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Caro
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zuletzt 12. Juli

Der Hund als Kinderersatz

Hallo ihr Lieben, wer hat Lust auf eine lange Geschichte? In unserer Nachbarschaft wohnt eine alte Dame, die eine Basenji Hündin hatte. Basenjis sind keine einfachen Hunde - stur, eigenwillig, hoher Jagdtrieb, viel Energie und quasi null will to please. Dafür sind sie zuckersüße, anhängliche, treue, intelligente Klassenkasper, für jeden Blödsinn zu haben 😄 Die Dame und ihr Basenji kamen oft an unserem Gartentor vorbei, wir wohnen direkt am Gassi-Highway. Wir kannten und mochten uns, haben gern mal gequatscht und ich habe mit dem Hundi gekuschelt. Eines Tages vor zwei Jahren, ich war gerade auf dem Heimweg vom Kindergarten, kamen uns die beiden entgegen. Die Frau sah nicht gut aus und als ich nachfragte, sagte sie, sie fühle sich überhaupt nicht wohl und sie würde gern zum Arzt gehen. Ginge aber nicht, der Hund müsse spazieren gehen und sie bleibt nicht alleine. Die Frau, die sonst in diesem Fall auf die Hündin aufpasste, war nicht zuhause. Ich bot an, den Spaziergang zu übernehmen (ich arbeite von zuhause und kann mir meine Zeit einteilen), die Hündin dann mit zu mir zu nehmen und sie ihr wieder zu bringen, wenn sie vom Arzt zurück kommt. Das klappte gut, Mausi (so heißt sie nicht wirklich) ging ohne Probleme mit mir mit. Der Dame ging es aber natürlich nicht sofort wieder besser. So haben wir ausgemacht, dass ich ab da den Hund morgens zur großen Runde abhole, mittags und abends ging sie selber. Wenn schönes Wetter war, blieb Mausi oft noch ein paar Stunden bei mir im Garten (die Dame hat nur einen winzigen Balkon, auf dem Mausi angeleint sein musste, damit sie nicht runter hüpft). Die Hündin war nicht einfach, das stellte sich innerhalb kürzester Zeit heraus. Die Dame hielt sie für ihr Kind, sie saß mit am Tisch vor ihrem eigenen Teller, Frauchen ging dort hin, wo der Hund hin wollte. Immer. Zecken entfernen oder Pfötchen kontrollieren ging nicht, Mausi mochte das nicht und schnappte. Spielzeug wegnehmen oder in die Nähe des Hundes kommen, wenn er etwas frisst (auch Müll!), ging auch nicht. Vom Sofa schicken? Keine Chance, da wurden die Zähne gefletscht. Wenn die alte Dame Besuch hatte und der Hund das Sofa besetzte, musste der Besuch eben stehen oder sich einen Stuhl nebens Sofa stellen.Von einem Maulkorb hielt sie nichts und der Tierarzt musste auf dem Boden herum kriechen, weil Mausi sich nicht hochheben ließ. Wie sich ebenfalls heraus stellte, lebte Mausi eher wie eine Katze - die Dame konnte nicht mehr weit gehen, also verbrachte der Hund sein Leben auf dem Sofa. Im Wohnzimmer stand eine Kiste mit Spielzeug- die Frau sagte aber, Mausi würde nicht gerne spielen. Allerdings war sie offenbar der Meinung, Mausi solle sich alleine mit dem Spielzeug beschäftigen, wie ein Kind mit einer Kiste Legos. Da Mausi schwer gelangweilt und unterfordert war, bettelte sie permanent und bekam Unmengen an Futter. Basenjis sind sehr schlank. Mausi war rund. Sie wolle aber auch gar nicht gerne spazieren gehen, sie sei ja schon alt (8 Jahre), meinte die Besitzerin. Jedenfalls blieb die Hündin immer öfter und länger bei mir, irgendwann auch mal über Nacht und dann immer wieder ein ganzes Wochenende. Mausi verlor nach und nach mehr von ihrer Fettschicht, schaffte größere Runden und blühte auf. Sie durfte Hund und nicht Kinderersatz sein, durfte sich dreckig machen und mit Artgenossen spielen, Neues erleben. Mausi lernte Regeln kennen und gegenseitigen Respekt. Bald war sie sehr gut händelbar, ließ sich überall mit hin nehmen, anfassen und auch hochheben, einen Platz zuweisen und sie spielte mit Feuereifer Such - und Zerrspiele mit mir. War sie über Nacht da, schlief sie in meinem Bett. Wir wuchsen eng zusammen, wenn sie nicht da war, vermissten wir sie und sie selbst lag bei Frauchen im Flur und wartete darauf, abgeholt zu werden. Irgendwann fragte uns die Dame, ob wir Mausi übernehmen würden. Wir freuten uns tierisch und sagten sofort zu. Ab da gingen die Schwierigkeiten los. Plötzlich wurde alles in Frage gestellt, was wir mit dem Hund machten. "In den Wildpark fahren? Wo ist der? Wie lange fahrt ihr da? " "Wie lange wart ihr spazieren? Das ist zuviel." "Komm nach dem Gassi bei mir vorbei. Ich muss den Hund wiegen. Die hat zu viel abgenommen. (Da hatte sie immer noch Übergewicht)" "Der Hund kann nicht mit euch in den Urlaub fahren!" "Ich hole Mausi jetzt ab. Sie soll den Nachmittag bei mir verbringen." gefolgt von "Mausi will nicht bei mir bleiben, hol sie wieder ab." "Frau Sonundso holt Mausi heute mittag bei dir ab und passt den Tag lang darauf auf. Ab jetzt jeden Montag, die mag doch Mausi so sehr." "Wenn ihr das nicht macht, wie ich es will, hole ich mir den Hund zurück. " Das sind nur einige wenige Beispiele. Ich habe mich irgendwann mit ihr hingesetzt und mit ihr geredet. Dass das so nicht geht. Dass es Mausi nicht gut tut, ständig hin und her gereicht zu werden, dass meine Tochter ständig Angst hat, uns könne der Hund wieder weg genommen werden. Dass ich selbst nicht mehr schlafen kann, weil mich das alles so belastet. Sie sagte, sie hätte doch sowieso nie vorgehabt, Mausi ganz herzugeben und wenn das jetzt nicht nach ihrem Willen lief, würde sie den Hund eben wieder mitnehmen. Ich hatte mit dem Satz gerechnet, sie hatte ihn oft genug gesagt. Ich habe ihr wortlos die gepackte Tasche mit Mausis Sachen hingestellt. Ich wollte das weder meiner Familie, noch dem Hund oder auch der Frau weiter antun. Sie hing noch sehr an ihr und konnte und wollte nicht loslassen. Wir verliebten uns aber auch jeden Tag mehr in Mausi. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Sie hat Mausi mitgenommen und nie wieder ein Wort mit mir gesprochen. So sind eineinhalb Jahre vergangen, mittlerweile haben wir uns einen eigenen Hund geholt. Mausi sah ich weiterhin. Sie wurde wieder dick, dann wurde sie besorgniserregend fett. Die Frau fragte Passanten, ob sie den Hund halten könnten, wenn sie ihre Pfoten anschauen musste (die meisten kennen Mausi aber inzwischen und wollen sich ungern beißen lassen). Mausi fing an, an der Leine zu pöbeln und zu zerren. Die alte Dame, die gesundheitlich immer mehr angeschlagen war, ging noch weniger spazieren. Sie fing Streit mit ihrer Notbetreuung an, weil diese ihr sagte, Mausi wäre bei uns besser aufgehoben gewesen und sie hätte sie bei uns ja auch jederzeit sehen können. Die Züchterin von Mausi mischte sich ein und versuchte erfolglos, auf die Dame einzuwirken. Es kam wie es kommen musste, die Dame musste ins Krankenhaus und Mausi kam für zwei Wochen auf eine Pflegestelle, wo sie viel mehr Bewegung bekam und ein wenig abnehmen konnte. Danach ging es wieder zur Besitzerin, die jetzt aber selber einsah, dass sie dem Hund nicht gerecht werden kann. Also zurück zur Pflegestelle. Diese hat Mausi jetzt endlich erfolgreich vermittelt. An eine Familie, die schon einen älteten Basenji hat. Ich hoffe sehr, dass Mausi dort endlich ein artgerechtes Für-Immer-Zuhause gefunden hat 🩷 Wer so weit gekesen hat, Respekt! 😅 Wie seht ihr das, wenn Hunde zu "Kindern" werden? Lucy ist zwar ebenfalls mein geliebtes Fellkind, darf und soll aber Hund bleiben. Was hättet ihr an meiner Stelle getan? Kennt ihr ähnliche Fälle? Liebe Grüße, Caro (Ich weiß nicht, ob ich hier ein Bild von Mausi einstellen soll oder nicht - was meint ihr?)
 
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Caro
10. Juli 14:57
Würde da von zwei Seiten an die Frage rangehen. Für mich sich meine Hunde wie meine Kinder, dazu stehe ich auch. Aber: sie dürfen und sollen trotzdem Hund bleiben und gewisse Regeln gehören dazu. Für beide Seiten, also Mensch und Hund. Für mich ist es selbstverständlich dass ich auf Ernährung, Gesundheit, Bewegung, Auslastung und Ruhephasen achte (bin da eher Helikoptermensch) aber eben auch darauf dass gewisse Grundsätze eingehalten werden (pöbeln an der Leine oder kleine Kinder fressen geht gar nicht usw.). Mausi war aber kein richtiges „Kind“ in dem Sinne, sondern die Frau hat(te) wohl keine Ahnung von Hundehaltung und erst recht nicht von der Rasse die sie sich ausgesucht hat. Ich finde es gut wie du reagiert hast, dieses ständige hin und her hätte auf Dauer sowieso nichts gebracht. Für das Vetamt sehe ich hier auch keinen Grund einzugreifen, eher (sorry) für einen Psychologen. Wahrscheinlich war/ ist die Dame sehr einsam und hatte deswegen einerseits Probleme loszulassen, andererseits ist ein Hund nun mal kein Gesellschafter der sich 90% vom Tag alleine beschäftigt. Als Züchterin hätte ich wahrscheinlich auch Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um den Hund wieder zurück zu bekommen, gesetzlich ist das aber auch alles andere als einfach. Gut, dass Mausi jetzt (hoffentlich) ein artgerechtes Zuhause gefunden hat- und hoffentlich holt sich die Dame nicht einen anderen Hund, dann wiederholt sich das Spiel nämlich 🙄
Zurück zur Züchterin ging nicht, das hätte eine böse Beißerei zwischen ihrem Rudel und Mausi gegeben. Basenjis können offenbar fremde Hunde der eigenen Rasse nicht leiden. Hab ich zumindest mal gelesen. Die konnten sich zumindest überhaupt nicht leiden. Ich frage mich außerdem, wieso man einen solchen Welpen an eine Dame über 70 verkauft. Basenjis sind fit bis ins hohe Alter und viele werden 14-16 Jahre
 
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Katrin
10. Juli 14:58
Ich hätte ohne Hund oder generell Tiere auch n ziemliches Problem, aber er ist ja auch da um mir zu helfen, ist denk ich mal nochmal was anderes als die Leute die du meinst. Kanns absolut verstehen wenn jemand sagt das er ohne sein Tier nicht leben kann, so ist es eben wenn man jemanden liebt.🤷🏼‍♀️ Trotzdem sollte es halt nicht drunter leiden.
Ich finde es echt verstörend wenn ich Aussagen lese wie ,,hätte ich kein Tier mehr würde ich Selbstmord begehen" (las ich hier erst vor ein paar Tagen). Ein Tier sollte nie der Lebensmittelpunkt sein (schon alleine wegen der kurzen Lebensdauer mancher Rassen). Hunde sind sicher eine tolle Bereicherung und Stütze für viele und genau deswegen sollte man sie als das sehen was sie sind, kurzeitige Wegbegleiter für die man die Verantwortung hat und denen man ein gesundes möglichst artgerechtes Leben ermöglichen sollte.
 
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Carola
10. Juli 15:00
Hunde sind Hunde und Kinder sind Kinder! Ein Hund ist ein Familienmitglied ja aber er kann niemals ein Kind Ersatz sein, er kann auch nicht die Leere im Leben eines Menschen füllen, das ist Missbrauch! Wenn dann auch noch nicht artgerechte Haltung, zu wenig Bewegung, Überfütterung und so weiter dazu kommen so wird es zur Tierquälerei. Das ist keine Tierliebe das ist Egoismus!
 
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Katrin
10. Juli 15:07
Hunde sind Hunde und Kinder sind Kinder! Ein Hund ist ein Familienmitglied ja aber er kann niemals ein Kind Ersatz sein, er kann auch nicht die Leere im Leben eines Menschen füllen, das ist Missbrauch! Wenn dann auch noch nicht artgerechte Haltung, zu wenig Bewegung, Überfütterung und so weiter dazu kommen so wird es zur Tierquälerei. Das ist keine Tierliebe das ist Egoismus!
Suki ist hier weder Familienmitglied noch bin ich hier ihr Rudelführer. Sie ist der Familienhund, nicht mehr und nicht weniger.
 
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Olli
10. Juli 15:09
Willkommen in meiner Welt. Ein Teil meiner Gassihunde gehören renitenten alten Leuten, die körperlich dem Bewegungsbedürfnis ihrer jungen Hunde nicht gerecht werden. Da wird der Hund von anderen Hunden isoliert, weil er ja von denen krank werden könnte. Schnüffeln ist auch nicht erlaubt. Wie bei euch freuen sich die Hunde wie irre, wenn sie bei mir mit Artgenossen rumtollen dürfen. Problem dabei ist, dass schnell Eifersucht entsteht. Die Leute wissen schon um ihre Defizite, aber reden sich die Misere halt schön. Um das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen, redet man sich ein, dass der Hund ja lieber auf der Couch liegt. Und meistens finden sie auch jemand anders, der mit dem Hund Gassi geht. Ja, der Hund wird vernachlässigt, aber meistens nicht so, als dass das Vetamt was ändern könnte - bei dicken Kindern kommt auch nicht sofort das Jugendamt. Für das eigene Seelenheil kann man sich 'davon' nur fernhalten, bzw. lernen sich nicht emotional zu engagieren.
 
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Rim
10. Juli 15:35
Ich bin eine Frau, die gerne Kinder hätte, aber das Schicksal hat mir keine gegönnt. Da ich mich aber um jemanden kümmern wollte, habe ich einen Hund. Ich habe eine Aufgabe, die mich erfüllt und glücklich macht. Ich habe aber noch meinen Mann, meine Familie, meine Freunde, meine Arbeit, etc. Der Hund ist mir sehr wichtig, aber nicht die einzige Säule in meinem Leben. Und trotzdem wird der Hund artgerecht gehalten. Ich schenke dem Hund vermutlich etwas mehr Aufmerksamkeit als eine Frau, die 3 Kinder hat, aber ist das so schlimm? Solange mein Hund Hund sein darf? Ich finde die Bezeichnung "Kinderersatz" ehrlich gesagt nicht schön und ziemlich abwertend, aber das ist mein persönliches Empfinden (vermutlich ist das gar nicht so gemeint). Ich würde dieses Beispiel eher als "Nicht artgerechte Haltung" bezeichnen.
 
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Katrin
10. Juli 16:25
Ich bin eine Frau, die gerne Kinder hätte, aber das Schicksal hat mir keine gegönnt. Da ich mich aber um jemanden kümmern wollte, habe ich einen Hund. Ich habe eine Aufgabe, die mich erfüllt und glücklich macht. Ich habe aber noch meinen Mann, meine Familie, meine Freunde, meine Arbeit, etc. Der Hund ist mir sehr wichtig, aber nicht die einzige Säule in meinem Leben. Und trotzdem wird der Hund artgerecht gehalten. Ich schenke dem Hund vermutlich etwas mehr Aufmerksamkeit als eine Frau, die 3 Kinder hat, aber ist das so schlimm? Solange mein Hund Hund sein darf? Ich finde die Bezeichnung "Kinderersatz" ehrlich gesagt nicht schön und ziemlich abwertend, aber das ist mein persönliches Empfinden (vermutlich ist das gar nicht so gemeint). Ich würde dieses Beispiel eher als "Nicht artgerechte Haltung" bezeichnen.
Es geht ja nicht um das plus an Aufmerksamkeit sondern um das wie.
 
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Rim
10. Juli 16:27
Es geht ja nicht um das plus an Aufmerksamkeit sondern um das wie.
Genau. Daher finde ich die Wertung "Kinderersatz" einfach nicht passend. Es geht um nicht gerechte Haltung.
 
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Martina
10. Juli 16:31
Da ich mich für mein Leben bewusst gegen Kinder haben entschieden habe weiss ich natürlich nicht genau wie sich "Kindersatz" anfühlt aber ich kann es mir schon denken. Mein Hund wird umsorgt, ich achte auf Beschäftigung und Gesundheit. Als Hund aus dem Tierschutz hat er etwas andere Baustellen als seine Vorgänger denen ich versuche gerecht zu werden. Schon als Kind war ich am glücklichsten wenn ich in der Natur sein konnte und vor allem mit Tieren zusammen sein konnte. Tja, sowas gibts halt auch 😉
 
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Katrin
10. Juli 16:39
Genau. Daher finde ich die Wertung "Kinderersatz" einfach nicht passend. Es geht um nicht gerechte Haltung.
Bei manchen passt es aber leider zB wenn der Hund mit Lätzchen am Tisch hockt und mit dem Löffel gefüttert wird (gibt es tatsächlich). Überall da wo der Hund vermenschlicht wird, man sein Verhalten menschlich interpretiert (als Beispiel beschwichtigendes Verhalten als schlechtes Gewissen), läuft der Hund Gefahr das er eben nicht wie ein Hund behandelt wird. Wenn dann noch der Niedlichkeitsfaktor dazu kommt kann das meiner Meinung nach in eine sehr unschöne Richtung gehen.