Hunde bleiben ihr Leben lang fruchtbar. Wer ungewollten Nachwuchs vermeiden möchte, hat bisher meist auf chirurgische Eingriffe wie Kastration oder Sterilisation zurückgegriffen. Doch diese Optionen sind begründet umstritten. Streng genommen ist es Tierärztin:innen gesetzlich untersagt, gesunde Organe ohne medizinischen Anlass zu entnehmen – das gilt auch für Hoden und Gebärmutter. Gleichzeitig birgt eine Operation, vor allem bei Hündinnen, Risiken und bringt meist eine lange Genesungszeit mit sich. Abgesehen davon bleibt bspw. bei unkastrierten Hündinnen immer die Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft, Scheinschwangerschaften oder die Entwicklung von Tumoren am Gesäuge.
Eine vielversprechende Alternative könnte in Zukunft die Sterilisations-Impfung bieten – eine Methode, die ohne Operation auskommt und dennoch zuverlässig die Fortpflanzung unterbinden kann. Diese Innovation könnte nicht nur für Hundehalter:innen, sondern auch für den Tierschutz äußerst interessant sein. Aber wie funktioniert die Methode, und welche Vorteile bietet sie?
Die Kastration und Sterilisation sind die gängigsten Methoden zur Fortpflanzungskontrolle bei Hunden:
Beide Methoden erfordern einen chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose und bergen Risiken wie Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Komplikationen bei der Narkose. Besonders bei Hündinnen, bei denen ein Eingriff in den Bauchraum nötig ist, kann die Genesung langwierig sein.
Für Hundeeltern, die keine dauerhafte Lösung wünschen, gibt es die chemische Kastration. Dabei wird ein Hormonimplantat/-chip eingesetzt, das die Produktion von Sexualhormonen unterdrückt und das Tier vorübergehend unfruchtbar macht. Diese Methode ist reversibel, allerdings können Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder Verhaltensänderungen auftreten. Auch der Aufwand, das Implantat regelmäßig zu erneuern, sollte berücksichtigt werden.
Die Sterilisations-Impfung könnte in Zukunft eine echte Alternative darstellen. Nach der Impfung werden im Körper Antikörper gebildet, welche bestimmte Sexualhormone zu blockieren. Dies führt zu einer vorübergehenden Unfruchtbarkeit, ohne dass ein operativer Eingriff notwendig ist. Besonders interessant ist, dass diese Methode reversibel ist – nach einiger Zeit erlangt der Hund seine Fortpflanzungsfähigkeit zurück.
Ein Beispiel für diese innovative Technologie ist der Impfstoff „Egalitte“, der von Wissenschaftler:innen in Chile seit 2009 entwickelt wurde. Er blockiert das Hormon Gonadotropin, wodurch keine Sexualhormone mehr produziert werden. Die Wirkung hält etwa ein Jahr an und bietet eine sichere, stressfreie Möglichkeit der Fortpflanzungskontrolle.
Die Sterilisations-Impfung könnte nicht nur für Hundebesitzer:innen, sondern auch für den Tierschutz einen großen Unterschied machen. In vielen Ländern gibt es ein großes Problem mit Straßenhunden, deren unkontrollierte Fortpflanzung zu überfüllten Tierheimen und Leid führt. Chirurgische Eingriffe sind hier oft nicht praktikabel, da sie teuer, zeitaufwendig und logistisch schwierig sind. In Chile kostet eine Impfung umgerechnet knapp 50€.
Eine Impfung könnte hingegen eine einfache, kostengünstige und effektive Lösung sein, um die Population von Straßenhunden zu kontrollieren. Sie wäre schnell durchführbar und würde den Stress und die Risiken einer Operation vermeiden. Für Tierschutzorganisationen weltweit könnte dies eine bahnbrechende Möglichkeit sein, die Fortpflanzung human und nachhaltig zu regulieren.
Hier ist eine Übersicht der Vor- und Nachteile von Kastration, Sterilisation, Hormonchip und der neuen Sterilisationsimpfung für Hunde:
Methode | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Kastration |
- Dauerhafte Unfruchtbarkeit |
- Irreversibler Eingriff - Operationsrisiken (Narkose, Infektionen) - Mögliche Gewichtszunahme und Hormonveränderungen, weitere Begleiterscheinungen |
Sterilisation | - Verhinderung der Fortpflanzung ohne Entfernung der Geschlechtsorgane - Geringeres Operationsrisiko im Vergleich zur Kastration |
- Fortbestehen des Sexualverhaltens und hormoneller Zyklen - In Deutschland bei Hündinnen unüblich aufgrund gesundheitlicher Risiken |
Hormonchip | - Vorübergehende Unfruchtbarkeit (Kastration auf Probe) - Keine Narkose erforderlich - Reversibel nach Ablauf der Wirkungsdauer |
- Mögliche Nebenwirkungen (z. B. Fellveränderungen, Gewichtszunahme) - Regelmäßige Erneuerung des Chips notwendig (alle 6–12 Monate) - Langfristig höhere Kosten als einmalige Kastration |
Sterilisationsimpfung | - Nicht-invasiver Eingriff - Potenziell dauerhafte Unfruchtbarkeit ohne Operation (wenn regelmäßige Impfung) |
- Aktuell noch in der Forschungsphase, daher begrenzte Verfügbarkeit und unbekannte Langzeitwirkungen - Mögliche Nebenwirkungen und individuelle Wirksamkeit müssen noch untersucht werden |
Noch ist die Sterilisations-Impfung in Deutschland nicht verfügbar ist, dennoch zeigt sie das Potenzial moderner Forschung. Sie bietet eine schonende Alternative zu traditionellen Methoden und könnte in Zukunft nicht nur chirurgische und nicht reversible Eingriffe bei Hunden generell verringern, sondern auch den Tierschutz revolutionieren.
Quellen: L. Stoeffler (10/24): Neuartige Impfung sterilisiert Hunde für ein Jahr – bald auch in Deutschland?, Petbook.; N. Cortes/ A. Villegas (10/24): Chilean scientists develop reversible dog neutering vaccine, Reuters.