Ich lese hier mit Interesse mit. Wir haben das Problem zwar nicht, da wir selten Begegnungen haben, aber mit 6 Hunden will ich auch nicht in die Situation kommen, dass gepöbelt wird.
Ich habe neulich ein Webinar bei Mirjam Cordt mitgemacht, wo sie kurz auf so eine Situation eingegangen ist. Sie brachte das Beispiel eines Mannes, der sich für eine Hündin aus ihrem Tierheim interessiert hat. Der Mann kam mit seinem Rüden zum Kennenlernen, und der pöbelte ein bisschen vor dem Gitter herum, das die Hunde trennte.
Die Reaktion des Mannes auf seinen Hund war, den Hund ein wenig zur Seite zu schubsen, was die Pöbelei auch gestoppt hat. Das war nichts, was man in die aversive Ecke stecken würde, eher ein bisschen unterstützender Körpereinsatz, ein bisschen mehr als blocken. Die meisten würden das als harmlos einstufen.
Interessant war Mirjam's Erklärung, warum das völlig daneben war und stark dazu beigetragen hat, dass der Mann für die Hündin nicht in Frage kam. Sie meinte, für den Rüden sei der kleine Schubser unangenehm, unabhängig davon, wie sehr. Er verbindet nichts Positives mit dem Schubser. Der Rüde hat mit dem Pöbeln seinem Stress Ausdruck verliehen. Also hatte er schon Stress beim Anblick der Hündin, und genau mit dieser Situation, also letztendlich mit der Hündin, hat er nun auch noch den negativen Schubser verknüpft. Es sei sauschwer, diesen ersten Eindruck hinterher in eine positive oder zumindest neutrale Beziehung zwischen Hündin und Rüde umzuwandeln.
Mirjam hat dann noch ein Video gezeigt, wie sie selbst in so einer Situation reagiert - mit fröhlichem, gelassenem Weitergehen bei Ignorieren des anderen Hundes.
@Joe: Mit dem Weitergehen bist Du demnach auf einem guten Weg, aber nur, wenn Deine Emotionen dabei positiv rüber kommen.
Der letzte Satz ist wichtig und egal wie die Situation auch ist, wenn man ruhig bleibt, ist das mehr als die halbe Miete.
Es ist m. E. oftmals der Mensch, der unangemessen reagiert.
Wenn der HF sich selber soweit unter Kontrolle hat, dass er entspannt bleibt, gibt es in der Regel kein Problem und es stehen einem viele Möglichkeiten offen. Aber wenn der HF unsicher wird bishin in Panik gerät, dann wird er den anderen Hund nicht mehr sanft wegschieben und schon gar nicht eine vernünftige Entscheidung treffen können.
Wer ein weiteres Problem und eine große Unbekannte ist, ist der andere HF. Auch wenn man selber noch so entspannt ist... Wenn der andere HF in Panik verfällt, kann das echt zu einem großen Problem werden und die Situation blöd beeinflussen. Was macht man, wenn der plötzlich mit Fluppe angerannt kommt und versucht 2 sich freundlich begrüßende Hunde auseinanderzuziehen? (Uns schon passiert und ich hatte nur die brennende Fluppe im Blick, die des Öfteren bedenklich nah an meinem Hund kam. Ich war geschockt darüber, wie man mit einer brennenden Zigarette zwischen 2 Hunde rumwuselt.). Ich gebe ehrlich zu, dass ich seit dem freundlich Hunde und Menschen lieber erst mal auf Abstand halte und mir beide anschaue, bevor die in meinem Intimbereich dürfen. Insbesondere schaue ich, ob der andere HF eine Zigarette in der Hand hat. Oder es kam eine Hündin um die Ecke und auf uns zugerannt, die zu Hause ausgebüxt war. Die Hündin lief an mir vorbei und schmiss sich direkt vor meinem Rüden auf den Rücken, welcher das spannend fand 😍. Bis dahin alles entspannt. Die Frau kam brüllend auf mich zu. Ich wollte sie auf Abstand halten, aber die war so hysterisch, dass kein Einwirken möglich war. Sie rannte weiter auf die beiden Hunde zu, beugte sich über meinen Rüden, um ihre Hündin aufzuheben. Es ist nichts passiert, aber ich konnte es mir nicht verkneifen ein paar Worte loszuwerden in die Richtung gehend, dass sie froh sein kann, dass mein Hund sozialisiert ist und er dem Überbeugen nach hinten ausgewichen ist. Daraufhin meinte sie, dass mein Hund aggressiv sei. An der Leine ist die Hündin mittlerweile reaktiv 😞.
In beiden Situation war nicht der Hund, sondern der Mensch das Problem. Da ich in beiden Fällen die Hündinnen kannte, habe ich die durchgelassen, aber mit den Reaktionen der Menschen hatte ich nicht gerechnet.
Das sanfte Wegschieben des Hundes sehe ich aber auch als Grenze setzen an. Körperliches Blocken. In dem Moment, wo ich das mache, ignoriere ich ihn nicht mehr und ich laufe Gefahr, dass der Hund das falsch interpretiert (Spielaufforderung oder Frustentwicklung).
Ist es da nicht besser, das andere Mensch-Hund-Team freundlich auf Abstand zu halten und dann zu schauen, wie man weiter agiert? Also vorausschauend zu handeln, bevor blöde Situationen entstehen. Ich persönlich sehe körperliches blocken (schubsen) und dann ignorieren als die letzte Möglichkeit an. Entweder lasse ich Hundekontakt zu, dann muss ich mit den Konsequenzen leben (auch mit hysterischen Menschen) oder ich lasse erst mal keinen Kontakt zu und entscheide dann.
An reaktiven Hunden, die an der Leine abgesichert sind, gehen wir vorbei. Da helfe ich lieber meinen Hund entspannt zu bleiben. Bei Hunden, die nicht angeleint und Interesse an meinem Hund zeigen, entscheide ich Situationsabhängig. Vielleicht darf er hin, vielleicht gehe ich weiter (wenn der andere Hund nicht in unserem Intimbereich kommt und nicht Distanzlos ist), vielleicht muss ich aber auch eine Grenze setzen (wenn er Distanzlos ist). Vieles hängt aber auch vom anderen HF und meiner Emotionslage ab.