Zur Reizangel habe ich gehört (ohne dass ich es bestätigen kann), dass man die nicht nutzen soll, wenn der Hund den Reiz des Hinterherjagens noch nicht für sich entdeckt hat.
Kann das jemand bestätigen oder widerlegen?
Man muss die Jagdkette betrachten.
Terrier sind sehr selbständige Jäger, die auf wenig Kooperation mit dem Menschen selektiert wurden. Wird wehrhafte Beute gestellt, bleibt der Hund dran.
Das heißt innerhalb der Jagdkette sind Orientierung, Verfolgen und Festhalten besonders ausgeprägt. Diese Sequenzen dürfen nicht durch ein Training verstärkt werden. Hierzu wird das Fokussieren und Beschleichen verstärkt. Der Hund pirscht sich heran oder lernt, dem Bewegungsreiz zu widerstehen. Gleichzeitig muss die Aufmerksamkeit/ Orientierung am Menschen trainiert werden. So wird ein kleines Zeitfenster geschaffen, in dem ich den Hund ansprechen kann und die Jagdkette umlenken oder abbrechen kann. Hier wird beim Hund das moderne (denkende) Hirn angesprochen, das jede instinktive Handlung unterdrückt.
Denken erfordert sehr viel Energie. Der Hund ist mental ausgelastet.
Damit die Umlenkung / der Abbruch der Jagdkette keinen Frust aufbaut, muss es ein alternatives Angebot geben. Ein Ball, der auf Kniehöhe zu Boden fällt und vom Hund gefangen wird. Dies alles spielt sich im Nahbereich ab. Die Positiv-Erlebnisse steigern die Bindung. Freut sich der Mensch, freut sich der Hund. Durch die Bindung wird der Hund eher bereit sein, auf das denkende Hirn zurück zu greifen. Auch wenn er die Routine gelernt hat, fällt es ihm leichter das Urzeithirn auszuschalten. „Oh, jetzt vielleicht nicht so gut durchzustarten“. Hier kommt es immer auch auf die Situation und Motivation des Hundes an. Ein Alternativ-Verhalten muss sich für ihn immer lohnen. Futter ist eine gute Bestätigung des richtigen Verhaltens. Wird das Futter verweigert, stresst die Situation den Hund noch zu viel. Ruhe vermitteln. Der Hund muss in die Ruhe finden. Bewegung tut dann gut. Und Bewegung heißt dann nicht, hinter dem Futterbeutel hinter her zu hetzen. Agility, Barrieren überwinden, Joggen 🏃♀️hilft dem Hund Stress abzubauen. An der Reizangel ist der Hund nur äusserlich wieder ruhig. Den Frust sieht man vielleicht nicht und entlädt sich dann in unerwünschtem Verhalten (Radfahrer und Jogger stellen).
Also immer überlegen, was will ich erreichen. Ziel sollte immer ein entspannter Hund sein. Die Arbeit mit Jagdhunden ist sehr anspruchsvoll und verlangt dem Hund auch einiges ab. Trainieren kann man nur mit Wild. Sitz & Gucken ist erlaubt. Man kann sich vom Hund auch zeigen lassen, wo Wild unterwegs war und findet vielleicht auch ein paar Spuren. Jagdhunde heißt nun mal Jagdleidenschaft. Und Hunde wissen und lernen, wie sie sich einem Reh oder Hasen nähern müssen und haben eine Ahnung davon, das Kaninchen 🐇 in ihrem Bau verschwinden können. Das Training an der Reizangel funktioniert nur an der Reizangel. Das heißt, schafft der Hund, bei 🐈⬛ oder Rehen ruhig zu bleiben, sieht es bei einem Hasen oder der Amsel, die in einem Busch ihren Schlafplatz hat, schon ganz anders aus.
Das bunte Treiben in einer Brombeerhecke ist deshalb ein lohnenderes Trainingsobjekt. Weil, da kommt man täglich dran vorbei. Und hat der Hund gelernt, wie er sich verhalten muss, wenn Nachbars Katze sich da versteckt hat, bringt das mehr, als schnelle Bewegungen an der Reizangel. Ermüdet der Hund, sinkt die Breitschaft, das energieraubende, denkende 🧠 einzusetzen. Unterbewusst und instinktgeleitet geht halt einfacher. Bei Menschen ist es nicht anders und fällt uns noch schwerer als 🐕 aus Routinen auszubrechen.