Solange ich sowas lese, glaube ich nicht an die Ausrede vom Naturschutz und der guten Absicht der Jagd. Welcher Jäger hier kann ehrlich behaupten, dass sowas die Ausnahme ist?
"WARUM JAGEN WIR?"
ANTWORTEN EINER JAGDREDAKTEURIN
Die Frage "Warum jagen wir?" beantwortet die Jagdredakteurin Silke Böhm im Editorial einer Jägerzeitschrift wie folgt: "Warum brauchen wir eigentlich für alles - auch für die Jagd - eine hieb- und stichfeste Begründung? Warum kann man sich nicht einfach fallen lassen? Nur einmal machen, was einem gut tut. Ohne Steuerung, ohne Erklärung, einfach auf Gefühle, Intuition und Instinkte verlassen?" Sie könne ihre vielen Emotionen, die sie beim Jagen empfinde, nicht in Worte fassen.
"Einige beschreiben die Jagd als Kick, andere sprechen von großer innerer Zufriedenheit. Die Gefühle bei der Jagd sind ebenso subjektiv wie in der Liebe. Warum genießen wir sie nicht einfach, ohne sie ständig rechtfertigen zu wollen?"
Rationale Gründe, mit denen Jäger rechtfertigen, dass die Jagd notwendig sei, sind offenbar nur Ausreden. Jedenfalls schreibt die Jägerin: "Der Tod, der mit dem Beutemachen verbunden ist, ist verpönt. Deswegen suchen die Jäger Begründungen in Begriffen wie Nachhaltigkeit, Hege und Naturschutz. Die Lust am Jagen wird gern in der Öffentlichkeit in den Hintergrund gedrängt. Weshalb die Freude leugnen, die uns so gut tut und die uns zu dem macht, was wir sind - Menschen." (Silke Böhm, Editorial Wild und Hund 22/2012)
Unter dem Titel "Neue Gedanken zur Lust an der Lust zwischen Erleben und Erlegen" spricht Prof. Dr. Gerd Rohmann von der "Lust zum Beutemachen" und vom "Kick" (erlebt img Akt des Erlegens und Tötens):
"Denn darin, dass wir das Naturding Wild töten und dabei einen exorbitanten Lusteffekt erleben, erweist es sich empirisch, dass wir etwas ganz Besonderes in unserem Inneren erfahren... Mit der Jagd ist es ähnlich wie mit der Liebe: Das erotische Erleben liegt auf dem Weg zum Höhepunkt. Das Ziel liegt nämlich nicht im schnellen Schuss, sondern im Erstreben und Erleben eines gemeinsam erreichten anhaltenden Höhepunktes." Den emotionalen Höhepunkt seiner Jagd, den "Kick", erlebe der Jäger immer dann, wenn er den todbringenden Schuss auslöse. (Gerd Rohmann: Neue Gedanken zur Lust an der Lust zwischen Erleben und Erlegen. Vortrag bei der Jahrestagung 2004 Forum Lebendige Jagdkultur e.V.)
LANDESJÄGERMEISTER RUFT JÄGER AUF, SICH ZUR "JAGDLEIDENSCHAFT" ZU BEKENNEN
Der 2016 verstorbene Tiroler Landesjägermeister-Stv. Ernst Rudigier bezeichnete Begründungen der Jäger wie Regulierung von Wildbeständen, Waldschadensverhütung, Naturschutz, Tierschutz, Beschaffung von hochwertigen Lebensmitteln als Heuchelei :
"Wir Jäger und Jägerinnen sollten uns ehrlich und aufrichtig dazu bekennen, wofür wir unser Geld ausgeben und warum wir so viel Zeit und auch Arbeit in die Jagd investieren; nämlich, dass wir jagen und unsere Jagdleidenschaft ausleben können! Auch sollten wir ganz offen dazu stehen, wie wir das Jagen für uns einschätzen als Lebenseinstellung, Berufung, Leidenschaft, Trophäensammelleidenschaft oder weiß sonst wie noch, und uns nicht in einer unnötigen Rechtfertigung" Lügen bedienen, die als unglaubwürdig erkannt werden." (Ernst Rudigier: Warum jagen wir? Jagd in Tirol, Mai 2013)
Über den Jagdtrieb und den Kick beim Töten hat ein Jäger sogar eine Doktorarbeit geschrieben. In seiner Dissertation Die Jagd als Mechanismus der biotischen und kulturellen Evolution des Menschen schreibt Günter R. Kühnle:
"Weltweit wird die Wildjagd unserer Zeit selten noch aus rein praktischen Motiven (z. B. Nahrungsjagd), sondern um eines starken emotionalen Erfolges Willen (der Kick beim Töten des Tieres, Freude, Glück, Zerstreuung, Entspannung, Abenteuer) oft mit großer Leidenschaft und Hingabe betrieben. ... Für die modernen Jäger unserer Zeit bedeutet das Töten des Wildes notwendige Bedingung zum Erreichen des oft leidenschaftlich intendierten emotionalen Ereignisses (der Kick). "
Kühnle beschreibt den erlebten Kick beim Töten des Wildes als "die Erfahrung einer extremalen Befriedigung vermittels (virtueller) Macht über die dem Menschen mit dem Bewusstsein der Endlichkeit (Todesangst) unbeherrschbar und unabwendbar bedrohlich erscheinende Natur".(Günter R. Kühnle: Die Jagd als Mechanismus der biotischen und kulturellen Evolution des Menschen. 2003)
Europas größte Jägerzeitschrift Wild und Hund widmete dieser Dissertation einen großen Artikel über Triebforschung. Unter der Überschrift "Keine Angst vor der Lust" sollte Jägern Mut gemacht werden, offen zu ihrem Jagdtrieb zu stehen:
"Beim Erlegen des Wildes erleben Jäger einen Kick und zu dem sollten sie sich bekennen" (Keine Angst vor der Lust. Wild und Hund 24/2003)
Genau diese abartigen Erklärungen zum Lustgewinn am Töten und der Machtausübung an wehrlosen Geschöpfen, verbunden mit sexueller Befriedigung, wird sehr genau in dem besagten
Artikel beschrieben.