Home / Forum / Erziehung & Training / Hündisch sinnvoll handeln

Verfasser-Bild
Nadine
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 163
zuletzt 29. Okt.

Hündisch sinnvoll handeln

Ganz oft empfehle ich unter verschiedensten Fragen, hündisch sinnvoll zu handeln. Aber was verbirgt sich eigentlich dahinter? Im Grunde geht es darum, im Sinne des Hundes zu handeln und so, dass es für ihn nachvollziehbar ist. Und dadurch ein verlässlicher Partner zu werden. Ich versuche das mal mit Beispielen zu erklären, es zieht sich allerdings durch das komplette Zusammenleben. Im Grunde fragt man sich, was wäre für einen Hund eine nachvollziehbare, verlässliche, souveräne Reaktion? Und das tut man dann. (Natürlich muss keiner am Hintern von jemandem schnüffeln 😉 und nur, wenn es in unserer Menschenwelt eine Option ist) Im Umkehrschluss tut man aber auch möglichst nichts, was konträr zu hündischem Verhalten ist, und vor allem zwingt man seinem Hund so etwas nicht auf. Natürlich müssen wir alle arbeiten, einkaufen, Menschendinge tun. Aber wenn wir mit unseren Hunden unterwegs sind, macht es Sinn, möglichst "hündisch sinnvoll" und für ihn nachvollziehbar und verlässlich zu sein. Das einfachste Beispiel sind wohl Begegnungen. Nur ein sehr unhöflicher, distanzloser Hund würde frontal auf andere zu laufen. Das ist einfach unhöflich und für das Gegenüber auch unangenehm. Stattdessen werden in der Hundewelt Bögen gegangen oder, wenn sich einer unwohl fühlt, auch weiträumig ausgewichen. Wir Menschen laufen aber meistens auf unseren Straßen und Wegen stur aufeinander zu und zwingen unsere Hunde damit, es auch zu tun. Sie sollen ja schließlich brav bei Fuß mit uns vorbei gehen, ist doch schließlich kein Hexenwerk. Für die Hunde ist das aber unangenehm, für den einen mehr, für den anderen weniger. Wenn es die Situation also irgendwie erlaubt, gehe ich hier leichte Bögen (geht andeutungsweise auch auf dem engsten Weg). Wenn ich sehe, mein Hund oder auch das Gegenüber fühlt sich unwohl, gehe ich nach Möglichkeit nicht in die Situation, sondern weiche aus oder drehe um. Wie ein Hund es tun würde. Nächstes Beispiel, Thema Leinenführigkeitstraining. Oft werden hier unangekündigte Richtungswechel oder stehen bleiben, wenn der Hund zieht, empfohlen. Schauen wir uns mal an, warum ein Hund stehen bleibt. Aus meiner Beobachtung meist, weil er entweder etwas gutes gerochen hat und sich festschnüffelt oder weil er etwas beobachtet. Letzteres ist oft mit Gefahren einschätzen und der Sicherheit verbunden. Bleibe ich stehen, macht mein Hund das auch. Und sucht nach dem Auslöser. Mache ich es jedes Mal, wenn er in der Leine hängt, wird mein Hund recht schnell feststellen: es gibt aus hündischer Sicht keinen sinnvollen Grund! Und als Folge zwar vielleicht auf mich achten, weil ihm das dauernde in die Leine rennen unangenehm ist, aber nicht weil er mein Handeln als sinnvoll versteht. Mein Hund im speziellen (und das will ich jetzt explizit nicht verallgemeinern) würde sich zusätzlich aber denken, dass ich überhaupt keinen Plan vom Leben habe, und sich zukünftig nicht mehr an mir orientieren, wenn ich (im Freilauf) stehen bleibe. Richtung wechseln funktioniert ähnlich. Das macht ein Hund nicht, wenn er nicht irgendwas strategisch abschnüffelt. Meinem Hund würde ich in unserem Fall also wieder zeigen, dass ich sinnlos handele, und würde damit Minuspunkte in Sachen Orientierung und Vertrauen sammeln. Wenn ich dagegen aufgrund eines bestimmten Auslösers die Richtung wechsele und Abstand rein bringe, und ihm das auch fair ankündige wenn er gerade anderweitig beschäftigt ist, gibt es bei meinem Hund viele Pluspunkte dafür. Mein Hund hört etwas Gruseliges (und sei es nur der Nachbar vor der Tür). Ich bedanke mich bei ihm freundlich fürs melden und gehe nachschauen. Und sage ihm dann, dass es ok ist. Oder wenn nicht, kümmere ich mich natürlich drum 😉 Mit zunehmendem Vertrauen in meine Urteilsfähigkeit muss ich auch gar nicht mehr aufstehen, meine Bestätigung wird ihm reichen. Der nicht hündisch sinnvolle Gegenpart wäre das Strafen (wie zum Beispiel weg schicken), was leider oft praktiziert wird. Abgesehen davon, dass es das Bedürfnis vom Hund so überhaupt nicht befriedigt, würde ein souveräner Hund so etwas nicht machen. Eine Meldung/Warnung hat schließlich den Zweck, die Gruppe zu schützen. Ein weiteres großes Thema war bei uns Besuch. Mein Hund hat ein Problem mit fremden Menschen, und wenn sie dann noch im seinen sicheren Ort - unsere Wohnung - "eindringen" natürlich erst recht. Ganz oft habe ich den Ratschlag bekommen, ihn auf seinen Platz zu schicken und da muss er bleiben. Da will ich jetzt erst mal gar nichts gegen sagen, solange der Hund sich da wohl und sicher fühlt (bei uns tut er das am meisten in meiner Nähe, darum behalte ich ihn auch bei Besuch bei mir). Würde ein Hund so halt nicht tun, aber wenn es dem Hund hilft, ok. Der deutlich größere Punkt bei dem Thema, den mir aber damals keiner gesagt hat, ist, dass mein Hund meinte einen Job zu haben. Weil keiner sonst ihn gemacht hat. Irgendjemand muss den Besuch kontrollieren, ihn durch die Wohnung lenken, ihm Plätze zuweisen. Mein Hund ist sowohl gestresst wenn er das machen muss (es überfordert ihn nämlich) als auch, wenn er irgendwo liegen soll und keiner macht den Job. Also muss ich ihn übernehmen: den Besuch in die Wohnung einladen, ihn durch die Wohnung dirigieren und ihm einen Platz zuweisen. Alles mit deutlicher Körpersprache. Anfang bin ich auch immer aufgestanden, wenn der Besuch aufstehen wollte, und habe ihn dann weiter begleitet oder dirigiert. Mit zunehmendem Vertrauen des Hundes darein, dass ich den Job gut mache, ist das nicht mehr nötig. Aber je nach Hund - lässt man ihn mit dem "Fremden" alleine, kann es gut sein, dass er glaubt den Job wieder übernehmen zu müssen. Ich versuche mir also immer die Frage zu stellen, was würde ein souveräner Hund tun (oder auch definitiv nicht tun) und dann entsprechend zu handeln. Und habe dabei auch speziell meinen Hund im Kopf und handele orientiert an seinen Bedürfnissen. Seine Körpersprache sagt mir zum Beispiel, wie groß der aktuelle Bogen sein muss, ob wir die Begegnung gemeinsam meistern, oder ob wir lieber umdrehen. Natürlich klappt das nicht 100% in jeder Situation, aber dann muss ich mich nicht wundern, wenn er übernimmt und auf seine Art regelt. Was bellen, in die Leine springen etc heißen kann. Dieser Ansatz hat bei uns zu einer sehr guten Orientierung an mir geführt und einer guten Bindung und Vertrauen. Ich versuche, ein jederzeit verlässlicher Sozialpartner zu sein. Viele unserer Probleme haben sich dadurch von selbst gelöst. Mein Hund rennt zum Beispiel nicht mehr zu anderen Hunden, die weit entfernt sind, sondern fragt erst bei mir ab. Begegnungen, die für ihn eigentlich viel zu viel sind, steht er auch mal mit mir durch. Weil er mir vertrauen kann. Natürlich darf ich das Vertrauen nicht überstrapazieren 😉 Ich würde mich sehr über eure Gedanken und Erfahrungen zu dem Thema freuen. Wie weit man mit dem Ansatz kommt und wie sehr der Hund "sinnloses" Verhalten verzeiht, ist sicher auch eine Sache des Charakters. Bei meinem Herdi-Charakter habe ich darüber zum Beispiel viele Pluspunkte gesammelt, in seinen Augen sinnloses Verhalten führt aber auch schnell dazu, dass schon behobene Probleme wieder aufleben. Natürlich nicht direkt, aber ich muss die Minuspunkte definitiv bald wieder ausgleichen. Habt ihr bei euren Hunden auch solche Erfahrungen gemacht? Oder habt ihr das Gefühl, es ist ihnen relativ egal? Auch über weitere Beispiele freue ich mich sehr. Vielleicht kann ich ja auch noch etwas in unserem Umgang optimieren oder habe an manche Situationen schlicht noch gar nicht gedacht 😊
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
15. Okt. 12:55
Trainier mit einer gefrorenen Knackwurst. Die kann nicht gefressen werden. Kannst aber nur kurz trainieren, weil sie sonst taut.... Wenn der Knoten geplatzt ist, dann funktionieren irgendwann auch andere Dinge.
hihi.. geile Idee.. ich probier es mal..
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Katja
15. Okt. 13:43
ich brauche mal Ideen von euch: "hűndisch sinnvoll" ist es, das Maul fűr Futter, Kaustangen, etc. zu öffnen.😉 Wie kriege ich es aber hin, dass mein Hund das Maul öffnet und auch andere Gegenstände... z. B. Holzapportel ins Maul nimmt? 🤔 Habt ihr Ideen?
Ich würde Leberwurst draufschmieren oder Leberwurstwasser drüber träufeln…😉
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
15. Okt. 13:44
Ich würde Leberwurst draufschmieren oder Leberwurstwasser drüber träufeln…😉
Schon gemacht... leckt er genűsslich ab... dann wird es uninteressant.. 😉
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Rim
15. Okt. 15:18
Ist zwar etwas Off-topic, aber ich hasse den Begriff Kadavergehorsam. Es klingt für mich immer, als würde man eine starke Zuverlässigkeit von extrem gut trainierten Hunden in ein schlechtes Licht rücken, um sich selber etwas besser zu fühlen. Dabei ist es von der Seite des ausführenden Hundes und seines Trainers eine herausragende Leistung und bei Gebrauchshunden oft lebenswichtig. Die müssen nämlich auch unter enormen Stress richtig agieren, um sich und den Halter nicht in Gefahr zu bringen. Ich wünschte ich würde diesen Begriff nicht so oft im Forum lesen und dazu nicht ständig im Zusammenhang damit, wie toll es ist einen Hund mit eigenem Kopf und Charakter zu haben. Als ob Hunde mit diesem blöden "Kadavergehorsam" mit Fell überzogene Roboter sind. So genug aufgeregt 😅. Edit: meine Abneigung gegen diesem Begriff liegt natürlich auch daran, dass ich einen Schäferhund habe und dieser Begriff immer im Zusammenhang mit Schäferhunden fällt.
Den Begriff hat mir hier eine sehr erfahrene Halterin erklärt. Ich habe diesen auch nur 1x gelesen und auch nur das eine Mal verwendet. Dass es negativ behaftet ist, war mir nicht bewusst und war auch von mir nicht so gemeint. Entschuldigung!
Wir sind weder besser noch schlechter als andere Hund-Mensch-Teams, nur anders 🙂
Ich finde es toll, wie gehorsam manche Hunde sind!👍Das zeigt, dass der Halter und Hund sehr gut zu einander passen und ein tolles Team sind.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Nadine
15. Okt. 15:24
ich brauche mal Ideen von euch: "hűndisch sinnvoll" ist es, das Maul fűr Futter, Kaustangen, etc. zu öffnen.😉 Wie kriege ich es aber hin, dass mein Hund das Maul öffnet und auch andere Gegenstände... z. B. Holzapportel ins Maul nimmt? 🤔 Habt ihr Ideen?
Eventuell als Teil eines gemeinsamen jagdspiels? Also gemeinsam anschleichen, und dann auch gemeinsam "hetzen" und packen. Besser als ein Holzapportel eignet sich dafür wahrscheinlich ein Dummy, eventuell sogar futterdummy zum Beute teilen, wenn du Wurst oder so rein tust (eventuell an einer Schnur, um ne Ecke gespannt, sodass du ihn von euch wegziehen kannst). Kann man dann aber sicher irgendwann übertragen.

Also ich habs auch nicht so gemacht sondern klassisch konditioniert (und weiß auch nicht mehr 100% wie genau), aber die Sequenz erscheint mir hündisch sinnvoll 😅
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Tobias
15. Okt. 17:10
ich brauche mal Ideen von euch: "hűndisch sinnvoll" ist es, das Maul fűr Futter, Kaustangen, etc. zu öffnen.😉 Wie kriege ich es aber hin, dass mein Hund das Maul öffnet und auch andere Gegenstände... z. B. Holzapportel ins Maul nimmt? 🤔 Habt ihr Ideen?
Ehrlich gesagt ja…😀
Meine wollte erst auch das Holzapportel nicht nehmen, auch nicht mit Leberwurst auf der Stange… wollte das dann über Spiel aufbauen… meine Trainerin meinte ich sollte es nicht tun, weil es soll ja eine ruhige Übung sein… Prinzipiell auch richtig…. Dann ein Seminar mitgemacht, die Seminarleiterin hat dann quasi meine Trainerin überstimmt. Wir haben es dann mit Spiel aufgebaut, und es hat super funktioniert….
Das war für den Hund spannend und lustig und damit für ihn sinnvoll und vorteilhaft…
(Bei einem anderen Hund kann es aber auch halt falsch sein, weil tatsächlich zu viel Spannung und Aufmerksamkeit auf das Apportel selber fällt. )
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
15. Okt. 17:34
Den Begriff hat mir hier eine sehr erfahrene Halterin erklärt. Ich habe diesen auch nur 1x gelesen und auch nur das eine Mal verwendet. Dass es negativ behaftet ist, war mir nicht bewusst und war auch von mir nicht so gemeint. Entschuldigung! Wir sind weder besser noch schlechter als andere Hund-Mensch-Teams, nur anders 🙂 Ich finde es toll, wie gehorsam manche Hunde sind!👍Das zeigt, dass der Halter und Hund sehr gut zu einander passen und ein tolles Team sind.
Das ist nicht eine Fehler von dir, sondern ein Problem von mir 😊.

Auf den Begriff reagiere ich einfach allergisch, weil ich ihn auf Dogorama regelmäßig in einem negativen Kontext lese. Keiner schreibt "ich liebe den Kadavergehorsam meines Hundes 😍.", sondern immer "einen Hund mit Kadavergehorsam würde ich nie wollen, mein Hund darf auch seinen eigenen Kopf haben".
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
15. Okt. 17:36
Ehrlich gesagt ja…😀 Meine wollte erst auch das Holzapportel nicht nehmen, auch nicht mit Leberwurst auf der Stange… wollte das dann über Spiel aufbauen… meine Trainerin meinte ich sollte es nicht tun, weil es soll ja eine ruhige Übung sein… Prinzipiell auch richtig…. Dann ein Seminar mitgemacht, die Seminarleiterin hat dann quasi meine Trainerin überstimmt. Wir haben es dann mit Spiel aufgebaut, und es hat super funktioniert…. Das war für den Hund spannend und lustig und damit für ihn sinnvoll und vorteilhaft… (Bei einem anderen Hund kann es aber auch halt falsch sein, weil tatsächlich zu viel Spannung und Aufmerksamkeit auf das Apportel selber fällt. )
Was fűr eine Art Spiel habt ihr gemacht?
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Tobias
15. Okt. 18:16
Was fűr eine Art Spiel habt ihr gemacht?
Objektspiel.
Habe mich erst einmal selber intensiv mit dem Apportel beschäftigt und herum gealbert. Und meine Maus ein wenig heiß darauf gemacht. Dann mal weggeworfen und sie ist direkt hinterher und hat es sich geholt. Dann gab es direkt im Tausch ein leckerchen. Haben wir dann ein paar mal wiederholt und dann kam wohl die Idee - ich kann das doofe Ding gegen leckerchen eintauchen…
Seitdem geht auch eingeben…. Das Spiel war aber für uns der Türöffner…. Mittlerweile braucht es das nicht mehr.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Tobias
15. Okt. 18:26
Das ist nicht eine Fehler von dir, sondern ein Problem von mir 😊. Auf den Begriff reagiere ich einfach allergisch, weil ich ihn auf Dogorama regelmäßig in einem negativen Kontext lese. Keiner schreibt "ich liebe den Kadavergehorsam meines Hundes 😍.", sondern immer "einen Hund mit Kadavergehorsam würde ich nie wollen, mein Hund darf auch seinen eigenen Kopf haben".
Ich glaube ein sehr guter Gehorsam der positiv anerzogen ist, daran ist nix auszusetzen.
Muss man dann nur trotzdem schauen und Rücksicht auf den Hund nehmen um ihn nicht über Gehorsam in Situationen zu bringen die ihm Schaden… Bspw. Dinge einfach aushalten.
Ich glaube hier liegt einfach ein unterschiedliches Verständnis vor, nicht zuletzt aufgrund „alter“ Ausbildungsmethoden mit denen solcher Gehorsam erreicht wurde.
Wenige können sich zum Beispiel auch vorstellen das Obidience auch Spaß machen kann…. Geht aber … meine alte Hündin war bis ca. 1 Jahr vor ihrem Tod begeistert dabei.