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Nadine
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zuletzt 4. Apr.

Allheilmittel Deckentraining

Immer wieder lese ich hier im Forum das Deckentraining. Bei allem soll es helfen, ob der Hund unruhig ist, an der Leine zieht oder Besucher anbellt. Aber tut es das wirklich? Und warum? Wie baue ich ein Deckentraining eigentlich richtig auf? Und wann und wie lange muss der Hund bei euch auf seinem Platz liegen? Dazu liest man die verschiedensten Ansätze. Mal wird der Platz mit Leckerli schmackhaft gemacht, andere arbeiten mit körper(sprach)lichem Begrenzen, andere leinen den Hund an seinem Platz an oder schließen die Box. Für mich klingen zumindest die letzten zwei Ansätze wenig sinnvoll und der Mensch macht es sich meiner Meinung nach nur einfach, auf Kosten des Hundes. Klar, der Hund gibt Ruhe, aber verknüpft er den Ort dann wirklich positiv? Oder hat er einfach nur aufgegeben, aber tatsächlich ist es für ihn ein weiterer Stressfaktor, sodass es Probleme befeuert statt sie zu lösen? In meinen Augen wird das Deckentraining aktuell viel zu inflationär genutzt und Schema F auf jeden Hund gepresst, ohne zu schauen, ob es passt. Wayne und auch meine Pflege-und Betreuungshunde mussten nie längere Zeit auf einem zugewiesenen Platz liegen. Wayne kennt zwar das Deckenkommando, aber länger als 5 Minuten musste er da noch nie bleiben. Und das auch nur höchstens 1x im Monat, wenn ich irgendetwas umräume oder mit etwas hantiere, das für ihn gefährlich wird. Zur Ruhe finden hat bei uns auch ohne Deckentraining geklappt. Wir haben uns gemeinsam hingelegt, gekuschelt, ich habe selbst Ruhe vorgelebt. Die erste Zeit mit dauer-gestresstem Hibbelhund war anstrengend, aber dafür habe ich jetzt in der Wohnung einen komplett entspannten Hund, der sich seine Plätze selbst aussuchen darf. Natürlich sind wir aber nicht repräsentativ und in anderen Familien gibt es sicher gute Gründe, warum der Hund auf der Decke entspannen lernen soll. Darum würde ich gerne eure Ansichten, Erfahrungen und Bedenken zu dem Thema hören. Und auch, wie ihr es aufgebaut habt.
 
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Katrin
23. Aug. 09:58
Aber auch nur durch Nachfrage. Mehr Hunde/ Hunderassen, desto mehr Probleme, desto mehr Hundetrainer benötigt man.
Es gibt Hunde die sind definitiv bei vielen Leuten fehl am Platz. Das liegt weniger an der Rasse sondern eher am Menschen. Da wird unüberlegt angeschafft, falsch ausgewählt, falsch erzogen oder nicht ausreichend trainiert. Auch hier sehe ich das Hauptproblem beim Menschen, nicht beim Hund. Fehlendes Wissen, mangelnde Selbstreflektion. Da hilf dann auch kein Deckentraining mehr.
 
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Celine
23. Aug. 10:00
Es gibt Hunde die sind definitiv bei vielen Leuten fehl am Platz. Das liegt weniger an der Rasse sondern eher am Menschen. Da wird unüberlegt angeschafft, falsch ausgewählt, falsch erzogen oder nicht ausreichend trainiert. Auch hier sehe ich das Hauptproblem beim Menschen, nicht beim Hund. Fehlendes Wissen, mangelnde Selbstreflektion. Da hilf dann auch kein Deckentraining mehr.
Natürlich kann die Rasse nichts dafür aber deshalb sprach ich ja davon, dass diverse Rassen mit diversen Kursen umgelenkt werden müssen, damit diese alltagstauglich werden.
Da wird der Cane Corso angeschafft oder Dobermann aber er soll den Besuch freudestrahlend empfangen oder draußen nicht Menschen verbellen. Die Rasse kann nichts dafür aber was würde man hier als erstes für die Besucherproblematik vorschlagen? Auf die Decke schicken.
 
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Miriam
23. Aug. 10:02
Ich bin in jeglicher Hinsicht gegen die Anwendung von Anleinen und Hundekäfigen zum "Ruhetraining". Und wenn man als Anhängsel hinzufügt, dass man es nicht als Strafe verwendet, ändert es in meinen Augen rein gar nichts an der tatsächlichen Konsequenz für den Hund. Er wird gegen seinen Willen fixiert. Ob man das züchtigen, bestrafen, korrigieren, maßregeln oder liebevoll umlenken nennt ist für mich nur ein Wortspiel. Und die Tatsache, dass man bewusst einen Euphemismus für diese Methode wählt zeigt eigentlich, dass man ein schlechtes Bauchgefühl dabei hat. Dass es funktioniert glaube ich jedem. Aber Würgehalsbänder, Stachelhalsbänder, Elektroschocker usw funktioniert auch alle und meistens sehr schnell. Trotzdem würden die meisten hier die Verwendung solcher Methoden rigoros ablehnen. Das Argument der Hund liebe seinen Käfig zieht bei mir auch nicht 😅. Wenn ein Hund eine Höhle bevorzugt, dann sollte man ihm auch eine Höhle zur Verfügung stellen. Ein Käfig hat nicht umsonst eine Tür. Und wenn man mir sagt die Tür sei die meiste Zeit offen (da ist auch sehr viel Spielraum in der Interpretation), dann ist halt mein Gegenargument wozu braucht man dann die Tür? Dass Käfige oder Anleinen von Hundetrainern empfohlen wird überzeugt mich ebenfalls nicht. Deren Einstellungen und Ansichten ändern sich auch mit der Zeit. Was heute ok ist könnte in 10 Jahren schon wieder total verpönt sein. Unsere Großeltern Generation wurde in der Schule noch mit dem Rohrstock gemaßregelt, empfohlen von den damaligen Pädagogen. Wenn der Hund in einer Box oder angeleint auf der Decke Ruhe gibt, heißt es in meinen Augen nicht, dass er ruht. Er hält aus, bis er wieder los darf. Ruhen ist nur dann Ruhen, wenn es einer innerer Motivation entspringt. Alles andere kann man unterwerfen, aufgeben, Apathie oder aushalten nennen. Und ja es ist nicht einfach einem Hund beizubringen, dass Ruhen für ihn selber ziemlich cool ist. Wir hatten anfangs auch massive Schwierigkeiten. Da half anfangs gerade Abends nur noch Licht aus und schlafen gehen. Und nachdem der Herr 10 bis 15 Minuten alleine in der Dunkelheit getobt und mich ständig angestupst hat, wurde es ihm auch zu blöd und er hat sich schlafen gelegt. Was uns außerdem geholfen hat war die Umgebung reizarm zu gestalten. Alle Spielsachen und Kauartikel weg, mit denen hat er sich selber aufgedreht. Zuhause nicht spielen, dafür draußen Action haben. Dass ein Hund sowohl zuhause chillen soll, als auch draußen entspannt und ruhig bleiben muss, finde ich dem Hund gegenüber unfair. Was mich auch noch wundert, hier werden aversive Methoden oft komplett abgelehnt. Hundetrainer, die die Wasserflasche einsetzen, um 1 bestimmtes Problemverhalten zu korrigieren, werden direkt verteufelt. Aber ganz ehrlich, was ist denn für den Hund schlimmer? In einer bestimmten Situation für 2 Sekunden einem Schreckreiz ausgesetzt zu sein oder Wochen, Monate oder Jahrelang für mehrere Stunden am Tag körperlich fixiert zu werden? Meine Meinung ist da ja offensichtlich. Ich würde den kurzen Schreckreiz bevorzugen, der nicht einmal mit mir in Verbindung gebracht wird, wenn es richtig angewendet wird, als meinen Hund zum Aufgeben zu zwingen, indem ich ihn körperlich fixiere. Und der Hund weiß im Gegensatz zum Schreckreiz sehr wohl, dass er von mir eingesperrt oder angeleint wird und ich diejenige bin, die ihn für Stunden nicht befreit. Interessant finde ich auch, dass der Alpha Wurf so verteufelt wird, aber da wird der Hund für wenige Sekunden auf den Rücken gelegt und festgehalten (nicht geworfen, wie es der Name impliziert). Das soll auch wieder schlimmer sein, als Stundenlang ausharren und sich dem Schicksal ergeben, dass man nicht aus dem Käfig oder von der Decke kommt? So das war meine lange Meinung dazu 😅. Möchte noch darauf hinweisen, daß ich keine einzelne Person hier persönlich kritisieren will, sondern die Methode. PS: ich selber wende weder Wasserflasche noch Alpha Wurf an. In meinen Augen ist es nur komisch, was als schlimm befunden wird und was nicht.
Was würdest du Hundehaltern empfehlen, deren Hund trotz ausgiebigem Spaziergang, vollem Bauch und reizarmer Umgebung wiederholt an Wänden kratzt und am Holzboden buddelt? Auf körperliches Wegschicken wird z.B. mit Knurren und Schnappen reagiert.
 
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Katrin
23. Aug. 10:06
Auch hier kann ich nur meine Erfahrungen weitergeben. Auch diese Rassen lassen sich recht problemlos in den Alltag integrieren. Ein Kommando und gut war. Bei manchen war es ein Danke (fürs melden) gefolgt von einem sitz, platz, ab (für weggehen) und das wars. Job erledigt.
 
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Nicole
23. Aug. 10:13
Absolut gut zusammengefasst! Das Stichwort zu Inflationär bringt es gut auf den Punkt. Es gibt nicht eine Methode die bei jedem Hund klappt und genau gibt es nicht nur eine Methode, dem Hund Ruhe beizubringen.

Hinter dem Deckentraining stecken auch ein paar Soziologische Aspekte und wie du auch schon gut erwähnt hast, ist das eine Übung durch die manches super aufgebaut werden kann.

Man sollte immer individuell schauen, welches Training den besten Erfolg erzielt. Jeder Hund lernt unterschiedlich schnell, aber eins haben alle gemeinsam: Am besten lernen Hunde durch positiv Verstärkung, das ist keine Meinung sondern Fakt :)

Den Hund in eine Box zu sperren, wo er KEIN Zugang zu Wasser hat, verstößt übrigens gegen das Tierschutzgesetz, nützliche Infotmation am Rande :)
 
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Katrin
23. Aug. 10:16
Auch hier kann ich nur meine Erfahrungen weitergeben. Auch diese Rassen lassen sich recht problemlos in den Alltag integrieren. Ein Kommando und gut war. Bei manchen war es ein Danke (fürs melden) gefolgt von einem sitz, platz, ab (für weggehen) und das wars. Job erledigt.
Wir haben hier eine ganz tolle Dogo Argentino Hündin die ihren Hof (Werkstatt) bewacht. Trotzdem begrüßt sie jeden freundlich der zur Haustür reinkommt. Sowas oder so ähnlich hab ich früher ständig gesehen. Ganz ohne spezielle Kurse.
 
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Nadine
23. Aug. 10:28
Kann ich nachvollziehen. 🙈 Vielleicht meinen diese Leute, dass der Hund allgemein Grenzen kennenlernen muss, um auch eine Begrenzung bei der Leinenführigkeit zu verstehen und akzeptieren zu können? Ich denke, den meisten Hunden fällt es schwer, wenn sie im Alltag jede Entscheidung allein treffen dürfen und dann aber z.B. nicht jagen oder eben nicht an der Leine ziehen sollen. Vermutlich fällt den meisten dann bei „der Hund muss Regeln und Grenzen kennenlernen“ das Deckentraining ein, weil es einfach erklärt und gelernt ist. Wenn das aber schlecht kommuniziert wird, kommt es bestimmt vor, dass manche Halter denken, dass allein das Deckentraining zu einer tollen Leinenführigkeit führt, weil sie den Sinn hinter dem Deckentraining nicht verstanden haben. 😄 Und wenn das dann wahllos so als Tipp weitergegeben wird, macht das natürlich keinen Sinn. Wie der Hund Regeln und Grenzen kennengelernt, ist ja von jedem Team ganz individuell abhängig. 😊 Ja, da bin ich absolut bei dir! Mut und Zuspruch schadet den Menschen ganz bestimmt nicht, immerhin sind sie sich ja bewusst, dass sich etwas ändern muss und sind auch bereit etwas zu verändern. Die Kunst besteht dann natürlich daraus, aus der Fülle der Tipps und Trainingsmethoden das herauszufiltern, was moralisch in Ordnung und zu sich selbst und dem Hund passt. Da kann vermutlich leider niemand im Internet helfen.
Ich hab halt überhaupt nicht den typischen Regeln und Grenzen Ansatz. Also natürlich kennt wayne Regeln und akzeptiert Grenzen, aber nicht, weil wir die groß ausdiskutiert hätten. Das wäre anfangs wohl ne sehr blutige Angelegenheit geworden oder er hätte 24/7 Maulkorb tragen müssen 🙈

Trotzdem trifft er nicht alleine Entscheidungen, sondern ich lege den Fokus viel darauf, dass wir gemeinsam agieren bzw er abfragt. Mein Ansatz ist also, über Vertrauen und Kommunikation zu arbeiten. Damit kommen viele Sachen wie Leinenführigkeit, alleine bleiben, Besuch (beim HSH Mischling ein ganz eigenes Thema, das noch etwas Management braucht, aber im großen und ganzen schon recht gut klappt) ganz von alleine, auch wenn es dauert.

Wie du selbst sagst: es ist vom Team abhängig und mir persönlich ist Deckentraining einfach ein Graus. Das macht es aber nicht zu einer per se schlechten Methode.

Und um selbst entscheiden zu können, was jetzt passt, braucht man natürlich auch entsprechende Infos. Wenn jemand im Internet oft genug gesagt bekommt "dein Hund muss auf seinem zugewiesenen Platz liegen, das löst alle eure Probleme" (absichtlich provokant ausgedrückt 😉), wird das vielleicht nicht mehr hinterfragt, weil es ja so viele Menschen empfehlen. Dass die es aber vielleicht in der Umsetzung ganz anders meinen, geht verloren.
 
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Nadine
23. Aug. 10:36
Was würdest du Hundehaltern empfehlen, deren Hund trotz ausgiebigem Spaziergang, vollem Bauch und reizarmer Umgebung wiederholt an Wänden kratzt und am Holzboden buddelt? Auf körperliches Wegschicken wird z.B. mit Knurren und Schnappen reagiert.
Ich antworte mal aus meiner Sicht.

Mein Ansatz wäre erstmal, ein Tagebuch zu schreiben und eventuelle Trigger zu finden. Das hat uns anfangs sehr geholfen.
Und wenn ich dann merke, dass der Hund gerade anfängt unruhig zu werden (bzw idealerweise zuvor, weil ich den Zeitpunkt eventuell durch mein genaues Tagebuch gut eingrenzen kann), würde ich vielleicht ein ruhiges Spiel anbieten, etwas zu knabbern oder zu lecken, Körperpflege anfangen, Kontaktliegen etc. Und bei einem Hund, der gerne buddelt, würde ich überlegen, ob ich ihm dafür was zur Verfügung stellen kann. Vielleicht mag er ja in einem deckenhaufen nach leckerli graben (ich hab keinen Garten, da würde er sonst eine Buddelecke bekommen) und das hilft schon etwas.

Ich würde also vermeiden, überhaupt korrigieren zu müssen. Regelmäßiges knurren und schnappen wäre für mich ohnehin ein Zeichen, dass in unserer Beziehung und Kommunikation irgendwas falsch läuft und ich zb zu viel Druck aufbaue.

Das wären so meine Maßnahmen ausgehend von meinem Hund und bisherigen Betreuungs/Pflegehunden.
 
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Melanie
23. Aug. 10:41
Interessant, wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann! Mir persönlich ist noch kein Beitrag aufgefallen, der suggeriert hat, dass man ein Versager ist, wenn man z.B. kein Deckentraining benötigt oder praktiziert. 🤔 Vielleicht habe ich es aber nicht mitbekommen oder anders aufgefasst. Stattdessen fallen mir manchmal Beiträge auf, die unterschwellig suggerieren, dass man nicht geeignet ist, einen Hund zu führen, wenn er nicht ganz allein oder mit Hilfe des eigenen Bauchgefühls zur Ruhe findet. Da wird dann öfter Mal die Frage in den Raum geworfen, ob man den Hund nicht besser direkt wieder abgeben sollte, wenn man in den ersten Wochen Tipps und Ratschläge benötigt, wie der Hund zur Ruhe findet. Bei manchen Hunden scheint es leider nicht zu funktionieren, wenn man selbst zur Ruhe kommt und ihn ansonsten in Ruhe lässt oder ihn mehr auslastet.
Mir auch nicht. Und Deckentraining ist ja auch nur eine Bezeichnung. Früher hieß es einfach in dein Körbchen und früher wurden Hunde auch mit mehr Härte erzogen.
Da war der Hund eh nur Nebensache und der hatte zu funktionieren. Punkt. Heute ist halt alles anders.
Monty kann sich hinhauen wo er will, trotzdem finde ich es wichtig, dass er weiß wo sein persönlicher privater Bereich ist.
Gute Hundetriner gibt es nicht viele.
Da hab ich echt Glück gehabt und unsre Trainerin setzt weder Mensch noch Hund unter Druck.
Monty hat Riesenspaß in der Schule und den gönne ich ihm auch.
Ich bräuchte die Schule auch nicht aber ich mache es für meinen Hund.
 
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Gabi mit Klitschko & Punchy 🙋🏼‍♀️🐶🐶
23. Aug. 10:45
Hast du toll geschrieben. Sehe ich auch so