Also eine gute Leinenführigkeit kann eine wirklich lange, lange Geschichte sein. Ich trainiere mit meinem Labrador seit ca. 14 Monaten. Inzwischen ist eigentlich ziemlich passabel.
Das Ganze ist ein Puzzlespiel und es kommt sehr stark darauf an, wie es mit deiner inneren Ruhe steht, wie eure Bindung ist, wie sehr der Hund dich respektiert und wie sehr er sich an dir orientiert.
Auf der anderen Seite spielt das Temperament und der Charakter des Hundes eine wichtige Rolle. Wie reizempfänglich ist der Hund draußen? Wie schnell ablenkbar? Usw...
Dann ist Kommunikation und Timing super wichtig und eben Konsequenz. Kommt der Hund einmal mit Ziehen zum Ziel hast du verloren und der Hund gewonnen. Dann wird er wieder ziehen, weil es zum Erfolg geführt hat.
Man sollte auch verstehen, warum ein Hund zieht, die Gründe können unterschiedlich sein oder kombiniert auftreten, und darin verbirgt sich auch die Lösung:
Wenn man zu langsam oder zu langweilig ist für den Hund, die Umgebung oder andere Hunde interessanter: sei spannender, flotter, mach die Gassirunde zum Erlebnis. Bekomme den Fokus des Hundes, er soll auf dich achten und nicht umgekehrt. Er darf dich auf deinem Spaziergang begleiten. "Klick für Blick" funktioniert gut, immer wenn der Hund dich anschaut, quasi fragt was als nächstes kommt, kommt eine Bestätigung (Klick, Markerwort, Leckerlies etc).
Blickkontakt ist immens wichtig, darauf basiert die unsichtbare Leine.
Warum zieht ein Hund noch? Weil er pinkeln, schnuppern und sein Häufchen machen möchte.
Das darf er auch, aber nicht an jedem Baum, Busch oder Grashalm. Ich hab ein Signal eingeführt, wenn er schnüffeln und pinkeln darf.
Das zeigt ihm, dass er keinen Grund hat zu ziehen, denn er weiß, dass ich seine Bedürfnisse kenne und er dann auch darf.
Dann hab ich mir selbst definiert, was ich als Leinenführigkeit betrachte. Hat der Hund einen Radius, der okay ist oder muss er am Knie kleben und mich anhimmeln und sich den Nacken verbiegen?
Für mich ist es okay, wenn er nicht zieht, Impulskontrolle bewahrt, und so 1m vor oder hinter mir ist oder idealerweise neben mir, am Bordstein anhält und stehen bleibt, wenn ich es tue und vor allem, auf mich achtet - also eine Verbindung da ist. Die Funktioniert dann auch ohne Leine.
Also gibt es einen grünen Bereich, in dem er sich bewegen kann und einen roten Bereich. Verlässt er tendenziell den grünen Bereich, bekommt er einen Hinweis, quasi "Achtung, Ende der Leine erreicht"(bei uns ein "Zschttttt"). Korrigiert er sich selbst, kommt eine Bestätigung / Belohnung.
Knallt er doch mal in die Leine, kommt ein "Na!" oder "Ey!" und ich bleibe stehen. Korrigiert er sich selbst, geht es weiter (Belohnung), er darf dann aber nicht zum "Baum". Quasi durch ziehen disqualifiziert. Alternativ, wenn er sich nicht selbst korrigiert, gehe ich einige Schritte rückwärts bis zu der Position, wo das Ziehen losging. Aber nicht umdrehen und zurück gehen sondern wirklich rückwärts (der Hund auch). Wie "zurück auf Los". Das ist viel effektiver, als dieser Richtungswechsel.
Der Hund kapiert sehr schnell, wo die grüne Zone ist und wo die Rote.
Ob die Grenze beachtet wird, ist wie gesagt eine Frage der Aufmerksamkeit, des Triebes, Dickschädel, Bindung, Respekt, Führigkeit, Frustrationstoleranz usw. Da kann man dann auch einzeln dran arbeiten.
Deswegen "Puzzle".
Was aber immer hilfreich ist: Wenn du selbst ruhig bist, gut gelaunt, ohne Streß und es schaffst, die Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen. Dann bist du spannender, als die Umwelt und es funktioniert wie von selbst...
Danke Peter für die ausführlichen Tipps, richtig klasse! Das mit dem rückwärts gegen werde ich direkt ausprobieren, klingt total logisch, wäre ich aber nicht von alleine drauf gekommen 🙈🤦