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Emily
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Anzahl der Antworten 33
zuletzt 29. Juni

Schadensbegrenzung nach aversivem Training

Hallo zusammen :) In einem anderen Thread geht es ja gerade um aversives Training und der Konsens scheint - so weit ich das überblicke - zu sein, dass man es bleiben lassen sollte. Meine Frage wäre aber nun: Was tun, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist? Also wenn zb ein Hundetrainer solche Methoden aufgefahren hat. Oder man es selbst versucht hat, weil man es nicht besser wusste. Oder der Hund (wie in meinem Fall) aus Tierheim oder Tierschutz kommt und zuvor augenscheinlich so trainiert wurde. Wie bekommt man dann die schlechte Erfahrung, die je nach Hund und Methode sehr prägend sein kann, wieder aus dem Hundekopf? Bei meinem Hund ist es so, dass solche Methoden sehr spezifische Resultate erzeugt haben, die mit 0815 Tricks zum Training mit Angsthunden nur bedingt in den Griff zu kriegen sind. Das Problem liegt vor allem darin, dass anders als bei Hunden, die zb eif. nicht viel kennengelernt haben, eine für das Training recht essenzielle Zutat fehlt: Das Vertrauen darauf, dass Menschen ihm grundsätzlich nicht nur schaden wollen. Positives Training ist unglaublich schwierig, da im Kopf meines Hundes immer erstmal der Gedanke zu erscheinen scheint: "Die will was von mir, jetzt bloß nichts falsch machen oder es gibt Ärger". Dinge NICHT zu machen (also zu bleiben, zu stoppen, etc) fällt ihm dadurch deutlich leichter als neue Dinge zu erlernen, die er aktiv tun muss. Und obwohl wir schon weit gekommen sind und viele Dinge gehen, die am Anfang undenkbar gewesen wären (er schafft es zb. im Fuß mittlerweile immerhin nur eine handbreit Abstand zu halten), passiert es immer wieder, dass er in eine negative Erwartungshaltung hineinrutscht. Als Beispiel: mir fällt ein Snack aus der Tasche, er geht hin. Ich hebe den Snack auf, bevor mein Hund ihn frisst und er schrumpft zu einem geduckten Häufchen Elend zusammen, das nur auf seine Strafe wartet. Und das, ohne dass ich auch nur die Miene verzogen hätte. Es ist traurig und manchmal frustrierend, wie sehr er sich manchmal mit seinem Misstrauen gegenüber Menschen selbst im Weg steht. Ich weiß, dass mein Hund vmtl. nie zu einem distanzlosen Rabauken werden wird (auch wenn ich mir das ein bisschen für ihn wünsche), aber vlt gibt es hier ja Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit ihrem Hund gemacht haben und Tipps und Tricks teilen wollen, wie man einem durch aversive Methoden verunsicherten Hund Vertrauen zurückgeben kann. :) Einen kleinen Tipp möchte ich schonmal selbst beitragen: wenn mein Hund in seinen "bestimmt-gibts-jetzt-Ärger"-Tunnel gerät, verstärkt beruhigend auf ihn einreden (oder gar anfassen) oder auch ignorieren eher die Angst. Ich lasse ihn darum meist eine kleine Übung machen, die er sehr gut kann (Sitz oder Pfote zb.). Dann belohne ich ihn überschwänglich mit Lob und Leckerchen und mache ihm so klar, dass ich mehr als zufrieden mit ihm bin.
 
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Katrin
Beliebteste Antwort
29. Juni 14:59
Das ist sehr unterschiedlich, von Hund zu Hund. Ich hab früher sehr viel Zeit mit einem Herren verbracht der sich um solche Hunde gekümmert hat. Meistens waren es traumatisierte Hunde die vom voherigen Halter sehr unschön behandelt worden sind (80er/90erJahre). Es braucht viel Geduld, Feingefühl und originelle Einfälle. Ein großes Maß an Emphatie und auch Wissen über Hunde (Entwicklung, Lern und Sozialverhalten). Jeder Hund bekam eine individuelle Förderung und sobald wie möglich eine Aufgabe. Bei einigen musste das Selbstvertrauen von grundauf neu aufgebaut werden. Alle Hunde die er zu sich bekommen hatte starteten bei Null. Alles wurde neu auftrainiert. Immer Schritt für Schritt ohne zu überfordern. Das war sehr beeindruckend.
 
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Emily
29. Juni 14:32
Danke für die Antwort. Das ist auf jeden Fall eine coole Übung! Meine Sorge in dem spezifischen Fall eines Panikmoments wäre evtl. dass ich ihm dadurch eine Nähe aufzwinge, die in der Situation eigentlich das letzte ist, das er von sich aus suchen würde (außer vlt um zu beschwichtigen, aber das will ich ja auch nicht, wenn es gar nichts zu beschwichtigen gibt). Gleichzeitig tu ich das mit dem gelegentlichen Pfotegeben ja irgendwie sowieso schon, also ja, vlt ist das eine Idee. Im ruhigen Umfeld ist das gut zu trainieren, denk ich, ob sich das dann aber in die Situation übertragen weiß ich nicht, es widerspricht halt seinem Bedürfnis den Kopf im Meideverhalten abzuwenden. Habs grad mal probiert und er hatte die Übung super schnell raus! Natürlich muss das noch gefestigt werden, bis ichs mal draußen probiere, aber es war ihm viel weniger suspekt als erwartet. :)
 
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Dogorama-Mitglied
29. Juni 14:43
Hier sind feinere Methoden anzuwenden wenn du dich bügst gehst du in die Knie mit aufrechtem Rücken oder Bückst du dich nach vorne Hintern immernoch an der Stelle wo er war als du gestanden bist? Ein Traumatisierter Hund nimmt Körpersprache noch intensiver war und reagiert noch feiner vieles kann man schon mit dem eigenen Bewusstsein darüber stoppen wie man sich im Raum bewegt und was dein Hund gerade fokussiert und wahrnimmt von dir. Auch dauert es eine Weile bis dein Hund das Vertrauen aufgebaut hat als ein Hund zu seinem Hundeführer hat der nie solch eine Erfahrung gemacht hat. Du hast einen guten Ansatz mit den Übungen die er schon kann ihn rauszuholen. Würde ihm nur einfach seine Zeit lassen manchmal hilft es solchen Hunden auch zu dir zu kommen von sich aus ohne eine Erwartung an Ihn zu stellen. Das rutschen in diesen Zustand wird je nach schwere des Traumas oder der Traumata immer weniger werden aber nie ganz weg gehen wird denn es kann immer einen Trigger geben der irgendwo sitzt und der hoch kommt ohne das man es möchte. Wir haben in Angstsituationen mit Fine gelernt das ein Sitzen am Bein mit halten von ihren Kopf an dieses Ihr Ruhe verschafft und Sicherheit gibt und wir uns so gruseliges gemeinsam anschauen während wir sie verbal immer wieder für Ihr Ruhges bei einem sitzen loben alles mit Ruhe. Wünsche euch alles gute und viel Spaß und Erfolg miteinander.
 
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Katrin
29. Juni 14:59
Das ist sehr unterschiedlich, von Hund zu Hund. Ich hab früher sehr viel Zeit mit einem Herren verbracht der sich um solche Hunde gekümmert hat. Meistens waren es traumatisierte Hunde die vom voherigen Halter sehr unschön behandelt worden sind (80er/90erJahre). Es braucht viel Geduld, Feingefühl und originelle Einfälle. Ein großes Maß an Emphatie und auch Wissen über Hunde (Entwicklung, Lern und Sozialverhalten). Jeder Hund bekam eine individuelle Förderung und sobald wie möglich eine Aufgabe. Bei einigen musste das Selbstvertrauen von grundauf neu aufgebaut werden. Alle Hunde die er zu sich bekommen hatte starteten bei Null. Alles wurde neu auftrainiert. Immer Schritt für Schritt ohne zu überfordern. Das war sehr beeindruckend.
 
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Emily
29. Juni 15:09
Hier sind feinere Methoden anzuwenden wenn du dich bügst gehst du in die Knie mit aufrechtem Rücken oder Bückst du dich nach vorne Hintern immernoch an der Stelle wo er war als du gestanden bist? Ein Traumatisierter Hund nimmt Körpersprache noch intensiver war und reagiert noch feiner vieles kann man schon mit dem eigenen Bewusstsein darüber stoppen wie man sich im Raum bewegt und was dein Hund gerade fokussiert und wahrnimmt von dir. Auch dauert es eine Weile bis dein Hund das Vertrauen aufgebaut hat als ein Hund zu seinem Hundeführer hat der nie solch eine Erfahrung gemacht hat. Du hast einen guten Ansatz mit den Übungen die er schon kann ihn rauszuholen. Würde ihm nur einfach seine Zeit lassen manchmal hilft es solchen Hunden auch zu dir zu kommen von sich aus ohne eine Erwartung an Ihn zu stellen. Das rutschen in diesen Zustand wird je nach schwere des Traumas oder der Traumata immer weniger werden aber nie ganz weg gehen wird denn es kann immer einen Trigger geben der irgendwo sitzt und der hoch kommt ohne das man es möchte. Wir haben in Angstsituationen mit Fine gelernt das ein Sitzen am Bein mit halten von ihren Kopf an dieses Ihr Ruhe verschafft und Sicherheit gibt und wir uns so gruseliges gemeinsam anschauen während wir sie verbal immer wieder für Ihr Ruhges bei einem sitzen loben alles mit Ruhe. Wünsche euch alles gute und viel Spaß und Erfolg miteinander.
Danke dir! Das stimmt Körpersprache ist sehr wichtig. Ich geb mir schon immer Mühe mich klein zu machen, nicht über ihn zu beugen, mich seitlich zu nähern etc. Gleichzeitig ist es denk ich auch wichtig Ängste nicht zu bestätigen, also zb in der Situation mit dem runtergefallenen Snack nicht zurückzuzucken, weil ich merke dass er Angst hat, sondern die Sache ruhig durchzuziehen. Die Zeit seine Ängste zu überwinden gebe ich ihm natürlich gerne, von mir aus kann er dafür den Rest seines Lebens brauchen (aktuell ist er ca. 2 Jahre bei uns), ich möchte es ihm nur so angenehm wie möglich machen. Das Problem mit jeder Art von Anfassen zur Beruhigung ist bei uns, dass er ja oft in erster Linie vor mir (oder meiner Freundin) Angst hat. Die Methode den Kopf am Bein zu halten klingt aber allgemein gut. :)
 
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Olli
29. Juni 15:20
Ach schade, 'n ängstlicher BC. Apropos Snack: Warum hast du ihn denn aufgehoben? Hund denkt sich, die lässt was fallen, weil sie es nicht mehr braucht und dann will sie es doch behalten. Das fördert natürlich Unsicherheit. Dagegen gibt es ihm Selbstsicherheit wenn er für Sachen, die er von sich aus macht, z.B. Blickkontakt, durch 'nen engen Flur läuft oder sich entspannt wo hinlegt, belohnt wird.
 
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Dogorama-Mitglied
29. Juni 15:21
Danke dir! Das stimmt Körpersprache ist sehr wichtig. Ich geb mir schon immer Mühe mich klein zu machen, nicht über ihn zu beugen, mich seitlich zu nähern etc. Gleichzeitig ist es denk ich auch wichtig Ängste nicht zu bestätigen, also zb in der Situation mit dem runtergefallenen Snack nicht zurückzuzucken, weil ich merke dass er Angst hat, sondern die Sache ruhig durchzuziehen. Die Zeit seine Ängste zu überwinden gebe ich ihm natürlich gerne, von mir aus kann er dafür den Rest seines Lebens brauchen (aktuell ist er ca. 2 Jahre bei uns), ich möchte es ihm nur so angenehm wie möglich machen. Das Problem mit jeder Art von Anfassen zur Beruhigung ist bei uns, dass er ja oft in erster Linie vor mir (oder meiner Freundin) Angst hat. Die Methode den Kopf am Bein zu halten klingt aber allgemein gut. :)
Glaube dann würde ich mich einfach neben ihn setzen und einfach abwarten. Auch kann es hilfreich sein über die Leine zu arbeiten (also bezüglicheiner stabilen Verbindung). Kenne einen Angsthund der bei uns Trailed also seine Nase benutzt um am Anfang fressbares zu finden in der Nähe einer Geruchsspur und das mit dir zusammen. Das schweißt zusammen wenn man gemeinsam etwas sucht und du ihr zeigst hier das du Ihrem Urteil vertraust was auch nochmals Selbstbewusstsein fördert.
 
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Emily
29. Juni 15:33
Ach schade, 'n ängstlicher BC. Apropos Snack: Warum hast du ihn denn aufgehoben? Hund denkt sich, die lässt was fallen, weil sie es nicht mehr braucht und dann will sie es doch behalten. Das fördert natürlich Unsicherheit. Dagegen gibt es ihm Selbstsicherheit wenn er für Sachen, die er von sich aus macht, z.B. Blickkontakt, durch 'nen engen Flur läuft oder sich entspannt wo hinlegt, belohnt wird.
Es ist nur ein hypothetisches Beispiel, aber eine plausible Situation, die das Problem beschreibt. Der runtergefallene Snack könnte auch ein Stück Schokolade sein oder ein Stift den ich geistesabwesend wieder aufhebe. Nicht um ihn meinem Hund wegzunehmen, sondern weil ich grad nicht darüber nachdenke. Und klar, ich sollte darüber nachdenken, was ihm Angst machen könnte und es unterlassen, aber diese Situationen sind so vielzählig und zufällig (das kann auch ein Zupfen an der Leine zur flaschen Zeit, irgendein Geräusch meinerseits zur falschen Zeit sein), dass es schwierig ist immer die Konsequenzen abzusehen. Selbstsicherheit belohnen ist ein guter Tipp! Das darf aber finde ich auch nicht in willkürliches Snack-Zuwerfen umschlagen. Der Grund warum belohnt wird, muss ihm schon iwie verständlich sein, sonst könnte er die gleiche Willkür ja auch im negativen Sinne erwarten.
 
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Melanie
29. Juni 15:34
Einen direkten Rat kann ich dir nicht geben, da man euch dazu meiner Meinung nach erlebt haben muss. Du hast ja bereits einen guten Weg gefunden, wie du ihn aus dem Tunnel holen kannst. Darauf würde ich weiter aufbauen in wirklich kleinen Schritten. Dazu könntest du im Gesamten sehr viel Konsequenz, Regeln und Rituale einführen und leben. Z.B. in der Gestaltung deines Alltags, oder bei der Vorbereitung zum Spaziergang oder Training usw. Gegen Unsicherheit helfen feste Regeln/Abläufe sehr gut, da sie Sicherheit geben. Welche dabei für euch passen, kann ich nicht beurteilen, ohne euch gesehen zu haben. 🙂 Es liest sich aber so, als wärt ihr schon auf einem guten Weg. Vertrau deinem Bauchgefühl.
 
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Olli
29. Juni 15:41
Es ist nur ein hypothetisches Beispiel, aber eine plausible Situation, die das Problem beschreibt. Der runtergefallene Snack könnte auch ein Stück Schokolade sein oder ein Stift den ich geistesabwesend wieder aufhebe. Nicht um ihn meinem Hund wegzunehmen, sondern weil ich grad nicht darüber nachdenke. Und klar, ich sollte darüber nachdenken, was ihm Angst machen könnte und es unterlassen, aber diese Situationen sind so vielzählig und zufällig (das kann auch ein Zupfen an der Leine zur flaschen Zeit, irgendein Geräusch meinerseits zur falschen Zeit sein), dass es schwierig ist immer die Konsequenzen abzusehen. Selbstsicherheit belohnen ist ein guter Tipp! Das darf aber finde ich auch nicht in willkürliches Snack-Zuwerfen umschlagen. Der Grund warum belohnt wird, muss ihm schon iwie verständlich sein, sonst könnte er die gleiche Willkür ja auch im negativen Sinne erwarten.
Von Willkür habe ich ja nicht geschrieben. Aber es ist einfacher einen unsicheren Hund für etwas zu bestätigen, was er sowieso gerade macht, als ihm in einer forcierten Situation etwas abzuverlangen. Mal ein Beispiel: Eine Nachbarhündin hat sich nicht am Spiegelschrank in der Diele vorbeigetraut. Jedes mal, wenn sie von sich aus Richtung Diele ging, flog ein Leckerlie. Es hat eon halbes Jahr gedauert, bis sie das Leckerlie HINTER der Diele gefressen hat.
 
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Emily
29. Juni 15:45
Glaube dann würde ich mich einfach neben ihn setzen und einfach abwarten. Auch kann es hilfreich sein über die Leine zu arbeiten (also bezüglicheiner stabilen Verbindung). Kenne einen Angsthund der bei uns Trailed also seine Nase benutzt um am Anfang fressbares zu finden in der Nähe einer Geruchsspur und das mit dir zusammen. Das schweißt zusammen wenn man gemeinsam etwas sucht und du ihr zeigst hier das du Ihrem Urteil vertraust was auch nochmals Selbstbewusstsein fördert.
Die Leine ist für ihn glaube ich ziemlich traumabelegt. An der läuft er zwar direkt neben einem, aber selten freudig (und immer rechts, das scheint ihm auch so beigebracht worden zu sein). Trailing stelle ich mir aber ziemlich cool vor, da bieten glaub ich örtliche Hundeschulen auch einiges an. Wenn er nicht gerade das Gefühl hat, etwas falsch gemacht zu haben, ist Mojo auch ein fröhlicher und interessierter Hund (wir spielen zb auch viel mit dem Futterbeutel, da ist dann auch mal eine "begleitete" Suche dabei). Ich bezeichne ihn eigentlich deswegen ungern als Angsthund, er kommt mit fast allem klar und hat halt nur diese Skepsis bzgl. Menschen, die sich nicht abstellen lässt.