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Silvia
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zuletzt 14. Dez.

Kastration

Mein Rüde ist 2 Jahre alt und neigt zu überdrehtem Sexualverhalten. Da auch er selber immer sehr leidet, denken wir an eine Kastration. Nun lese ich hier, dass man erst den Chip ausprobieren soll. Ist diese Chemie nicht ungesund?
 
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Nora
14. Dez. 17:03
Hallo Silvia, Bevor ich auf deine Frage im Speziellen eingehe, würde ich dir gern erst einmal die Möglichkeiten einer Kastration näher bringen. Bei der Kastration kann grundlegend zwischen einer chirurgischen und einer chemischen Kastration unterschieden werden. Bei der chirurgischen Kastration werden die Keimdrüsen (Hoden), welche die Sexualhormone und die Spermien produzieren, entfernt. Nach Entfernung bleibt also die Produktion der Sexualhormone aus, wodurch auch kein sexuelles Verhalten des Tieres mehr indiziert wird. Eine chirurgische Kastration ist irreversibel, das heißt, die Entfernung der Hoden und somit der Wegfall der Hormon- und Spermienproduktion kann nicht rückgängig gemacht werden. Eine Kastration bringt jedoch nicht immer den Effekt, den der Besitzer sich wünscht. So kann es neben dem Auftreten von Nebenwirkungen wie Harninkontinenz, Fellveränderungen und Gewichtszunahme auch zu Verhaltensänderungen wie Aggresivität oder extremer Ängstlichkeit kommen. Aus diesem Grund wird meist zunächst eine chemische Kastration angeraten. Bei einer chemischen Kastration wir dem Hund ein Chip (Suprelorin-Implantat) eingesetzt, welcher kontinuierlich den Wikstoff Deslorelin freisetzt. Deslorelin unterdrückt die Bildung der Sexualhormone und führt somit ebenfalls zum Aussetzten des Sexualverhaltens. Im Gegensatz zu einer chirurgischen Kastration ist die chemische Kastration reversibel. Die Wirkung des Suprelorin-Implantats hält zwischen 6-12 Monate an. Danach kehrt die Sexualhormonproduktion des Hundes wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Die chemische Kastration kann also sozusagen als Test genutzt werden, um die Auswirkungen einer chirurgischen Kastration auf das Verhalten und den Zustand deines Hundes abzuschätzen. Nun zu deiner Frage: Jede Behandlung greift in den normalen Körperablauf des Hundes ein. Bezogen auf unser Thema Kastration änderst du den ursprünglichen Zustand deines Hundes also sowohl bei einer chemischen, als auch bei einer chirurgischen Kastration. Der Wirkstoff des Suprelorin-Chips, das Deslorelin, ist einem körpereigenen Hormon nachempfunden. Deslorelin gehört zu der Gruppe der GnRH-Analoga. GnRH ist ein Hormon, das natürlich vom Körper gebildet wird. GnRH-Analoga ahmen dieses GnRH-Hormon nach, bewirken aber eine andere Wirkung. Während GnRH die Produktion von Sexualhormonen anregt, unterdrückt das GnRH-Analogon Deslorelin die Produktion und führt somit zu einer vorrübergehenden Unfruchtbarkeit. Natürlich verstehe ich deine Sorge, und es sollte auch nicht außer Acht gelassen werden, dass jedes Arzneimittel Nebenwirkungen haben kann. Ich denke aber, dass bei medizinischen Produkten auch der positive Effekt nicht vergessen werden sollte. Hier liegt dieser in der Abschätzung einer möglichen Verhalten- und Habitusänderung des Hundes. Das Suprelorin-Implantat kann somit eine bedeutende Erkenntnis ermöglichen. Die Entscheidung, ob du zunächst eine chemische Kastration als Probelauf wünschst oder direkt eine chirurgische Kastration wählst, kann ich dir leider nicht abnehmen. Ich hoffe aber, dass ich dir einige hilfreiche Denkanstöße liefern konnte. Ich wünsche dir bei deiner Entscheidung viel Erfolg und euch beiden alles Gute 🐾