof. :) drei Gleise, wenn ich es jetzt richtig im Sinn habe. Der Trubel am Bahnhof kann es nicht sein, da wir zu Zeiten dort waren, wo die Pendler lange durch waren. Von daher bin ich mir nicht sicher, ob es die Geräusche oder der Ort "Bahnhof" an sich ist. Vorerst muss er das nicht können, aber mein Mann und ich haben geplant mal mit dem Zug zu verreisen, zum tracken. Da wäre es für den Hund natürlich schön, wenn er keine Angst haben muss. Wenn ich mit dem Auto am Bahnhof bin hüpft er zwar aus dem Auto raus und begleitet mich auch, um Freunde abzuholen. Sobald es zum Auto zurückgeht rennt er zurück und wartet ganz Ungeduldig darauf, dass ich die Tür aufmache. Das mit den Türen im Haus haben wir auch schon vermutet. Meist sind die Türen auch alle offen oder eben zu. Manchmal passiert es mir noch, dass ich Türen anlehne, jetzt weiß Yoshi aber, dass er die Tür aufstoßen kann. Hundesport o.ä wollen wir unbedingt in Angriff nehmen und nach den ganzen Rückmeldungen hier bin ich noch mehr motiviert das anzugehen.