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Kenny
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 355
zuletzt 26. März

Junghund Aggression andere Hunde

Hi zusammen, ich bin seit 1 1/2 Monaten stolzer Besitzer eines 10 monatigen Cane Corso Rüden. Wir sind eine vierköpfige Familie (2 Söhne, 8 und 5) aus dem Sauerland. Sein Name ist Nacho und ich habe ihn von einer Familie mit 4 Kindern und zwei weiteren Hunden (junger Boxer und älterer Spitz-Rudelführer). Was soll ich sagen? Er ist perfekt mit einem Haken: Aggression gegenüber anderen Hunden Er ging in die Leine, bellt manchmal und manchmal auch nicht, fängt an sich auf die Hinterläufe zu stellen etc. Es kam auch schon zu einer Beißerei. Sein Ziel ist es definitiv zuzubeißen. Nach der genannten Beißerei habe ich Konsequenzen gezogen und einen Zahn zugelegt, was Strenge und Disziplin angeht (zu Hause kein Spielzeug, nur auf dem Platz bleiben, nur streicheln, wenn ich es will etc.). Dazu bin ich wesentlich deutlicher mit Kommandos und habe ihm bei 2-3 darauf folgenden Hundebegegnungen, wo er in die Leine ging, deutlich und mit einer gewissen Härte zu verstehen gegeben, dass ich das nicht will und ich der Entscheider bin. Danach hatte er tatsächlich den Fokus bei mir, wenn wir anderen Hunden begegnet sind und nun kann ich auch mit positiver Verstärkung arbeiten. Es ist mit der Kombination viel viel besser geworden und wir können mittlerweile viel entspannter an anderen Hunden vorbei. Er schaut mich automatisch an (hab viel mit ihm geübt) und wird entsprechend belohnt. Was noch bleibt ist eben sein grundsätzlich aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden, zum Beispiel wenn ein anderer Hund fixiert oder bellt, aber auch manchmal eben ohne ersichtlichen Grund. Hierzu übe ich am Rand von eingezäunten Hundewiesen. Ich lasse ihn ca. 1m an den Zaun ran und dann kommen auch meist schon die ganzen Hunde zu uns/ihm. Da reagiert er dann ebenfalls aggressiv (mehrere Hunde, teils frontaler Zulauf von der anderen zwei Seite, teils Hunde mit großer Klappe hinter dem Zaun etc.). Auch hier gebe ich ihm zu verstehen, dass ich das Verhalten nicht dulde, beruhige ihn und arbeite anschließend wieder mit positiver Verstärkung, wenn er in Anwesenheit dieser Hunde ruhig bleibt. Dazu muss man auch noch wissen, dass er nur bei der ersten Begegnung aggressiv reagiert hat: Wenn ich mit dem anderen Halter und Hund für ein paar Minuten parallel laufe bis er sich beruhigt hat, dann geht es wieder. Vereinzelt spielt er dann sogar mit dem anderen Hund, wenn der andere sicher ist und beide von der Leine gelassen werden. Da mache ich zur Sicherheit immer erstmal einen Maulkorb dran, der dann ab kommt, wenn beide Halter sicher sein können, dass er cool bleibt. Manchmal funktioniert es und manchmal eben auch nicht, trotz intensiver Vorbereitung (nebeneinander her laufen, quatschen mit dem andern Besitzer etc.). Das letzte Mal war mit einer Boarder Collie Dame, die als Therapie Hund für Menschen eingesetzt wird. Sie ist die Ruhe selbst, aber auch bei ihr ging er nach ein paar Minuten Ruhe in den Angriffsmodus. Ich lese hier viele Beiträge von Haltern, die das gleiche Problem (Aggression bei anderen Hunden) haben. Drei Fragen dazu: 1. Gibt es unter euch Leute, die das komplett in den Griff bekommen haben? Es geht mir nicht darum, dass der Hund mit jedem spielt sondern nur, dass er nicht mehr (so stark) reagiert. 2. Die Frage gilt sowohl für die, die es komplett in den Griff bekommen haben, aber auch die die, die noch dran arbeiten: Wie trainiert ihr mit den Hunden Hundebegegnungen? Bin für jede Anregung dankbar. 3. Gibt es irgendeinen unter euch, der seinen Cane Corso sorglos fremde Hunde, evtl. auch mehrere gleichzeitig, kennenlernen lassen kann? Er braucht wie gesagt nicht mit ihnen zu spielen und kann sich gerne abwenden oder zeigen, dass er kein Bock hat...Nur soll er halt nicht beißen oder aggressiv werden. Mein ultimatives Ziel ist es, dass er sich durch andere Hunde, egal wie blöd sie sich verhalten (außer natürlich, wenn sie ihn angreifen etc.), nicht aus der Ruhe bringen lässt, bzw. die in ihm brodelnde Aggression durch Neutralität, gesunde Neugier und Offenheit anderen Hunden gegenüber zu ersetzen. Ansonsten ist Nacho einfach ein Traumhund! Freu mich auf eure Rückmeldungen und Tipps! LG Kenny
 
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Julia 🐾Nero
16. März 09:29
Danke für deine Erklärung. Kann deinen Gedankengang auch nachvollziehen. Es stimmt auch leider, dass heutzutage viele Hunde nicht lernen, sinnvoll zu interagieren und ich sehe auch häufig, dass viele Menschen ihre Hunde nicht richtig lesen können. Die Suche nach einem alternativen Verhalten in dieser Situation setzt allerdings voraus, dass der Hund in der Lage ist sein Verhalten zu überdenken. Bei einer automatisierten Aggression findet dies zum Beispiel schon gar nicht mehr statt. Auch ohne Automatisierung kann ein aggressives Verhalten aus einer Hilflosigkeit entstanden sein, z.B. weil der Hund seinen Halter nicht dazu in der Lage sieht zu führen und nicht darauf vertraut, dass der Halter die Situation unter Kontrolle hat. In einem solchen Fall macht es natürlich in erster Linie Sinn mit stellvertretenden Konflikten zu arbeiten. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass man nicht um angemessene Korrekturen drum rum kommt. Und die Betonung liegt ganz klar auf angemessen. Unerwünschtes Verhalten zieht nunmal Konsequenzen mit sich. Ist unter uns Menschen genau so. Als Beispiel: Stell dir vor ich ziehe dich am Arm. Was wäre deine erste Reaktion (vorausgesetzt du bist ein höflicher Mensch, wovon ich ausgehe, da du dich auf eine sachliche Diskussion einlässt): du bittest mich, das Verhalten sein zu lassen. Wenn ich jetzt aber ein sturer Mensch bin (es gibt schließlich auch sehr sture Hunderassen - ich hab ein solches Beispiel zuhause), ist meine Antwort: nett dass du mich bittest, aber Nö. Deine nächste Reaktion ist vielleicht, dass du versuchst aus der Situation raus zu gehen und einen Schritt zur Seite trittst. Angenommen ich bin wirklich wirklich stur und denke „mir gehört die Welt (was Hunde, die nicht auf die Führung vom Haltervertrauen oft denken), was wird wohl meine Reaktion sein: Ich trete auch einen Schritt weiter auf dich zu und mache weiter. Irgendwann denkst du dir: hey Fräulein, ich möchte nicht, dass du die ganze Zeit an meinem Arm ziehst und trennst mit deiner anderen Hand meine ziehende Hand und schiebst mich sanft einen Schritt zurück. Damit hat du mir sehr klar und konsequent gezeigt: Hey, es reicht jetzt. Bestenfalls hast du eine tolle Präsenz, welche mich zusätzlich beeindruckt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich das unerwünschte Verhalten zeige relativ niedrig im Vergleich zu den anderen Methoden. Du hast in diesem Fall klar kommuniziert, eine Grenze gezogen, mir allerdings nicht wehgetan. Ich hoffe du kannst das Beispiel nachvollziehen und in die Verbindung zwischen Hund und Mensch übertragen. Das Thema Führung soll nicht auf die veraltete Dominanztheorie anspielen. Sondern auf das, was du erwähnt hast: Beziehung zwischen Hund und Mensch. Manchmal müssen wir überdenken, in welcher Beziehung wir mit unserem Hund stehen und wer wen bewegen sollte. Außerdem stimme ich dir zu, dass zusätzliche Vertrauensarbeit, gerade in Kennys Sinn das Training an dem Problem der Hundebegegnung auch abrundet. Vertrauen bildet sich auch durch eine klare Führung, da der Hund dadurch auch entspannen kann, die Kontrolle abgibt und nicht permanent auf der Suche nach Gefahren ist.
Ich finde auch, dass man bei Reaktivität meistens nicht ohne Korrektur aus kommt.
Das ist das was du als Reiz -> Reaktion beschreibst. Es ist ein Automatismus, der das Erlernen alternativer Handlungen für den Hund unmöglich macht.

Da gibt es soweit ich recherchiert habe nur zwei Möglichkeiten.
Erstens komplette Isolation vom Trigger für längere Zeit (für 99% der Menschen nicht machbar) oder eben eine Korrektur, die das Verhalten unterbricht.

Auch wenn es unfair klingen mag, manchmal muss ein Hund tatsächlich korrigiert und sogar gedeckelt werden, um aus Verhaltensmustern ausbrechen und neues Verhalten lernen zu können.
Die Alternative sind Hunde, die bis ins hohe Alter reaktiv bleiben und weder Sozialisierung noch Desensibilisierung schaffen über Jahre hinweg Abhilfe.

Mein Hund wurde zum Beispiel von einer Trainerin auch einmal mit einer Wasserflasche korrigiert (mit meinem Einverständnis) und das hat uns die Tore zum Gruppentraining geöffnet.
Also von es geht nichts bis hin zu wöchentlich trainieren und sogar beim Training ableinen.

Man sollte bei sowas natürlich wissen was man macht, denn bei positiver Strafe kann es zu dem Effekt kommen, dass der Hund die Korrektur nicht mit seiner Handlung verknüpft, sondern mit dem was er gerade sieht.
Timing und Erfahrung sind da super wichtig.

In einer anderen Situation außerhalb des Trainingsgeländes meinte sie zum Beispiel, eine Korrektur macht gar keinen Sinn im Moment. Situation verlassen und gut ist.

Ich habe aber auch schon sehr unproduktive Korrekturen erlebt. Die haben tatsächlich alles nur schlimmer gemacht. Da muss man schon ein Auge dafür haben, was wann Sinn macht und was der Hund händeln kann bzw wovon er profitiert.
 
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Nadine
16. März 09:55
Ich finde auch, dass man bei Reaktivität meistens nicht ohne Korrektur aus kommt. Das ist das was du als Reiz -> Reaktion beschreibst. Es ist ein Automatismus, der das Erlernen alternativer Handlungen für den Hund unmöglich macht. Da gibt es soweit ich recherchiert habe nur zwei Möglichkeiten. Erstens komplette Isolation vom Trigger für längere Zeit (für 99% der Menschen nicht machbar) oder eben eine Korrektur, die das Verhalten unterbricht. Auch wenn es unfair klingen mag, manchmal muss ein Hund tatsächlich korrigiert und sogar gedeckelt werden, um aus Verhaltensmustern ausbrechen und neues Verhalten lernen zu können. Die Alternative sind Hunde, die bis ins hohe Alter reaktiv bleiben und weder Sozialisierung noch Desensibilisierung schaffen über Jahre hinweg Abhilfe. Mein Hund wurde zum Beispiel von einer Trainerin auch einmal mit einer Wasserflasche korrigiert (mit meinem Einverständnis) und das hat uns die Tore zum Gruppentraining geöffnet. Also von es geht nichts bis hin zu wöchentlich trainieren und sogar beim Training ableinen. Man sollte bei sowas natürlich wissen was man macht, denn bei positiver Strafe kann es zu dem Effekt kommen, dass der Hund die Korrektur nicht mit seiner Handlung verknüpft, sondern mit dem was er gerade sieht. Timing und Erfahrung sind da super wichtig. In einer anderen Situation außerhalb des Trainingsgeländes meinte sie zum Beispiel, eine Korrektur macht gar keinen Sinn im Moment. Situation verlassen und gut ist. Ich habe aber auch schon sehr unproduktive Korrekturen erlebt. Die haben tatsächlich alles nur schlimmer gemacht. Da muss man schon ein Auge dafür haben, was wann Sinn macht und was der Hund händeln kann bzw wovon er profitiert.
Jetzt muss ich mich doch nochmal dazu äußern. Es ist durchaus möglich, auch sehr reaktive Hunde ohne massive Korrektur zu trainieren.

Ich habe jetzt den Vorteil, dass Wayne nur 12kg wiegt, das heißt ich kann mehr einfach aussitzen (darum wird bei mir auch bewusst nie ein Hund über 20kg einziehen). Dafür hat er massiv rückgerichtet reagiert. Natürlich ist uns da hin und wieder mal der Kragen geplatzt und wir haben korrigiert - sei es mit einem Leinenruck, anschreien oder ganz selten auch mal runter drücken (nachdem er uns gebissen hat, so kommt er dann immerhin nicht mehr an uns ran und tobt dann halt auf dem Boden weiter). Gebracht hat das Trainingstechnisch null, im Gegenteil. Ich hab hier einen Hund bekommen, der von Menschen nur das schlimmste erwartet hat und gelernt hat, wenn er kein kontra gibt wirds nur noch blöder für ihn. Ich bin fest davon überzeugt, selbst wenn du ihn richtig stark körperlich verletzt, dieser Hund wird nicht klein beigeben. Jedenfalls nicht, solange er an der Leine ist und keine chance hat, dann alternativ komplett abzuhauen.
Unser Training in Hundebegegnungen war sehr sehr positiv aufgebaut. Mit sehr viel Rücksichtsnahme und viel Abstand. Das schlimmste was (wenn ich die Nerven behalte, also mittlerweile eigentlich immer) passiert ist mal ein etwas schärferes "hey", wenn er anfängt zu fixieren - auf sehr sehr weite Distanz, ich muss halt selbst sehr aufmerksam sein dafür. Aber auch nicht laut oder so und ohne körperliche Einwirkung. Und dann nehme ich ihn mit im Bogen aus der Situation raus, wenn ich merke das wird nichts mehr. In 95% der Begegnungen (er war ja nicht nur reaktiv auf Hunde, sondern auch auf Menschen) gehen wir mittlerweile sehr entspannt mit 1-2m Abstand vorbei. Die restlichen 5% sind Erzfeind-Begegnungen, Idioten die ihre Hunde vor uns extra aufdrehen, sehr enge Begegnungen mit ebenfalls reaktiven Hunden oder - leider - wenn Freunde (besonders Hunde) dabei sind und er darum deutlich aufgeregter ist als normal.

Ich will damit nicht sagen, dass eine gut gesetzte Korrektur von einem Profi zu verteufeln ist. Der Profi kann das Tier im Zweifel einschätzen und weiß hoffentlich was er tut. Aber Korrektur als Strategie, vor allem von einem Laien, sollte meiner Meinung nach nie die Marschrichtung sein, auch wenn es erst mal scheinbar gute Ergebnisse erzielt. Und es geht durchaus auch ohne das Verhalten unterbrechende Korrektur (wo ich bei uns wie gesagt nicht mal weiß, wie so was aussehen sollte, dass es bei wayne wirklich ankommt).
 
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SandrA
16. März 10:30
Ich finde es merkwürdig, dass viele sich ausschließlich auf die Korrektur stürzen, aber überlesen, dass ich direkt nach einem guten verhalten auch positive Verstärke. Also, ich zeige ihm, was falsch ist und eben anschließend was richtig ist. Hol ich ihn mit einem leichten Ruck oder Piekser in die Seite aus dem Tunnel raus und er schafft es dann mich anzuschauen und/oder ruhig zu bleiben, dann belohne ich ihn. Hab ich oben auch so beschrieben, aber da ich gezielt gefragt wurde, wie ich korrigiere, habe ich auch nur das beantwortet. Und schwupps wird das Thema komplett auseinander genommen. Wir waren gestern erneut an der Hundewiese. Diesmal habe ich mehr Abstand zum Zaun gelassen und ihm mehr Freiheit gegeben selbst zu entscheiden. Zwar war er erregt, aber er hat kein einziges Mal ausgelöst. Dafür habe ich ihn gelobt. Nach etwa 2 oder 3 Minuten hat er sich sogar von selbst hingelegt, sowohl mit dem Rücken zu den Hunden als auch mit hin zu den Hunden. Er war folglich entspannt. Auch als ein Hund frontal von der anderen Seite des Zauns auf ihn zuging blieb er ruhig. Zwar ist er aufgestanden, aber nachdem ich ihm das Sitz Kommando gegeben hatte, hat er sich langsam wieder hingesetzt. Wir gingen dann um den ganzen Zaun herum, wo immer wieder Hunde an ihm vorbei liefen, mal näher, mal weiter weg, und er blieb ruhig. Ab und zu blieben wir stehen, näherten uns dem Zaun und Nacho legte sich immer wieder hin, und zwar von selbst. Was meint ihr, was für ein Belohnungs- und Lobregen es da gab? Danach sind wir auf einen Schotterweg. An uns schoss ein Fahrrad mit einem weißen Schäferhund vorbei, ziemlich nah sogar. Nacho hat nicht aggressiv reagiert. Dann kam ein Herrchen mit Dackel frontal auf uns zu. Ich nahm Nacho auf die andere Seite und wir gingen vorbei. Als wir auf gleicher Höhe waren hat Nacho dann einen Start gemacht und wollte auslösen...ABER, er hat von selbst abgebrochen. Er ist losgeschossen und hat abrupt angehalten, aber ohne mich anzuschauen oder sich vor irgendeiner Reaktion von mir zu fürchten. Er schaute mich dann kurz an und wir gingen ganz ruhig und normal weiter. Ich weiß nicht...aber für mich sieht das alles gewaltig nach Fortschritt aus und ich sehe, dass die Kombination zwischen Korrektur und Belohnen Früchte trägt.
Ich würde die Diskussion hier nicht als persönliche Kritik auffassen, sondern als teilweise sehr wertvolle Denkanstöße liefernd betrachten.
 
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Melli
16. März 10:30
Auch ein ermahnendes „Hey“ ist rein nüchtern betrachtet eine Korrektur - nur eine verbale. Es gibt Hunde, da reicht das auch vollkommen aus. Über das Thema kann man bis in die Nacht diskutieren, da jeder Hund und jeder Halter so individuell sind. Ich bin auch bei Nadine, dass Korrekturen nicht willkürlich und auch nicht aus dem Affekt kommen dürfen. Es ist nur fair, wenn der Hund lernt, was ihn erwartet.
@Kenny: zu deinem ursprünglichen zurück. Ich hatte noch gefragt, ob ihr weitere Übungen zur Raumverwaltung kennt/macht und ob es Hunde in eurer Umgebung gibt, die du mit einbinden kannst.
Eine Übung die ich zum Beispiel im Kopf habe: leg dir einen Kreis/ein Quadrat mit einer Schleppleine oder Stangen, je nachdem was du hast.
Dann setz dein Hund in diesen Bereich, ohne mit ihm zu sprechen. Jedes Mal, wenn er aus dem Bereich geht, schiebst du ihn körpersprachlich zurück. Bestenfalls setzt er sich irgendwann hin, dann könntest du ihn, wenn er eine kurze Weile ruhig sitzen geblieben ist, auch belohnen (nur nicht zu pushend, so dass er aufdreht)
Anfangs komplett ohne Reize, selbstverständlich immer zeitlich so, wie dein Hund es leisten kann. Das machst du, bis er verstanden hat, was von ihm verlangt ist.
Als Nächstes kannst du jemanden hinzuziehen, der einen nicht ganz so hochwertigen Reiz (im Vergleich zu anderen Hunden) außerhalb eines Bereichs darstellt. Je nachdem wie Futter- oder Spiel-affin er ist, kann die Person zum Beispiel mit einem Teller Nassfutter vor euch sein oder mit einem Ball spielen - whatever. Auch hier gilt: Hund bleibt in seinem Bereich.
Das Nassfutter kann er zu einem späteren Zeitpunkt selbstverständlich bekommen, aber nicht im Kontext der Übung, da dies zu einer sehr hohen Erwartungshaltung führen kann. Wenn andere Reize problemlos funktionieren, die Übung dann mit Hunden auf weiter Entfernung durchführen.
Ich hab den Eindruck, dass du ein gutes Bauchgefühl hast - so kannst du ja abschätzen, welche Entfernung hier leistbar ist (ähnlich wie bei deiner Zaunübung). Vielleicht hast du andere Hunde, die sich hier eben als Reiz auf die Ferne bereit erklären.
 
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Ilona
16. März 10:54
Jetzt muss ich mich doch nochmal dazu äußern. Es ist durchaus möglich, auch sehr reaktive Hunde ohne massive Korrektur zu trainieren. Ich habe jetzt den Vorteil, dass Wayne nur 12kg wiegt, das heißt ich kann mehr einfach aussitzen (darum wird bei mir auch bewusst nie ein Hund über 20kg einziehen). Dafür hat er massiv rückgerichtet reagiert. Natürlich ist uns da hin und wieder mal der Kragen geplatzt und wir haben korrigiert - sei es mit einem Leinenruck, anschreien oder ganz selten auch mal runter drücken (nachdem er uns gebissen hat, so kommt er dann immerhin nicht mehr an uns ran und tobt dann halt auf dem Boden weiter). Gebracht hat das Trainingstechnisch null, im Gegenteil. Ich hab hier einen Hund bekommen, der von Menschen nur das schlimmste erwartet hat und gelernt hat, wenn er kein kontra gibt wirds nur noch blöder für ihn. Ich bin fest davon überzeugt, selbst wenn du ihn richtig stark körperlich verletzt, dieser Hund wird nicht klein beigeben. Jedenfalls nicht, solange er an der Leine ist und keine chance hat, dann alternativ komplett abzuhauen. Unser Training in Hundebegegnungen war sehr sehr positiv aufgebaut. Mit sehr viel Rücksichtsnahme und viel Abstand. Das schlimmste was (wenn ich die Nerven behalte, also mittlerweile eigentlich immer) passiert ist mal ein etwas schärferes "hey", wenn er anfängt zu fixieren - auf sehr sehr weite Distanz, ich muss halt selbst sehr aufmerksam sein dafür. Aber auch nicht laut oder so und ohne körperliche Einwirkung. Und dann nehme ich ihn mit im Bogen aus der Situation raus, wenn ich merke das wird nichts mehr. In 95% der Begegnungen (er war ja nicht nur reaktiv auf Hunde, sondern auch auf Menschen) gehen wir mittlerweile sehr entspannt mit 1-2m Abstand vorbei. Die restlichen 5% sind Erzfeind-Begegnungen, Idioten die ihre Hunde vor uns extra aufdrehen, sehr enge Begegnungen mit ebenfalls reaktiven Hunden oder - leider - wenn Freunde (besonders Hunde) dabei sind und er darum deutlich aufgeregter ist als normal. Ich will damit nicht sagen, dass eine gut gesetzte Korrektur von einem Profi zu verteufeln ist. Der Profi kann das Tier im Zweifel einschätzen und weiß hoffentlich was er tut. Aber Korrektur als Strategie, vor allem von einem Laien, sollte meiner Meinung nach nie die Marschrichtung sein, auch wenn es erst mal scheinbar gute Ergebnisse erzielt. Und es geht durchaus auch ohne das Verhalten unterbrechende Korrektur (wo ich bei uns wie gesagt nicht mal weiß, wie so was aussehen sollte, dass es bei wayne wirklich ankommt).
Was ich zu deinem Beitrag hinzufügen möchte ist folgendes: bei Korrekturen, vorallem wenn sie gehäuft vorkommen, muss man aufpassen, das sich da keine blöde Verhaltenskette bildet. Zb: hund fixiert, korrektur durch Leinenruck etc, hund dreht sich zum Halter, Belohnung folgt. Blöd wäre dann nämlich: hund fixiert, weil er gelernt hat, es gibt Belohnung am Ende.
Daher würde ich immer ausserhalb des Kontextes Hundebegnungen ein Alternativverhalten aufbauen, von dem ich möchte, das der Hund es irgendwann in Hundebegnungen zeigen soll. In der Zwischenzeit trainiere ich so, das ich wenig bis gar nicht korrigieren muss, betreibe erstmal Management, und belohne jedes gute Verhalten, was der Hund zeigt. Und arbeite wohldosiert an den Bausstellen. Das heisst auch, ich sorge für ausreichend Ruhe, Schlaf und Entspannung, damit das Gelernte sich im Hirn verankern kann.
 
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Julia 🐾Nero
16. März 11:39
Jetzt muss ich mich doch nochmal dazu äußern. Es ist durchaus möglich, auch sehr reaktive Hunde ohne massive Korrektur zu trainieren. Ich habe jetzt den Vorteil, dass Wayne nur 12kg wiegt, das heißt ich kann mehr einfach aussitzen (darum wird bei mir auch bewusst nie ein Hund über 20kg einziehen). Dafür hat er massiv rückgerichtet reagiert. Natürlich ist uns da hin und wieder mal der Kragen geplatzt und wir haben korrigiert - sei es mit einem Leinenruck, anschreien oder ganz selten auch mal runter drücken (nachdem er uns gebissen hat, so kommt er dann immerhin nicht mehr an uns ran und tobt dann halt auf dem Boden weiter). Gebracht hat das Trainingstechnisch null, im Gegenteil. Ich hab hier einen Hund bekommen, der von Menschen nur das schlimmste erwartet hat und gelernt hat, wenn er kein kontra gibt wirds nur noch blöder für ihn. Ich bin fest davon überzeugt, selbst wenn du ihn richtig stark körperlich verletzt, dieser Hund wird nicht klein beigeben. Jedenfalls nicht, solange er an der Leine ist und keine chance hat, dann alternativ komplett abzuhauen. Unser Training in Hundebegegnungen war sehr sehr positiv aufgebaut. Mit sehr viel Rücksichtsnahme und viel Abstand. Das schlimmste was (wenn ich die Nerven behalte, also mittlerweile eigentlich immer) passiert ist mal ein etwas schärferes "hey", wenn er anfängt zu fixieren - auf sehr sehr weite Distanz, ich muss halt selbst sehr aufmerksam sein dafür. Aber auch nicht laut oder so und ohne körperliche Einwirkung. Und dann nehme ich ihn mit im Bogen aus der Situation raus, wenn ich merke das wird nichts mehr. In 95% der Begegnungen (er war ja nicht nur reaktiv auf Hunde, sondern auch auf Menschen) gehen wir mittlerweile sehr entspannt mit 1-2m Abstand vorbei. Die restlichen 5% sind Erzfeind-Begegnungen, Idioten die ihre Hunde vor uns extra aufdrehen, sehr enge Begegnungen mit ebenfalls reaktiven Hunden oder - leider - wenn Freunde (besonders Hunde) dabei sind und er darum deutlich aufgeregter ist als normal. Ich will damit nicht sagen, dass eine gut gesetzte Korrektur von einem Profi zu verteufeln ist. Der Profi kann das Tier im Zweifel einschätzen und weiß hoffentlich was er tut. Aber Korrektur als Strategie, vor allem von einem Laien, sollte meiner Meinung nach nie die Marschrichtung sein, auch wenn es erst mal scheinbar gute Ergebnisse erzielt. Und es geht durchaus auch ohne das Verhalten unterbrechende Korrektur (wo ich bei uns wie gesagt nicht mal weiß, wie so was aussehen sollte, dass es bei wayne wirklich ankommt).
Naja aber du sagst es ja selber, ihr habt nicht sinnvoll und bedacht korrigiert, sondern wenn der Kragen geplatzt ist.
Nicht die Korrektur hat eueren Hund schlimmer gemacht, sondern wie ihr sie angewendet habt.

Und zwar emotional, vermutlich mit richtig schlechtem Timing und mehr oder weniger für den Hund willkürlich.
Also dulden, dulden, dulden, explodieren und schlecht korrigieren, dulden, dulden, dulden usw.
Das ist nicht, wie man in einem Trainingskontext korrigiert, sondern einfach spontane Gewaltauswirkung ohne Strategie und Lerneffekt.
Daraus abzuleiten, dass Korrekturen nicht hilfreich sind ist einfach nicht sinnvoll oder ehrlich.

Das ist als würde ich sagen, dass Klicker Training nicht funktioniert, weil ich ohne den Klicker zu konditionieren einfach wahllos einmal am Tag klicker, wenn mir was gefällt. Das ist kein Training.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
16. März 11:57
Korrekturen führen rasch dazu, dass unerwünschtes Verhalten weniger gezeigt wird bzw. abgebrochen wird. Korrigiert wird aber eben nur das Verhalten, nicht die Stimmung, die das Verhalten auslöst! Wichtiger als die Korrekturmaßnahmen selbst, deren Erforderlichkeit eigentlich immer anzeigt, dass der Hund eben noch nicht soweit ist, ist also der Rahmen, den Du erzeugst, damit Dein Hund - vor allem nach Anspannung - entspannen kann. Dass Dein Hund Kommandos (noch) ausführt, weil Du ihn körpersprachlich bedrohst (anstarren, starre Körperhaltung) erzeugt Druck und kann - wie schon von Jörg erwähnt wurde - je nach Erregungslage des Hundes, das Fass zum überlaufen bringen und nach hinten losgehen - mein Rüde ist so ein Kandidat. Situationen zu schaffen, in denen Dein Hund Kommandos freiwillig, ohne Druck und gerne ausführt sind geeigneter, um Gehorsam zu trainieren und zu festigen. Beziehungsarbeit und Vertrauensbildende Maßnahmen sollten die Weichen einer souveränen Führung stellen, nicht Korrekturen. Diese fördern im ungünstigen Fall Misstrauen, Hilflosigkeit und Unsicherheit.
Ich erlaube mir, da noch zusätzlich zu formulieren - wenn man eine Korrektur braucht, hat man eigentlich davor schon was übersehen.

Passiert natürlich immer mal, ist meist auch kein riesen Drama, sollte einem aber bewusst sein, dass die bessere und zielführendere Variante ist, zu reagieren bevor Korrektur nötig wird.
 
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Julia 🐾Nero
16. März 12:01
Jetzt muss ich mich doch nochmal dazu äußern. Es ist durchaus möglich, auch sehr reaktive Hunde ohne massive Korrektur zu trainieren. Ich habe jetzt den Vorteil, dass Wayne nur 12kg wiegt, das heißt ich kann mehr einfach aussitzen (darum wird bei mir auch bewusst nie ein Hund über 20kg einziehen). Dafür hat er massiv rückgerichtet reagiert. Natürlich ist uns da hin und wieder mal der Kragen geplatzt und wir haben korrigiert - sei es mit einem Leinenruck, anschreien oder ganz selten auch mal runter drücken (nachdem er uns gebissen hat, so kommt er dann immerhin nicht mehr an uns ran und tobt dann halt auf dem Boden weiter). Gebracht hat das Trainingstechnisch null, im Gegenteil. Ich hab hier einen Hund bekommen, der von Menschen nur das schlimmste erwartet hat und gelernt hat, wenn er kein kontra gibt wirds nur noch blöder für ihn. Ich bin fest davon überzeugt, selbst wenn du ihn richtig stark körperlich verletzt, dieser Hund wird nicht klein beigeben. Jedenfalls nicht, solange er an der Leine ist und keine chance hat, dann alternativ komplett abzuhauen. Unser Training in Hundebegegnungen war sehr sehr positiv aufgebaut. Mit sehr viel Rücksichtsnahme und viel Abstand. Das schlimmste was (wenn ich die Nerven behalte, also mittlerweile eigentlich immer) passiert ist mal ein etwas schärferes "hey", wenn er anfängt zu fixieren - auf sehr sehr weite Distanz, ich muss halt selbst sehr aufmerksam sein dafür. Aber auch nicht laut oder so und ohne körperliche Einwirkung. Und dann nehme ich ihn mit im Bogen aus der Situation raus, wenn ich merke das wird nichts mehr. In 95% der Begegnungen (er war ja nicht nur reaktiv auf Hunde, sondern auch auf Menschen) gehen wir mittlerweile sehr entspannt mit 1-2m Abstand vorbei. Die restlichen 5% sind Erzfeind-Begegnungen, Idioten die ihre Hunde vor uns extra aufdrehen, sehr enge Begegnungen mit ebenfalls reaktiven Hunden oder - leider - wenn Freunde (besonders Hunde) dabei sind und er darum deutlich aufgeregter ist als normal. Ich will damit nicht sagen, dass eine gut gesetzte Korrektur von einem Profi zu verteufeln ist. Der Profi kann das Tier im Zweifel einschätzen und weiß hoffentlich was er tut. Aber Korrektur als Strategie, vor allem von einem Laien, sollte meiner Meinung nach nie die Marschrichtung sein, auch wenn es erst mal scheinbar gute Ergebnisse erzielt. Und es geht durchaus auch ohne das Verhalten unterbrechende Korrektur (wo ich bei uns wie gesagt nicht mal weiß, wie so was aussehen sollte, dass es bei wayne wirklich ankommt).
Achso einen Nachtrag habe ich noch zum Thema Aussitzen mit kleinen Hunden.
Das ist auch so ein zweischneidiges Schwert.
Als Mensch kann man einen kleinen tobenden Hund super gut aussitzen.
Aber der Hund leidet ja.
Das wird manchmal außer Acht gelassen.
Wo bei einem großen Hund die Notwendigkeit zu trainieren besteht, werden kleine Hunde oft einfach ein Leben lang "mitgeschleppt", weil es je nach Größe kaum oder gar kein Kraftaufwand ist.
 
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Nadine
16. März 12:15
Naja aber du sagst es ja selber, ihr habt nicht sinnvoll und bedacht korrigiert, sondern wenn der Kragen geplatzt ist. Nicht die Korrektur hat eueren Hund schlimmer gemacht, sondern wie ihr sie angewendet habt. Und zwar emotional, vermutlich mit richtig schlechtem Timing und mehr oder weniger für den Hund willkürlich. Also dulden, dulden, dulden, explodieren und schlecht korrigieren, dulden, dulden, dulden usw. Das ist nicht, wie man in einem Trainingskontext korrigiert, sondern einfach spontane Gewaltauswirkung ohne Strategie und Lerneffekt. Daraus abzuleiten, dass Korrekturen nicht hilfreich sind ist einfach nicht sinnvoll oder ehrlich. Das ist als würde ich sagen, dass Klicker Training nicht funktioniert, weil ich ohne den Klicker zu konditionieren einfach wahllos einmal am Tag klicker, wenn mir was gefällt. Das ist kein Training.
Mir ging es nicht darum, dass die Korrektur bei uns schlecht gesetzt war. Das ist mir klar. Sondern, dass man auch ohne harte Korrektur das Ziel erreichen kann, selbst bei einem sehr "aggressiven" Hund. Wir haben unser Ziel weder über komplette Isolation vom Trigger noch über das verhalten Unterbrechende Korrektur erreicht (deine zwei Möglichkeiten). Sondern durch positive Verstärkung und viel Arbeit in dem Bereich, wo der Hund noch verhältnismäßig entspannt ist.

Ich habe auch nicht daraus abgeleitet, dass Korrekturen nicht hilfreich sind. Ich habe sogar extra am Ende geschrieben, dass eine sinnvoll vom Profi gesetzte und auf das Tier angepasste Korrektur durchaus sinnvoll sein kann.
Ich habe nur gesagt, dass bei MEINEM Typ Hund eine Korrektur in der Situation garantiert nicht zum Ziel führen würde. Der hat nämlich in seiner Vergangenheit gelernt, dann nur noch umso stärker dagegen zu halten.
 
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Nadine
16. März 12:18
Achso einen Nachtrag habe ich noch zum Thema Aussitzen mit kleinen Hunden. Das ist auch so ein zweischneidiges Schwert. Als Mensch kann man einen kleinen tobenden Hund super gut aussitzen. Aber der Hund leidet ja. Das wird manchmal außer Acht gelassen. Wo bei einem großen Hund die Notwendigkeit zu trainieren besteht, werden kleine Hunde oft einfach ein Leben lang "mitgeschleppt", weil es je nach Größe kaum oder gar kein Kraftaufwand ist.
Aussitzen ist kein Trainingsansatz. Das ist management, wenn man selbst versagt hat und die Situation falsch eingeschätzt. Natürlich muss an dem Thema trainiert und gearbeitet werden.

Das aussitzen ist nur darum bei kleinen Hunden leichter, weil man sie körperlich besser halten kann. Während man bei größeren Hunden vielleicht eher mal die Nerven verliert, einfach weil man körperlich unterlegen ist. Fair ist das dann aber auch nicht.