Home / Forum / Erziehung & Training / Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Verfasser
Dogorama-Mitglied
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 1029
zuletzt 21. Dez.

Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Hallo liebe Hundemenschen, Ich bin durch einen anderen Thread darauf gestoßen, dass man Leinenführigkeit mittels intrinsischer Motivation beibringen kann. Intrinsische Motivation bedeutet das es der Hund von sich aus macht, es macht ihm Spaß und führt es für sich bzw. sein Wohlbefinden aus. Also zum Beispiel ist bei meinem Münsterländer das Jagen eine intrinsische Motivation, die ich mir für die Arbeit zunutze mache. Ich trainiere viel mit meinen Hunden und natürlich auch die Leinenführigkeit. In aller Regel machen das meine Hunde aber nicht aus eigener intrinsische Motivation. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich die Jahre falsch gemacht habe, dass meine Hunde anscheinend nicht aus intrinsischer Motivation neben mir her spazieren. Habt ihr eine Idee wie man das aufbaut, dass er Hund das aus intrinsischer Motivation macht? Ist dies überhaupt möglich?
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 15:57
Oh wie spannend! Ich hab eine Frage 🤓😆 Ich habe vor einigen Wochen diese seltene Situation einfangen können, in der meine Hündin sich skeptisch gegenüber Skulpturen am Wegesrand zeigt. Ich ermuntere sie hier sich das Ganze anzuschauen. Da sie vom Naturell aber sowieso sehr neugierig und lösungsorientiert ist, hätte sie das so oder so getan. (Ich wollte ihr hier also nur mitteilen, dass ich sie nicht dran hindern werde, was im Alltag leider manchmal notwendig ist, weil wir auch auf Befindlichkeiten anderer Rücksicht nehmen). Wie würdet ihr das Ganze bewerten? Kommunikation? Extrinsische Motivation? Ich mache hier gar nichts mit Leckerchen oder ähnlichem. Ist ja auch gar nicht notwendig. [Zum Rest des Videos: Ich lotse sie anschließend recht schnell weg, weil ich die Skulpturen mit der Schleppleine nicht beschädigen möchte. Der Zug auf die Schleppleine ergibt sich versehentlich und ist kein beabsichtigter Leinenruck. Hätte man besser machen können, in dem man näher mitgeht, ist mir bewusst.]
Die entscheidende Frage ist, ob die Aussage eine bereits vorhandene intrinsische Motivation begleitet oder ob sie selbst das Verhalten auslöst. ☺️
Das ist in dem Kontext sehr schwierig zu beurteilen. Mich würde also interessieren ob deine Hündin auch ohne deine Aussage genau dieselbe Reaktion gezeigt hätte. Vielleicht kannst du das ja in einem ähnlichen Szenario mal ausprobieren? ☺️
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 17:40
Warum hast Du das dann nicht gleich zu Anfang so formuliert wie jetzt? Das hätte viel unsinnigen Schlagabtausch erspart.
Ich hab das mehrfach in verschiedenen - wahrscheinlich etwas sehr theoretischen - Weisen formuliert, aber man sortiert man ja beim Diskutieren auch die eigenen Gedanken, guckt von verschiedenen Seiten auf eine Sache und hat oft erst nach einer Weile eine Art Zusammenfassung der eigenen Überlegungen parat.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 17:59
Sehr interessieren würde mich ja, wie man es am besten umsetzt bei Triggern, die man bez Intensität und Entfernung nicht unter Kontrolle hat.

Hatte mit Guinness heute wieder ein paar ziemlich reaktionsstarke Skateboardbegegnungen.

Klar hab ich das Thema ansich erstmal selbst verkackt.
Klar sollte man die zu hohe Reizschwelle meiden.

Geht aber nur sehr bedingt.

Was mach ich jetzt also, wenn eines daherbrettert und Hund ausflippt?

Macht es da irgendwie Sinn, im Rahmen der extrinsischen Leinenbegrenzung eine mir intrinsische Zen-Haltung anzustreben und zu hoffen, dass er, wiederum extrinsisch davon beruhigt, irgendwann intrinsisch beschließt, dass hysterisch zerren und plärren nicht viel bringt und sich nicht aufzuregen eigentlich viel netter ist?

Ich bin bei dem Thema unvorbereitete Begegnungen wirklich mit meinem Latein am Ende und hab auch erstmal keine umfassende Möglichkeit, das über gestellte minimini aufzubauen.

Eure Gedanken dazu?
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:16
Sehr interessieren würde mich ja, wie man es am besten umsetzt bei Triggern, die man bez Intensität und Entfernung nicht unter Kontrolle hat. Hatte mit Guinness heute wieder ein paar ziemlich reaktionsstarke Skateboardbegegnungen. Klar hab ich das Thema ansich erstmal selbst verkackt. Klar sollte man die zu hohe Reizschwelle meiden. Geht aber nur sehr bedingt. Was mach ich jetzt also, wenn eines daherbrettert und Hund ausflippt? Macht es da irgendwie Sinn, im Rahmen der extrinsischen Leinenbegrenzung eine mir intrinsische Zen-Haltung anzustreben und zu hoffen, dass er, wiederum extrinsisch davon beruhigt, irgendwann intrinsisch beschließt, dass hysterisch zerren und plärren nicht viel bringt und sich nicht aufzuregen eigentlich viel netter ist? Ich bin bei dem Thema unvorbereitete Begegnungen wirklich mit meinem Latein am Ende und hab auch erstmal keine umfassende Möglichkeit, das über gestellte minimini aufzubauen. Eure Gedanken dazu?
Ich würde mir das kontextbezogene Lernen zunutze machen. Eine Unterscheidung zwischen Halsband und Geschirr – oder auch zwischen zwei Ösen am Geschirr – wäre hier sinnvoll. Den Alltag bewältigt man dann mit einem der beiden Instrumente, während gezielte Trainingssituationen, in denen das intrinsische Verhalten aufgebaut wird, mit dem anderen stattfinden. Dadurch, dass die intrinsische Motivation gezielt gefördert wird und das Verhalten als angenehm wahrgenommen wird, überträgt sich das mit der Zeit automatisch auch auf das Geschirr oder andere Kontexte. Wenn man eines der Instrumente – Geschirr oder Halsband – später weglassen möchte, ist das ebenfalls möglich.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Katja
14. Dez. 18:18
Sehr interessieren würde mich ja, wie man es am besten umsetzt bei Triggern, die man bez Intensität und Entfernung nicht unter Kontrolle hat. Hatte mit Guinness heute wieder ein paar ziemlich reaktionsstarke Skateboardbegegnungen. Klar hab ich das Thema ansich erstmal selbst verkackt. Klar sollte man die zu hohe Reizschwelle meiden. Geht aber nur sehr bedingt. Was mach ich jetzt also, wenn eines daherbrettert und Hund ausflippt? Macht es da irgendwie Sinn, im Rahmen der extrinsischen Leinenbegrenzung eine mir intrinsische Zen-Haltung anzustreben und zu hoffen, dass er, wiederum extrinsisch davon beruhigt, irgendwann intrinsisch beschließt, dass hysterisch zerren und plärren nicht viel bringt und sich nicht aufzuregen eigentlich viel netter ist? Ich bin bei dem Thema unvorbereitete Begegnungen wirklich mit meinem Latein am Ende und hab auch erstmal keine umfassende Möglichkeit, das über gestellte minimini aufzubauen. Eure Gedanken dazu?
Ich glaube, da bleibt Dir nix anderes übrig, als Gegenden mit Skateboard-Fahrern erstmal nur sehr gezielt zu „besuchen“… und den Abstand massiv zu kontrollieren. Wenn der erstmal im Tunnel ist, ist intrinsische Ruhe ausgeschlossen, würde ich sagen.

Hast Du nicht in der Gegend irgendwie nen Zaun oder so, von dem Du beobachten kannst?
Oder Du stellst einen von denen zum Training an…😀

Ich hatte das mit Kaninchen bei uns im Innenhof (im Gehege): Wir mussten nunmal im 2m-Abstand dran vorbei, Polli immer auf 2 Beinen.
Hab ich immer versucht, so schnell wie möglich zu machen und ihr dafür vorher und hinterher die Möglichkeit zur Selbstregulierung zu geben. Glücklicherweise ist unsere Hinterhaustür aus Glas, d.h. das war der Rahmen/die Grenze, hinter der sie sich erstmal regulieren konnte. Nach ein paar Mal hatte ich deutlich den Eindruck, dass sie froh war über meine Eile, dran vorbei zu kommen -> sie rastete zwar immer noch aus, lief aber mit und entspannte dann schon deutlich noch im Hinterhof auf dem Weg zur Vorderhaustür.

War aber auch ne Mischung aus ihrer freien Entscheidung und „ich lass Dich jetzt mal vor der geschlossenen Tür (drinnen) sitzen und Du darfst dann (fast) entscheiden, was Du machst, wenn die Tür aufgeht“…🤪
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:24
Ich würde mir das kontextbezogene Lernen zunutze machen. Eine Unterscheidung zwischen Halsband und Geschirr – oder auch zwischen zwei Ösen am Geschirr – wäre hier sinnvoll. Den Alltag bewältigt man dann mit einem der beiden Instrumente, während gezielte Trainingssituationen, in denen das intrinsische Verhalten aufgebaut wird, mit dem anderen stattfinden. Dadurch, dass die intrinsische Motivation gezielt gefördert wird und das Verhalten als angenehm wahrgenommen wird, überträgt sich das mit der Zeit automatisch auch auf das Geschirr oder andere Kontexte. Wenn man eines der Instrumente – Geschirr oder Halsband – später weglassen möchte, ist das ebenfalls möglich.
Ok, guter Punkt.

Und im Alltag manage ich das wie am Besten?
Ich bin zu diesem speziellen Thema inzwischen betriebsblind, weil es auch mich stresst und ich da nicht mehr klar sehe.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:27
Ich glaube, da bleibt Dir nix anderes übrig, als Gegenden mit Skateboard-Fahrern erstmal nur sehr gezielt zu „besuchen“… und den Abstand massiv zu kontrollieren. Wenn der erstmal im Tunnel ist, ist intrinsische Ruhe ausgeschlossen, würde ich sagen. Hast Du nicht in der Gegend irgendwie nen Zaun oder so, von dem Du beobachten kannst? Oder Du stellst einen von denen zum Training an…😀 Ich hatte das mit Kaninchen bei uns im Innenhof (im Gehege): Wir mussten nunmal im 2m-Abstand dran vorbei, Polli immer auf 2 Beinen. Hab ich immer versucht, so schnell wie möglich zu machen und ihr dafür vorher und hinterher die Möglichkeit zur Selbstregulierung zu geben. Glücklicherweise ist unsere Hinterhaustür aus Glas, d.h. das war der Rahmen/die Grenze, hinter der sie sich erstmal regulieren konnte. Nach ein paar Mal hatte ich deutlich den Eindruck, dass sie froh war über meine Eile, dran vorbei zu kommen -> sie rastete zwar immer noch aus, lief aber mit und entspannte dann schon deutlich noch im Hinterhof auf dem Weg zur Vorderhaustür. War aber auch ne Mischung aus ihrer freien Entscheidung und „ich lass Dich jetzt mal vor der geschlossenen Tür (drinnen) sitzen und Du darfst dann (fast) entscheiden, was Du machst, wenn die Tür aufgeht“…🤪
Die Skateboards tauchen auch auf der Strasse auf, hab ich keinen Einfluss darauf und kann ohne zu flüchten keinen Abstand kontrollieren 🙈🙈🙈
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:36
Ok, guter Punkt. Und im Alltag manage ich das wie am Besten? Ich bin zu diesem speziellen Thema inzwischen betriebsblind, weil es auch mich stresst und ich da nicht mehr klar sehe.
Was genau verursacht dir denn den Stress?

Bei mir war es, bevor ich die Unterscheidung hatte, das Gefühl, dass mein Trainingsstand „versaut“ wird durch schlechte Momente.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:39
Die Skateboards tauchen auch auf der Strasse auf, hab ich keinen Einfluss darauf und kann ohne zu flüchten keinen Abstand kontrollieren 🙈🙈🙈
Besitzt du oder Freunde/Familie von dir ein Skateboard?
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
14. Dez. 18:42
Ich kann dir sagen wie ich es bei meiner Hündin gemacht habe. Beim Training für den Freilauf habe ich gezielt mit Reizen wie Rehen, Raben oder Enten gearbeitet. Das kann man aber individuell machen. Auch mit anderen Hunden, wenn die ein Thema sind. Der erste Schritt war, diese Reize aus einer sicheren Distanz zu beobachten, die für meinen Hund noch gut auszuhalten war, ohne dass er Anzeichen von Stress, Überforderung zeigte oder die Tiere jagen wollte. Diese Distanz habe ich je nach Reaktion meines Hundes flexibel angepasst. Ziel war es, dass mein Hund den Reiz wahrnimmt, sich aber weiterhin auf mich und die Situation konzentrieren kann, ohne sofort zu reagieren. Im Verlauf des Trainings haben wir uns den Tieren schrittweise genähert, wobei der Hund immer die Möglichkeit hatte, den Reiz in seinem Tempo zu verarbeiten. Die Leine spielte dabei eine wichtige Rolle: Zunächst habe ich mit einer kürzeren Leine gearbeitet, um meinem Hund mehr Sicherheit zu geben. Mit fortschreitendem Training und wachsendem Vertrauen in die Selbstregulation meines Hundes wurde die Leine immer länger, bis hin zur Schleppleine. Wenn der Hund Anzeichen von Überforderung zeigt, wie Ziehen, Fiepen oder starke Anspannung, wird die Distanz wieder vergrößert, um ihn zu unterstützen. Der nächste Schritt ist der Freilauf. Sobald mein Hund zuverlässig gelernt hat, sich an mir zu orientieren und Impulse zu kontrollieren, löse ich die Schleppleine, um noch mehr Freiheit zu geben. Das Training bleibt dabei gleich: Der Hund lernt, dass ruhiges Verhalten nicht nur an der Leine, sondern auch ohne Leine die angenehmste Option ist. Es ist ja auch weniger Stress für sie. Sie ist nicht verantwortlich für die Reaktion auf einen Reiz. Wichtig ist, dass dieser Übergang schrittweise erfolgt, damit der Hund die gleichen Verhaltensweisen, die er mit der Schleppleine gezeigt hat, auch im Freilauf beibehält. Durch die vorherige Arbeit mit der Schleppleine hat sie die Fähigkeit entwickelt, Reize selbstständig zu bewältigen, ohne auf äußere Belohnungen oder Korrekturen angewiesen zu sein. So kann sie z.B. direkt an Enten und Raben vorbei laufen. Wenn sie sich unsicher ist, läuft sie hinter mich. Es ist ähnlich wie das Training was man oft mit Welpen macht, wenn die Schutz suchen beim Menschen. Nur das man es so aktiv fördert. Ich bediene mich damit quasi am natürlichen Bedürfnis von Sicherheit und Orientierung.
Ich hole diese Erklärung von Maike einfach nochmal nach oben, hier hat sie sehr ausführlich beschrieben, wie sie es gemacht hat.
Plus die an anderer Stelle gegebenen Hinweise auf die Unterscheidung Geschirr/Halsband und den Zeitraum des Trainings auf 6-12 Monate auszulegen.