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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 21. Dez.

Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Hallo liebe Hundemenschen, Ich bin durch einen anderen Thread darauf gestoßen, dass man Leinenführigkeit mittels intrinsischer Motivation beibringen kann. Intrinsische Motivation bedeutet das es der Hund von sich aus macht, es macht ihm Spaß und führt es für sich bzw. sein Wohlbefinden aus. Also zum Beispiel ist bei meinem Münsterländer das Jagen eine intrinsische Motivation, die ich mir für die Arbeit zunutze mache. Ich trainiere viel mit meinen Hunden und natürlich auch die Leinenführigkeit. In aller Regel machen das meine Hunde aber nicht aus eigener intrinsische Motivation. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich die Jahre falsch gemacht habe, dass meine Hunde anscheinend nicht aus intrinsischer Motivation neben mir her spazieren. Habt ihr eine Idee wie man das aufbaut, dass er Hund das aus intrinsischer Motivation macht? Ist dies überhaupt möglich?
 
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Katrin
6. Dez. 22:38
Rein intrinsisch müsste ja eigentlich auch heissen, dass man nie Reaktion oder Feedback geben dürfte. Das scheint mir ziemlich luftleerer Raum zu sein und ich sehe nicht ganz, wie man damit über eine positiv gestimmte Basalentwicklung hinaus kommen kann. Ja, der Hund mag entspannt sein, weil er weitgehend machen kann, was er will, und manch einer geht deshalb wahrscheinlich auch gerne im Dunstkreis des Menschen durch's Leben. Aber was ist das wirklich "Orientierung" am Menschen, wenn von dem ausser antezendenter Manipulation der Umstände - von denen der Hund ja nix weiß - nix kommt?
Genau damit hab ich auch das Problem.
 
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Olli
6. Dez. 22:38
Aber sie tun es in der Hoffnung was zu fressen zu bekommen. Manche zumindest.
Ganz genau, entweder weil sie zugesehen haben, wie ein Kumpel was bekommt oder weil sie selber die Erfahrung gemacht haben, aber das ist ja auch wieder erlerntes Verhalten mit externem Stimulanz.
 
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Katrin
6. Dez. 22:48
Ganz genau, entweder weil sie zugesehen haben, wie ein Kumpel was bekommt oder weil sie selber die Erfahrung gemacht haben, aber das ist ja auch wieder erlerntes Verhalten mit externem Stimulanz.
Aber mal ganz ehrlich, Hunde tun in der Regel immer das wo was positives für sie bei rausspringt. Ganz gleich ob sie von alleine auf die Idee gekommen sind oder es sich abgeguckt haben. Was für sie zählt ist das sie dadurch einen Vorteil haben. Am Ende steht also immer eine Belohnung,ganz gleich ob vom Halter oder durch Selbstbelohnung. Im Idealfall ist meine Belohnung hochwertiger wie die Selbstbelohnung.

Uns reicht ja auch nicht das tolle Gefühl den Job gut gemacht zu haben, wir wollen schon gerne eine Anerkennung unserer Leistung und zumindest während der Ausbildung eine Rückmeldung ob wir unseren Job gut und richtig machen.
 
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Dogorama-Mitglied
6. Dez. 22:54
Aber mal ganz ehrlich, Hunde tun in der Regel immer das wo was positives für sie bei rausspringt. Ganz gleich ob sie von alleine auf die Idee gekommen sind oder es sich abgeguckt haben. Was für sie zählt ist das sie dadurch einen Vorteil haben. Am Ende steht also immer eine Belohnung,ganz gleich ob vom Halter oder durch Selbstbelohnung. Im Idealfall ist meine Belohnung hochwertiger wie die Selbstbelohnung. Uns reicht ja auch nicht das tolle Gefühl den Job gut gemacht zu haben, wir wollen schon gerne eine Anerkennung unserer Leistung und zumindest während der Ausbildung eine Rückmeldung ob wir unseren Job gut und richtig machen.
Natürlich tun Hunde das, was für sie einen Vorteil bringt.
Aber ich bin auch der Meinung eine äußere Belohnung kann nie wirklich besser sein als ein selbstbelohntes Verhalten, weil das selbstbelohnte Verhalten aus einem inneren Bedürfnis heraus kommt und für den Hund unmittelbar Sinn macht.
 
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Olli
6. Dez. 22:58
Aber mal ganz ehrlich, Hunde tun in der Regel immer das wo was positives für sie bei rausspringt. Ganz gleich ob sie von alleine auf die Idee gekommen sind oder es sich abgeguckt haben. Was für sie zählt ist das sie dadurch einen Vorteil haben. Am Ende steht also immer eine Belohnung,ganz gleich ob vom Halter oder durch Selbstbelohnung. Im Idealfall ist meine Belohnung hochwertiger wie die Selbstbelohnung. Uns reicht ja auch nicht das tolle Gefühl den Job gut gemacht zu haben, wir wollen schon gerne eine Anerkennung unserer Leistung und zumindest während der Ausbildung eine Rückmeldung ob wir unseren Job gut und richtig machen.
Schrieb ich ja, Hunde sind Opportunisten und selbst der von mir erwähnte Angsthund hat ja mal durch ein externes Ereignis diese Prägung bekommen.

Und natürlich ist es leichter, den Hund für etwas zu loben, was er sowieso gerade macht, also z.B. Leckerlie oder Markerwort, wenn er da läuft, wo ich will.

Beim Menschen ist das komplexer. Auch wenn der Mensch nach Anerkennung strebt, gibt es Menschen, die selbstlos agieren ohne externe Bestätigung.
 
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Katrin
6. Dez. 23:16
Natürlich tun Hunde das, was für sie einen Vorteil bringt. Aber ich bin auch der Meinung eine äußere Belohnung kann nie wirklich besser sein als ein selbstbelohntes Verhalten, weil das selbstbelohnte Verhalten aus einem inneren Bedürfnis heraus kommt und für den Hund unmittelbar Sinn macht.
Jagen ist ja selbstbelohnend. Was besseres gibt es kaum für einen Jagdhund. Mein Hund lernte das selbstbelohnendes hetzen unerwünscht ist und Wild anzeigen ein erwünschtes Verhalten ist welches ebenfalls selbstbelohnend wirkt plus zusätzlich belohnt wird. Mit Wild muss ich hier leider immer rechnen sobald ich das Haus verlasse. Das nicht hinterhetzen ist hier wie eine Lebensversicherung da wir viele Wildschweine haben. Zum jagen abdüsen ist also ein absolutes no go.

Alleine über eigene Ruhe und Führung mag an der Leine gut klappen, im Freilauf sähe das aber sicher anders aus. Da kann ich noch so ruhig souverän sein, wenn der Trieb kickt und der Hund sich nicht in meinem direkten Einflussbereich befindet war es das mit dem von sich aus nicht hinterherhetzen. Wenn dann kein sicheres Abbruchsignal sitzt kann es übel enden.

Jetzt könnte ich auch dafür sicher Situationen schaffen um auch das trainieren zu können aber wie gesagt wenn ich echt für alles erst auf passende Situationen warten muss oder diese erstmal schaffen muss dann stelle ich mir das alles andere als alltagstauglich vor und zusätzlich auch noch sehr zeitaufwendig.

Ich sehe also weiterhin intrinsisch motiviertes Training nur für Teilbereiche als Trainingsmöglichkeit.
 
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Dogorama-Mitglied
6. Dez. 23:31
Jagen ist ja selbstbelohnend. Was besseres gibt es kaum für einen Jagdhund. Mein Hund lernte das selbstbelohnendes hetzen unerwünscht ist und Wild anzeigen ein erwünschtes Verhalten ist welches ebenfalls selbstbelohnend wirkt plus zusätzlich belohnt wird. Mit Wild muss ich hier leider immer rechnen sobald ich das Haus verlasse. Das nicht hinterhetzen ist hier wie eine Lebensversicherung da wir viele Wildschweine haben. Zum jagen abdüsen ist also ein absolutes no go. Alleine über eigene Ruhe und Führung mag an der Leine gut klappen, im Freilauf sähe das aber sicher anders aus. Da kann ich noch so ruhig souverän sein, wenn der Trieb kickt und der Hund sich nicht in meinem direkten Einflussbereich befindet war es das mit dem von sich aus nicht hinterherhetzen. Wenn dann kein sicheres Abbruchsignal sitzt kann es übel enden. Jetzt könnte ich auch dafür sicher Situationen schaffen um auch das trainieren zu können aber wie gesagt wenn ich echt für alles erst auf passende Situationen warten muss oder diese erstmal schaffen muss dann stelle ich mir das alles andere als alltagstauglich vor und zusätzlich auch noch sehr zeitaufwendig. Ich sehe also weiterhin intrinsisch motiviertes Training nur für Teilbereiche als Trainingsmöglichkeit.
Ich denke zeitintensiv ist eine Sache der Definition. Ich habe 6 Monate für die Leinenführung gebraucht und 1 Jahr für den Freilauf. Ist in meinen Augen nicht viel.
Und ich sagte ja, dass ich Alltagssituationen nutze. Training ist ja nur so gut, wie ich es im Alltag umsetzen kann.
 
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Mary-Lou
7. Dez. 00:13
1. Frage: Intrinsische Motivation bedeutet nicht, dass der Mensch oder die Umwelt gar keinen Einfluss haben dürfen. Vielmehr geht es darum, dass das Verhalten aus dem inneren Antrieb des Hundes entsteht – weil es für ihn selbst sinnvoll oder angenehm ist. Der Mensch kann dabei einen Rahmen schaffen, in dem der Hund die Möglichkeit hat, intrinsische Motivation zu entwickeln. Zum Beispiel: Schnüffeln: Der Hund schnüffelt von sich aus, weil es ihm Spaß macht und seine Neugier befriedigt. Der Mensch unterstützt das, indem er ihm Zeit und Raum gibt, statt ihn davon abzulenken oder mit anderen Reizen zu überlagern. Ruhiges Verhalten: Ein Hund, der lernt, dass ruhiges Beobachten ihm Sicherheit gibt, handelt aus intrinsischer Motivation – der Mensch trägt dazu bei, indem er stressfreie Bedingungen schafft, in denen der Hund diese Erfahrung machen kann. Der Mensch kann die Umgebung gestalten, aber das Verhalten entsteht aus der Überzeugung oder Freude des Hundes, nicht durch äußere Belohnungen oder Zwang. 2. Frage: Man kann durchaus mit intrinsischer Motivation trainieren, indem man indirekten Einfluss nimmt. Das bedeutet, dass der Mensch nicht das Verhalten selbst auslöst, sondern die Bedingungen so gestaltet, dass der Hund es aus eigenem Antrieb zeigt. Das ist auch nichts weltbewegendes. Ein paar Beispiele: Raum für eigenes Ausprobieren schaffen: Anstatt den Hund mit Leckerlis oder Kommandos zu lenken, lässt man ihn die Situation selbst erkunden. Der Mensch bleibt ruhig und greift nur ein, wenn der Hund überfordert ist. So lernt der Hund durch eigene Erfahrungen, welche Verhaltensweisen für ihn sinnvoll sind. Reize kontrollieren: Beim Aufbau von Selbstkontrolle lässt man den Hund mit einem Reiz in einer sicheren Distanz konfrontiert werden, bis er selbst entspannt bleibt, ohne korrigiert oder abgelenkt zu werden.
Zum Thema Reize kontrollieren: Mein Hund sieht einen Hasen und rennt hinterher. Intrinsisch motiviert.
Mein Hund wird doch nie intrinsisch so einen Reiz aushalten. Wenn ich meinen Hund in sicherer Distanz den Hasen beobachten lasse, gebe ich durch die Leine oder eine Korrektur den Rahmen vor. Der Hund merkt dann zwar, wenn er zieht, zappelt, fiept oder sonstiges, geht es nicht weiter, denkt aber nicht irgendwann nach etlichen Wiederholungen "Ah, Hase. Mir egal. Ich bleib lieber ruhig, weil wir dann weiter gehen" (wobei weitergehen auch eine Belohnung oder Motivation, also extrinsisch ist), sondern er denkt "Oh, Hase. Ich würde gerne hinterher, aber ich darf oder kann nicht oder wenn ich bleibe, macht mein Mensch etwas richtig tolles". Kein Hund würde aus rein intrinsischer Motivation aufs Jagen verzichten und stattdessen lieber bei seinem Menschen bleiben, sobald die Leine ab ist, wenn es nicht vom Menschen irgendeine Bestätigung für das Verhalten gibt, sei es Lob, ein Spiel, ein Superleckerli oder sonst was cooles.
 
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Mary-Lou
7. Dez. 00:19
Ja, das heißt auch, dass ich kein Lob einsetze – sonst wäre das Verhalten wieder an einen äußeren Verstärker geknüpft. Aber der Hund merkt trotzdem, wenn eine Situation für ihn angenehm ist. Hunde bevorzugen ohnehin nonverbale und paraverbale Kommunikation, weil diese für sie klarer und natürlicher ist. Wenn ich mich ruhig bewege, die Distanz zu einem Reiz kontrolliere oder meine Position bewusst wähle, gebe ich meinem Hund Orientierung. Das ist für den Hund oft viel wertvoller als Worte oder äußere Verstärker.
Sobald du die Distanz kontrollierst oder deine Position bewusst wählst, beeinflusst du deinen Hund, was wiederum einer rein intrinsischen Motivation widerspricht. Der Hund wählt seine Position und Distanz nicht selbst, sondern bekommt sie vorgegeben. Extrinsisch wird eine Motivation ja nicht nur durch Belohnung, sondern auch durch Strafe - sowohl positiver als auch negativer.
 
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Dogorama-Mitglied
7. Dez. 00:22
Sobald du die Distanz kontrollierst oder deine Position bewusst wählst, beeinflusst du deinen Hund, was wiederum einer rein intrinsischen Motivation widerspricht. Der Hund wählt seine Position und Distanz nicht selbst, sondern bekommt sie vorgegeben. Extrinsisch wird eine Motivation ja nicht nur durch Belohnung, sondern auch durch Strafe - sowohl positiver als auch negativer.
Das bedeutet nicht, dass ich seine intrinsische Motivation komplett ausschließe. Es geht nicht darum, dass der Hund völlig losgelöst von meiner Präsenz agiert – das wäre unrealistisch und gefährlich. Vielmehr schaffe ich einen Rahmen, innerhalb dessen der Hund eigenständig Entscheidungen treffen kann.

Die Kontrolle von Distanz oder Position ist keine direkte Manipulation seines Verhaltens, sondern eine Unterstützung, damit der Hund in einer Situation nicht überfordert wird. Was der Hund dann innerhalb dieses Rahmens macht – z. B. ruhig bleiben oder sich an mir orientieren – kann sehr wohl aus intrinsischer Motivation entstehen, weil er die Erfahrung macht, dass es für ihn angenehmer ist.