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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 21. Dez.

Intrinsische Motivation - Leinenführigkeit?

Hallo liebe Hundemenschen, Ich bin durch einen anderen Thread darauf gestoßen, dass man Leinenführigkeit mittels intrinsischer Motivation beibringen kann. Intrinsische Motivation bedeutet das es der Hund von sich aus macht, es macht ihm Spaß und führt es für sich bzw. sein Wohlbefinden aus. Also zum Beispiel ist bei meinem Münsterländer das Jagen eine intrinsische Motivation, die ich mir für die Arbeit zunutze mache. Ich trainiere viel mit meinen Hunden und natürlich auch die Leinenführigkeit. In aller Regel machen das meine Hunde aber nicht aus eigener intrinsische Motivation. Jetzt frage ich mich natürlich, was ich die Jahre falsch gemacht habe, dass meine Hunde anscheinend nicht aus intrinsischer Motivation neben mir her spazieren. Habt ihr eine Idee wie man das aufbaut, dass er Hund das aus intrinsischer Motivation macht? Ist dies überhaupt möglich?
 
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* ᴀʟᴇxᴀꜱ ꜱᴄʜɴᴀᴜᴢᴇʀᴛʀᴜᴘᴘ
7. Dez. 07:28
Ich denke, dass man die Beziehung zum Hund so gestalten kann, dass der Hund aus eigener Motivation leinenführig läuft. Dazu müssen sich Mensch und Hund als Team sehen, dass gemeinsam Spazieren geht. Will man nicht ständig auf den Hund achten, kann man nur Gehorsam trainieren, dann funktioniert die intrinsische Motivation nicht. Warum sollte der Hund denn auch dem Menschen folgen, der ihm gerade deutlich zeigt, dass er ihm egal ist? Wenn man den Spaziergang als gemeinsames Erlebnis gestaltet, orientiert sich der Hund am Menschen, so wie es auch umgekehrt der Fall ist. Das hat nichts mit Dauerbespaßung zu tun, sondern mit einem Wir-Gefühl. In einem Rudel oder einer Hundegruppe, die zusammen gehört, entfernt sich kein Hund allzu weit von der Gruppe. Dieses tief verankerte Verhalten liefert die intrinsische Motivation, in der Nähe zu bleiben. Der Führer der Gruppe, egal, ob Mensch oder Hund, bestimmt für jeden Hund der Gruppe den Radius, in dem dieser sich bewegen kann. Dieser Führungsaufgabe kommen wir Menschen nur sehr oft nicht nach. In unserer Nachbarschaft wohnt ein Rentner mit seinem Hovawart. Von klein auf hat er den Hund frei laufen lassen, ihm aber einen engen Radius zugewiesen. Bei Begegnungen wurde der Hund abgelenkt, nie mit Leckerli, sondern durch gemeinsame Aktionen. Inzwischen ist der Hovawart ausgewachsen. Er weicht seinem Herrn nicht von der Seite. Andere Hunde oder Menschen oder auch Wild - interessieren ihn nicht. Bei unserer letzten Begegnung kam er ziemlich plötzlich um die Ecke, was bei uns leider für Aufregung gesorgt hat. Die 2 gingen ruhig und uninteressiert an unseren bellenden Hunden vorbei. Bei dem Hovawart ist es völlig egal, ob eine Leine dran ist oder nicht, er bleibt dicht bei seinem Herrn. Wenn ich mit den Hunden einzeln Spazieren gehe, machen wir 5-6 x in 1 h kleine Spielereien. Benny ist dann an mir orientiert, denn es könnte ja jederzeit wieder ein Spiel starten. Am Fahrrad läuft Benny frei, aber er bleibt von sich aus an meiner rechten Seite. Ich denke, dass er auch dabei intrinsisch motiviert ist. Ich denke aber nicht, dass man Leinenführigkeit aus intrinsischer Motivation trainieren bzw. aufbauen kann. Man kann lediglich an dem Mensch-Hund-Team und der Bindung arbeiten. Durch Training erlerntes Verhalten wäre nicht intrinsisch motiviert.
Ja genau so ähnlich habe ich auch gearbeitet.
Dadurch gestaltet sich alles in der Erziehung einfacher.
Mein Fazit.
Wie dein Nachbar habe ich meinen Hunden das auch so ähnlich "beigebracht" und egal welche Situation etc. Sie bleiben freiwillig bei mir etc.

Es ist aufjedenfall eine cool Sache, wenn man es umsetzen erspart man sich ganz viele andere Dinge die mit Training zutun haben.
Vorallem in der Mehrhundehaltung ein Traum 🤣😁

Ich glaube sogar, dass die Methode auch optimal für Selbständige Rassen ist mit wenig bis keinem will to please. So meine Erfahrung.
 
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Sonja
7. Dez. 07:32
@Joe: Ablenkung war in diesem Zusammenhang das falsche Wort. Weil es aber auch schwer zu beschreiben ist.
Der Hovawart und sein Halter waren zu jedem Zeitpunkt ein Team, haben immer miteinander agiert. Dabei hat der Halter entschieden, die Umwelt zu ignorieren, und sein Hund hat das mitgemacht. Es gab aber keine Kommandos. Sie sind einfach immer nur ihres Wegen gegangen. Und der Halter hat immer mal ein Spielchen angefangen.
Für den Hovawart gibt es nun keine äußeren Reize, die wichtiger wären als sein Partner.
Es ist keine Ablenkung nötig, weil der Hund sich niemals gegen das Wohl des Teams entscheiden und sein eigenes Ding machen würde.

Zum Thema Raumverwaltung unter Hunden empfehle ich die YouTube-Videos von Maja Nowak. Dort wird dieses Verhalten gezeigt und erklärt. Man kann ihre Theorien von Leithund, Kundschafter und Wächter getrost ignorieren, das hündische Verhalten ist auch ohne dieses Schubladendenken eindeutig.
 
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Sonja
7. Dez. 07:39
Auch Umweltverstärker sind ja Belohnung und damit extrinsische Motivation. In meinem Verständnis fällt da auch jegliche Reaktion auf ein Verhalten darunter, weil die ja fast zwangsläufig entweder einen zustimmenden oder ablehnende Anklang hat. Ich verstehe Maike aber so, dass eben genau das zu unterbleiben hätte und damit dem Hund kein Feedback gegeben werden kann. Der Mensch soll da wohl keine Meinung zum hündischen Tun äussern. In einem gewißen Radius um den Menschen bleiben ist für mich übrigens noch keine Leinenführigkeit. Wie ich es dem Hund intrinsisch machen soll, dass er sich zB an der Leine lieber nicht zum läufigen Pipi streckt, seh ich zB auch nicht klar.
In einem Radius um den Menschen bleiben ist sehr wohl Leinenführigkeit, denn dadurch bleibt die Leine locker. Ein Hund, der seinen Radius einhält, läuft von sich aus langsamer oder wartet öfter mal. Die Frage ist, welchen Radius man festgelegt hat. Idealerweise ist das für die Leinenführigkeit ein Radius von 1-2 m.
 
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Steffi
7. Dez. 07:39
Ja genau so ähnlich habe ich auch gearbeitet. Dadurch gestaltet sich alles in der Erziehung einfacher. Mein Fazit. Wie dein Nachbar habe ich meinen Hunden das auch so ähnlich "beigebracht" und egal welche Situation etc. Sie bleiben freiwillig bei mir etc. Es ist aufjedenfall eine cool Sache, wenn man es umsetzen erspart man sich ganz viele andere Dinge die mit Training zutun haben. Vorallem in der Mehrhundehaltung ein Traum 🤣😁 Ich glaube sogar, dass die Methode auch optimal für Selbständige Rassen ist mit wenig bis keinem will to please. So meine Erfahrung.
In Bezug auf Deinen letzten Satz habe ich leider die Ansätze der damals gewählten Welpenstunde als Hundeanfängerin nicht richtig bewertet..Leider ist Vieles was möglich gewesen wäre, dadurch nicht entstanden bzw. in falsche Bahnen gelenkt worden..
 
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Jochen
7. Dez. 07:42
Diese „Rahmenvorgabe“ von der Maike immer spricht, ist mir im Kontext des intrinsischen Verhaltens auch noch nicht so ganz klar.

Bedeutet es, wenn ich beispielsweise 2 Jahre nur mit Schleppleine spaziere und er danach auch ohne Schleppleine den Schleppleinenradius einhält, dass er dann intrinsisch agiert?
Obwohl er den Rahmen extrinsisch erlernt hat?

Wie gebe ich ohne Kommunikation oder Hilfsmittel einen Rahmen vor?
Ich meine, ich hätte alle Kommentare von Maike gelesen und verstanden, aber das ist mir noch unklar.

Ich finde das Thema höchst spannend, weil ich schon glaube, dass wir viel „Beziehungspotential“ leichtfertig vergeben, wenn wir nicht unseren Umgang mit dem Hund reflektieren und nur Schema F anwenden, ob nun operant oder klassisch konditioniert (von aversiven Methoden gar nicht zu sprechen).

Pepe zeigt beispielsweise auch intrinsisch motiviertes Verhalten, das ich mir nicht erklären kann. Bei längeren Spaziergängen kommt er öfter mal und stupst meine Hand an. Erst dachte ich, huch, will er ein Leckerli? Bin ich ein Automat? Aber er nimmt dann gar keins. Dann dachte ich, vielleicht will er jetzt mit mir in den Wald lauschen, dazu hocke ich mich runter zu ihm und wir hören gemeinsam und ich achte dann immer darauf, dass ich seinen Kopfrichtungen folge, das liebt er und dann fühlt er sich sehr wichtig.
Aber letztens ist er nicht auf das Angebot eingegangen und hatte anderes vor, trotz stupsen, also war die These auch wieder obsolete.
Ich finde es sehr schade, dass ich das nicht entschlüsseln kann.
 
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* ᴀʟᴇxᴀꜱ ꜱᴄʜɴᴀᴜᴢᴇʀᴛʀᴜᴘᴘ
7. Dez. 07:43
In Bezug auf Deinen letzten Satz habe ich leider die Ansätze der damals gewählten Welpenstunde als Hundeanfängerin nicht richtig bewertet..Leider ist Vieles was möglich gewesen wäre, dadurch nicht entstanden bzw. in falsche Bahnen gelenkt worden..
Du meinst, weil du bei der Welpenstunde nicht nach so einer Methode gearbeitet hast?
 
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Steffi
7. Dez. 07:49
Du meinst, weil du bei der Welpenstunde nicht nach so einer Methode gearbeitet hast?
Ich habe nicht schnell genug erkannt, das zu sehr nach einer Methode 'gearbeitet' wurde, die jedem Hund unabhängig von Rasse und Charakter übergestülpt wurde..Schema F..Das ganze gekrönt von schlecht moderiertem Freispiel am Ende der Stunde😓...
 
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* ᴀʟᴇxᴀꜱ ꜱᴄʜɴᴀᴜᴢᴇʀᴛʀᴜᴘᴘ
7. Dez. 07:51
Ich habe nicht schnell genug erkannt, das zu sehr nach einer Methode 'gearbeitet' wurde, die jedem Hund unabhängig von Rasse und Charakter übergestülpt wurde..Schema F..Das ganze gekrönt von schlecht moderiertem Freispiel am Ende der Stunde😓...
Ja deswegen haben meine Hunde nie eine Hundeschule gesehen. Aber gut es sind halt Gruppen und in diesen Gruppen wird halt mit 0815 gearbeitet, viele werden vllt. abgeholt die speziallere Hunde aber nicht.
 
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Bettina
7. Dez. 07:53
Ja deswegen haben meine Hunde nie eine Hundeschule gesehen. Aber gut es sind halt Gruppen und in diesen Gruppen wird halt mit 0815 gearbeitet, viele werden vllt. abgeholt die speziallere Hunde aber nicht.
Wenn man vorab keine eigenen vorstellungen hat ist es schwierig gut von schlecht zu unterscheiden...und von hundeschule halte ich auch nix🙏
 
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* ᴀʟᴇxᴀꜱ ꜱᴄʜɴᴀᴜᴢᴇʀᴛʀᴜᴘᴘ
7. Dez. 08:01
Wenn man vorab keine eigenen vorstellungen hat ist es schwierig gut von schlecht zu unterscheiden...und von hundeschule halte ich auch nix🙏
Wie haben an einer Hundeschule früher gewohnt.
Fand dieses schrille Rum geschreie und überschwenglich loben schrecklich und dann immer hiiiiiiier!!!!!! - das hat mich von Hundeschule abgeschreckt 🤣
Mittlerweile durch andere die in Hundeschulen waren, habe ich auch gesehen wie diese Arbeit, weil die Leute es nachmachen.
Das lustige ist, die Hundehalter die bei mir rumlaufen ich sehe direkt bei welcher Hundeschule die waren oder sind. Wenn man dann spricht Jackpot richtig getippt 🤣
Ich habe damals meinen Weg gefunden und werde ihn weiter gehen einfach nur mit Bindung und Orientierung.
Damit spare ich mir unnormal viel arbeit und muss einfach bestimmt über 90% gar nicht machen.