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Nad
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heute 18:28

Rüden – Gene, Erziehung oder einfach Charakter? ♂️

Rüden haben oft einen besonderen Ruf: markieren viel, prollig, dominant, reagieren stark auf andere Hunde. Aber wie viel davon ist wirklich „typisch Rüde“ und was bedient Klischees? 🧬 Genetik & Hormone Rasse / Mix, Zuchtlinie, Aufzucht und hormonelle Einflüsse prägen Grundtendenzen. Ein selbstbewusster Rüde bringt andere Voraussetzungen mit als ein sensibler. 👶 Sozialisation Frühe Erfahrungen, besonders mit anderen intakten Rüden, prägen enorm. 🎓 Erziehung & Führung Grenzen, Orientierung und Beziehung schlagen jedes „Der ist halt so“. Ein gut geführter Rüde muss nichts klären – und möchte es oft auch nicht. Ist das so? 🤝 Fairer Umgang Rüden brauchen keine Härte, sondern Verständnis, Verlässlichkeit und klare, faire Regeln. Nicht bestrafen, was biologisch erklärbar ist – sondern begleiten und lenken. 🤔 Was ist bei eurem Rüden Erziehung, was Persönlichkeit? Welche „Rüden-Klischees“ treffen zu – welche gar nicht? Was hat euch am meisten überrascht? Bitte keine Rüden-Bashings oder Pauschalurteile. Jeder Hund, jedes Team, jede Geschichte ist anders. Lasst uns Erfahrungen teilen, nicht bewerten. 🫶🏼
 
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Julia 🐾Nero
27. Dez. 19:54
Mich beschäftigt vor allem das Etikett „Rüde“. Dieses Denken erzeugt oft erst die Probleme, die man ihm später zuschreibt. Wenn ein Hund von Anfang an als „schwierig“, „dominant“ oder „problematisch“ gesehen wird, begegnet man ihm auch genau so, eben mit Misstrauen, Kontrolle oder Härte. Und das bleibt meist nicht ohne Folgen. Viele Rüden sind nicht laut, nicht prollig, nicht konfliktbereit. Sie werden es erst, wenn man sie ständig in diese Rolle drängt. Erwartung formt Verhalten. Unsicherheit wird als Dominanz missverstanden, natürliche Impulse werden pathologisiert, statt begleitet. Nicht die Rüden sind das „Problem“, sondern das Bild was wir von ihnen haben. Aber das ist nur meine Ansicht dazu. Das kann jeder anders sehen. :)
Ich glaube da ist durchaus etwas wahres dran.
Es gibt die selbsterfüllende Prophezeiung.

Jedoch würde ich niemals Geschlechtsspezifische Unterschiede negieren.

Komisch ist aus meiner Sicht, dass wir das bei Hunden oft versuchen. Bei keinem anderen Tier würde man das machen. Keiner würde abstreiten, dass sich ein Hengst anders verhält, als ein Wallach oder eine Stute.

Was psychologisch mit Bodybuildern, auch weiblichen, passiert, wenn sie Testosteron nehmen ist gut dokumentiert.

Ich glaube die Kunst ist, Geschlechtsspezifische Unterschiede zu erkennen und zu respektieren und den Hund gleichzeitig nicht in eine Schublade zu stecken und nicht vorzuverurteilen.

Dennoch gibt es Studien, die auf Differenzen in Aggressionsverhalten, Kühnheit, Spielverhalten, Kooperationsbereitschaft, Lern und Problemlösungsstrategien, Reaktion auf menschliche Emotionen und vieles andere hindeuten.

Am Ende muss man das Individuum betrachten, das man vor sich hat.
Aber ich würde schon dazu raten, bei der Auswahl eines Hundes das Geschlecht zu berücksichtigen (was ich selber nicht gemacht habe). Wobei es da wohl auch durchaus von der Rasse abhängen kann, wie groß die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sein können.
 
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Babs
27. Dez. 19:59
Solch gestandene Rüden, die ohne Prollgehabe und fair junge Hunde erziehen, finde ich sehr wertvoll und großartig!👏 Gibt es leider viel zu selten. Ich habe eher den Eindruck, dass es mehr und mehr unsichere Hunde gibt.
Bei Newton war es ein Lernprozess. Kommentkämpfe werden m. E. unterschätzt. Es sind ja ritualisierte Kämpfe, Verletzungsabsichten werden normalerweise ausgeschlossen und eine Aggressionshemmung setzt ein. Ich denke, Rüden, die das nicht "gelernt" haben, werden dann unsicher. Kommentkämpfe sind nicht gerne gesehen, weil die sehr laut sind und wild aussehen können. Aber darüber lernen Rüden eben auch Demut, den Rang auch mal abzutreten (Akzeptanz). Für mich aber war wichtig, gezielte Rüden auszusuchen, damit Newton positiv lernen konnte. Mal als Sieger und mal als Verlierer rauszugehen.

Ich kann mich noch gut an seinem Kommentkampf mit einem gleichaltrigen Doggerüden erinnern. Damals waren die beiden 15 Monate alt. Es waren 10 junge Hunde auf dem Platz (eine zusammengestellte und überwachte Gruppe). Newton nahm sich zuerst die Dogge vor. 10 Sekunden später lag Newton neben mir. Er grummelte 10 Minuten jeden Hund an, der vorbei kam. Dann kam die Dogge. Newton stand auf, ging hin, beide beschnupperten sich an der Nase, Newton trat zurück und machte den Weg frei. Alles war geklärt. Newton war danach nicht eingeschüchtert, sondern er hatte gelernt. Er hatte Zeit zum Nachdenken und hat die Situation bis zum Ende durchleben dürfen.

Solche Situationen kommen leider oft zu kurz bzw. man findet kein passendes Gegenüber.
 
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Celine
27. Dez. 20:00
Da bin ich bei dir. Geschlechtsspezifische Unterschiede zu leugnen, wäre genauso verkürzt, wie sie zu überzeichnen.
Hormone, genetische Dispositionen hinterlassen Spuren im Verhalten, das lässt sich weder wegdiskutieren noch einfach„umerziehen“ oder gar unterdrücken.

Gleichzeitig entsteht viel Problematik genau dann, wenn aus Tendenzen feste Zuschreibungen werden. Die selbsterfüllende Prophezeiung ist real..Wer einen Hund von Anfang an als „typischen Rüden“ oder „schwierige Hündin“ betrachtet, interagiert anders und formt Verhalten mit.
Sowas findet man auch bei Kindererziehungen wieder, wenn man Kindern etwas zu oder abspricht.

Die Kunst liegt für mich genau in diesem Bereich: Unterschiede erkennen und respektieren, ohne den Hund darauf zu reduzieren. Biologie erklärt, sie entschuldigt aber eben nicht alles und sie ersetzt nie den Blick auf das Individuum. Am Ende steht immer der konkrete Hund vor einem, mit seiner Persönlichkeit, seinen Erfahrungen und seinem Nervenkostüm.

Geschlecht kann bei der Auswahl ein sinnvoller Faktor sein, genauso wie Rasse, Linie und Lebensumstände. Entscheidend ist, dass es eine informierte Entscheidung bleibt.
 
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Nad
27. Dez. 20:03
Den Gedanken habe ich bei Menschen älterer Generationen häufig in Bezug auf Kinder und Geschlechter.

Ich bin gerade bei meinen Großeltern und erlebe hier viele Menschen mit 80+. Was ich die letzten Tage alles gehört habe.. Er ist ein Rüde, der kann das ab. Er muss da durch. Er soll das selber klären. 😑
 
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Celine
27. Dez. 20:08
Den Gedanken habe ich bei Menschen älterer Generationen häufig in Bezug auf Kinder und Geschlechter. Ich bin gerade bei meinen Großeltern und erlebe hier viele Menschen mit 80+. Was ich die letzten Tage alles gehört habe.. Er ist ein Rüde, der kann das ab. Er muss da durch. Er soll das selber klären. 😑
Ja das ist echt schrecklich aber diese Generation wird man im Denkverhalten nicht mehr ändern können.
 
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Nad
27. Dez. 20:21
Ja das ist echt schrecklich aber diese Generation wird man im Denkverhalten nicht mehr ändern können.
Das habe ich auch feststellen müssen. 🤯
Nachdem in der Senioren Canasta Runde drüber diskutiert wurde, dass mein Hund typisch weibliche Eigenschaften zeige. Er gar kein richtiger Rüde sei. Vielleicht braucht Pelle mal ein paar Testosteron Spritzen? 🤨

Er ist sehr sensibel, reagiert stark auf menschliche Emotionen und sucht sich gezielt Menschen aus, die er beruhigt und supported, beeinflusst Stimmungen im Raum. Ist eher devot als dominant, geht Konflikten aus dem Weg und beschwichtigt aufgebrachte Gemüter. Da war es von Beginn an meine Aufgabe, ihn sich nicht verantwortlich fühlen zu lassen. Ihn bewusst aus Situationen zu nehmen, die ihn stressen.

Aber typisch Rüde und Hündin oder Junge und Mädchen, wer legt das fest?
 
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Celine
27. Dez. 20:29
Das habe ich auch feststellen müssen. 🤯 Nachdem in der Senioren Canasta Runde drüber diskutiert wurde, dass mein Hund typisch weibliche Eigenschaften zeige. Er gar kein richtiger Rüde sei. Vielleicht braucht Pelle mal ein paar Testosteron Spritzen? 🤨 Er ist sehr sensibel, reagiert stark auf menschliche Emotionen und sucht sich gezielt Menschen aus, die er beruhigt und supported, beeinflusst Stimmungen im Raum. Ist eher devot als dominant, geht Konflikten aus dem Weg und beschwichtigt aufgebrachte Gemüter. Da war es von Beginn an meine Aufgabe, ihn sich nicht verantwortlich fühlen zu lassen. Ihn bewusst aus Situationen zu nehmen, die ihn stressen. Aber typisch Rüde und Hündin oder Junge und Mädchen, wer legt das fest?
Genau das zeigt doch, wie eng unsere Schubladen oft sind oder zumindest gewisser Menschen. Pelle erfüllt nicht die Erwartungen an ein „typisches Rüdenbild“ also wird plötzlich seine Männlichkeit infrage gestellt.

Pelle ist kein „untypischer Rüde“, er ist ein Hund mit einem sehr feinen sozialen Radar. Und genau diese Hunde tragen oft mehr Verantwortung im Raum, als ihnen guttut, weshalb Führung hier besonders wichtig ist.

Für mich ist das ein gutes Beispiel dafür, warum Geschlecht Orientierung geben kann, aber niemals Definition sein sollte.

Ich habe leider auch schon Hundebesitzer kennenlernen „dürfen“, die sich extra Rottweiler, CC oder Dobermannrüden holen, nur weil sie massiger, größer und gefährlicher wirken. So eine Denkweise führt auch nicht gerade zu souveränen Rüden.
 
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Babs
27. Dez. 20:32
Das habe ich auch feststellen müssen. 🤯 Nachdem in der Senioren Canasta Runde drüber diskutiert wurde, dass mein Hund typisch weibliche Eigenschaften zeige. Er gar kein richtiger Rüde sei. Vielleicht braucht Pelle mal ein paar Testosteron Spritzen? 🤨 Er ist sehr sensibel, reagiert stark auf menschliche Emotionen und sucht sich gezielt Menschen aus, die er beruhigt und supported, beeinflusst Stimmungen im Raum. Ist eher devot als dominant, geht Konflikten aus dem Weg und beschwichtigt aufgebrachte Gemüter. Da war es von Beginn an meine Aufgabe, ihn sich nicht verantwortlich fühlen zu lassen. Ihn bewusst aus Situationen zu nehmen, die ihn stressen. Aber typisch Rüde und Hündin oder Junge und Mädchen, wer legt das fest?
Man darf das gar nicht so ernst nehmen, was erzählt wird. Jede Generation hat ihre Erfahrungen, Vorstellungen und Wissen. Vor 60 Jahren hatten Hunde eine andere "Aufgabe" als heute. Eine andere Stellung in der Gesellschaft ...

Ich denke manchmal, die Hunde von heute sind auch nicht mehr die von vor 50 Jahren.
 
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Nad
27. Dez. 20:38
Man darf das gar nicht so ernst nehmen, was erzählt wird. Jede Generation hat ihre Erfahrungen, Vorstellungen und Wissen. Vor 60 Jahren hatten Hunde eine andere "Aufgabe" als heute. Eine andere Stellung in der Gesellschaft ... Ich denke manchmal, die Hunde von heute sind auch nicht mehr die von vor 50 Jahren.
Danke 🙏 Ja, die Aufgaben und das Leben mit Hunden hat sich enorm verändert über die Jahre.

Ich liebe seine Eigenschaften und hab gezielt nach einem Hund gesucht, der so gut wie er zu mir passt. ☺️ Brachte einige große Herausforderungen mit, aber so ein Spiegel ist schon der beste Lehrmeister. ☺️
 
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Nad
27. Dez. 20:41
Genau das zeigt doch, wie eng unsere Schubladen oft sind oder zumindest gewisser Menschen. Pelle erfüllt nicht die Erwartungen an ein „typisches Rüdenbild“ also wird plötzlich seine Männlichkeit infrage gestellt. Pelle ist kein „untypischer Rüde“, er ist ein Hund mit einem sehr feinen sozialen Radar. Und genau diese Hunde tragen oft mehr Verantwortung im Raum, als ihnen guttut, weshalb Führung hier besonders wichtig ist. Für mich ist das ein gutes Beispiel dafür, warum Geschlecht Orientierung geben kann, aber niemals Definition sein sollte. Ich habe leider auch schon Hundebesitzer kennenlernen „dürfen“, die sich extra Rottweiler, CC oder Dobermannrüden holen, nur weil sie massiger, größer und gefährlicher wirken. So eine Denkweise führt auch nicht gerade zu souveränen Rüden.
Voll, danke Dir! 🙏

In meiner früheren Vorstellung hatte ich immer eine Hündin als tierische Begleitung. Ich wünschte mir mir ähnliche Eigenschaften, so denn als Hund möglich und ging immer von einer Hündin aus.. Und muss mir dabei selbst eingestehen, dass ich als junge Erwachsene wohl auch Geschlechter Klischees in mir trug. 🫣
Zum Glück haben sowohl ich als auch die „Züchterin“ primär matching teams in den Fokus gerückt. ☺️