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Jörg
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 310
zuletzt 12. Juli

Aggression beim Hund.

Nur mal so für die Menschen die immer schreiben das es immer am Halter liegt wenn ein Hund Aggression zeigt. https://youtube.com/shorts/-ZKH5FgyxjE?si=-1TvRrOs3h6rjmCN Was sagt ihr dazu und welcher Meinung habt ihr zu dem Thema Agresion. Das ganze ist ein schwieriges Thema daher bitte bleibt freundlich.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Juli 06:31
Liebe Julia, ich fand deine Gedanken zur operanten Aggression und den Umgang mit Nero sehr eindrücklich – besonders auch dein Ringen mit der Frage, was funktioniert und was sich stimmig anfühlt. Diese Diskrepanz kennen viele, aber nur wenige formulieren sie so klar und ehrlich. Wie du beschreibst, dass er zwar sehr körperlich, sehr laut, aber dennoch - vielleicht grenzwertig aber noch - kontrolliert agiert, ist eine wichtige Nuancierung. Es gibt eben diese Form von Aggression, die weder rein reaktiv noch pathologisch ist, sondern strategisch – funktional und gezielt eingesetzt, ohne echte Schädigungsabsicht. Gerade weil sie selten und schwer einzuordnen ist, wird sie in vielen Trainingskonzepten schnell übersehen oder vorschnell etikettiert. Ich habe viel über deine Beiträge nachgedacht und musste dabei auch an meinen Rüden denken. Auch bei ihm vermute ich, dass sich bestimmte Verhaltensmuster aggressiver Kommunikation schlicht bewährt haben – etwa in den ersten Lebensmonaten mit zu vielen Hunden, zu wenig Ressourcen und keiner stabilen Bezugsperson. Diese früh erlernten Mechanismen sind heute nicht mehr „nötig“, aber sie sind verfügbar – operant, abrufbar, und bis zu einem gewissen Grad selbstbelohnend. Das macht sie nicht gefährlich im Sinne von unkontrollierbar – aber eben auch nicht rein „affektgesteuert“. In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, ob solche Muster überhaupt in die „normale“ Sozialstruktur des Hundes passen. Ich würde sagen: nicht typisch, aber auch nicht unnatürlich. Strategisch eingesetzte Aggression ist bei sozialen Tierarten selten – aber sie kommt vor. Und sie ist nicht zwangsläufig Ausdruck eines „defekten Systems“. Gerade bei durch Zucht geprägten Hunden lohnt sich der Blick darauf, was funktional geworden ist – nicht nur, was aus Sicht menschlicher Sozialverträglichkeit wünschenswert wäre. Ich fand auch deinen Einwurf zur Selektion sehr treffend: Hunde(rassen) sind keine Produkte natürlicher Evolution im klassischen Sinne, sondern Ergebnis züchterischer Entscheidungen. Dabei haben sich nicht immer die durchgesetzt, die gut mit anderen klarkommen. Manche bestehen schlicht durch Durchsetzungskraft – was ethologisch erklärbar ist, im Alltag aber sehr herausfordernd sein kann. Wenn du magst, kann ich dir zwei fundierte Quellen empfehlen, die Aggression aus verhaltensbiologischer Perspektive differenziert einordnen – vielleicht kennst du sie aber ohnehin schon: Petra Krivy & Udo Gansloßer (2011): Mein Hund zeigt Aggressionen Wissenschaftlich fundiert, aber praxisnah, erklärt verständlich, was echte Aggression vom harmlosen Drohverhalten unterscheidet. Zeigt auf, wie Aggression Kommunikation sein kann, wann sie problematisch wird – auch ohne pathologisierende Untertöne. Feddersen-Petersen: Hundepsychologie – mit Schwerpunkt auf Ausdrucksverhalten, innerartlicher Verständigung und ritualisierter Aggression. Besonders wertvoll finde ich ihren Ansatz, Aggression als Teil der sozialen Kommunikation zu verstehen – etwas, das auch in vielen belohnungsbasierten Ansätzen zunehmend anerkannt wird. Und abschließend noch ein Gedanke zu Steffis Kommentar, den ich ebenfalls sehr treffend fand: Du musst deine Persönlichkeit nicht verändern, um die Situation tragfähig zu gestalten. Du bist bereits sehr reflektiert, offen, suchend – das ist in einem ganz ursprünglichen Sinn „positiv“ und verantwortungsbewusst. Der Weg zu einer funktionierenden Lösung muss nicht geradlinig sein – er muss nur zu euch beiden passen. Und manchmal gehört auch dazu, verschiedene Wege ehrlich zu prüfen – inklusive der Möglichkeit, Verantwortung weiterzugeben. Das ist Haltung.
Sehr gut überlegt, wobei ich keinen Widerspruch sehe zwischen erlerntem/anerzogenem Verhalten und einer möglichen "abnormen"/pathologischen Qualität.

Wenn bestimmte Verhaltensmuster sich so exzessif und dominant verfestigen, dass sie kaum Flexibilität, kaum Alternativen zulassen und die zB in eine deutlich erhöhte Selbstgefährdung münden, hätten sie für mich durchaus das Recht, als pathologisch eingestuft zu werden.
 
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Andreas
11. Juli 07:03
..unter anderem Sandra hat für mich entscheidende Dinge gesagt..
Es muss für Julia und Nero passen.. und es gibt nicht den Weg.
Ergänzen bzw verstärken möchte ich diesen individuellen Weg und auch die individuelle Wahrnehmung mit einem persönlichen Beispiel..

Vor gut zwanzig Jahren kümmerte ich mich um einen Dobermann, der sogar eingeschläfert werden sollte.. Aggressiver, nicht beherrschbarer, gefährlicher Hund waren noch die freundlichsten Dinge, die gesagt wurden.. und das aus Sicht der Besitzer durchaus begründet..
Ich nahm das alles nicht wahr und brachte Dobi nach wenigen Wochen zusammen mit meinem kleinen Sohn..
Er nahm Rücksicht auf das Kind und zB seine Eigenart nicht oder kaum auf Schmerzreize zu reagieren.. führte dazu, dass Kinder ihm auf den Fuss treten und ins Auge fassen konnten.. ohne dass er auch nur zuckte geschweige denn zubiss.

Also.. der pathologisch aggressive Hund für die einen ...war für mich der beste Familienhund überhaupt mit extremer Impulskontrolle.

Ich bin weiterhin optimistisch, was Julia und Nero betrifft.. und wenn es für sie persönlich nicht passt.. und bei der Betreuerin eben stimmt.. Dann ist das so.
 
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SandrA
11. Juli 07:14
Sehr gut überlegt, wobei ich keinen Widerspruch sehe zwischen erlerntem/anerzogenem Verhalten und einer möglichen "abnormen"/pathologischen Qualität. Wenn bestimmte Verhaltensmuster sich so exzessif und dominant verfestigen, dass sie kaum Flexibilität, kaum Alternativen zulassen und die zB in eine deutlich erhöhte Selbstgefährdung münden, hätten sie für mich durchaus das Recht, als pathologisch eingestuft zu werden.
Ich sehe da auch nicht unbedingt einen Widerspruch – wenn man das Verhalten isoliert betrachtet, also ohne Einbettung in Lebenskontext und Lerngeschichte, kann die Einordnung als pathologisch durchaus nachvollziehbar erscheinen. Gerade wenn ein Hund - wie du sagst - in seinem Verhalten so starr wirkt, dass kaum noch Variabilität oder soziale Alternativen sichtbar sind, und sich dabei womöglich selbst gefährdet, liegt dieser Gedanke auf den ersten Blick nahe.

Trotzdem bin ich mit dem Etikett pathologisch eher vorsichtig. Nicht, weil ich die Schwere bestimmter Verhaltensweisen relativieren will, sondern weil ich finde, dass diese Zuschreibung mehrdimensional gedacht werden sollte. Aus meiner Sicht braucht es dafür mehr als nur eine Normabweichung – Persistenz und eingeschränkte Anpassungsfähigkeit unter Berücksichtigung des Umfeldes und einen relevanten Leidensdruck, beim Hund selbst oder im sozialen Gefüge.

Die entscheidende Frage ist doch auch: Für wen ist diese Zuschreibung hilfreich und wozu?
Beschreibt sie ein inneres Geschehen beim Hund – oder eher unsere Irritation, weil das Verhalten nicht in unseren Alltag passt?

Ein Hund, der mit Nachdruck – und von mir aus auch strategisch – Grenzen setzt, mag in einem städtischen Kontext mit hohen sozialen Erwartungen als problematisch erscheinen. In einem anderen Umfeld – etwa im Herdenschutz oder bei wachsamem Hofdienst – könnte genau dieses Verhalten als funktional und ressourcenschonend gelten. Dasselbe Verhalten wird je nach Rahmenlage völlig unterschiedlich bewertet.

Deshalb finde ich es wichtig, nicht vorschnell ein „Krankheitsschild“ draufzukleben. Gerade wenn ein Verhalten offenbar gelernt, gezielt abrufbar und innerhalb bestimmter Muster bleibend ist, ist es aus meiner Sicht zunächst eher ein funktionales Verhalten – eines, das sich für den Hund in seiner Biografie bewährt hat, selbst wenn es heute nicht mehr passend ist.

Das schließt nicht aus, dass man Veränderung anstrebt oder Unterstützung anbietet. Aber es schließt ein, dass man sich fragt: Was genau würde eine Diagnose hier leisten – für den Hund, für den Menschen, für das Miteinander?

Und ganz persönlich: Ich finde, ein Hund, der mit Nachdruck und Strategie Grenzen setzt, dabei aber nicht entgrenzt agiert, ist nicht zwangsläufig therapiebedürftig. Vielleicht ist er einfach nur schlecht ans städtische Leben angepasst – oder aber er fühlt sich einer Aufgabe verpflichtet, die aus seiner Sicht Sinn ergibt: etwa das eigene Rudel oder Territorium zu schützen, Konflikte zu regeln oder Einfluss auf soziale Dynamiken zu nehmen.
Dass das in unserem Alltag hochproblematisch sein kann, steht außer Frage – aber das allein macht es nicht krank. Es macht es erklärbar. Und genau da beginnt für mich die konstruktive Auseinandersetzung.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Juli 08:06
..ich verstehe diese Aussage irgendwie nicht 🫣.. sorry .. meinst Du jedes von Menschen unerwünschte Verhalten? Was heisst jedes Verhalten? und "es gibt keine Rudel zwischen Menschen und Hunden" Ist das so eine Definitionssache?.. wie darf man denn zB .. "Hund als Familienmitglied von Menschen" nennen? Zweckgemeinschaft? Speziesübergreifende Gruppe ...? Dauerhafte, relativ (aber nicht vollständig) abgegrenzte, speziesübergreifende Gruppe mit Rollenverteilung?
Lass dich nicht verrückt machen..es gibt eine klare Hierarchie in so gut wie jeder Gruppe, zumindest gibt es jemanden, der eine Richtung vorgibt und andere, die folgen. So ist es auch zwischen Mensch und Hund, sollte aufjedenfall so sein damit das Ganze auch funktioniert.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Juli 08:10
Die Aussage bezieht sich darauf, dass Dominik in einem seiner Beiträge meinte, sein Hund dürfe ohne seine ausdrückliche Ansage weder agieren noch reagieren. Wenn das Tier zu einem hohlen Befehlsempfänger gegrillt wird, ist jedes eigenständige Verhalten weitgehend abgestellt. Das ist eine Definitionssache, die sich aus einer Tatsache ableitet. Diese Tatsache ist, dass Rudel Familienverbände aus miteinander verwandten Tieren sind. Und auch wenn es sich - imho dooferweise - eingebürgert hat, sich "Mama" oder "Pappa" des Hundes zu nennen, sind wir dennoch nicht deren Eltern und auch nicht deren Geschwister. Ja, Mensch und Hund leben in einer Gruppe, und nichts daran unterstützt die Idee des alles dominierenden "Rudelführers", der Dominik anhängt. Den gibt es weder in Caniden-Rudeln noch in deren Gruppenverbänden, das ist ein Fantasiekonstrukt, das den Köpfen von Menschen entspringt, die damit einen Mangel an kooperativer Anleitungsfähigkeit und Überzeugungskraft kompensieren müssen.
Ein Hund ist gezüchtet um zu funktionieren bzw bestimmte Aufgaben zu erfüllen, soviel dazu. Manche versuchen nur ein gleichwertiges Familienmitglied daraus zu machen was ein absolut ungesundes Verhältnis ist. Daraus resultiert auch viel an Fehlverhalten was man so sieht, weil jeder Hund Führung braucht und keinen best buddy oder ne Mami, die alle Wünsche erfüllt. Übrigens darf meine auch mal aus der Reihe tanzen bzw tut es aber in gesunder Art und Weise und nicht übermäßig.
 
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Julia 🐾Nero
11. Juli 08:52
Ich sehe da auch nicht unbedingt einen Widerspruch – wenn man das Verhalten isoliert betrachtet, also ohne Einbettung in Lebenskontext und Lerngeschichte, kann die Einordnung als pathologisch durchaus nachvollziehbar erscheinen. Gerade wenn ein Hund - wie du sagst - in seinem Verhalten so starr wirkt, dass kaum noch Variabilität oder soziale Alternativen sichtbar sind, und sich dabei womöglich selbst gefährdet, liegt dieser Gedanke auf den ersten Blick nahe. Trotzdem bin ich mit dem Etikett pathologisch eher vorsichtig. Nicht, weil ich die Schwere bestimmter Verhaltensweisen relativieren will, sondern weil ich finde, dass diese Zuschreibung mehrdimensional gedacht werden sollte. Aus meiner Sicht braucht es dafür mehr als nur eine Normabweichung – Persistenz und eingeschränkte Anpassungsfähigkeit unter Berücksichtigung des Umfeldes und einen relevanten Leidensdruck, beim Hund selbst oder im sozialen Gefüge. Die entscheidende Frage ist doch auch: Für wen ist diese Zuschreibung hilfreich und wozu? Beschreibt sie ein inneres Geschehen beim Hund – oder eher unsere Irritation, weil das Verhalten nicht in unseren Alltag passt? Ein Hund, der mit Nachdruck – und von mir aus auch strategisch – Grenzen setzt, mag in einem städtischen Kontext mit hohen sozialen Erwartungen als problematisch erscheinen. In einem anderen Umfeld – etwa im Herdenschutz oder bei wachsamem Hofdienst – könnte genau dieses Verhalten als funktional und ressourcenschonend gelten. Dasselbe Verhalten wird je nach Rahmenlage völlig unterschiedlich bewertet. Deshalb finde ich es wichtig, nicht vorschnell ein „Krankheitsschild“ draufzukleben. Gerade wenn ein Verhalten offenbar gelernt, gezielt abrufbar und innerhalb bestimmter Muster bleibend ist, ist es aus meiner Sicht zunächst eher ein funktionales Verhalten – eines, das sich für den Hund in seiner Biografie bewährt hat, selbst wenn es heute nicht mehr passend ist. Das schließt nicht aus, dass man Veränderung anstrebt oder Unterstützung anbietet. Aber es schließt ein, dass man sich fragt: Was genau würde eine Diagnose hier leisten – für den Hund, für den Menschen, für das Miteinander? Und ganz persönlich: Ich finde, ein Hund, der mit Nachdruck und Strategie Grenzen setzt, dabei aber nicht entgrenzt agiert, ist nicht zwangsläufig therapiebedürftig. Vielleicht ist er einfach nur schlecht ans städtische Leben angepasst – oder aber er fühlt sich einer Aufgabe verpflichtet, die aus seiner Sicht Sinn ergibt: etwa das eigene Rudel oder Territorium zu schützen, Konflikte zu regeln oder Einfluss auf soziale Dynamiken zu nehmen. Dass das in unserem Alltag hochproblematisch sein kann, steht außer Frage – aber das allein macht es nicht krank. Es macht es erklärbar. Und genau da beginnt für mich die konstruktive Auseinandersetzung.
Ich finde du bringst es gut auf den Punkt.

In einem anderen Umfeld wäre Nero eigentlich perfekt in dem was er tut. Ganz intuitiv.
Er wäre ein fantastischer Hofhund. Und auch noch einer, der einen Fremden, der sich versehentlich aufs Grundstück verirrt festsetzt und nicht verletzt.

Ich muss hier auch ergänzen, dass Nero ja nicht per sé unverträglich ist. Er kann ganz wunderbar mit Hundefreunden und ist da sogar eher der Pantoffelheld, den man oft ein wenig verteidigen muss, weil er sich von seiner "inner group" schon sehr viel gefallen lässt.

Daher ist meine ursprüngliche Vermutung er würde auf der Straße nicht lange überleben vielleicht sogar falsch. Denn auch da schließen sich Hunde zu sozialen Gruppen zusammen und als Teil davon wäre er möglicherweise auch ein wertvolles Mitglied, das die Gruppe verteidigt.

Jetzt ist er aber leider kein Hofhund und muss als begleitender Gesellschaftshund funktionieren. Das bedeutet er muss gegensätzlich zu seinem intuitiven Verhalten agieren können.
Und da fängt das Problem an.
Fakt ist aber, dass er in der richtigen Beziehung zu seinem Menschen und mit abgesteckten Regeln und Grenzen (für deren Einhaltung aber die Beziehung ausschlaggebend ist) auch das kann.
 
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Julia 🐾Nero
11. Juli 09:58
Du hörst Dich so an als könntest Du ne Menge ertragen… aber auch, als wärst Du grad ziemlich unglücklich, wie Dein Hund an vielen Stellen reagiert…🤔 Wie gesagt: es muss schlussendlich immer Spaß für beide Seiten rumkommen! Sollte man nie vergessen… PS: Und man rettet auch nicht die Welt, indem man den eigenen Hund „erträgt“… im Gegenteil: man tut ihm nicht wirklich nen Gefallen… und man selber sowieso nicht!
Ich bin nicht nur gerade ziemlich unglücklich damit, sondern von Anfang an 🙈.

Nur hatte ich Anfangs noch sehr große Hoffnung, dass wir das durch Training gut in den Griff bekommen können.
Durch bedürfnisorientiertes, kleinschrittiges Training durch positive Verstärkung.

Jetzt nach zwei Jahren muss ich aber feststellen, dass das nicht klappt, vor allem wenn das Bedürfnis in der bedürfnisorientierten Erziehung nicht dem entspricht, was man immer glaubt.
Ich habe ja auch lange geglaubt, er ist einfach zu erregt, zu unsicher, er kann einfach nicht anders oder ich biete ihm einfach noch nicht das Alternativerhalten, das für ihn wertvoller ist.

Was macht man aber wenn man feststellt, er ist nicht zu erregt, er ist gar nicht unsicher, er entscheidet sich aktiv dazu und kein Angebot ändert seine Meinung, egal wie toll und spaßig es ist.

Dann bleibt eigentlich nur "lass es, weil ich es sage".
Und das erfodert eine Rollenverteilung und Beziehung mit der sich einschließlich mir sehr viele Leute unwohl zu fühlen scheinen.
Vor allem weil sich diese Beziehung nicht auf eine Situation reduzieren lässt (zum Beispiel nur bei Hundebegegnungen), sondern 24/7 gelebt werden muss.
 
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Celine
11. Juli 10:08
Naja ich sag mal so, zu jedem Lebewesen gehört Aggression dazu, denn es ist genetisch verankert und soll dem Lebewesen das Überleben sichern.
Es wird nur eingesetzt, wenn ein Lebewesen sich bedroht fühlt oder eine Ressource sichern möchte.
Sprich Wut oder Angst führen dazu.
Natürlich ich das Potenzial der Aggression je nach Rasse individuell.

Ich muss aber auch ehrlich gestehen, dass ich aggressive Hunde selten begegne. Wir hatten damals in der Tierpension einen Belgischen Schäferhund, der musste Nonstop einen Maulkorb tragen und nur eine Person konnte in den Zwinger.

Ich denke aber, wenn es nicht gerade ein Hund aus einer dubiosen Zucht ist (aber selbst da wäre das Problem Menschengemacht) und der Hund keinen Hirntumor hat, löst die falsche Haltung und Erziehung ein erhöhtes Aggressionsverhalten aus.
 
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Julia 🐾Nero
11. Juli 10:12
Die Aussage bezieht sich darauf, dass Dominik in einem seiner Beiträge meinte, sein Hund dürfe ohne seine ausdrückliche Ansage weder agieren noch reagieren. Wenn das Tier zu einem hohlen Befehlsempfänger gegrillt wird, ist jedes eigenständige Verhalten weitgehend abgestellt. Das ist eine Definitionssache, die sich aus einer Tatsache ableitet. Diese Tatsache ist, dass Rudel Familienverbände aus miteinander verwandten Tieren sind. Und auch wenn es sich - imho dooferweise - eingebürgert hat, sich "Mama" oder "Pappa" des Hundes zu nennen, sind wir dennoch nicht deren Eltern und auch nicht deren Geschwister. Ja, Mensch und Hund leben in einer Gruppe, und nichts daran unterstützt die Idee des alles dominierenden "Rudelführers", der Dominik anhängt. Den gibt es weder in Caniden-Rudeln noch in deren Gruppenverbänden, das ist ein Fantasiekonstrukt, das den Köpfen von Menschen entspringt, die damit einen Mangel an kooperativer Anleitungsfähigkeit und Überzeugungskraft kompensieren müssen.
Ich glaube da kommt es ganz stark darauf an, ob man als Mensch seine Rolle (egal wie man sie nennt, aber eine klar definierte soziale Überordnnung) missbraucht oder wohlwollend einsetzt.

Du kannst einen Hund, der nur auf Ansage agiert und reagiert maximal einschränken oder gerade weil er nur auf Ansage agiert und reagiert maximal Freiheit schenken.

So hat Nero oberflächlich betrachtet bei mir mehr Entfaltungs- und Entscheidungsfreiheit. Was ihn aber in soziale Isolation und zum größten Teil Leinenhaltung verdonnert. Denn er entscheidet sich nicht gesellschaftskonform.

Bei seiner Betreuerin hat er sehr viel weniger persönliche Entscheidungsfreiheit, kann aber sowohl mit anderen Artgenossen in Kontakt treten, als auch Freilauf genießen, weil sie es zwar unterbinden kann und er ihrer Ansage folgt, sie es ihm aber erlaubt, solange er sich gesellschaftskonform verhält.

Und so wie ich das durch Dominiks Beiträge bewerten kann macht er es auch. Er hat die "Macht" über seine Hündin, missbraucht sie aber nicht, sondern ermöglicht ihr Freiraum, weil er die Kontrolle hat, die einige Hundecharaktete erfordern.

Deswegen erwäge ich ja auch Nero abzugeben. Nicht weil ich ihn nicht mag, oder keine Lust mehr habe alles zu micromanagen und ihn an der Leine zu lassen, sondern weil ich sehe was er haben könnte und das ist das Leben, das ich mir für (m)einen Hund wünsche.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Juli 10:13
Ich bin nicht nur gerade ziemlich unglücklich damit, sondern von Anfang an 🙈. Nur hatte ich Anfangs noch sehr große Hoffnung, dass wir das durch Training gut in den Griff bekommen können. Durch bedürfnisorientiertes, kleinschrittiges Training durch positive Verstärkung. Jetzt nach zwei Jahren muss ich aber feststellen, dass das nicht klappt, vor allem wenn das Bedürfnis in der bedürfnisorientierten Erziehung nicht dem entspricht, was man immer glaubt. Ich habe ja auch lange geglaubt, er ist einfach zu erregt, zu unsicher, er kann einfach nicht anders oder ich biete ihm einfach noch nicht das Alternativerhalten, das für ihn wertvoller ist. Was macht man aber wenn man feststellt, er ist nicht zu erregt, er ist gar nicht unsicher, er entscheidet sich aktiv dazu und kein Angebot ändert seine Meinung, egal wie toll und spaßig es ist. Dann bleibt eigentlich nur "lass es, weil ich es sage". Und das erfodert eine Rollenverteilung und Beziehung mit der sich einschließlich mir sehr viele Leute unwohl zu fühlen scheinen. Vor allem weil sich diese Beziehung nicht auf eine Situation reduzieren lässt (zum Beispiel nur bei Hundebegegnungen), sondern 24/7 gelebt werden muss.
So wie du darüber redest und das Ganze auch verstehst bin ich mir sicher, dass du mit einem anderen Hund sehr glücklich werden kannst :) du hast dir nur halt einen ausgesucht, der bestimmte "Schwächen" nicht oder zumindest nicht langfristig toleriert. Das tun aber andere Rassen mit denen du viel besser harmonieren würdest ohne dich zu verbiegen.