Ganz allgemein gesprochen - und das sollte auch für Kenny relevant sein:
Um korrigieren zu können/müssen, muss man den Hund zuerst einen Fehler machen lassen.
Wenn das ungewollt passiert, was ja selbst bei bestem Management ohnehin fast unvermeidbar ist, ist Korrektur voll ok.
Wenn man es als bewussten Trainingsansatz wählt, den Hund in die Fehler laufen zu lassen, um ihn dann korrigieren zu können, ist das suboptimal und fies.
Wenn "der Fehler" eine Art Dauerzustand ist, wird es natürlich deutlich schwieriger und Korrektur sicher auch viel häufiger nötig.
Und keine Kritik, nur ein (möglicherweise auch falscher) Eindruck - was mir in der kurzen Beschreibung deiner Trainingsversuche auffällt ist, dass offenbar ziemlich viel herumprobiert wurde und die generelle Entspannung und Entstressung des Hundes in dem Zusammenhang nicht erwähnt ist.
Ich hätte das nicht einen Deut besseren machen können, bin aber ziemlich sicher, dass es besser geht, wenn sowas von einer erfahrenen Person gehändelt wird.
Ich glaube Kristen hat das gesagt - Korrektur verändert erstmal nur das Verhalten, nicht die zugrundeliegende Ursache für das Verhalten.
Wenn man Glück hat, ergibt sich aus der Verhaltensänderung retrograd auch zufällig eine innere Einstellungsveränderung, wenn nicht hat man womöglich nix Anderes erreicht als situative erlernte Hilflosigkeit, unter der immer noch Stress liegt.
Hm ok ich versuche so gut es geht darauf einzugehen, wobei es für mich leichter wäre, wenn man konkrete Schritte im Training kritisieren würde und aufzeigt was die bessere Alternative gewesen wäre.
Wenn ich es richtig verstehe missfällt es dir, dass man den Hund vorlaufen lässt und dann korrigiert, ohne vorher zu warnen oder den Hund davon abzuhalten, ans Ende der Leine zu laufen.
Das hatte ich früher mit einem Aufmerksamkeits und Umorientierunssignal versucht, es war aber nicht erfolgreich. Also ja er hat sich umgedreht oder ist zu mir zurück gelaufen und dann direkt wieder nach vorne in die Leine gerannt. Und es wurde ihm auch nicht zu blöd, zwichen zu mir kommen und in die Leine knallen Ping Pong zu spielen. Ich würde sogar sagen es hat ihn mehr erregt bzw auch aufgeregt.
Dass ich vor der Korrektur kein verbale Warnung geben sollte wurde mir so erklärt, dass mein Hund lernen sollte, sich selbstständig räumlich im Verhältnis zu mir zu orientieren. Also er muss darauf achten, wo bin ich und wo ist Frauchen. Dass erfordert natürlich Aufmerksamkeit, die er nicht aufwenden muss, wenn ich immer "Ende" o.ä. sagen würde. Die Möglichkeit den Fehler zu machen soll ihm außerdem die Entscheidungsfreiheit geben, ihn nicht zu tun. Also ich manage nicht seine Umgebung für ihn, sondern er soll selber entscheiden, dass es besser/schöner ist, sich räumlich an mir zu orientieren.
Ich bin übrigens absolut davon überzeugt, dass körperliche Haltung/Verhalten einen starken Einfluss auf den emotionalen Zustand hat. Das ist die Grundlage von Meditation, autogenem Training und jeglichen Entspannungsübungen (Bsp Hände mit offenen Handflächen auf die Oberschenkel legen, anstatt die Fäuste zu ballen, wenn man wütend ist). Also nicht nur unsere Emotionen beeinflussen unsere Körperreaktion, sondern unser Körper beeinflusst unsere Emotionen. Wer Yoga macht kennt das sicher sehr gut.
Natürlich geht das nicht sofort, aber langfristig bilde ich mir ein, dass Leinenführigkeit meinem Hund beim Entspannen/Entschleunigen hilft.
An der Schleppleine gebe ich ihm natürlich ein Signal, wenn die Leine zu Ende ist. Erstens, weil da die Länge dauernd variiert und zweitens soll es da ja ganz bewusst nicht bzw weniger darauf achten, wo ich bin und was ich mache, sondern seinen Interessen nachgehen.
Im Übrigen war sein Ziehen kein Flucht oder Stressziehen, denn wenn ich die Leine abgemacht oder fallen gelassen habe (was ich oft nicht hätte tun sollen), ist er stehen geblieben.
Woher seine endlose Liebe fürs Ziehen kommt weiß ich nicht. Er hätte eine tolle Karriere als Schlittenhund hingelegt. Seine Werkseinstellung im Hirn ist "Leine dran, Vollgas".
Und da verfällt er auch immer noch rein, wenn ich das Training aussetze.
Er wurde übrigens von vielen verschiedenen Personen geführt und zog bei allen gleich (außer halt beim Typ Druck und Angst, aber da hat er ja nur temporär nicht gezogen, Lerneffekt Null). Und jetzt durch Training zieht er bei keinem.
Daher glaube ich nicht an die "Führungsqualität/Ausstrahlung " wenn es um dieses Thema geht.
Wie man einen Hund entstressen soll, der ab Sekunde eins in der Leine hängt weiß ich nicht. Vielleicht auf der Treppe sitzen, bis es sich beruhigt und dann jeden Meter wieder hinsetzen. Das ist für den Hund aber mit Sicherheit äußerst frustrierend und da sehe ich nicht, was daran angenehmer sein soll, als die Korrektur.
Im Übrigen habe ich gestern Abend extra eine Traningseinheit eingelegt und mal explizit auf die Körpersprache geachtet. Rute oben, Ohren nach vorne aufgerichtet, sieht nicht nach armen Würstchen aus. Aber klar ist er aufmerksam und schaut, wo er ist und korrigiert sich gegenbenfalls selbst, wenn er merkt, dass er zu weit vorne ist.
Ich musste ihn in der Einheit zwei mal korrigieren. Direkt am Anfang und zwischendurch einmal nach einem Leckerchen, da sind kurzzeitig die Sicherungen durchgebrannt. Ansonsten lief er fehlerfrei, so dass keine Korrekturen nötig waren.