Hallo Claudia, ich nehme deine Beschreibungen als sehr reflektiert wahr.
Bei Fragen, wie du sie stellst, neige ich zu der Haltung, dass du das sehr gut selber abschätzen kannst, ob ein Problem entsteht oder droht. Ich würde mir sehr wünschen, dass viele andere Hundebesitzer sich mit dieser Frage mal beschäftigen würden.
Kalle ist überwiegend im Freilauf, er schnüffelt viel und mit unterschiedlichem Erregungsgrad. Markierung von Artgenossen, Fährten, Mauselöcher, da ist denke ich alles dabei. Er geht nicht tief ins Unterholz, ich schätze zu 90% sind es Markierungen anderer Hunde. Er buddelt nicht intensiv, da muss ihn schon ein anderer Hund animieren. Er schnüffelt an Buddellöchern anderer Hunde, erweitert diese aber so gut wie nie. Er ist abrufbar bzw. achtet selber auf eine nicht zu große Distanz zu mir/uns. Wir wohnen in direkter Nähe zu einem Wildgehege und einem Ententeich, der auch mal von Kanadagänsen frequentiert wird. Hat er kein gesteigertes Interesse dran, es gibt auch freilaufende Rehe, die verfolgt er ebenfalls nicht. Alles in allem sehe ich (bisher) keine besondere jagdliche Ambition. Auf Spaziergängen bauen wir immer wieder Beschäftigungen ein (Dummytraining, Suchspiele). Er ist dazu leicht zu motivieren und es fällt ihm leicht, sich zu konzentrieren und auf uns zu fokussieren.
Ich sehe es in der Gesamtbetrachtung nicht ein, Kalle in sämtlichen Runden zu begrenzen und in seiner Beschäftigung im beschriebenen Rahmen einzuschränken. Ich glaube einfach, dass ihm eine gewisse Freiheit in Bezug auf seine angeborenen Instinkte und Triebe auch genau die Souveränität gibt, das nicht exzessiv ausleben zu müssen. Ich arbeite zu 100% im HomeOffice und habe mittags nur Zeit für eine kurze Runde ca. 45 Minuten. Da habe ich zB keine Lust noch Trainings- oder „Jagdersatz“-Spiele einzustreuen und wir laufen oft wortlos (also ich) durch den Wald und Kalle macht Hundesachen. Es gibt dann einfach unreglementierte und kommandofreie Zeit.
Ich würde aber sofort und konsequent eingreifen, wenn es hier Übergriffe gäbe. Mein Antrieb für ein gutes Gehorsam ist, dem Hund dadurch (mehr) Freiheiten geben zu können. Für mich ist ein glücklicher Hund (auch) an einem gewissen Bewegungs- und Handlungsspielraum erkennbar.
Viele sehen einen wild am Strand umherlaufenden Hund und sagen „so sieht ein glücklicher Hund aus“. Kalle zeigt oft diese Muster, nicht nur am Meer, und daher halte ich diesen Weg für uns und genau für diesen Hund für richtig.
Das bedeutet jetzt nicht, das ich alles richtig mache und alles, was ich mache, richtig ist. Aber ich glaube, Kalle ist recht glücklich und wir sind mit Kalle glücklich. Soll ich das jetzt opfern, weil andere das anders betrachten/bewerten?