Ich versuche es mal zu erklären. Als Beispiel fällt mir meine Hündin ein:
Sie ist passionierte Jägerin und wurde auch zur Jagd genutzt bevor sie zu uns kam. Sprich: jagen war und ist das absolut größte für sie.
Wir halten Hühner und die wollte sie gern zu ihrer Beute umwidmen.
Sie wusste aber recht schnell, dass wir das echt kacke finden, wenn sie Ihr Jagdverhalten in Gegenwart der Hühner zeigt. Vorteilhaft war, sie reagiert hochsensibel auf meine Stimmung und meine Emotionen ihr gegenüber. Also war da ja eine gute Trainingsbasis und lange Zeit war auch alles gut. Sie wurde eben konditioniert; positiv verstärkt, belohnt, wenn sie brav am Gehege vorbeiging und kein Interesse an den Hühnern zeigte. Training eben. Und so zogen Wochen und Monate ohne besondere Vorkommnisse ins Land….
Es kam irgendwann Tag x an dem die doofe Kuh sich hinterrücks aus dem Haus schlich, den Zaun übersprang und sich ein Huhn schnappte. Das Huhn hat’s nicht überlebt und die Trulla nur, weil ich nen vollen Staubsaugerbeutel in der Hand hielt und kein Gartengerät als ich sie erwischt hab.
Ok, Training allein reichte wohl doch nicht. Da musste was anderes her…etwas das nachhaltiger wirkt (ausser Gartengeräte).
Ich habe es dann tatsächlich damals in etwa so aufgebaut, wie Maike es beschrieben hat. Es dauerte Monate. Wir sind täglich zusammen zu den Hühnern; der Abstand zum Gehege immer so weit, wie sie entspannen konnte. Und ja, die zu frühe Annäherung löste Stress aus: bei ihr vor allem Zittern und fiepen. Das war in dem Augenblick für sie kein per Se negatives Gefühl, wie Angst, sondern Geilheit auf das Federvieh, Vorbereitung auf den großen Spaß und das große Fressen; aber dieser Stress war für sie offenbar trotzdem unangenehmer als die Entspannung und Ruhe bei größer werdendem Abstand. Ihre Handlungen (eben nicht Jagdverhalten) in dieser Zeit und Stimmung wurden als zielführend und wirksam erlebt, also positiv verknüpft.
Wie gesagt, wir reden von Monaten, die von außen betrachtet stinklangweilig waren😅. Mehr als da stehen beobachten, nachspüren, in Verbindung sein, passiert da auch nicht.
Aber am Ende (ca 4 -6 Monate würd ich sagen) des Prozesses, lag sie entspannt mitten zwischen den Hühnern; die nichtmal mehr im Gehege waren. Bis heute (10 Jahre später) ist kein Huhn mehr wegen Joona Richtung Regenbogen marschiert. Ich kann sie draußen alleine lassen mit den freien Damen; sie rennt zwischen ihnen herum, spielt mit dem Rüden; und nur dem Rüden, selbst wenn hühnerseits wild geflattert und gezetert wird.
Sie zeigt kein Jagdverhalten mehr gegenüber dem Federvieh, sondern priorisiert andere Handlungen, wie Spielen, rumschnüffeln, sonnenbaden whatever. Und das ohne Kontrolle durch uns.
Hast Du das auch schon bei fremden Hühnern ( also an einem anderen Ort) getestet?