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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 21. Dez.

Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Hallo liebe Hundemenschen, Ich bin durch einen anderen Thread darauf gestoßen, dass man Leinenführigkeit mittels intrinsischer Motivation beibringen kann. Intrinsische Motivation bedeutet das es der Hund von sich aus macht, es macht ihm Spaß und führt es für sich bzw. sein Wohlbefinden aus. Also zum Beispiel ist bei meinem Münsterländer das Jagen eine intrinsische Motivation, die ich mir für die Arbeit zunutze mache. Ich trainiere viel mit meinen Hunden und natürlich auch die Leinenführigkeit. In aller Regel machen das meine Hunde aber nicht aus eigener intrinsische Motivation. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich die Jahre falsch gemacht habe, dass meine Hunde anscheinend nicht aus intrinsischer Motivation neben mir her spazieren. Habt ihr eine Idee wie man das aufbaut, dass er Hund das aus intrinsischer Motivation macht? Ist dies überhaupt möglich?
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:12
Auch ich finde deine Erklärung super! Und das ist auch für mich, wie schon mehrmals erwähnt, grundsätzlich ein sehr brauchbarer und sinnvoller Ansatz. Aber mich irritiert dieser extrem wertende theoretische Unterbau sehr. Ich sehe in ihm ein großes Potential für Fehlinterpretationen und Fehleinschätzungen sowohl der hündischen Motivationen und Empfindungen wie auch des eigenen Handelns und der angewandten Methoden. Warum wird Eigeninteresse und Handlungsmotivation in dem Konzept so pauschal mit Stress gleichgesetzt? Es gibt ja auch genug Wollen bzw Verhalten am Hund, das keinen Stress für ihn verursacht, das ich aber trotzdem modifizieren will. Wozu muss man da um einen Lernprozess eine Zuschreibungsideologie basteln, die die Motivations- und Emotionslage des Hundes unhinterfragt negativ und das Handeln des Menschen ebenso unhinterfragt positiv konnotiert?
Ich glaube mittlerweile, dass es tatsächlich ein Problem der Interpretation ist. Du sagst und das glaube ich dir aufs Wort, dass dein Guiness richtig gut erzogen ist. Dass alles super läuft. Und deshalb siehst du nicht, warum du Intrinsisch motiviert trainieren solltest.
Bei mir und Kaisa: die ist komplett durchgeknallt und Stress ist unser Begleiter. Gewesen. Wir haben es im Griff. Aber es ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Bei mir ist die Frage, dass alles stressig sein kann. Wind, Blätter, Vögel, Schmetterlinge, Kinder, WHATEVER.
Es gibt viele Hundehalter, die haben es ganz alleine geschafft auf dem ganz normalen Weg, ihren Hund zu erziehen und sie sind perfekte Begleiter. Da ist Stress kein (großes) Thema. Aber es gibt durchaus viele Hunde, die Stress haben. Klassisch Jagdhunde z.B.
Hunde mit Vorgeschichte.
Und für die macht doch dieser Ansatz einen großen Sinn?
Ich wähne mich mittlerweile auf einem guten Weg, aber dieser Thread in Verbindung mit meiner Bekannten und deren Hund hat mich sehr ins Nachdenken gebracht - ich verstehe einfach die theoretischen Hintergründe besser - und ich frage mich, ob wir es nicht noch besser hinbekommen würden. Und ich der Kleinen mit dem intrinsischen Weg nicht einfach besser helfen würde.
 
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Elena
20. Dez. 08:20
Ich glaube mittlerweile, dass es tatsächlich ein Problem der Interpretation ist. Du sagst und das glaube ich dir aufs Wort, dass dein Guiness richtig gut erzogen ist. Dass alles super läuft. Und deshalb siehst du nicht, warum du Intrinsisch motiviert trainieren solltest. Bei mir und Kaisa: die ist komplett durchgeknallt und Stress ist unser Begleiter. Gewesen. Wir haben es im Griff. Aber es ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Bei mir ist die Frage, dass alles stressig sein kann. Wind, Blätter, Vögel, Schmetterlinge, Kinder, WHATEVER. Es gibt viele Hundehalter, die haben es ganz alleine geschafft auf dem ganz normalen Weg, ihren Hund zu erziehen und sie sind perfekte Begleiter. Da ist Stress kein (großes) Thema. Aber es gibt durchaus viele Hunde, die Stress haben. Klassisch Jagdhunde z.B. Hunde mit Vorgeschichte. Und für die macht doch dieser Ansatz einen großen Sinn? Ich wähne mich mittlerweile auf einem guten Weg, aber dieser Thread in Verbindung mit meiner Bekannten und deren Hund hat mich sehr ins Nachdenken gebracht - ich verstehe einfach die theoretischen Hintergründe besser - und ich frage mich, ob wir es nicht noch besser hinbekommen würden. Und ich der Kleinen mit dem intrinsischen Weg nicht einfach besser helfen würde.
Ich denke ich werde das mal ausprobieren an Orten die meinen Hund noch stressen und wo er leinenführigkeit die ich normal extrinsisch aufgebaut habe einfach nicht abrufen kann. Bei uns ist das die Stadt. Es sind ihm einfach zu viele Reize. Trotzdem bin ich mir sicher würde ich es positiv bestärken würde das Ergebnis das selbe sein. Ich sehe den Unterschied in den Methoden dabei, dass dadurch das der Hund eine Lösung gelernt hat er es universeller (auch an anderen Orten) umsetzten kann, während mit positiver bestärken eher ein ortgebundenes Learning entsteht. War das richtig? Also hast du/ ihr das auch so verstanden?
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:21
Wenn du dich für diesen Trainingsweg interessierst, dann sind Leckerlies im Großen und Ganzen eh obsolet. Für mich stellt sich gerade die Frage, ob ich mir den online Kurs gönne, oder ob meine gesammelten Informationen ausreichen, mir ein Konzept zusammenzustellen und es selbst zu probieren. Im parallelen Thread zur Gefährtenschmiede hat sich Ino N. ebenfalls geäußert und etwas in der Richtung gesagt, dass dort das Rad keinesfalls neu erfunden wurde, aber dass ihm das Konzept, die Puzzleteile geholfen haben. Dies im Hinterkopf, dass alles nichts Neues ist: wenn du nun nochmal in DIESEM Thread Ino N.s Schilderungen liest (gestern Mittag hatte ich die nochmal in einem meiner Beiträge zitiert zusammengefasst), dann achte bitte mal auf die Schilderungen, wo es um seine Ansagen geht „wir gehen jetzt los!“ z.B. Genauso wie das vor dem Hund herum laufen. Das verstehen einige hier als aversiv, das ist natürlich nun jedermanns eigene Interpretation. Ich verstehe es aber wie Maike, als ein „Ich mache jetzt mal mein Ding“, ich gehe voran. Das hat für mich auch etwas mit einer aufrechten Körperhaltung zu tun, einem Ausdruck, „ICH gehe voran!“ Absolut ohne jeden Druck, ohne jede Aversion. Ich habe für uns selbst einige Dinge in den letzten Monaten herausgefunden: Leckerlies in stressigen Situationen sind bei uns maximal kontraproduktiv. Bin ich aufrecht, bestimmt, klar in dem was ich will und tue, dann strahlt das sofort auf die Hunde aus und sie entspannen. Augenblicklich. Und die neueste Erkenntnis: kündige ich mit Stimme bei Hundebegegnungen an „Wir gehen weiter!“ und strahle ich das auch aus, so folgen die Hunde vollkommen problemlos. Ich würde also einfach einige Dinge einfach mal auf den Prüfstand stellen, ob wirklich alles, was ich tue und ausstrahle sinnvoll und zielführend ist oder ob es auch andere Möglichkeiten gibt, um es besser zu machen.
Es kommt nicht darauf an, wie wir das Herumlaufen interpretieren, sondern wie der Hund es interpretiert.

Wenn es ihn irritiert, frustriert und dadurch vom Vorlaufen abhält, ist es aus seiner Sicht eine aversive Handlung, die sich entsprechend verhaltensvermindernd auf ihn auswirkt.

Und genau so hat Ino es beschrieben - er fand das Herumgerenne so doof, dass er völlig aufgehört hat, sich zu bewegen.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:23
Ich denke ich werde das mal ausprobieren an Orten die meinen Hund noch stressen und wo er leinenführigkeit die ich normal extrinsisch aufgebaut habe einfach nicht abrufen kann. Bei uns ist das die Stadt. Es sind ihm einfach zu viele Reize. Trotzdem bin ich mir sicher würde ich es positiv bestärken würde das Ergebnis das selbe sein. Ich sehe den Unterschied in den Methoden dabei, dass dadurch das der Hund eine Lösung gelernt hat er es universeller (auch an anderen Orten) umsetzten kann, während mit positiver bestärken eher ein ortgebundenes Learning entsteht. War das richtig? Also hast du/ ihr das auch so verstanden?
Die Generalisierung ist auch beim intrinsischen Lernen nicht automatisch mit dabei.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:29
Es kommt nicht darauf an, wie wir das Herumlaufen interpretieren, sondern wie der Hund es interpretiert. Wenn es ihn irritiert, frustriert und dadurch vom Vorlaufen abhält, ist es aus seiner Sicht eine aversive Handlung, die sich entsprechend verhaltensvermindernd auf ihn auswirkt. Und genau so hat Ino es beschrieben - er fand das Herumgerenne so doof, dass er völlig aufgehört hat, sich zu bewegen.
Und ich wiederhole mein Beispiel von gestern Abend: Jerna ist im Freilauf, ich kümmere mich nicht um sie, sondern gerade nur um Kaisa und Jerna kommt, setzt sich und wartet.
Ja, es kommt drauf an, wie der Hund es interpretiert. Aber in erster Linie interpretierst du Ino N.s flapsige Schilderung. Ich lese es in der Tat vollkommen anders als du, als ein „Ich mache hier jetzt mal mein Ding, ich schlendere hin und her, gucke mal den Laternenpfahl bis nach oben, und der Hund wird so dazu gebracht Nix zu tun, weil es nicht weiter geht.“ Weil Frauchen grad was ganz anderes macht, dass den Hund nicht die Bohne interessiert, er aber einfach warten muss. Und auf Frauchen achten muss.
Ähnlich wie das oft gepredigte „sich auf ne Bank setzen und nix tun“.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:36
Ich glaube mittlerweile, dass es tatsächlich ein Problem der Interpretation ist. Du sagst und das glaube ich dir aufs Wort, dass dein Guiness richtig gut erzogen ist. Dass alles super läuft. Und deshalb siehst du nicht, warum du Intrinsisch motiviert trainieren solltest. Bei mir und Kaisa: die ist komplett durchgeknallt und Stress ist unser Begleiter. Gewesen. Wir haben es im Griff. Aber es ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Bei mir ist die Frage, dass alles stressig sein kann. Wind, Blätter, Vögel, Schmetterlinge, Kinder, WHATEVER. Es gibt viele Hundehalter, die haben es ganz alleine geschafft auf dem ganz normalen Weg, ihren Hund zu erziehen und sie sind perfekte Begleiter. Da ist Stress kein (großes) Thema. Aber es gibt durchaus viele Hunde, die Stress haben. Klassisch Jagdhunde z.B. Hunde mit Vorgeschichte. Und für die macht doch dieser Ansatz einen großen Sinn? Ich wähne mich mittlerweile auf einem guten Weg, aber dieser Thread in Verbindung mit meiner Bekannten und deren Hund hat mich sehr ins Nachdenken gebracht - ich verstehe einfach die theoretischen Hintergründe besser - und ich frage mich, ob wir es nicht noch besser hinbekommen würden. Und ich der Kleinen mit dem intrinsischen Weg nicht einfach besser helfen würde.
Was legst du mir denn da in den Mund???

Weder hab ich jemals gesagt, dass bei mir und Guinness alles super läuft noch dass ich nicht intrinsisch arbeite.
Das genaue Gegenteil ist sogar direkt hier in diesem Thread ausdrücklich und wiederholt der Fall.

Lass also bitte derartige Unterstellungen bleiben.


Ich hänge mich deshalb allerdings auch nicht unkritisch an eine Sache, nur weil sie verpackt in Wohlfühlterminologie und mit dem "Besser als alles Andere" - Mascherl daherkommt.

Und ich verstehe genug von der Materie um zu sehen, dass auch an der hier angepriesenen Darstellung der Dinge nicht alles Gold ist, was glänzt.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:38
Ich denke ich werde das mal ausprobieren an Orten die meinen Hund noch stressen und wo er leinenführigkeit die ich normal extrinsisch aufgebaut habe einfach nicht abrufen kann. Bei uns ist das die Stadt. Es sind ihm einfach zu viele Reize. Trotzdem bin ich mir sicher würde ich es positiv bestärken würde das Ergebnis das selbe sein. Ich sehe den Unterschied in den Methoden dabei, dass dadurch das der Hund eine Lösung gelernt hat er es universeller (auch an anderen Orten) umsetzten kann, während mit positiver bestärken eher ein ortgebundenes Learning entsteht. War das richtig? Also hast du/ ihr das auch so verstanden?
Der Hund empfindet deine Nähe als positiv, beruhigend.
Wenn du jetzt allerdings voll in den Reiz reingehst, in die größte Stresssituation, dann begehst du den ersten Fehler. Langsam, schrittweise, Abstand so groß, dass der Reiz erträglich ist usw.

Ich glaub mittlerweile, dass das größte (Verständnis)Problem hier ist, dass Dogma unterstellt wird, was nicht da ist und dass es tatsächlich ein TrainingsPLAN ist, wo man nicht mal eben dies das oder jenes halbverstanden ausprobieren kann. Insofern verstehe ich jetzt Maikes Ablehnung zu einer genauen Anleitung 😉, das kann hier einfach nicht funktionieren.
Wer’s ausprobieren will, der muss wahrscheinlich wirklich das ganze begleitet als Kurs machen oder sich hier haarklein die Mühe machen und fast 1000 Beiträge nochmal lesen und sich selbst einen Plan zusammenstellen.
 
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Dogorama-Mitglied
20. Dez. 08:42
Und ich wiederhole mein Beispiel von gestern Abend: Jerna ist im Freilauf, ich kümmere mich nicht um sie, sondern gerade nur um Kaisa und Jerna kommt, setzt sich und wartet. Ja, es kommt drauf an, wie der Hund es interpretiert. Aber in erster Linie interpretierst du Ino N.s flapsige Schilderung. Ich lese es in der Tat vollkommen anders als du, als ein „Ich mache hier jetzt mal mein Ding, ich schlendere hin und her, gucke mal den Laternenpfahl bis nach oben, und der Hund wird so dazu gebracht Nix zu tun, weil es nicht weiter geht.“ Weil Frauchen grad was ganz anderes macht, dass den Hund nicht die Bohne interessiert, er aber einfach warten muss. Und auf Frauchen achten muss. Ähnlich wie das oft gepredigte „sich auf ne Bank setzen und nix tun“.
Wie gesagt, es ist egal was du oder ich oder auch Ino interpretieren, ob das aversiv war oder nicht kann nur der Hund beurteilen.

Die Gefahr liegt darin, das nicht mehr zu erkennen, weil man sich die eigenen Methoden überzeugend schön redet.
 
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Babs
20. Dez. 08:45
Deine Beschreibung find ich total super und verständlich! Ich für mich würde extrinsische Motivation dennoch immer wieder mit einbeziehen bzw schließe positive Verstärkung nicht kategorisch aus. Es muss mit Bedacht eingesetzt werden, das ist klar, als Management zu verstehen sein und sollte nicht mit der konkreten Handlung, die der Hund intrinsisch motiviert zeigt in direkter Verbindung erfolgen - für mich und meine Hunde dient es tatsächlich zur Gestaltung des Rahmens und hat vorbereitenden Charakter. Denn ich habe in der Regel stark vorbelastete Hunde. Die haben anfangs schon Stress allein durch menschliche Nähe.
Danke ☺️, ich musste für mich noch mal zurück zur Basic (was passiert im Hund, wenn ich etwas extrinsisch verstärke oder korrigiere) und dachte, kann ich ja alle dran teilhaben lassen und falls ich doch irgendwas falsch verstanden hätte, Maike es hätte korrigieren können.
 
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Babs
20. Dez. 08:46
Ich fänd es eigentlich gut, wenn diese Frage z.B. Maike beantworten würde, da sie auf diesem Weg ja trainiert hat und die Antwort mit Sicherheit weiß. Ich habe ja nur ein ganz kleines Wissen dazu, was rein aus beobachten und lesen zusammengewürfelt ist. Nur soweit: da meine Bekannte ihrer Hündin auch weiterhin Tricks beigebracht hat wie z.B. Socken ausziehen, gehe ich davon aus, dass beide Methoden nebeneinander möglich sind. Wahrscheinlich ist das möglich durch die stenge Trennung von der Trainingsmethode und dem Geschirr: mit Leine am Geschirr ausschließlich Intrinsisch, keinerlei Leckerlies.
Ich unterscheide zwischen Alltag und Hundesport. Den Sport leite ich über ein Ritual ein.