Home Blog Bleibt der Dackel oder muss er gehen? Was sagt der neue Tierschutzgesetzesentwurf aus?

Bleibt der Dackel oder muss er gehen? Was sagt der neue Tierschutzgesetzesentwurf aus?

In der deutschen Hundecommunity brodelt es: Ein Entwurf zum neuen Tierschutzgesetz bringt die Befürchtung mit sich, dass beliebte Hunderassen wie der Dackel von einem Zuchtverbot betroffen sein könnten. Doch ein genauerer Blick auf die Thematik offenbart, dass es hier um ein viel größeres und wichtigeres Thema geht: den Kampf gegen Qualzucht.

Was ist genau passiert?

Das Thema im Mittelpunkt ist die Reform des Tierschutzgesetzes, initiiert von Bundesagrarminister Cem Özdemir. Der Grünen-Politiker brachte im Februar einen vielbeachteten Entwurf ein, der insbesondere die Praxis der Qualzucht adressiert – ein lang diskutiertes Problem, das endlich angegangen wird.

Qualzucht bezieht sich auf Zuchtmethoden, die zwar bestimmte äußerliche Merkmale hervorbringen, jedoch zum Leid der Tiere führen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der verkürzte Schädel von Möpsen. Diese züchterisch erzwungene Eigenheit mag zwar ein markantes Aussehen verleihen, resultiert jedoch häufig in ernsthaften Atemproblemen. Ebenso verhält es sich mit den charakteristisch kurzen Beinen von Dackeln, die zwar für eine gewisse Niedlichkeit sorgen, jedoch häufig Bandscheibenvorfälle und damit verbundene extreme Schmerzen nach sich ziehen.

Dackel auf einem Baumstamm
© NORRIE3699

Ein entschiedenes Nein zur Qualzucht

Als leidenschaftliche Hundemenschen positionieren wir uns klar gegen Qualzucht. Es geht dabei um die Zuchtpraxis, die Tiere mit Merkmalen hervorbringt, die ihr Wohlergehen beeinträchtigen – oftmals nur, um bestimmte ästhetische Standards zu erfüllen. Die Rede ist von ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Atemnot bei extrem kurzschnäuzigen Hunden oder Rückenproblemen bei Rassen mit ungewöhnlich langen Körpern und kurzen Beinen. Solche Zuchtpraktiken stellen nicht das Wohl der Tiere in den Vordergrund und können zu einem Leben voller Schmerzen und Leiden führen.

Konkretisierung des Gesetzes: Ein Schritt in die richtige Richtung?

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat angekündigt, das bisherige Gesetz zu konkretisieren. Ziel ist es, eindeutig zu regeln, welche Merkmale als Indikator für Qualzucht gelten. Eine geplante Liste mit vererbbaren Symptomen, die zu Leiden führen, soll dabei helfen. Dazu gehören schwere Gebrechen wie Blindheit, Taubheit oder Gebissfehlbildungen – alles Anzeichen dafür, dass das Wohl der Tiere durch Zuchtpraktiken gefährdet wird.

Diese Liste ist ein wichtiges Instrument für Züchter und Vollzugsbehörden, um zu erkennen, welche Zuchtpraktiken klar gegen das Qualzuchtverbot verstoßen. Das macht nicht nur den Tierschutz greifbarer, sondern dient auch der Transparenz und der Verantwortlichkeit im Zuchtprozess.

Ein Blick auf das geplante Gesetz

Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat sich bereits zu Wort gemeldet und klargestellt, dass die meisten Änderungsvorschläge im Entwurf, wie die Regulierung des Online-Handels mit Tieren oder das Vorgehen gegen illegalen Welpenhandel, sinnvoll sind. Auch die Bekämpfung von Qualzuchten wird unterstützt.

Allerdings birgt der Gesetzentwurf Unsicherheiten, da einige der aufgeführten Merkmale, die zu einem Zuchtverbot führen könnten, wie „Anomalien des Skelettsystems" oder „Fehlbildungen des Gebisses", nicht eindeutig definiert sind. Das lässt Spielraum für Interpretationen, was nicht nur Züchter:innen und Hundehalter:innen verunsichert, sondern auch bei der Umsetzung des Gesetzes Probleme bereiten könnte. Der VDH sagt, man könne die Aussage „Anomalien des Skelettsystems" als „Abweichung vom Normalen“, also des Urtyps Wolf interpretieren. Dies würde bedeutet, dass kleine und auch große Rassen schon durch das Raster fallen.

Ein Auszug aus dem Referentenentwurf Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes:

„Auf Grund einer Veränderung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 sind
Schmerzen, Leiden oder Schäden in der Regel insbesondere mit dem regelmäßigen
oder nicht nur vorübergehenden Auftreten eines oder mehrerer der folgenden Symp-
tome verbunden:
1. Atemnot,
2. Bewegungsanomalien,
3. Lahmheiten,
4. Anomalien des Skelettsystems,
5. Entzündungen der Haut,
6. Haar-, Feder- oder Schuppenlosigkeit,
7. Entzündungen der Lidbindehaut oder der Hornhaut,
8. Blindheit,
9. Vorverlagerung des Augapfels (Exophtalmus),
10. Entropium,
11. Ektropium,
12. Taubheit,
13. Neurologische Symptome,
14. Fehlbildungen des Gebisses,
15. Missbildungen der Schädeldecke,
16. Dysfunktion von inneren Organen oder des inneren Organsystems,
17. Körperformen, bei denen mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen
werden muss, dass die Fortpflanzung oder das Gebären auf natürliche
Weise nicht möglich sind,
18. Verringerung der Lebenserwartung.

(1b) Ein Wirbeltier darf nur zur Zucht verwendet werden, wenn nach züchteri-
schen Erkenntnissen, einschließlich solcher, die auf Grund von nach Zucht- und
Rassestandards üblicher Untersuchungen erlangt werden können, keine erblich be-
dingten, mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Störungen oder Ver-
änderungen nach Absatz 1 Nummer 1 oder 2 bei dem Tier selbst vorliegen. Satz 1
gilt entsprechend, wenn die erblich bedingten Störungen oder Veränderungen vor
dem Zeitpunkt des Züchtungsaktes behoben wurden.“

Die Bedeutung für Dackel, Schäferhund und Co.

Doch lassen wir uns nicht von Schlagzeilen verwirren, die ein pauschales Verbot ganzer Rassen suggerieren. Vielmehr geht es darum, innerhalb der Rassen verantwortungsvoll zu züchten und das Wohl der Tiere zu sichern. Zudem ist das Gesetz noch nicht verabschiedet. Es handelt sich um einen Entwurf, welcher finalisiert und konkretisierst werden und anschließend von der Bundesregierung beschlossen und schlussendlich vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden muss.

Raum für einen Austausch

Natürlich heißt es, dass keine ganzen Rassen verboten werden, sondern dass innerhalb der Rassen verantwortungsvoll gezüchtet werden soll. Doch was ist, wenn jedes Tier einer Rasse Qualzuchtmerkmale aufweist? Glaubst du an das Thema Rückzucht und dass Rassen wie die Französische Bulldogge wieder zu einer gesunden Rasse zurückgezüchtet werden können? Wie stehst du zu dem Thema generell? Hast du Angst, dass bestimmte Rassen verboten werden? Vielleicht kennst du auch Tiere, die unter Qualzuchtmerkmalen leiden und kannst davon berichten?

Wir freuen uns im Forum der Dogorama App über einen konstruktiven Austausch - immer mit dem Hauptaugenmerk auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit Tieren. ❤️

Quellen: Stellungnahme des VDH (28.02.2024);  MDR: VERBOT VON "QUALZUCHT" Faktencheck zur geplanten Tierschutznovelle: Der Dackel bleibt (30.03.2024)

Weitere spannende Themen

Neuartige Sterilisations-Impfung für Hunde: Alles, was du wissen musst – Vor- und Nachteile im Überblick

Neuartige Sterilisations-Impfung für Hunde: Alles, was du wissen musst – Vor- und Nachteile im Überblick

Hunde bleiben ihr Leben lang fruchtbar – ein Thema, das viele Hundehalter:innen beschäftigt. Neben klassischen Methoden wie Kastration und Sterilisati...

Zum Beitrag
Mann mit Blindenhund aus Krankenhaus geflogen! Ist das gerecht?

Mann mit Blindenhund aus Krankenhaus geflogen! Ist das gerecht?

Blindenführhund im Krankenhaus abgelehnt: Ein Vorfall in Hannover sorgt für Unverständnis! Obwohl Assistenzhunde per Gesetz überall Zugang haben, verw...

Zum Beitrag
Jagdhundeausbildung an lebenden Enten: Eine ethische und rechtliche Debatte | Niedersachsen will Verbot lebender Enten

Jagdhundeausbildung an lebenden Enten: Eine ethische und rechtliche Debatte | Niedersachsen will Verbot lebender Enten

Dieser Blogartikel beleuchtet die umstrittene Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Enten in Niedersachsen. Erfahre mehr über die ethischen Bedenken v...

Zum Beitrag