Spannendes Thema.
Aber ein Aspekt fehlt mir in der Ganzen Diskussion immer wieder, der Kontext. Geht es um Training, also dem Hund etwas neues beizubringen, oder um Sport? Oder geht es um Erziehung, für mich grob das Aufstellen von Alltagsregeln, und natürlich auch deren Einhaltung. Das macht für mich schon einen großen Unterschied. Im Training und Aufbau von Übungen hat "Gewalt" für mich nichts zu suchen und ist da auch aus meiner Sicht super Kontraproduktiv.
Geht es um Erziehung ist das für mich schon eine andere Sache. Ich glaube das man sich nicht darum streiten muss das man seinem Hund (und auch jedem anderen Lebewesen) keine Schmerzen zufügen soll, aber der Begriff wurde ja sehr weit gefasst. Aber auch hier sehe ich es so das die Mittel der Situation angepasst sein müssen, also fair sein müssen. Damit meine ich das Sie dem Hund, der Möglichkeit von Hund und Herrchen/Frauchen entsprechen müssen. Je nach Hund und Situation kann ein Wasserspritzer, eine Trainingsdisc, ein Schnauzgriff, ein Stupser angebracht sein. Das alles per se zu verteufeln ist für mich eine ideologische Verzerrung.
Wenn man Hunde untereinander sieht ist Aggression Teil des normalen Verhaltens und auch leicht verständlich. Also kann ich auch Mal drohend reagieren (Stimme, Körperhaltung, Einschränkung, was ja nach obiger Definition auch schon Gewalt ist.) und wenn mein Hund dann noch nicht reagiert mache ich deutlich daß ich es auch so meine, aber halt angemessen... Beispiel: Ich sitze am Tisch und will gerade in Ruhe gelassen werden. (Klar könnte ich sie jetzt per Kommando auf die Decke schicken... aber ich will ja meine Ruhe und nicht meinen Hund auf der Decke.) Ich gucke sie hält an und sag ihr ein Ab... Das wird aber ignoriert und sie stubst mich weiter mit der Nase an. Dann kann ich ihr auch leicht über die Schnauze greifen und mein "Anliegen" noch einmal unterstreichen.... Lässt sie es dann immer noch nicht kann ich aufstehen und Sie zurück drängen, bis sie den Abstand hält den ich gerne hätte. Ich sehe das als völlig natürlich. Ich setze damit eine Grenze... Mit sanfter Gewalt, aber aus meiner Sicht angemessen, und mein Hund hat es verstanden. Die Beziehung ist dadurch auch nicht Kaputt... Also warum nicht?
Ein anderes Beispiel, diesmal nicht so nett. Mein Hund ist wenn wir losgehen immer etwas unter Spannung. (Kleines Temperamentbündel) Regel draussen ist... Ich bin für die Sicherheit und den Schutz zuständig. Manchmal glaubt Sie mir das aber nicht, dann geht es mit ihr durch... Bei Hundebegnungen wenn der andere Hund an der Leine ist kommt deshalb bei mir das Kommando Ran. (Wie Fuss, aber halt nicht exakt.) Nimmt sie dass nicht an oder lässt sich ablenken, dann Stubse ich sie auch leicht an. Nicht um ihr weh zu tun (das tut es auch nicht), sondern um Sie aus ihrer Tunnelsicht heraus zu holen. Der Deal ist geht es gut gibt's einen Keks, wenn nicht gibt es "Ärger". Ich fordere damit bei ihr ein das sie meine Regeln einhällt. Finde ich jetzt auch nicht Schlimm.... Meinem Hund ist nichts passiert, die Bindung hat nicht gelitten, aus meiner Sicht sogar im Gegenteil, ich bin verlässlich und berechenbar. Unfair war es auch nicht.... Also?
Letzte Stufe ist dann für mich das Tabu... also Verhalten das gar nicht geht weil es meinen Hund oder andere gefährdet. Beispiel... Ich bin mit ihr unterwegs zu ihrer besten Freundin, sie ist wieder einmal komplett aufgeregt, an der Leine es kommt ein Fahrrad... Sie aus ihrer aktuellen Lage geht nach vorne Springt in die Leine und Bellt das Fahrrad an. An dieser Stelle habe ich auch kein Problem damit meinen Hund zu legen und ihm damit zu sagen dass das ein totaler Fehlgriff war den ich auf keinen Fall dulde. Hab ich dem Hund weh getan? Nein... Sie hat sich direkt fallen lassen und auf den Rücken gelegt und mir signalisiert...ok... verstanden. Danach sind wir ruhig weiter gegangen. Hat der Beziehung auch nicht geschadet.
Sind schon ein paar Stufen die man voneinander abgrenzen kann. Zumindest tue ich das für mich. Schnauzgriff und mal abdrängen kommt öfter vor. Das anstupsen schon viel viel seltener. Und legen.... am besten gar nicht. Bisher so 2-3 Mal immer in anderen Situationen.
Allerdings das so als Allheilmittel zu sehen ist auch nicht richtig, dessen bin ich mir bewusst. Für uns als Team funktioniert es aber sehr gut. Nur loben und verhalten aufbauen ist das eine... ab und zu muss aber auch Mal eine verständliche dem Hund angepasste Grenze sein.
Anderes Beispiel ... Mein Hund findet gerade einen Hasen spannend und ich rufe Sie.... Wer da wohl gewinnt? Da kann man sich auch Mal mit Wasser oder einer Disk, oder einem Stück Erda das vor ihren Füssen landet Gehör verschaffen... (Bevor sie ganz im Tunnel ist) Gott sei Dank hat meine Dame nicht so einen ausgeprägten Jagdtrieb, da hat das gut geholfen.
Ich will damit jetzt auch nicht Werbung für"Gewalt" machen, aber ich für mich sehe das als natürlich angepasst und verständlich. Wobei ich auch ein Freund davon bin die Situation nach Möglichkeit vorher so zu gestalten das kein Konflikt entsteht.
Was für mich aber klar ist ... Kein Mittel ist das Allheilmittel für jede Situation und sich immer nur auf diese Art durchzusetzen ist falsch und stört auch die Beziehung. Wenn es aber fair und angemessen und ohne Schmerzen ist und ohne den Hund zu verstören, dann passt das so für mich. Jedes Mensch-Hund Team ist da aber ganz individuell gestrickt. Für unsere Mali bricht die Welt zusammen wenn man lauter wird, und meine Hundedame fragt noch Mal nach ob ich es wirklich so gemeint habe und ob wirklich sie gemeint ist.
Entschuldigt den langen Text, könnte mich bei dem Thema nicht zurück halten. Finde es komplex und Spannend.