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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 31. Juli

"Notfall"-Reaktion bei Leinenreaktivität

Guinness ist einigen Rivalen in der Gegend gegenüber gerade eine ziemliche Popoöffnung. In den allermeisten Fällen bemerke ich seine Vorzeichen und hab das dann sehr gut im Griff, da kann ich auch ohne sonderliche Umstände normal weitergehen. Aber manchmal verpenn ich das rechtzeitige Reagieren oder es kommt jemand um ein Eck und dann mutiert er zum Monstrum, incl ganz hässliches, geiferndes Knurren. Da denkst du, der will den Anderen fressen. Ich find das derart GACK!, dass ich Probleme hab, da vernünftig darauf zu reagieren, meist werd ich dann auf Guinness ärgerlich und wir enden in einem Gerangel um Kontrolle. Ich möchte mir jetzt dafür eine Notfall-Reaktion zurechtlegen, um diesem Blödsinn entgegenzusteuern, möchte aber gleich von vorne weg "Nebenwirkungen" möglichst vermeiden - also zB wenn ich G einfach kurz nehmen und stehen bleiben würde, könnte er daraus schließen wenn er steht und geifert, geht der Rivale weg...? Habt ihr vielleicht Vorschläge, was eine sinnvolle Reaktion sein könnte, wenn er bereits ausgelöst hat?
 
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Liane
27. Feb. 17:35
Ich muss jetzt mal berichten. Wir haben ja auch ein Problem mit Fremdhundebegegnungen. Ich gerate dabei unter Stress, weil es für mich anstrengend ist, Bokar zu halten, wenn er austickt. Diesen Stress spürt er natürlich und mir war die ganze Zeit bewusst, dass ich das ändern muss, um Erfolg zu haben. Jedenfalls habe ich ihm ein Geschirr mit Brustring besorgt, so dass ich ihn mit doppelter Leine führe. Dadurch ist es kaum noch ein Problem für mich, ihn an der lockeren Leine zu halten. Vorher musste ich ihn, wenn wir nicht ausweichen konnten, am Geschirr festhalten. Heute sind wir also los und haben gleich 2 Hunde getroffen. Ich bin nicht ausgewichen, ließ die Leine locker in dem Wissen, dass wenn er nach vorne schießt, es kein Problem ist und siehe da, der eine Hund fing das Pöbeln an und Bokar ist ohne Mucks mit mir weitergelaufen. Das Gepöbel hat ihn zwar nicht kalt gelassen, aber er hat nichtmal geknurrt. Ein riesen Erfolg. Natürlich habe ich ihn danach gelobt. Ich wusste, dass die eigene Haltung eine große Rolle spielt und ich bin auch sicher, dass es bei Begegnungen mit dem Erzfeind nicht so laufen wird, aber trotzdem hab ich mich riesig gefreut und war auch ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Mit einem so großen Effekt hatte ich nicht gerechnet.
Ganz einfach du hast dich sicher gefühlt, dein Hund hat das gemerkt und schon klappt es. Jetzt musst du nur genauso denken wenn der erzfeind kommt dann klappt das auch.
 
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Nina &
27. Feb. 17:53
Ganz einfach du hast dich sicher gefühlt, dein Hund hat das gemerkt und schon klappt es. Jetzt musst du nur genauso denken wenn der erzfeind kommt dann klappt das auch.
Ja genau so war es. Darauf wollte ich hinaus. Wie gesagt, dass die eigene Haltung wichtig ist, war mir klar, aber dass die Wirkung direkt so groß sein würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Bokar ist nämlich dank der lieben Pubertät aktuell niemand, der Streit aus dem Weg geht 🤪
 
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Dogorama-Mitglied
27. Feb. 18:17
Da frag ich jetzt nochmal dazwischen - was hat auf den Platz schicken und Hausleine mit dem Theater auf der Strasse zu tun? Hab ich da vielleicht Infos dazu übersehen?
Nein, von mir kam dazu rein gar nichts und hier dann auch die Antwort an Petra: Hausleine hab ich nie genutzt.
 
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Dogorama-Mitglied
27. Feb. 21:11
Bin keinem Hund mehr ausgeweicht, einfach weiter gegangen. Das umdrehen oder weg gehen wenn sich der Hund aufregt find ich persönlich falsch. Dadurch lernt er Ja nur ich reg mich auf, Frauchen dreht um. Übungen, alles was es so gibt. Das wichtigste ist die konseqenz zu Hause. Es fängt alles daheim an. Ein Hund will eine klare Führung damit er sich sicher fühlt. Kein Hund will die Welt regieren. Schimpfen. Strafen u. s. w. bringt alles nix. Vertrauen muss der Hund und das kann er nur wenn er weis wie Frauchen tickt. Der Hund muss wissen auf meine Menschen kann ich mich verlassen. Das lernt er nur durch klare konseqente Führung. Dann hat man einen Hund der froh ist nichts regeln zu müssen.
Und was ist falsch daran wenn Hund lernt, wenn ich mich aufregen will kann ich genauso gut umdrehen und weggehen?
 
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Dogorama-Mitglied
27. Feb. 21:25
Ich verstehe das in die Richtung "was zuhause nicht klappt, klappt auch draußen nicht", also wie meistens Frustrationstoleranz und Impulskontrolle. Da kann auch die Hausleine (ungleich der Gassi-Leine) helfen. Eine Notlösung ist ok, wenn man noch keinen machbaren Plan für ein Alternativverhalten hat. Das kann man aber nur aufbauen ohne Ablenkung. Ich halte das Theater erstmal für eine nachvollziehbare Reaktion vom Hund. Die Leine plus die fehlende Distanz verhindern die normale Körpersprache im Freilauf, wo das Theater ja vielleicht selbst mit dem Rivalen so nicht ablaufen würde. Ich mache zuhause und beim Gassi ohne Ablenkung immer Leinentraining, stoppen, sitz, beides nur weiter mit Freigabe, Seitenwechsel, Fuß, körpersprachlich ausbremsen oder rückwärts gehen lassen ... Vielleicht gelingt es euch so, über die Zeit die gewünschten Reaktionen genügend zu festigen. Und immer ruhig, souverän, ommm 😉. Das ist allerdings der Part, den ich am schwierigsten finde. Aber ohne das wird dein Hund sich nicht entspannen und an dir orientieren können. Mensch muss halt oft mindestens so viel üben wie Hund 😅.
Ich glaube ehrlich nicht, dass die Gehorsamkeitsübung "Deckentraining" zu Hause nennenswerten Einfluss auf Leinenreaktivität gegenüber anderen Hunden hat.

Mein Ziel wäre auch nicht, dass sich mein Hund auf Basis von Impulskontrolle davor zurückhält, andere Hunde anzupöbeln, sondern weil er erlebt und versteht, dass das nicht nötig ist.

Das muss ich auch nicht ohne Ablenkung aufbauen, dafür muss ich vielmehr meine Reaktion in genau diesen Situationen modifizieren.

Ich finde ommm auch sehr schwierig, aber alleine schon eine Notfallstrategie im Hinterkopf zu haben, hat uns innerhalb weniger Tage im allgemeinen Umgang mit Rivalenbegegnungen ganz massiv weitergebracht.
 
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Anja
27. Feb. 21:27
Da frag ich jetzt nochmal dazwischen - was hat auf den Platz schicken und Hausleine mit dem Theater auf der Strasse zu tun? Hab ich da vielleicht Infos dazu übersehen?
Nein, hast du nicht.
Petra möchte jetzt erstmal Zuhause mehr Konsequenz und Ruhe rein bringen um draußen besser auftreten zu können.
 
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Susa
27. Feb. 22:02
Und was ist falsch daran wenn Hund lernt, wenn ich mich aufregen will kann ich genauso gut umdrehen und weggehen?
Bei uns ist es durch Bogen laufen, Straßenseite wechseln, teilweise umdrehen auch in den Situationen wo wir vorbei müssen, besser geworden.
Dadurch lernt der Hund dann halt das man ihn nicht ständig in unangenehme Situationen zwingt oder?

Ich merke aber auch sehr, das mein Hund durch meine Stimmung beeinflusst wird, bei meinem Mann klappen die Hundebegegnungen besser, ich denke weil er nicht so selbstkritisch ist und es ihm mehr egal ist was die anderen Hundehalter denken...

Heute war leider absolute Katastrophe mit den Begegnungen, da hat gar nix geholfen. Das war aber auch beide mal das plötzlich eine Radfahrerin mit Hund (zwei mal die gleiche) plötzlich hinter mir war, da hatte man garkeine Zeit irgendwie zu reagieren.
 
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Dogorama-Mitglied
27. Feb. 22:16
Bei uns ist es durch Bogen laufen, Straßenseite wechseln, teilweise umdrehen auch in den Situationen wo wir vorbei müssen, besser geworden. Dadurch lernt der Hund dann halt das man ihn nicht ständig in unangenehme Situationen zwingt oder? Ich merke aber auch sehr, das mein Hund durch meine Stimmung beeinflusst wird, bei meinem Mann klappen die Hundebegegnungen besser, ich denke weil er nicht so selbstkritisch ist und es ihm mehr egal ist was die anderen Hundehalter denken... Heute war leider absolute Katastrophe mit den Begegnungen, da hat gar nix geholfen. Das war aber auch beide mal das plötzlich eine Radfahrerin mit Hund (zwei mal die gleiche) plötzlich hinter mir war, da hatte man garkeine Zeit irgendwie zu reagieren.
Nicht nur nicht zwingt - in das Rivalengezänk zwinge ich Guinness ohnehin nicht - sondern dass es Alternativen gibt zu dem was er grad als Lösung am Programm hat.

So, guck mal tut nicht Not, geht auch anders.

Eskalierende Situation gibt's natürlich immer mal - drum sind wir ja im Notfall-Thread 😉
 
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Steffi
27. Feb. 22:26
Ich glaube ehrlich nicht, dass die Gehorsamkeitsübung "Deckentraining" zu Hause nennenswerten Einfluss auf Leinenreaktivität gegenüber anderen Hunden hat. Mein Ziel wäre auch nicht, dass sich mein Hund auf Basis von Impulskontrolle davor zurückhält, andere Hunde anzupöbeln, sondern weil er erlebt und versteht, dass das nicht nötig ist. Das muss ich auch nicht ohne Ablenkung aufbauen, dafür muss ich vielmehr meine Reaktion in genau diesen Situationen modifizieren. Ich finde ommm auch sehr schwierig, aber alleine schon eine Notfallstrategie im Hinterkopf zu haben, hat uns innerhalb weniger Tage im allgemeinen Umgang mit Rivalenbegegnungen ganz massiv weitergebracht.
Stumpfes Deckentraining und Gehorsamsübungen zu Hause sind bei uns auch nicht sehr zielführend. Allerdings ist mir neulich zu Hause innerlich der Kragen geplatzt, als mir eines morgens auffiel, dass ich eine verwöhnte Hütehund-Prinzessin und einen Teenie-Prinzen heranziehe, die mich zuviel Nerven und Kraft kosten. Der Hund musste lernen, dass er zu Hause nicht der Nabel der Welt ist, auch mal warten kann und sich an gewisse Regeln zu halten hat und der Sohn, dass er mit fast 14 nicht nur Rechte, sondern auch ein paar kleine Pflichten hat und Mama nicht mehr die ganze Organisation des Alltags übernimmt. Da hat es bei mir innerlich 'klick' gemacht und das wirkt sich positiv im Zusammenleben aus. Das heißt nicht weniger Liebe, sondern mehr Klarheit und Konsequenz.
 
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Dogorama-Mitglied
28. Feb. 01:57
Stumpfes Deckentraining und Gehorsamsübungen zu Hause sind bei uns auch nicht sehr zielführend. Allerdings ist mir neulich zu Hause innerlich der Kragen geplatzt, als mir eines morgens auffiel, dass ich eine verwöhnte Hütehund-Prinzessin und einen Teenie-Prinzen heranziehe, die mich zuviel Nerven und Kraft kosten. Der Hund musste lernen, dass er zu Hause nicht der Nabel der Welt ist, auch mal warten kann und sich an gewisse Regeln zu halten hat und der Sohn, dass er mit fast 14 nicht nur Rechte, sondern auch ein paar kleine Pflichten hat und Mama nicht mehr die ganze Organisation des Alltags übernimmt. Da hat es bei mir innerlich 'klick' gemacht und das wirkt sich positiv im Zusammenleben aus. Das heißt nicht weniger Liebe, sondern mehr Klarheit und Konsequenz.
Ja das ist natürlich wichtig, seine eigenen Grenzen zu setzten, sich nicht auf der Nase rumtanzen und zum Lakaien machen zu lassen.

Ich hab auch überhaupt nichts dagegen, dem Hund mal zu sagen so jetzt setzt oder legst du dich da hin und machst mal für ein Weilchen Pause. Das kann ja situativ bzw individuell auch helfen, zur Ruhe zu finden.

Man sollte aber halbwegs verstehen, wie und wann das wofür nützlich sein kann und was es eben nicht ist oder kann.

Dieser Irrglaube, dass Hunde Ruhe "lernen" müssen und dass Deckentraining oder zu Hause irgendwo anbinden "Ruhetraining" wäre, hält sich hartnäckig und führt zu viel sinnlosem und beiderseits nervenraubenden Auseinandersetzungen zwischen Mensch und Hund.