Ich hatte neulich eine Begegnung mit einem Hundebesitzer, die mich derart aus der Fassung gebracht hat, dass ich mich erstmal mit Emy auf eine Bank setzen und durchatmen musste. Emy ist erst seit Mai in Deutschland und war bis vor kurzem äußerst leinenaggressiv. Wir sind im Park einem Herrn mit freilaufendem Hund begegnet und als ich merkte, dass sich Emy in die Leine hängte, rief ich dem Herrn zu, er möchte bitte seinen Hund zurückrufen und anleinen. Der aber stand einfach nur da, reagierte nicht und grinste. Ich war also gleichzeitig damit beschäftigt, Emy so zu halten, dass sie mich nicht versehentlich kratzte oder biss, den fremden Hund, der natürlich auf Emy zulief, zu verscheuchen und den Halter mehrfach aufzufordern, seinen Hund zu rufen und anzuleinen. Der aber lachte und es kam zum Wortgefecht. Ich hätte wohl keine Ahnung von Hunden. Dieselbe Situation hat mein Mann Tage zuvor mit dem selben Hund-Mensch-Paar beim Brötchen holen erlebt. Gelächter und blöde Sprüche zur Hundeerziehereignung.
Wer noch keinen Angsthund hatte oder ein Hund mit ähnlichen Problemen, der denkt sofort, der Mensch ist unfähig. Dabei braucht es Zeit und positive Erfahrung für den Hund. Im Training werfen uns solche Begegnungen immer wieder zurück. Trotzdem sind wir mittlerweile ein ganzes Stückchen weiter und Emy lässt sich davon ablenken, in die Leine zu springen, wenn wir einem Hund begegnen. Sie hat sogar schon Freundschaften geschlossen. Aber dem Hundehalter möchte ich trotzdem noch einmal begegnen, ohne Emy, und ihm erklären, dass nicht alle Hunde bei liebevollen Züchtern mit ausschließlich positiven Erfahrungen und guter Sozialisierung aufgewachsen sind. Ich denke, der hat einfach gar kein Bild davon. Dann versteht er vielleicht, was es für Emy und andere Hunde bedeutet, wenn er eine solche Begegnungssituation provoziert.
Die Kategorie „selbst nen unerzogenen Hund haben der macht, was er will aber dann blöde Kommentare da lassen, wenn mein Hund reagiert“ läuft in unserer Nachbarschaft leider auch rum. Meiner Erfahrung nach sind es auch meist Menschen mit kleinen Hunden. Scheinbar herrscht bei einigen Menschen der Irrglaube, kleine Hunde müsse man nicht erziehen, weil sie ja nix tun. Natürlich gibt es ganz tolle Mensch-Hund-Teams mit kleinen Hunden! Aber auffällig ist doch zumindest in meiner Gegend, dass die kleinen Hunde oft frei laufen, dann entweder nicht auf den Rückruf hören oder gar nicht erst zurück gerufen werden, wenn sie einfach auf andere Menschen und Hunde los dackeln. Freilauf (ohne schleppleine) muss sich der Hund meiner Meinung nach durch gutes Benehmen verdienen. Und dieses Benehmen muss man dem Hund eben auch mühsam beibringen.
Meine Hündin ist zwar keine Angsthündin, jedoch ist sie gerade in die Pubertät gekommen, und sie fühlt sich äußerst unwohl, wenn sie einfach frontal von fremden Menschen oder Hunden angegangen wird. Sie dreht dann total auf, meine Beine werden zerkratzt und ich muss erst mal 5 Minuten lang dazu aufwenden, sie runter zu holen (vor der Pubertät war sie deutlich gelassener). Wenn Menschen oder Hunde an uns vorbei gehen, bleibt sie übrigens vollkommen cool. Aber mein Hund wird dann als unerzogen bezeichnet, weil sie sich in der Situation unwohl fühlt, die von dem anderen Hund oder dem fremden Mensch provoziert wird.