Hier mal ein Statement der Hundertrainerin Sandra Baumeister auf Facebook. Da wurde Martin Rütter verlinkt. Ich finde darauf hätte er durchaus mal eingehen können. Die Hater per PN oder in den Kommentaren hätte er dagegen getrost ignorieren können.
Gerne möchten wir Stellung nehmen zu der Ausstrahlung von Martin Rütter’s „Die Unvermittelbaren“ am 13.02.
Einige Menschen, die das gesehen haben, werden es vielleicht „unbedacht“ als gut erachten können. Daher möchte ich euch bitten, es nicht nachzumachen und keinerlei Trainingsmethoden, dieser Art bei euren Liebsten anzuwenden. Wir kommentieren hier als Ein Herz für Streuner e.V. da wir diese Trainingsmethoden klar ablehnen.
Besonders Coffee wurde in der Szene, in der ihm mehrfach Wasser ins Gesicht gespritzt wurde Unrecht getan. In unseren Augen sogar Gewalt. Wir raten strengstens von solchen Methoden ab und möchten euch alle dringlichst davon abraten, diese Art des Trainings mit euren Hunden in Erwägung zu ziehen oder umzusetzen! Gerne erklären wir euch auch die Gründe dafür.
Alle Hunde sind rein biologisch betrachtet Beutegreifer und damit genetisch bedingt Jäger. Bei jedem Hund ist der Jagdtrieb unterschiedlich ausgeprägt oder auch nur manche Sequenzen (Vorstehen, beschleichen, hetzen etc.) aktiver als andere. Die Unterschiede sind durch die züchterische Selektion von uns Menschen entstanden und somit auch in unseren Mischlingen unterschiedlich stark ausgeprägt. Also auch ein nicht aktiv jagender Hund kann seine Beute verteidigen.
Das Beutefangverhalten ist damit ein rein natürliches hündisches Verhalten und diente ursprünglich dem Selbsterhalt durch Nahrungserwerb und zählt nicht zu aggressivem Verhalten oder fehlgeleitetem Verhalten. Beute wieder abzugeben ist im Hundeverhalten NICHT vorgesehen. Sonst würden sie ja verhungern in einem natürlichen Umfeld. In unserer Menschenwelt ist es aber ein unerwünschtes Verhalten und muss somit trainiert werden. Der Hund muss lernen dürfen Beute wieder herzugeben und das geht auch OHNE Strafe. Selbst in einem Fall wie bei Coffee.
Warum ist Wasser ins Gesicht Strafe und aversiv? Es tut doch nicht weh? In der besagten Szene gibt es mehrere wichtige Aspekte:
1) Coffee wollte den Knochen gar nicht nehmen. Man hat ihn dazu animiert, um ihm dann letztlich Wasser ins Gesicht spritzen zu können. Das ist nicht nur unfair, sondern auch leider typisch für aversive Trainingsmethoden. Man könnte meinen das war nur fürs Fernsehen. Aber leider ist das ein gängiger Trainingsweg Hunde absichtlich aus Menschensicht Fehler machen zu lassen, um dann mit Strafe zu „korrigieren“. Auch könnt ihr sehen, dass er das Wasser ins Gesicht bekommen hat, obwohl er den Knochen nur anroch und noch kein ressourcenverteidigendes Verhalten gezeigt hat. Ausgelöst wurde das unerwünschte Verhalten (in dem Fall tatsächlich Aggression aus Verteidigung) DURCH das Wasser und die menschliche Bedrohung die Coffee damit erfahren hat. Was soll Coffee hier also „lernen“? Er muss sich verteidigen?
2) Wasser tut doch nicht weh: Würdet ihr euren Kindern, Ehepartnern oder Freunden (also einem eurer Liebsten) bei Nichtgefallen einer Verhaltensweise Wasser ins Gesicht spritzen? Oder ist das maximal respektlos und entwürdigend? Würden eure Kinder damit Vertrauen und Grenzen lernen, oder einfach nur Angst vor dem nächsten Fehler und vor euch bekommen? Wenn euer Kind etwas tut, was ihr nicht wollt, dann „haut“ ihr doch (hoffentlich) auch nicht drauf, sondern erklärt, was eine gewünschte Verhaltensweise in dieser Situation wäre. So dass das Kind lernen kann. Auch für die Zukunft. Wie man das einem Hund wie Coffee verständlich macht, das Erklären wir am Ende des Beitrages.
3) Doch Wasserspritzen ins Gesicht kann Schmerzen und auch Verletzungen verursachen. Ihr habt gesehen mit welchem Druck das Wasser aus der Flasche geschossen kam und wie nah der „Trainer“ die Flasche in Coffees Gesicht hielt. Das Wasser gelangt in die Augen, in die Nase und in die Ohren und kann selbstverständlich dadurch Verletzungen verursachen. Probiert es gerne an euch selbst aus. Das ist für ihn extrem unangenehm bis schmerzhaft. Von der psychischen Belastung mal ganz abgesehen, dass dies mit einem „gemacht“ wird. Und hier sprechen wir von Gewalt.
Die Nebenwirkungen & Langzeitfolgen:
1) Er lernt mit diesem Training, dass der Mensch „doof“ ist und er immer fürchten muss, dass ihm etwas Unangenehmes in seiner Anwesenheit widerfährt. UND, dass er noch mehr um sein Futter/seine Ressource kämpfen muss und wird darin bestätigt, dass es ihm jederzeit weggenommen werden kann. Anstelle, dass man ihm beibringt es freiwillig abzugeben. Und wie man auch gesehen hat, dass er das "erlernte" nicht in die neue Familie mitnehmen konnte, da er "Angst" vor dem Mann mit dem Wasser hatte, aber nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht.
2) Großer Vertrauensverlust des Hundes in seine Bezugsperson: Die Bindung und Beziehung zwischen Hund und Mensch wird dadurch stark belastet und das Vertrauen gebrochen. Wie soll sich ein Hund, wenn er so behandelt wird, in andere stressende Situation, sich auf seinen Menschen verlassen können und dann mit ihm kooperieren wollen? Meist entstehen durch solche Anwendungen weitere unerwünschte Verhaltensweisen, die zum „Problem“ werden können.
3) Fehlverknüpfungen des Hundes: Hunde verknüpfen direkt aufeinander folgende Dinge. Und wir können niemals sagen, was er genau verknüpft. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er es mit dem Menschen verknüpft, von dem die Aktion ausgeht und Coffees Aufmerksamkeit in dieser Situation hatte. Rütters wählt die Wasserflasche bei fast allen (aus Menschensicht) unerwünschten Verhalten des Hundes. Bellen am Zaun, Hundebegegnungen, Leinenaggression. Für ihn offenbar eine Wunderwaffe. Stellt euch vor, dein Hund hat Unsicherheit mit anderen Hunden, wenn er an der Leine ist. Er bellt und springt in die Leine, weil er den anderen Hund auf Distanz halten möchte. Und nun kommt seine Bezugsperson und gießt noch Öl ins Feuer. In diesem Fall Wasser ins Gesicht. Wird sich der Hund danach besser oder schlechter fühlen? Wird er das unangenehme und ggf. schmerzhafte Gefühl mit seinem Leinenziehen und Bellen verbinden oder eher mit dem Auftauchen des anderen Hundes und die Handlung des Menschen, der ihm eh schon Unbehagen vermittelt hat.
Denkt mal darüber nach. Passiert dies öfter, hat man bald einen Hund, der wirklich aggressiv auf Hunde reagiert. Da immer, wenn er einen Hund sieht, der im Unbehagen bereitet, noch etwas Negatives (Wasser ins Gesicht von seiner Vertrauensperson) folgt. Das ist schnell gelernt und doch gar nicht, was wir erreichen wollen.
Genau an dieser Stelle hört der Bericht von Martin Rütter aber leider auf. Die Folgen dieses Trainings werden nie behandelt oder thematisiert. Es geht nur um den Moment, damit bis zur Werbepause ein Ergebnis vorliegt. Aber dieses Vorgehen gibt es leider noch in vielen Hundeschulen immer noch. Achtet bei der Auswahl eurer Hundetrainer darauf.
Unsere Perspektive: Die Beziehung zu einem Hund sollte immer auf Partnerschaft und gegenseitigen Respekt basieren und nicht auf Strafe und somit Angst und Schmerzen. Angst führt nicht zu Respekt, sondern nur zu Angst. Wir holen die Hunde - in unserem Falle aus schlechten Bedingungen aus Rumänien - nach Deutschland und haben versprochen, dass er ein gutes Leben bei uns haben wird. Deshalb habt ihr doch einen Hund aus Rumänien geholt? Dann fallen solche Erziehungsmethoden doch aus dem Raster, oder?
Ein Hund hat nur eine begrenzte Zeit auf dieser Erde und bei uns. Dann ist es doch unsere Aufgabe ihm es so schön, angenehm und vor allem sicher zu machen, wie es nur geht? Und das bedeutet auch, dass ich respektvoll und wohlgesonnen an (aus Menschensicht) unerwünschten Verhalten arbeite.
Wenn ich mit Strafe arbeite, dann hemme ich ein Verhalten, löse aber die Ursache nicht. Das staut sich auf. Gerade bei genetischbedingten und biologischen Verhalten, die ja nun einmal naturgegeben sind. Und irgendwann explodiert es oder bei leicht hemmenden Hundepersönlichkeiten kann es zur Depression führen.
Wie geht nun das positive Training? Man kann dem Hund beibringen Beute (jeder Art) freiwillig abzugeben. Man kann es positiv und kleinschrittig aufbauen, dass ein Hund ALLES was er im Maul hat auch wieder hergibt. Und wir hören schon viele jetzt sagen, dass ein Hund wie Coffee seine Beute nicht mehr abgibt. Oh doch. Wenn er Gelegenheit hatte es zu lernen und dazu fängt man natürlich nicht damit an, was er unbedingt haben oder behalten möchte. Sondern kleinschrittig mit Dingen, die noch nicht so viel Interesse und Emotionen bei dem Hund auslösen. Und arbeitet sich langsam vorwärts. Ja, das kostet Zeit und Training. Je positiver und erfolgreicher (es ist an uns, dass der Hund keine Fehler machen muss) seine Lerngeschichte ist, umso besser werden seine Emotionen beim Training und er kann lernen gegen seine Genetik mit uns zu kooperieren.
Und wenn man das mit seinem Hund geschafft hat, ist man ein tolles Team und man hat einen Hund, der einem vertraut, sich an dem Menschen orientiert und der vor allem auch Schutz bei seinem Menschen sucht. Und das sollte bei allen Hundehaltern das Ziel sein.
Man man man was man alles bei Hunden falsch machen kann 🤯.