1. Frage: Intrinsische Motivation bedeutet nicht, dass der Mensch oder die Umwelt gar keinen Einfluss haben dürfen. Vielmehr geht es darum, dass das Verhalten aus dem inneren Antrieb des Hundes entsteht – weil es für ihn selbst sinnvoll oder angenehm ist. Der Mensch kann dabei einen Rahmen schaffen, in dem der Hund die Möglichkeit hat, intrinsische Motivation zu entwickeln. Zum Beispiel:
Schnüffeln: Der Hund schnüffelt von sich aus, weil es ihm Spaß macht und seine Neugier befriedigt. Der Mensch unterstützt das, indem er ihm Zeit und Raum gibt, statt ihn davon abzulenken oder mit anderen Reizen zu überlagern.
Ruhiges Verhalten: Ein Hund, der lernt, dass ruhiges Beobachten ihm Sicherheit gibt, handelt aus intrinsischer Motivation – der Mensch trägt dazu bei, indem er stressfreie Bedingungen schafft, in denen der Hund diese Erfahrung machen kann.
Der Mensch kann die Umgebung gestalten, aber das Verhalten entsteht aus der Überzeugung oder Freude des Hundes, nicht durch äußere Belohnungen oder Zwang.
2. Frage: Man kann durchaus mit intrinsischer Motivation trainieren, indem man indirekten Einfluss nimmt. Das bedeutet, dass der Mensch nicht das Verhalten selbst auslöst, sondern die Bedingungen so gestaltet, dass der Hund es aus eigenem Antrieb zeigt. Das ist auch nichts weltbewegendes.
Ein paar Beispiele:
Raum für eigenes Ausprobieren schaffen: Anstatt den Hund mit Leckerlis oder Kommandos zu lenken, lässt man ihn die Situation selbst erkunden. Der Mensch bleibt ruhig und greift nur ein, wenn der Hund überfordert ist. So lernt der Hund durch eigene Erfahrungen, welche Verhaltensweisen für ihn sinnvoll sind.
Reize kontrollieren: Beim Aufbau von Selbstkontrolle lässt man den Hund mit einem Reiz in einer sicheren Distanz konfrontiert werden, bis er selbst entspannt bleibt, ohne korrigiert oder abgelenkt zu werden.
Zum Thema Reize kontrollieren: Mein Hund sieht einen Hasen und rennt hinterher. Intrinsisch motiviert.
Mein Hund wird doch nie intrinsisch so einen Reiz aushalten. Wenn ich meinen Hund in sicherer Distanz den Hasen beobachten lasse, gebe ich durch die Leine oder eine Korrektur den Rahmen vor. Der Hund merkt dann zwar, wenn er zieht, zappelt, fiept oder sonstiges, geht es nicht weiter, denkt aber nicht irgendwann nach etlichen Wiederholungen "Ah, Hase. Mir egal. Ich bleib lieber ruhig, weil wir dann weiter gehen" (wobei weitergehen auch eine Belohnung oder Motivation, also extrinsisch ist), sondern er denkt "Oh, Hase. Ich würde gerne hinterher, aber ich darf oder kann nicht oder wenn ich bleibe, macht mein Mensch etwas richtig tolles". Kein Hund würde aus rein intrinsischer Motivation aufs Jagen verzichten und stattdessen lieber bei seinem Menschen bleiben, sobald die Leine ab ist, wenn es nicht vom Menschen irgendeine Bestätigung für das Verhalten gibt, sei es Lob, ein Spiel, ein Superleckerli oder sonst was cooles.