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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 21. Dez.

Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Hallo liebe Hundemenschen, Ich bin durch einen anderen Thread darauf gestoßen, dass man Leinenführigkeit mittels intrinsischer Motivation beibringen kann. Intrinsische Motivation bedeutet das es der Hund von sich aus macht, es macht ihm Spaß und führt es für sich bzw. sein Wohlbefinden aus. Also zum Beispiel ist bei meinem Münsterländer das Jagen eine intrinsische Motivation, die ich mir für die Arbeit zunutze mache. Ich trainiere viel mit meinen Hunden und natürlich auch die Leinenführigkeit. In aller Regel machen das meine Hunde aber nicht aus eigener intrinsische Motivation. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich die Jahre falsch gemacht habe, dass meine Hunde anscheinend nicht aus intrinsischer Motivation neben mir her spazieren. Habt ihr eine Idee wie man das aufbaut, dass er Hund das aus intrinsischer Motivation macht? Ist dies überhaupt möglich?
 
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Babs
18. Dez. 10:23
Ja schön, hier ebenso. Das ist aber noch lange keine Leinenführigkeit und keine intrinsische Entscheidung, jedes Häschen und jedes läufige Mädel wegen mir links liegen zu lassen. Wie würdest du das herausarbeiten?
Grundvoraussetzung ist, dass meine Hunde gerne bei mir sind. Also in meiner Nähe ein gutes Gefühl haben. Ein Hund, der seinen Mensch lieber meidet, wird nicht gerne an der Leine gehen.

Warum bist Du gerne in der Nähe Deines Hundes?

Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Hund lernt, seine Impulse zu kontrollieren und nicht kopflos durch die Gegend rennt.
 
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Dogorama-Mitglied
18. Dez. 10:25
Ist nach aussen gewandtes Interesse mit Stress gleichzusetzen? Welche positiven Erfahrungen? Ich dachte situativ im intrinsischen Training dürfen keine positiven Rückmeldungen kommen? Gerade beim sicheren Bindungstyp wäre doch aber die Motivation zur Exploration und damit zum sich weiter Entfernen stärker ausgeprägt, oder nicht? Dementsprechend wäre sichere Bindung in Bezug auf direkt beim Menschen Bleiben eher kontraproduktiv...? Wenn der Hund auch langfristig selbst jedesmal situativ entscheiden darf, die baut man dann die Verlässlichkeit auf, dass er sich nicht häufig für's Entfernen entscheidet? Wie gesagt, ich hab nix gegen Habituation und Desensibilisierung, ganz im Gegenteil. Wie man sich aber über keine Rückmeldung im Training und keinerlei "Kommandos" bzw Lenkmöglichkeiten für konkrete Situationen, rein im Gottvertrauen auf des Hundes "richtige" Entscheidung, in Gebieten mit hohem Gefahren- und Ablenkungspotential sicher bewegen soll, seh ich in der Praxis nicht recht. Konkretes Szenario - Freilauf in Grüngebiet mit vielen Hunden, Joggern, Radfahrern, ev auch mal ein anderes Tier. Wie schafft man es, dass der eigene Hund intrinsisch nie oder nur wenn es mit passt auf etwas davon reagiert, zu etwas hinläuft?
Ein Hund bleibt auch in entspannten, stressfreien Situationen oder während Erkundungen bei seinem Menschen, wenn er gelernt hat, dass die Nähe nicht einschränkend ist, sondern Teil einer harmonischen Beziehung. Hunde sind von Natur aus soziale Tiere, die darauf ausgelegt sind, in Gruppen zu agieren und sich aneinander zu orientieren. Selbst in Momenten, in denen es keine akute Bedrohung oder Unsicherheit gibt, bleibt die Nähe zum Menschen oft attraktiv, weil sie Teil einer gewohnten und positiven Verbindung ist.

Die positive Erfahrung, die den Hund dazu bringt, sich am Menschen zu orientieren, entsteht nicht durch klassische positive Verstärkung wie Leckerchen oder Lob, sondern durch das Gefühl, dass Nähe und Orientierung das Leben einfacher und angenehmer machen. Ein Beispiel: Wenn ein Hund in einer schwierigen Begegnung – etwa mit anderen Hunden oder Joggern – erlebt, dass bei seinem Menschen bleiben die Situation für ihn überschaubarer macht und er keinen zusätzlichen Stress oder Konflikte erleben muss, ist das eine intrinsische positive Erfahrung. Es geht nicht um eine Belohnung, die vom Menschen kommt, sondern um den inneren Zustand des Hundes, der durch Orientierung Ruhe, Klarheit oder Entspannung empfindet.

Ein Hund, der die Nähe seines Menschen während der Erkundung sucht, tut das nicht unbedingt aus Sicherheitsbedürfnis, sondern weil die Orientierung zur Normalität geworden ist – ähnlich wie bei einem Spaziergang mit einem guten Freund. Er kann sich frei bewegen und erkunden, kehrt aber immer wieder zurück, weil diese Wechselwirkung aus Eigenständigkeit und Nähe für ihn Sinn ergibt.

Wichtig ist auch, dass der Hund in solchen Momenten oft nicht bewusst entscheidet, ob er bei seinem Menschen bleibt oder sich entfernt. Die Nähe entsteht aus einer Mischung aus Gewohnheit, positiver Erfahrung und sozialem Verhalten. Selbst wenn der Hund seine Umgebung erkundet, bleibt er in Reichweite, weil er gelernt hat, dass die Orientierung keine Einschränkung bedeutet, sondern eine natürliche Basis für seinen Bewegungsradius darstellt.
 
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Dogorama-Mitglied
18. Dez. 10:30
Ja, das ist richtig. Mir ging es mit dem Verweis auf den Kritikpunkt auch nicht darum, ihre wissenschaftliche Relevanz zu schmälern. Sondern auf eine Berücksichtigung der Kritik hinsichtlich ihres praktischen Nutzens im Kontext Hundeerziehung hinzuweisen.
Wenn man das Modell als Ansatzpunkt und nicht als Dogma versteht, verliert es weder seinen praktischen Nutzen noch seine Aussagekraft.
 
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SandrA
18. Dez. 10:37
Wenn man das Modell als Ansatzpunkt und nicht als Dogma versteht, verliert es weder seinen praktischen Nutzen noch seine Aussagekraft.
Ich habe auch nicht behauptet, dass es seinen praktischen Nutzen verliert.
Um nicht ins dogmatische zu verfallen muss man sich mit Kritik aber schon konstruktiv auseinandersetzen, um die eigene Perspektive flexibel zu halten.
 
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Dogorama-Mitglied
18. Dez. 10:38
Ich habe auch nicht behauptet, dass es seinen praktischen Nutzen verliert. Um nicht ins dogmatische zu verfallen muss man sich mit Kritik aber schon konstruktiv auseinandersetzen, um die eigene Perspektive flexibel zu halten.
Natürlich, da stimme ich dir zu. Kritik sollte immer ein Teil eines konstruktiven Austauschs sein, um neue Perspektiven zu gewinnen. In diesem Fall ging es mir aber gar nicht darum, die Maslowsche Pyramide dogmatisch anzuwenden, sondern sie lediglich als Denkmodell heranzuziehen, um bestimmte Zusammenhänge anschaulich zu machen. Das schließt eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer Übertragbarkeit nicht aus, aber mein Fokus lag hier auf der Veranschaulichung, nicht auf einer wissenschaftlichen Diskussion über die Theorie selbst.
 
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SandrA
18. Dez. 10:47
Natürlich, da stimme ich dir zu. Kritik sollte immer ein Teil eines konstruktiven Austauschs sein, um neue Perspektiven zu gewinnen. In diesem Fall ging es mir aber gar nicht darum, die Maslowsche Pyramide dogmatisch anzuwenden, sondern sie lediglich als Denkmodell heranzuziehen, um bestimmte Zusammenhänge anschaulich zu machen. Das schließt eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer Übertragbarkeit nicht aus, aber mein Fokus lag hier auf der Veranschaulichung, nicht auf einer wissenschaftlichen Diskussion über die Theorie selbst.
Ich denke, wir haben die Theorie einfach aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet 😅 Ich war immer noch auf dem Pfad der Bedeutung von Zwischenzielen.

Aber das sind wohl einfach die Tücken des digitalen Diskutierens.
 
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Dogorama-Mitglied
18. Dez. 10:49
Grundvoraussetzung ist, dass meine Hunde gerne bei mir sind. Also in meiner Nähe ein gutes Gefühl haben. Ein Hund, der seinen Mensch lieber meidet, wird nicht gerne an der Leine gehen. Warum bist Du gerne in der Nähe Deines Hundes? Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Hund lernt, seine Impulse zu kontrollieren und nicht kopflos durch die Gegend rennt.
Wir gesagt, das ist hier ebenso.

Ich bin aber skeptisch gegenüber der generellen Gleichsetzung von Eigeninteressen oder Impulsen folgen mit Stress (oder Kopflosigkeit).

Das kann natürlich, wie so Vieles, auch in Stress ausarten, ich seh aber nicht, warum es prinzipiell als solche definiert werden sollte...?
 
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Babs
18. Dez. 10:57
Wir gesagt, das ist hier ebenso. Ich bin aber skeptisch gegenüber der generellen Gleichsetzung von Eigeninteressen oder Impulsen folgen mit Stress (oder Kopflosigkeit). Das kann natürlich, wie so Vieles, auch in Stress ausarten, ich seh aber nicht, warum es prinzipiell als solche definiert werden sollte...?
Ich kann Dir leider nicht weiterhelfen.
 
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Dogorama-Mitglied
18. Dez. 11:09
Ein Hund bleibt auch in entspannten, stressfreien Situationen oder während Erkundungen bei seinem Menschen, wenn er gelernt hat, dass die Nähe nicht einschränkend ist, sondern Teil einer harmonischen Beziehung. Hunde sind von Natur aus soziale Tiere, die darauf ausgelegt sind, in Gruppen zu agieren und sich aneinander zu orientieren. Selbst in Momenten, in denen es keine akute Bedrohung oder Unsicherheit gibt, bleibt die Nähe zum Menschen oft attraktiv, weil sie Teil einer gewohnten und positiven Verbindung ist. Die positive Erfahrung, die den Hund dazu bringt, sich am Menschen zu orientieren, entsteht nicht durch klassische positive Verstärkung wie Leckerchen oder Lob, sondern durch das Gefühl, dass Nähe und Orientierung das Leben einfacher und angenehmer machen. Ein Beispiel: Wenn ein Hund in einer schwierigen Begegnung – etwa mit anderen Hunden oder Joggern – erlebt, dass bei seinem Menschen bleiben die Situation für ihn überschaubarer macht und er keinen zusätzlichen Stress oder Konflikte erleben muss, ist das eine intrinsische positive Erfahrung. Es geht nicht um eine Belohnung, die vom Menschen kommt, sondern um den inneren Zustand des Hundes, der durch Orientierung Ruhe, Klarheit oder Entspannung empfindet. Ein Hund, der die Nähe seines Menschen während der Erkundung sucht, tut das nicht unbedingt aus Sicherheitsbedürfnis, sondern weil die Orientierung zur Normalität geworden ist – ähnlich wie bei einem Spaziergang mit einem guten Freund. Er kann sich frei bewegen und erkunden, kehrt aber immer wieder zurück, weil diese Wechselwirkung aus Eigenständigkeit und Nähe für ihn Sinn ergibt. Wichtig ist auch, dass der Hund in solchen Momenten oft nicht bewusst entscheidet, ob er bei seinem Menschen bleibt oder sich entfernt. Die Nähe entsteht aus einer Mischung aus Gewohnheit, positiver Erfahrung und sozialem Verhalten. Selbst wenn der Hund seine Umgebung erkundet, bleibt er in Reichweite, weil er gelernt hat, dass die Orientierung keine Einschränkung bedeutet, sondern eine natürliche Basis für seinen Bewegungsradius darstellt.
Nochmal - ich verstehe die zugrundeliegende Philosophie und Methodik.

Mein Problem liegt einerseits bei den Prämissen und andererseits im Moment auch beim beschriebenen Ergebnis:

- Warum werden als Alternativen zum nahe beim Menschen Bleiben immer schwierige Begegnungen und Stresssituationen angenommen?

Was ist mit den vielen Situationen, wo der Hund sich aus Lust, Freude, Neugierde, selbstbelohnenden Interessen heraus entfernen will?

- Ja Hunde sind soziale Tiere, das Agieren in Gruppen ist bei ihnen, am Beispiel der Strassenhunde gut beobachtbar, aber ziemlich lose angelegt.
Weder formen sie echte Rudel noch gehören sie zwingend einer fixen sozialen Gruppe an noch sind sie ständig in deren nahem Umkreis.

Alleingänge, auch in größere Entfernungen, sind keineswegs unüblich und haben auch nichts mit Stress oder Ähnlichem zu tun sondern gehören zu dem, was Hunde ohne Menschen halt so tun.

- Ich bitte nochmal darum, die positive Erfahrung genauer zu beschreiben.

Meinst du damit ganz allgemein, dass der Mensch halt ok ist und man mit ihm eine angenehme Zeit und Spass haben kann?

Falls ja, in wie fern würde das automatisch andere angenehme und spaßige Alternativen trumpfen?

Falls nein, was genau meinst du?

- Und warum reden wir jetzt nurmehr von einem undefinierten im weiteren Umkreis Bleiben und darin weitgehend selbst Entscheiden?
Das hat für mich weder mit Leinenführigkeit noch mit verlässlichem direkt bei mir Verbleiben in Ablenkungssituationen zu tu...?
 
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Sonja
18. Dez. 12:10
Nochmal - ich verstehe die zugrundeliegende Philosophie und Methodik. Mein Problem liegt einerseits bei den Prämissen und andererseits im Moment auch beim beschriebenen Ergebnis: - Warum werden als Alternativen zum nahe beim Menschen Bleiben immer schwierige Begegnungen und Stresssituationen angenommen? Was ist mit den vielen Situationen, wo der Hund sich aus Lust, Freude, Neugierde, selbstbelohnenden Interessen heraus entfernen will? - Ja Hunde sind soziale Tiere, das Agieren in Gruppen ist bei ihnen, am Beispiel der Strassenhunde gut beobachtbar, aber ziemlich lose angelegt. Weder formen sie echte Rudel noch gehören sie zwingend einer fixen sozialen Gruppe an noch sind sie ständig in deren nahem Umkreis. Alleingänge, auch in größere Entfernungen, sind keineswegs unüblich und haben auch nichts mit Stress oder Ähnlichem zu tun sondern gehören zu dem, was Hunde ohne Menschen halt so tun. - Ich bitte nochmal darum, die positive Erfahrung genauer zu beschreiben. Meinst du damit ganz allgemein, dass der Mensch halt ok ist und man mit ihm eine angenehme Zeit und Spass haben kann? Falls ja, in wie fern würde das automatisch andere angenehme und spaßige Alternativen trumpfen? Falls nein, was genau meinst du? - Und warum reden wir jetzt nurmehr von einem undefinierten im weiteren Umkreis Bleiben und darin weitgehend selbst Entscheiden? Das hat für mich weder mit Leinenführigkeit noch mit verlässlichem direkt bei mir Verbleiben in Ablenkungssituationen zu tu...?
Du brauchst gar nicht die Straßenhunde als Beispiel für Gruppenzugehörigkeit.

Wenn die Labbi-Gruppe Spazieren geht, weitgehend mit Freilauf, entfernt sich kein Einzelhund weit von der Gruppe. Läuft ein Hund zu seinem Menschen zurück, laufen die Hunde in seiner Nähe mit.

Pudelchen Lucy ist extrem selbständig, hat als Welpe keinen Folgetrieb gezeigt, quetscht sich für Alleingänge ab und zu durch den Zaun. Auf Spaziergängen in einer XS-Hundegruppe läuft sie im Freilauf gerne voraus, hat dabei einen größeren Radius, kommt aber selbständig, ohne Rufen zurück. Allerdings oft nur bis zu den Teilnehmenden, die am weitesten vorne laufen, nicht unbedingt zu mir. Es reicht ihr, die Verbindung zur Gruppe zu halten.

Bei beiden Gruppen war das von Anfang an so, die Hunde müssen sich dafür nicht näher kennen.