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Tom
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zuletzt 11. Aug.

Detailfrage zu Struvidsteinen, pH und Guardacid

Hallo Liebe Experten, es geht zwar nicht um meinen eigenen Hund, sondern um den einer Bekannten, den ich etwas „betreue“, aber ich hoffe, ich darf das trotzdem Fragen: Die Maus hatte immer wieder Probleme mit Blut im Urin aufgrund von Struvidsteinen. Erstmal gab es vom Tierarzt Guardacid (2 Tabletten, also 400mg DL Methionin). Hat so einigermaßen funktioniert. Um von der Dauermedikation weg zu kommen, haben wir über die Ernährung (viel Ziege, davon viel Lunge, Champignons und noch einiges hilfreiches, dabei natürlich nix basiches) den Urin pH ziemlich stabil auf 6 – 6,2 eingestellt bekommen. Zusätzlich gibt es Magnesium und Phosphat (als Bestandteile von Struvid) nur gerade so viel, wie nötig. Keine Steine, keine Kristalle. Getrunken wird so viel wie möglich. Wenn man nun das Guardacid langsam ausschleicht, hat die Maus sofort wieder Blut im Urin. (zusätzlicher Blasenpolyp wurde gefunden und vor einigen Wochen entfernt) 2 Fragen: 1. Aus meiner Sicht sollten sich doch erstmal Kristalle bilden müssen, damit Steine überhaupt entstehen können, die eine Blutung verursachen. Die Reaktionszeit von 2-3 Tagen erscheint mir dafür zu kurz. Zusätzlich sollten bei diesem pH die Kristalle aus meiner Sicht aufgelöst werden, wenn sie denn dann überhaupt entstehen können. Klar dabei ist, dass der Harn pH nach der Fütterung kurzzeitig etwas ansteigt. Was kann da los sein? 2. Wenn man Methionin auf natürlichem Wege geben würde, hätte man wohl nur L-Methionin und das auch erstmal bis zur Verdauung im Protein verbunden. Kommt es bei der Wirkung tatsächlich auf die DL-Mischung an und hätte Methionin, was erst bei der Proteinverdauung frei gesetzt wird, einen mehr oder weniger ähnlichen Einfluss auf den Urin? Danke im Voraus für die Antworten. Ich weiß, die Frage ist sehr speziell, aber vielleicht kennt sich jemand aus. Das ganze wird übrigens natürich tierärztlich begleitet und auch interessiert verfolgt, aber dort ist man halt nicht so wahnsinnig motiviert, tiefer einzusteigen und empfiehlt lieber von Anfang an, das Guadacid, notfalls lebenslang.
 
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Steffi
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10. Aug. 21:26
Hallo Tom, 1. Blutiger Harn kann auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein. Zum einen können Cystitiden (durch Kristalle oder Bakterien) zum anderen auch Tumore (Gut- oder bösartig) dahinter stecken. Auch Kristalle können die Blasenwand bereits so sehr reizen, dass es zu Blutungen kommt, insbesondere bei chronischen Erkrankungen. Ebenfalls ist eine rötliche Färbung des Harns aufgrund des Blutfarbstoffs Hämoglobin möglich beispielsweise infolge eines Nierenversagens. In seltensten Fällen führt der Muskelfarbstoff Myoglobin aufgrund schwerer Muskelerkrankungen zur rotbräunlichen Färbung des Harns, was teilweise von Besitzern als Blut identifiziert wird. In eurem Fall sehr unwahrscheinlich. Sehr selten kommt es auch Fütterungsbedingt (z.B. durch Rote Beete) zur Rotfärbung des Harns. Es sollte also die Ursache der Rotfärbung des Harns erneut abgeklärt und der Schweregrad ermittelt werden. 2. Meines Wissens nach wird DL-Methionin verabreicht, da dies einfach synthetisch hergestellt werden kann. Zudem besteht das einzige in Deutschland zugelassene Präparat für Hunde aus dem DL- Gemisch. Wie du dich sicherlich schon belesen hast, handelt es sich bei Methionin um eine sogenannte enantiomere, schwefelhaltige Aminosäure, die essentiell für den Organismus ist. Es gibt die L- Form und die spiegelverkehrte D-Form. Die Form kann Einfluss auf die chemischen Eigenschaften haben. So ist L-Methionin die biologisch aktive Form, die etwa zu 50% dem DL-Methioningemisches vorliegt. Ein Ergänzungsmittel mit 6.000 mg DL-Methionin enthält demnach 3.000 mg der biologisch wirksamen L-Variante. In gewissem Maße wird überschüssiges Methionin u.a. zu Cystin umgebaut, was zur Harnansäuerung beiträgt. Bei deutlicher Überschreitung der Tageshöchstmengen kann es jedoch zu Nebenwirkungen wie einer Acidose (krankhafte Übersäuerung des Blutes) kommen. Daher sollte die Kombination verschiedener harnansäuernder Präparate (im Futtermittel, in Futterergänzungsmitteln oder Medikamenten) vermieden bzw. mit Bedacht supplementiert werden! Zuvor sollten die Nieren und die Leber auf ihre einwandfreie Funktionalität untersucht werden.
 
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Steffi
10. Aug. 21:26
Hallo Tom, 1. Blutiger Harn kann auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein. Zum einen können Cystitiden (durch Kristalle oder Bakterien) zum anderen auch Tumore (Gut- oder bösartig) dahinter stecken. Auch Kristalle können die Blasenwand bereits so sehr reizen, dass es zu Blutungen kommt, insbesondere bei chronischen Erkrankungen. Ebenfalls ist eine rötliche Färbung des Harns aufgrund des Blutfarbstoffs Hämoglobin möglich beispielsweise infolge eines Nierenversagens. In seltensten Fällen führt der Muskelfarbstoff Myoglobin aufgrund schwerer Muskelerkrankungen zur rotbräunlichen Färbung des Harns, was teilweise von Besitzern als Blut identifiziert wird. In eurem Fall sehr unwahrscheinlich. Sehr selten kommt es auch Fütterungsbedingt (z.B. durch Rote Beete) zur Rotfärbung des Harns. Es sollte also die Ursache der Rotfärbung des Harns erneut abgeklärt und der Schweregrad ermittelt werden. 2. Meines Wissens nach wird DL-Methionin verabreicht, da dies einfach synthetisch hergestellt werden kann. Zudem besteht das einzige in Deutschland zugelassene Präparat für Hunde aus dem DL- Gemisch. Wie du dich sicherlich schon belesen hast, handelt es sich bei Methionin um eine sogenannte enantiomere, schwefelhaltige Aminosäure, die essentiell für den Organismus ist. Es gibt die L- Form und die spiegelverkehrte D-Form. Die Form kann Einfluss auf die chemischen Eigenschaften haben. So ist L-Methionin die biologisch aktive Form, die etwa zu 50% dem DL-Methioningemisches vorliegt. Ein Ergänzungsmittel mit 6.000 mg DL-Methionin enthält demnach 3.000 mg der biologisch wirksamen L-Variante. In gewissem Maße wird überschüssiges Methionin u.a. zu Cystin umgebaut, was zur Harnansäuerung beiträgt. Bei deutlicher Überschreitung der Tageshöchstmengen kann es jedoch zu Nebenwirkungen wie einer Acidose (krankhafte Übersäuerung des Blutes) kommen. Daher sollte die Kombination verschiedener harnansäuernder Präparate (im Futtermittel, in Futterergänzungsmitteln oder Medikamenten) vermieden bzw. mit Bedacht supplementiert werden! Zuvor sollten die Nieren und die Leber auf ihre einwandfreie Funktionalität untersucht werden.
 
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Tom
10. Aug. 23:23
Hi Steffi und vielen lieben Dank für die Antwort. Das mit den Enantiomeren ist klar, weiß ich sogar noch aus dem Studium. Ich kann mir gut vorstellen, dass es synthetisch einfacher ist, ein ca 50:50 Gemisch herzustellen als penibel auf D oder L zu achten. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist die Mischung nicht unbedingt ein kollossaler Vorteil für die Therapie und die natürliche L Form wäre mindestens genau so wirksam, wenn nicht sogar noch wirksamer. Ist das so und man könnte tatsächlich mal schauen, ob man die 400mg davon aus den 2 Guardacid Tabletten oder Teile davon vielleicht auch auf natürlichem Weg geben könnte? Thx im Nachhinein für deine bisherige Antwort und im Voraus schon mal für eine vielleicht noch folgende..
 
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Steffi
11. Aug. 07:39
Ja, das hast du richtig verstanden. Wenn der Harn aber stabil eingestellt ist mit den Tabletten, muss mit dem Tierarzt neu evaluiert, ob es Sinn macht die reine Form in gleicher Dosis zu geben. Das wäre Ja dann die doppelte wirksame Menge und das kann, wie bereits erwähnt zu einer Acidose führen!