Ich glaube, was die meisten hier vergessen ist, dass die wenigsten Hundehalter draußen so denken, handeln und vor allem auf ihre Hunde achten, wie man selber.
Das heißt wenn man selbst sagt: "Wieso soll Kontakt an der Leine schlimm sein? Ich merke doch von vorne herein, ob die Hunde überhaupt wollen, frage den anderen Halter und wenn es brenzlig wird, sehe ich das rechtzeitig an der Körpersprache und trenne die Situation"
Ich glaube, gegen diese Art von Kontakt hätte kaum jemand etwas einzuwenden, da er ja nur zustande kommt, wenn wirklich ALLE ihn wollen und in den allermeisten Fällen friedlich ausgeht.
Die Realität sieht aber meist anders aus, nämlich dass man selbst mit dem angeleinten Hund unterwegs ist und...
... ein freilaufender (distanzloser und/oder unverträglicher) Hund in einen reinbrettert, gerne von hinten, sodass man ihn nicht einmal zwingend kommen sieht
... (Leinen)aggressive Klein(st)hunde und ähnliche Vertreter an der Flexileine mit scheinbar defektem Stopp-Knopf durch die Gegend sausen und sich kläffend und schnappend auf jeden Hund in Reichweite stürzen und dem passierenden Hund-Halter Team nichts anderes übrig bleibt, als auf die Straße auszuweichen
... Halter hinter ihren Hunden mit rotierenden Beinen auf einen zugezogen werden, häufig schon kläffend - gerade diese Besitzer sind dann meist empört, wenn man den Kontakt verweigert, schließlich haben sie sich gerade ohne nach links und rechts zu gucken über eine stark befahrene Straße ziehen lassen und haben eine halbe Weltreise hinter sich, damit ihr Waldi mal Hallo sagen kann
... Halter mit Hunden, die schon bei der ersten Sichtung anfangen, sich steif zu machen, zu fixieren, Kamm aufzustellen und rumzuprollen, die aber trotzdem mal Hallo sagen sollen, weil "meist beruhigt der sich dann ja wieder - außer es ist ein Rüde, die kann er gar nicht leiden, ist Ihrer etwa ein Rüde?"
Deshalb, aufgrund von möglichen Missverständnis, gerade an gespannter Leine (jaja, ich weiß, ihr lasst die Leine bei Begegnungen alle locker, aber eben die ANDEREN Menschen da draußen nicht...) und aus dem einfachen Grund, dass einem in der (Groß-)Stadt, in unserem Fall Berlin oder Rostock, so oft und so viele Hunde mitunter auch gleichzeitig begegnen, dass es unerlässlich ist, dass der Hund lernt, die an der Leine in gewissem Maße auszublenden bzw. zu ignorieren.
Ich bin damit bisher sehr gut gefahren - kein Pöbeln, kein Ziehen, entspanntes Laufen auch im Gedränge wo dann auch gerne mal 15 - 20 fremde angeleinte Hunde um einen herum sind (z.B. Am alten Strom in Warnemünde)
Und gerade bei Hunden, die auf Stunk gebürstet sind, merke ich, wie sehr Sammy es zu schätzen weiß, sich da gar nicht drum kümmern zu müssen und stattdessen entspannt auf der abgewandten Seite vorbeilaufen kann.
Wo ich meinem Hund damit also beibringen soll, dass alle anderen Hunde böse sind, erschließt sich mir noch nicht.
Sammy ist sehr verträglich, in sehr seltenen Ausnahmen (z.B. wenn mich Leute mit sehr unsicheren und nicht ableinbaren Hunden um positiven Kontakt zwecks Sozialisierung bitten) lasse ich auch Fremdhundkontakt an der Leine zu, nur bitte immer im Hinterkopf behalten, dass die Leute, die dafür zuständig sind dass sich die Fronten auf beiden Seiten so verhärten, einem diese Entscheidung meist gar nicht zugestehen (siehe oben)
Du, es gibt viele gute Gründe, Leinenkontakt abzulehnen. Hund krank, Hündin läufig, Angsthund, Artspezifische Aggression, Halter hat kein Bock auf Smalltalk mit anderen Haltern. Und das finde ich alles okay, ich mache niemandem einen Vorwurf oder hinterfrage das. Das ist die Entscheidung eines Hundehalters und das respektiere ich.
Was ich in solchen Diskussionen immer doof finde, sind die Unterstellungen (auf beiden Seiten!!!).
»Hunde an der Flexileine randalieren immer.«
»Hundehalter, die Leinenkontakt zulassen, haben ihren Hund nicht im Griff, sind naiv und haben keine Ahnung von Hunden.«
»Leute, die gegen Leinenkontakt generell sind, sind alles Hysteriker.«
»Freilaufende Hunde sind alles Rambos, die mir in den Hund reinbrettern.«
»Kleine Hunde sind alles aggressive Kläffer.«
Das wurde hier nirgends so krass formuliert, der Unterton und eine gewisse Grundgenervtheit schwingt der anderen Partei gegenüber aber immer mit.
Wenn man viele Scheiß-Begegnungen hat, kann ich das bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, aber ich hab drei Jahre lang ehrenamtlich Hunde Gassi geführt und ehrlich gesagt nie Probleme gehabt, obwohl ich da durchaus Problemhunde an der Leine hatte. Ich hab immer den Abstand bekommen, um den ich gebeten habe, auch bei freilaufenden Hunden. Die Tierheimhunde durften nämlich gar keinen Kontakt mit Fremden haben, denn Husten oder Flöhe durch Heim grassieren haben ist Mist. Auch mit meinem eigenen Hund habe ich extrem wenige Horrorbegegnungen, die hier scheinbar für andere absoluter Alltag sind. Scheint an der Gegend zu liegen, aber so unterscheiden sich halt die Realitäten und Schubladendenken, gerade in die Negativrichtung, verhärtet bloß die Fronten.