Das hat überhaupt nichts mit "undifferenziert" zu tun, sondern das ist eine reine Definitionsfrage.
Da muss man auch nicht gleich beleidigend dem Diskussionspartner gegenüber werden.
Wenn man Gleichwertig im Sinne der Entscheidungsfreiheit, des Handlungsspielraumes und der Verantwortlichkeit für das eigene Tun versteht, ist sie im erzieherischen Kontext ganz klar nicht gegeben. Das bestätigt auch dein Zitat, wenn es sagt, dass keine Gleichstellung vorhanden ist.
Sowohl Kinder/Jugendliche als auch Tiere gelten dementsprechend natürlich als unmündig, sie sind garnicht bzw nicht vollumfänglich für die Folgen ihrer Handlungen zur Verantwortung zu ziehen.
Bzw wenn jemand anders die Verantwortung an ihrer Statt trägt, ist das halt schlicht exakt das, was Unmündigkeit bedeutet.
"Würdig" ist auch nicht das Selbe wie "wertig" und es hilft nicht über die Tatsache hinweg, dass in asymmetrischen Beziehungen per Definitionem keine Gleichstellung (Gleichwertigkeit im obigen Sinne) der Beziehungspartner gegeben sein kann, auch wenn der Schutzbefohlene dem Schützling noch so viel Würde und Freiraum zugesteht.
Schwammig finde ich eben, dass das nicht klar kommuniziert wird; dass nicht wahrgenommen wird, dass das von dir erwähnte Vertrauen einem Prozess der Kontrolle entspringt, weil Kontrolle dem pädagogischen Handeln inhärent ist; dass Kontrolle, Dominanz und Macht mit Drill, Unterdrückung und ruppigen Verbalkommandos gleichgesetzt werden und impliziert wird, ein weniger autoritärer Erziehungsstil wäre frei von Kontrolle, Dominanz und Macht; dass über Begriffe wie "gleichwertiger Partner" oder "freie Entscheidung" ein Zustand suggeriert wird, der nicht wirklich vorhanden ist.
Führung ohne Macht gibt es doch garnicht, das sind dann halt unverbindliche Vorschläge.
Ach so – noch ein kleiner Nachtrag zu deinem Punkt: „Führung ohne Macht gibt es nicht.“
Diese Gleichsetzung verkennt, dass es sehr wohl Führung ohne Überordnung gibt. Genau dort setzt Ullis Haltung an: Beziehung vor Erziehung und Führung auf Basis von Vertrauen als zentrales Prinzip.
Führung bedeutet in diesem Verständnis nicht, Macht grundsätzlich abzulehnen, sondern sie nicht als Selbstzweck einzusetzen. Wer Beziehung gleichwertig, nicht gleichberechtigt lebt, braucht keine autoritären Ge- und Verbote, um Orientierung zu geben.
Verantwortung zu übernehmen bedeutet nicht, den anderen für „unmündig“ zu erklären, aber ihn ernst zu nehmen, ihm etwas zuzutrauen – und ihn gerade dadurch zu stärken.
Da sehe ich weder Esoterik noch Romantik, sondern eine reflektierte pädagogische Haltung, die sich an modernen Paradigmen orientiert.