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Barbara
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zuletzt 16. Juli

Kastration oder Hormonchip

Mein Rüde Pablo ist mit 12 Monaten gechipt worden, weil er sehr durchtrieben war. Er neigte dazu andere Junghunde zu provozieren und riskierte gerne mal eine "dicke Lippe", wie man so schön sagt. Mit dem Chip ließ der Trieb deutlich nach, aber sein respektloses Verhalten habe ich zum größten Teil durch Erziehung in den Griff bekommen. Er ist mega agil und verspielt, liebt es mit Hunden zu toben und genau diese Charakterzüge liebe ich an ihm. Nun lässt die Wirkung vom Chip nach und ich stehe vor der Entscheidung, ihn kastrieren zu lassen. Meine Frage: würde er definitiv das gleiche Verhalten zeigen, wie bei dem Chip??? Oder kann es sein, dass er sich durch eine Kastration doch anders entwickelt??? Bin ziemlich verunsichert, da man immer wieder unterschiedliche Aussagen hört. Lieben Dank schon mal, Barbara mit Kiko und Pablo
 
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Nora
16. Juli 16:13
Hallo Barbara, Zunächst würde ich dir gern einige Informationen zu den Kastrationsformen geben: Bei der Kastration kann grundlegend zwischen einer chirurgischen und einer chemischen Kastration unterschieden werden. Bei der chirurgischen Kastration werden die Keimdrüsen (Hoden), welche die Sexualhormone produzieren, entfernt. Nach Entfernung bleibt also die Produktion der Sexualhormone aus, wodurch auch kein sexuelles Verhalten des Tieres mehr indiziert wird. Eine chirurgische Kastration ist irreversibel, das heißt, die Entfernung der Hoden und somit der Wegfall der Hormonproduktion kann nicht rückgängig gemacht werden. Eine Kastration bringt jedoch nicht immer den Effekt, den der Besitzer sich wünscht. So kann es neben dem Auftreten von Nebenwirkungen wie Harninkontinenz, Fellveränderungen und Gewichtszunahme auch zu Verhaltensänderungen wie Aggresivität oder extremer Ängstlichkeit kommen. Aus diesem Grund wird meist zunächst eine chemische Kastration angeraten. Bei einer chemischen Kastration wir dem Hund ein Chip (Suprelorin-Implantat) eingesetzt, welches kontinuierlich den Wikstoff Deslorelin freisetzt. Deslorelin unterdrückt die Bildung der Sexualhormone und führt somit ebenfalls zum Aussetzten des Sexualverhaltens. Im Gegensatz zu einer chirurgischen Kastration ist die chemische Kastration reversibel. Die Wirkung des Suprelorin-Implantats hält zwischen 6-12 Monate an. Danach kehrt die Sexualhormonproduktion des Hundes wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Die chemische Kastration kann also sozusagen als Test genutzt werden, um die Auswirkungen einer chirurgischen Kastration auf das Verhalten und den Zustand deines Hundes abzuschätzen. Nun zu deiner Frage: Auch ein Kastrationschip kann leider nicht zu 100 Prozent die Auswirkung einer Kastration vorhersagen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass sich dein Hund nach der Kastration ähnlich verhalten wird. Über die Wirkungszeit des Hormonchips stand dein Hund unter keinem Testosteron-Einfluss. Das Verhalten, dass er ohne Testosteron-Einfluss gezeigt hat, wird er also auch nach der Kastration zeigen. Auswirkungen, wie eine Veränderung des Fells oder eine Gewichtszunahme können jedoch stärker ausfallen, da sich diese zumeist erst nach einigen Monaten entwickeln. Und auch die möglichen Spätfolgen eienr Kastration, wie eine Inkontinenz, können durch den Hormonchip nicht vorhergesehen werden. Ich kann dir somit nicht genau vorhersagen, ob sich dein Hund, ggf. auch in seinem Verhalten nach der Kastration weitergehend verändern wird. Dass sich sein Verhalten in demselben Ausmaß wie unter dem Hormonchip ändert, ist jedoch sehr wahrscheinlich. Alles Gute euch beiden 🐾