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Tom
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zuletzt 26. Mai

Fragen zum Beutetier-Prinzip - und was haltet ihr davon?

Ich hätte da auch gerne mal eine Frage. (Edit: sorry, ist länger geworden als geplant... 🙈)  Die meisten Leute hier kennen ja das Beutetier-Prinzip, manche wenden es selbst an, andere finden es gut, wenden es aber selbst nicht an oder lehnen es ab. Die Anwender geben sich (mit oder ohne Erfolg) große Mühe und versuchen, die Beutetiere des Wolfes für Ihre Hunde möglichst genau nachzubilden und zu tüfteln mit den Prozenten von allem, was da so drin ist.  Mir stellt sich aus zwei Gründen die Frage, ob das wirklich sinnvoll oder erstrebenswert ist. 1. (darüber wird schon öfter mal diskutiert)  Die Beutetiere, die da mühsam (und z.T. unter Vernachlässigung aktueller Kenntnisse zum eigentlichen Bedarf) nachgebaut werden, die werden in der Natur von ganz anderen Tieren gefressen die ganz andere Sachen machen und ein ganz anderes Leben führen.  Wenn man es also möglichst natürlich haben möchte wie zb beim Wolf, dann sollten sich unsere Hunde völlig unkontrolliert möglichst zwei bis dreimal paaren, in 2-3 Würfen 10-5 Welpen in die Welt setzen, von denen geschätzt 50% nicht mal die Pubertät erlebt und einfach vorher stirbt. Insgesamt 2 davon sollten sich selbst Fortpflanzen, mehr ist natürlich gesehen gar nicht erwünscht.  ... und als Elterntiere danach bald selber mal ans Abtreten denken, um Platz zu machen für den Nachwuchs.  Einfach, weil sie danach für die Natur überflüssig und nutzlos sind. Und nur noch um Futter und Lebensraum konkurrieren mit der nächsten Generation. Die Art wurde schließlich erfolgreich erhalten.  So macht es der wildlebende wolf, so lebt es sich im Einklang mit der Natur. Die ist halt hart aber gerecht und vor allem geht die Natur oft sehr sehr effizient mit ihren Ressourcen um.  Das möchte wahrscheinlich nie konsequent so haben. Warum sollte also ein einzelner kleiner Baustein daraus optimal sein? Der vielleicht sogar natürlich so eingerichtet ist, damit die alten, überflüssigen Wölfe sich auch bei Gelegenheit verabschieden.  2. Meine zweite und eigentliche Überlegung und Frage, die viel seltener diskutiert wird: Sind diese Beutetiere eigentlich tatsächlich primär dafür gemacht und optimiert, Raubtieren als bestmögliche Nahrungsquelle zu dienen?  Alternativ könnte man ja auch unterstellen, dass ein Reh, Hase oder ähnliches erstmal für sich selbst physiologisch so optimiert ist, dass dieses Tier als Art in seinem Lebensraum gut klarkommt und nicht dafür, die optimale Nahrung darzustellen für Beutegreifer.  Warum genau sollte es ausgerechnet das Ziel des Hasen sein, für seinen Fressfeind möglichst gesund und bekömmlich daher zu kommen? Was bringt es, ihn aus prinzipiellen Gründen als Hundefutter nachzubauen?  Sind bei solchen Tieren tatsächlich die Knochen DANACH dimensioniert und ZB die Leber exakt so groß, dass ein andres Tier sie fressen kann und damit optimal ernährt wird? Oder liegt nicht die Priorität darin, dass diese Tiere erstmal versuchen, für sich selbst in der Natur gut klar zu kommen.  Noch einen Schritt weiter:  wenn man dieser Logik folgt, kommt man direkt zu der Frage, ob sich Pflanzen dann eigentlich auch hauptsächlich dahingehend entwickelt haben, für Pflanzen-FRESSER die optimale Mahlzeit darzustellen. Oder haben die vielleicht auch ganz eigene Ziele wie zb das Überleben ihrer eigenen Art ...?  Klar, jahrtausendelange Erfahrung zeigt uns, dass die Beutetier-Geschichte mit den unter 1) genannten Einschränkungen soweit einigermaßen funktioniert. Ist halt natürlich. Zumindest für Wölfe & Co. Und innerhalb der natürlich erwünschten Ziele und Grenzen.  Aber was genau bringt uns zu der Ansicht und Überzeugung, dass es fürs Raubtier auch optimal ist und zusätzlich darüber hinaus sogar für völlig andere Tiere wie Haushunde vielleicht überhaupt günstig oder sogar das beste wäre?  Könnte zwar so sein, dass es so ist, das wäre dann vielleicht reiner Zufall. Mir persönlich fehlt die Logik dahinter, warum man davon ausgehen sollte.  Ich freue mich auf eine anregende und interessante Diskussion. Und denk dran: immer friedlich-freundlich bleiben... ✌️ PS: Diskussionen und Beiträge daüber, was an anderen Methoden wie zb dem einen oder anderen Fertigfutter vielleicht auch nicht optimal ist, führen hier zu nix, sind nicht erwünscht, beantworten nicht die Frage und sind aus meiner Sicht damit off topic
 
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Dogorama-Mitglied
14. Dez. 20:51
Mein Biologinnenherz blutet bei einigen Beiträgen hier 🙊 Die Natur will nichts. Evolution ist nicht zielgerichtet, sondern das Ergebnis von Selektion. In welche Richtung auch immer die geht. Mal als Beispiel: es gibt Tierarten, bei denen unter schlechten Bedingungen mehr männliche Jungtiere geboren werden. Nun könnte man denken „voll schlau, die machen das, weil Männchen weniger Energie in die Fortpflanzung stecken müssen und tendenziell mehr Nachkommen haben, haben unter schlechten Umweltbedingungen also bessere Karten“ Das Gegenteil ist aber passiert. Zu einem gewissen Zeitpunkt mit schlechten Bedingungen hatten die Mütter einen Vorteil, die männliche Nachkommen produziert haben. Deren Gene waren also plötzlich überproportional häufig in der Population und bei jedem schlechten Ereignis hatten die Tiere mit diesen Genen wieder einen Vorteil und wurden wiederum häufiger. Ein bewusster Vorgang war das aber nie. Ähnlich sieht es bei Räuber-Beute-Beziehungen aus. Der Beute ist es herzlich egal, ob sie eine gute Nahrungsgrundlage ist. Wird sie nicht top-down (Räuber) reguliert, dann halt bottom-up (Ressourcen). Die Ökosysteme und Nahrungsnetze wie wir sie kennen, sind über Jahrhunderte und Jahrtausende entstanden. Aber zu jeder Zeit war jede Art und war jedes Individuum nur um sein eigenes Überleben besorgt. Wer eine schlaue Strategie oder gute Gene hatte, hat sich erfolgreicher fortgepflanzt und damit wurde es in der Population häufiger. Wenn ein Wolf also mit 7 an Mangelernährung stirbt, davor aber 5 Würfe großgezogen hat, hat er (bezüglich Selektion) keinerlei Nachteile gegenüber einem Wolf, der keine Mangelernährung hat, aber von den jüngeren verdrängt wird und sich nicht mehr fortpflanzt. Das kann man auch auf den Hund weiterspinnen. Wenn ich als Hund beim Menschen fehlernährt werde, aber ständig Futter kriege (und mich ungehindert fortpflanzen kann), habe ich einen Vorteil gegenüber einem ausgewogen ernährten Wolf, der aber auch mal schlechte Jahre hat. Und wenn ich als Hund (aus Zufall) Stärke besser verdauen kann, habe ich vermutlich mehr Nachkommen als ein Hund, der das nur schlecht kann. Und so haben sich die Hunde an die Menschen angepasst. Nicht weil das geplant war, sondern weil gnadenlos aussortiert wurde, was nicht erfolgreich ist. Und um nach meinem Roman (sorry 🙈) auch aufs Thema einzugehen. Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Barfen nach Beutetierschema. Solange die Ration bedarfsdeckend ist, finde ich es nicht wichtig, ob die Nährstoffe nun aus Supplementen oder aus Innereien gedeckt werden. Problematisch finde ich es, wenn es ideologisch wird. Wenn also andere Fütterungsformen keine Daseinsberechtigung mehr haben oder aber, wenn die Bedarfsdeckung einfach vorausgesetzt wird, weil der Wolf ja damit auch überlebt habe. Wobei sich da dann für mich die Frage stellt, wenn man das Ganze konsequent durch denkt, müsste man dann nicht auf Tiere aus Massentierhaltung verzichten und nur Wild füttern? Und dann taucht schon das nächste Problem auf, der Wolf hat noch nichts vom Aujesky Virus gehört und frisst fröhlich rohe Wildschweine. Kann man beim Hund machen, aber will man?
Ein sehr guter Ansatz 😊
Eigentlich hätte ich selbst drauf kommen können, naja 😂
Das wirft ja am Ende eigentlich nur einen neuen Gedanken aufs Spielfeld.
Da Selektion in diesem Fall auch heutzutage bedingt funktioniert.

Wer seinen Hund roh füttert und dann durch seinen Vermehrerbesitzer diesen einige male für den Paarungsakt zur Verfügung stellt, gibt auch Nachkommen weiter der damit klar kommt.
Umgekehrt der kranke Rüde am Ende vielleicht nur einmal.

Gleiches gilt dann für Trockenfutter und Nassfutter.
Wobei ich mich da frage ob das wirklich noch klappt da wir vom billo Futter für 90 Cent, mit gänzlich nur Nahrungsergänzungen, zu gutem Futter mit wenig Ergänzungsmitteln alles dabei haben 🧐
Das macht ja schon einen Unterschied bei der Anpassung.
 
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Jennifer
14. Dez. 21:07
Du kannst so nicht rechnen weil dann würde der Hund ja auch den ganzen Pansen fressen und nicht nur ein Teil. Klar wenn du sagst 20% Pansen dafür aber den kompletten Inhalt dann stimmt das Verhältnis nicht.
Wenn man vom Rind ausgeht, ja. Macht man sich bei einem kleinen, handlichen Lammpansen für den ein Hund zwei Bisse benötigt und runterschluckt noch die Mühe das auf 20% der Nahrungszufuhr zu reduzieren?

So nicht rechnen zu können hilft aber nicht bei der Findung wie oder warum diese 20% entstanden sind. Das würde mich nämlich wirklich interessieren. Macht ein Pansen pauschal 20% von Beutetier aus?
 
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Dogorama-Mitglied
14. Dez. 21:48
Ein sehr guter Ansatz 😊 Eigentlich hätte ich selbst drauf kommen können, naja 😂 Das wirft ja am Ende eigentlich nur einen neuen Gedanken aufs Spielfeld. Da Selektion in diesem Fall auch heutzutage bedingt funktioniert. Wer seinen Hund roh füttert und dann durch seinen Vermehrerbesitzer diesen einige male für den Paarungsakt zur Verfügung stellt, gibt auch Nachkommen weiter der damit klar kommt. Umgekehrt der kranke Rüde am Ende vielleicht nur einmal. Gleiches gilt dann für Trockenfutter und Nassfutter. Wobei ich mich da frage ob das wirklich noch klappt da wir vom billo Futter für 90 Cent, mit gänzlich nur Nahrungsergänzungen, zu gutem Futter mit wenig Ergänzungsmitteln alles dabei haben 🧐 Das macht ja schon einen Unterschied bei der Anpassung.
Ich kenne nur sehr sehr wenige Züchter, die Allergiker aus der Zucht nehmen. Und bei den Vermehren wird nur darauf geachtet, ob der Hund produziert. Bei einer massiven Allergikerin mag es sein, dass sie nicht rentiert, aber schon beim Rüden ist es dann eigentlich egal. Die wenigsten Hunde sind ja heute noch richtige Arbeitshunde, die sich eine Allergie nicht leisten können. Von daher glaube ich nicht, dass da noch viel Selektion passiert.
Trofu und Nafu ist meiner Meinung nach nochmal eine andere Geschichte. Die wurden gezielt für den Hund entwickelt. Der sollte also davon nicht krank werden, sonst wird das Futter ja nicht mehr gekauft. Natürlich gibt es Hunde, die auf gewisse Zusatzstoffe reagieren, aber der Großteil der Hunde kommt mit Fertigfutter gut klar. Und kam das auch schon immer. Ich glaube da muss gar nicht mehr viel Anpassung geschehen.
 
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Dogorama-Mitglied
14. Dez. 22:16
Das stimmt natürlich auch schon wieder mal. Andererseits gibt es auch Pflanzen (ich glaube, meistens Bäume), die für ihre Fortpflanzung durch Samen auf Vögel angewiesen sind, weil die Samen ohne die Verdauung durch den Vogel-Magen überhaupt nicht kein fähig wären. Zusätzlich kann man als Pflanze seine Art natürlich über ein viel größeres Gebiet verbreiten, wenn "der Nachwuchs" durch Vögel durch die Gegend geflogen wird... Und die Kids wachsen nicht direkt unter den Eltern und graben denen wortwörtlich das Wasser ab. Auch ne schlaue Strategie eigentlich... 🤔✌️ Natur und die Teilnehmer sind schon oft ziemlich clever...
Außer der Mensch 🤪🙈
 
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Tom
15. Dez. 07:07
Ich muss hier gleich mal den mahnenden Finger heben :D Du gehst direkt davon aus das Barfer barfen „um sich etwas besser zu fühlen oder der Natur näher“. Würde ich pauschal nicht zustimmen. Klar gibt es die möchtegern Frischfleisch fütterer die dem „trend“ folgen und dann herum rennen und sagen „ich Barfe ich bin toll. Ich bin so ein guter Hundebesitzer.“ Aber so ist der Großteil nicht. (Das hoffe ich zumindest😌) Ich könnte jetzt auch mit dem Gegenargument kommen, dass hier bereits herein geworfen wurde, wenn Trockenfutter und auch Nassfutter erst zwischen 100-150 Jahre alt ist und der Verdauungstrakt damit noch gar nicht so weit ist diese unnatürliche Fütterungsform voll funktional zu nutzen, da Evolution oder Selektion hier, deutlich länger dauert. Das bedeutet nach derzeitigen Wissen, wäre nur Restefüttern das auf das der Hund tatsächlich über 1.000 Jahre angepasst wurde. Reste sind nicht nur Fleisch. Aber es gab auch mal Fleisch und gerade Jagdhunde haben meines wissens nach auch mal Reste der Beute erhalten. Ich denke deine Frage ist zu sehr auf Individuelle Ansichten ausgelegt :) Ich sehe keinen Grund sich nicht die besten Teile einer Sache herauszupicken. Wenn diese stimmig sind und keinen Nachteil darstellen. Wenn du mir einen kausalen Zusammenhang nennen kannst, bin ich gerne gewillt anders darüber zu denken :)
Zumindest ist das mit der Natürlichkeit so das Haupt Argument, das man so liest im Internet hört draußen von haltern.
Und dabei eben die Schlussfolgerung das ist zwangsläufig am besten sein MUSS, weil es ja am natürlichsten ist.

Genau diese Logik und diese Schlussfolgerung würde ich einfach mal anzweifeln, weil nicht alles (zumindest fürs Individuum) optimal ist, bloß weil natürlich ist.
Zwei Gegentheorien dazu:
1.
Bis sich die völlig natürliche, aber eben mangelhafte Ernährung bei Wolf oder Wildhund mit krassen Symptomen durchschlägt, ist er eh schon tot.

2.
Wenn er schon länger gelebt hat, als das aus Sicht der Natur erwünscht und sinnvoll ist, greift die Mangelernährung als natürliches Regulativ und setzt der Geschichte ein Ende.

Ich kann und will nicht behaupten, dass das eine oder andere oder beides definitiv zutrifft aber es wäre aus meiner Sicht ebenso möglich und wahrscheinlich wie die These, dass es nur wegen der Natürlichkeit fürs Einzeltier völlig optimal sein sollte.
Bei Beutetieren wir Hasen oder Rehen wird ja der Bestand durch Fressfeinde in einem natürlichen Regelkreis reguliert. Deshalb können die so alt werden, wie sie wollen. Über-Bestand wird durch den entsprechend höheren Bestand an Raubtieren abgebaut.
Eine Überentwicklung von Arten, die keine natürlichen Fressfeinde haben muss halt anders begrenzt werden. Einerseits natürlich über die Verfügbarkeit von ausreichend Nahrung. Der Bestand an Beutetieren wird dezimiert, damit werden auch die Jäger weniger, weil es nicht mehr für alle reicht.
Oder halt nicht über die verfügbare MENGE der Nahrung, sondern über dessen Qualität.
Du merkst, beides geht in Richtung Ernährung und das ist halt fast der einzige Punkt, wo die Natur solche Tiere an der Spitze der Nahrungskette überhaupt erwischen und die Population begrenzen kann.
 
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Maria
15. Dez. 07:07
Mein Biologinnenherz blutet bei einigen Beiträgen hier 🙊 Die Natur will nichts. Evolution ist nicht zielgerichtet, sondern das Ergebnis von Selektion. In welche Richtung auch immer die geht. Mal als Beispiel: es gibt Tierarten, bei denen unter schlechten Bedingungen mehr männliche Jungtiere geboren werden. Nun könnte man denken „voll schlau, die machen das, weil Männchen weniger Energie in die Fortpflanzung stecken müssen und tendenziell mehr Nachkommen haben, haben unter schlechten Umweltbedingungen also bessere Karten“ Das Gegenteil ist aber passiert. Zu einem gewissen Zeitpunkt mit schlechten Bedingungen hatten die Mütter einen Vorteil, die männliche Nachkommen produziert haben. Deren Gene waren also plötzlich überproportional häufig in der Population und bei jedem schlechten Ereignis hatten die Tiere mit diesen Genen wieder einen Vorteil und wurden wiederum häufiger. Ein bewusster Vorgang war das aber nie. Ähnlich sieht es bei Räuber-Beute-Beziehungen aus. Der Beute ist es herzlich egal, ob sie eine gute Nahrungsgrundlage ist. Wird sie nicht top-down (Räuber) reguliert, dann halt bottom-up (Ressourcen). Die Ökosysteme und Nahrungsnetze wie wir sie kennen, sind über Jahrhunderte und Jahrtausende entstanden. Aber zu jeder Zeit war jede Art und war jedes Individuum nur um sein eigenes Überleben besorgt. Wer eine schlaue Strategie oder gute Gene hatte, hat sich erfolgreicher fortgepflanzt und damit wurde es in der Population häufiger. Wenn ein Wolf also mit 7 an Mangelernährung stirbt, davor aber 5 Würfe großgezogen hat, hat er (bezüglich Selektion) keinerlei Nachteile gegenüber einem Wolf, der keine Mangelernährung hat, aber von den jüngeren verdrängt wird und sich nicht mehr fortpflanzt. Das kann man auch auf den Hund weiterspinnen. Wenn ich als Hund beim Menschen fehlernährt werde, aber ständig Futter kriege (und mich ungehindert fortpflanzen kann), habe ich einen Vorteil gegenüber einem ausgewogen ernährten Wolf, der aber auch mal schlechte Jahre hat. Und wenn ich als Hund (aus Zufall) Stärke besser verdauen kann, habe ich vermutlich mehr Nachkommen als ein Hund, der das nur schlecht kann. Und so haben sich die Hunde an die Menschen angepasst. Nicht weil das geplant war, sondern weil gnadenlos aussortiert wurde, was nicht erfolgreich ist. Und um nach meinem Roman (sorry 🙈) auch aufs Thema einzugehen. Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Barfen nach Beutetierschema. Solange die Ration bedarfsdeckend ist, finde ich es nicht wichtig, ob die Nährstoffe nun aus Supplementen oder aus Innereien gedeckt werden. Problematisch finde ich es, wenn es ideologisch wird. Wenn also andere Fütterungsformen keine Daseinsberechtigung mehr haben oder aber, wenn die Bedarfsdeckung einfach vorausgesetzt wird, weil der Wolf ja damit auch überlebt habe. Wobei sich da dann für mich die Frage stellt, wenn man das Ganze konsequent durch denkt, müsste man dann nicht auf Tiere aus Massentierhaltung verzichten und nur Wild füttern? Und dann taucht schon das nächste Problem auf, der Wolf hat noch nichts vom Aujesky Virus gehört und frisst fröhlich rohe Wildschweine. Kann man beim Hund machen, aber will man?
Ich weiß immer nicht wie viel hier in so einem Forum so ankommt ...
Evolution ist schon eine komplexe Sache, wo man sich sowieso fragt wie viel bzgl. Nahrungsverwertung überhaupt selektiert wurde. Es spielen so viele Faktoren dort mit rein. Allein wenn man sich einige Paradiesvogelarten als Beispiel ansieht welche mit ihren riesigen prachtfedern einen Vorteil bei der Weibchen Wahl haben aber überlebenstechnisch eigentlich benachteiligt sind ggü. Anderen Artgenossen erkennt man schon, dass nicht Mal ausschließlich eine Optimierung des Überlebens sondern der Fortpflanzung dahintersteht.
Ich habe in meinem ersten Beitrag unterstellt, dass sich der Wolf so optimal wie möglich an seine beutetiere angepasste
hat, also Wölfe danach selektiert wurden wer das Reh o.ä. am besten jagen fressen uns verwerten kann... weil wer das nicht kann würde sich weniger fortpflanzen. Das hat sicher die Grenzen bei der Fortpflanzung (welche anderen Vorteile gibt es die eher selektiert wurden als gute Jagd etc.) Und Zufälle...

Der Hund, genauso wie Mensch und vermutlich alle anderen Haustierrassen sind doch eh nicht mehr der natürlichen Selektion unterworfen. da wird Evolutionstechnisch bzgl. Ernährung wenig passieren.
Solange man in der Zucht (oder Vermehrung) nicht darauf achtet...

Bisher wurde immer nur die nahrungsverwertung an sich betrachtet, andere Anpassungen zmb des Gebisses soweit bisher nicht in der Diskussion, gehört sicher aber auch hierher. Schließlich ist der Wolf an sich gewöhnt die Beute zu zerreißen... Mit der Züchtung einiger Hunderassen und deren Gebisse sind diese sicherlich auch nicht mehr so gut dazu geeignet dies zu tun... (Weiter unten war ein Post zum Thema Mäuse und Ratten Jagdhunde :)
 
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Tom
15. Dez. 07:45
Dein letzter Satz hört sich genauso an wie die Schlussfolgerung in fast allen meinen Arbeiten 😄 Ist der Begriff 'bedarfsdeckend' dann nicht irreführend oder ein gänzlich unerreichbares Ziel in allen Fütterungspraktiken? Müsste es nicht eher sein: man ernährt den Hund nach bestem Wissen und Gewissen? Wäre es nicht fast sinnvoller bei einer minimalen Unterversorgung zu sein? Oder eben nur auf bestimmte Stoffe zu achten, anstatt das Komplettpaket durchweg zu 100% bedienen zu wollen? Auf Blutwerte bzw. gesundheitliche Anzeichen sollte doch immer geachtet werden. Das Erschreckende ist nicht nachfragen oder überprüfen von aussagekräftigen Werten und der Gedanke, dass die ursprüngliche Ernährung eben alles abdeckt (sehe ich aber bei den Alternativen nicht anders oder besser). Zumal ich die Aufklärung zur Wirkungsweise bei der Aufnahme von Stoffen auch eher dürftig finde. Manches ist nicht wasserlöslich oder kann nur in Kombination mit anderen Stoffen gänzlich aufgenommen, verwertet oder gespeichert werden.
🤣
Liegt vielleicht in der Natur der Dinge und des wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens, dass es selten eine allgemein gültige oder ja/Nein Pauschal-Antwort gibt, sondern man die Dinge etwas differenziert anschauen muss.

Aber warum findest du "bedarfsdeckend" als Ziel irreführend oder unerreichbar?
Ziemlich sicher kann man nicht in alles Bereichen die 100% Punktlandung bei der exakt richtigen Menge hin gekommen, aber etwas mehr ist nicht schädlich. Bei den meisten Stoffen wird es erst ungesund, wenn der Bedarf um das 10 oder 100-fache überschritten wird.
Und "großzügig-genug" ohne völlige Übertreibung ist normalerweise schon hin zu bekommen.

Ein Lebewesen, was da zu pingelig ist und von allem Bedarf nur die exakt genau richtige Menge verträgt, wäre mit Sicherheit schon längst aus der Evolution rausgeflogen.
 
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Dogorama-Mitglied
15. Dez. 07:51
Zumindest ist das mit der Natürlichkeit so das Haupt Argument, das man so liest im Internet hört draußen von haltern. Und dabei eben die Schlussfolgerung das ist zwangsläufig am besten sein MUSS, weil es ja am natürlichsten ist. Genau diese Logik und diese Schlussfolgerung würde ich einfach mal anzweifeln, weil nicht alles (zumindest fürs Individuum) optimal ist, bloß weil natürlich ist. Zwei Gegentheorien dazu: 1. Bis sich die völlig natürliche, aber eben mangelhafte Ernährung bei Wolf oder Wildhund mit krassen Symptomen durchschlägt, ist er eh schon tot. 2. Wenn er schon länger gelebt hat, als das aus Sicht der Natur erwünscht und sinnvoll ist, greift die Mangelernährung als natürliches Regulativ und setzt der Geschichte ein Ende. Ich kann und will nicht behaupten, dass das eine oder andere oder beides definitiv zutrifft aber es wäre aus meiner Sicht ebenso möglich und wahrscheinlich wie die These, dass es nur wegen der Natürlichkeit fürs Einzeltier völlig optimal sein sollte. Bei Beutetieren wir Hasen oder Rehen wird ja der Bestand durch Fressfeinde in einem natürlichen Regelkreis reguliert. Deshalb können die so alt werden, wie sie wollen. Über-Bestand wird durch den entsprechend höheren Bestand an Raubtieren abgebaut. Eine Überentwicklung von Arten, die keine natürlichen Fressfeinde haben muss halt anders begrenzt werden. Einerseits natürlich über die Verfügbarkeit von ausreichend Nahrung. Der Bestand an Beutetieren wird dezimiert, damit werden auch die Jäger weniger, weil es nicht mehr für alle reicht. Oder halt nicht über die verfügbare MENGE der Nahrung, sondern über dessen Qualität. Du merkst, beides geht in Richtung Ernährung und das ist halt fast der einzige Punkt, wo die Natur solche Tiere an der Spitze der Nahrungskette überhaupt erwischen und die Population begrenzen kann.
Nein, Ernährung sprich Ressourcenknappheit ist definitiv nicht die einzige Möglichkeit wie Tiere ohne natürliche Fressfeinde sich regulieren. Krankheiten sind da ein wichtiger Bestandteil. Man denke nur mal an Corona 🤷🏼‍♀️ gäbe es weniger Menschen, hätte es sich nicht so schnell und nicht so flächendeckend ausgebreitet. Und ohne die moderne Medizin wären noch viel mehr daran gestorben.
Auch dein Argument bezüglich Mangelernährung als Vorteil sehe ich eher kritisch. Klar ein Jodmangel macht sich erst relativ spät bemerkbar und wird entsprechend keinen großen Einfluss auf die Fitness (im biologischen Sinne, also wie gut bin ich angepasst und kann mich entsprechend fortpflanzen) haben. Aber wie Maria schreibt, ein Wolf der das Reh (den Hirsch, was auch immer) besser jagen und verwerten kann, hat einen Vorteil. Und sei es nur, dass er einen Welpen mehr hat pro Wurf und den auch durchbringt. Oder in Zeiten von Nahrungsknappheit überhaupt noch in der Lage ist Nachkommen zu produzieren. Und damit verschwinden mit der Zeit alle Individuen, die eben nicht perfekt an ihre Nahrung angepasst sind.
 
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Dogorama-Mitglied
15. Dez. 10:38
Ich kenne nur sehr sehr wenige Züchter, die Allergiker aus der Zucht nehmen. Und bei den Vermehren wird nur darauf geachtet, ob der Hund produziert. Bei einer massiven Allergikerin mag es sein, dass sie nicht rentiert, aber schon beim Rüden ist es dann eigentlich egal. Die wenigsten Hunde sind ja heute noch richtige Arbeitshunde, die sich eine Allergie nicht leisten können. Von daher glaube ich nicht, dass da noch viel Selektion passiert. Trofu und Nafu ist meiner Meinung nach nochmal eine andere Geschichte. Die wurden gezielt für den Hund entwickelt. Der sollte also davon nicht krank werden, sonst wird das Futter ja nicht mehr gekauft. Natürlich gibt es Hunde, die auf gewisse Zusatzstoffe reagieren, aber der Großteil der Hunde kommt mit Fertigfutter gut klar. Und kam das auch schon immer. Ich glaube da muss gar nicht mehr viel Anpassung geschehen.
Wenn man den Beitrag von Anfang liest, erfährt man, dass Nassfutter und Trockenfutter kein angepasstes Futter sein können :)
Man kann sagen, irgendwann hat irgendwer entschieden, dass ist jetzt Hundefutter.
Und damit hieß es dann friss oder stirb.
Ob es so gut ist oder nicht ist nicht genau messbar, weil bewusst bestimmte Studien nicht durchgeführt oder veröffentlicht werden dürfen. Oder wie in der Medizin auch, bezahlt der Produzent und das Ergebnis ist nicht das gewünschte, dann hat es nie eine Studie gegeben.
Damit will ich keinen Hate schieben.
Kenne ich aber tatsächlich von Kommilitonen aus der Humanmedizin an meinet Uni, aber auch aus Hannover in der Tiermedizin.
 
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Dogorama-Mitglied
15. Dez. 10:41
Zumindest ist das mit der Natürlichkeit so das Haupt Argument, das man so liest im Internet hört draußen von haltern. Und dabei eben die Schlussfolgerung das ist zwangsläufig am besten sein MUSS, weil es ja am natürlichsten ist. Genau diese Logik und diese Schlussfolgerung würde ich einfach mal anzweifeln, weil nicht alles (zumindest fürs Individuum) optimal ist, bloß weil natürlich ist. Zwei Gegentheorien dazu: 1. Bis sich die völlig natürliche, aber eben mangelhafte Ernährung bei Wolf oder Wildhund mit krassen Symptomen durchschlägt, ist er eh schon tot. 2. Wenn er schon länger gelebt hat, als das aus Sicht der Natur erwünscht und sinnvoll ist, greift die Mangelernährung als natürliches Regulativ und setzt der Geschichte ein Ende. Ich kann und will nicht behaupten, dass das eine oder andere oder beides definitiv zutrifft aber es wäre aus meiner Sicht ebenso möglich und wahrscheinlich wie die These, dass es nur wegen der Natürlichkeit fürs Einzeltier völlig optimal sein sollte. Bei Beutetieren wir Hasen oder Rehen wird ja der Bestand durch Fressfeinde in einem natürlichen Regelkreis reguliert. Deshalb können die so alt werden, wie sie wollen. Über-Bestand wird durch den entsprechend höheren Bestand an Raubtieren abgebaut. Eine Überentwicklung von Arten, die keine natürlichen Fressfeinde haben muss halt anders begrenzt werden. Einerseits natürlich über die Verfügbarkeit von ausreichend Nahrung. Der Bestand an Beutetieren wird dezimiert, damit werden auch die Jäger weniger, weil es nicht mehr für alle reicht. Oder halt nicht über die verfügbare MENGE der Nahrung, sondern über dessen Qualität. Du merkst, beides geht in Richtung Ernährung und das ist halt fast der einzige Punkt, wo die Natur solche Tiere an der Spitze der Nahrungskette überhaupt erwischen und die Population begrenzen kann.
Wenn wir danach gehen, müsstest du ja schon bei uns Menschen anfangen. Wir leben ja weit über dem Limit.
Und weil wir so grenzenlos sind, lassen wir unseren Haustieren oder Nutztieren gleich noch die gleiche Grenzenlosigkeit zukommen. So ist der Mensch am Ende.