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Ilona
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zuletzt 23. Nov.

Jagdverhalten, was denkt ihr?

Guten Morgen Ich habe gestern eine Story gehört die mich etwas fassungslos gemacht hat. Eine Frau, Besitzerin eines Jagdhundes, erzählte, daß sie ihren Hund ja nicht unangeleint laufen lassen könne, da er ja jagen würde. Sie sei auf der Suche nach einer Trainerin, damit das klappt irgendwann. Im gleichen Atemzug erzählt sie aber, daß sie sie ihren Hund auf den Spaziergängen nach Mäusen schnüffeln lasse, die lässt den Hund die Nester ausgraben und sogar die Mäuse töten. Das sei doch nicht schlimm. Sind ja nur Mäuse. Ich dachte nur: holla die Waldfee. Kann denn überhaupt ein Training funktionieren, wenn der Hund schon Jagderfolge hatte? Den er ja regelmäßig hat. Mein Gedanke ist; jetzt sind es die Mäuse, später die Hasen und Rehe. Ich erlaube Yuna noch nicht mal, ein Blatt zu jagen, weil ich die kenne. Ich erlaube ihr, nach Mäusen zu schnüffeln, sie darf Wittern und beobachten, aber mehr auch nicht. Der spannende Rest passiert mit mir, das hetzen eines Leckerlis oder futterdummy etc. Ich war echt irritiert über diese Frau und deren Handhabung zum Thema jagen. Wie sieht ihr das denn? Wie handhabt ihr das? Darf euer Hund Mäuse töten? Krähen jagen etc?
 
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Sonja
20. Nov. 00:17
Wir wohnen auf dem Land in Alleinlage. Mäuse sind hier eine Plage, die kommen auch ins Haus und richten immer wieder Schaden an. Deshalb haben wir eine Katze.
Im Sommer dürfen die Hunde Stunden im eingezäunten Garten verbringen. Sie melden sich, wenn sie rein wollen.
Bei Shiba kommt der Zwergpinscher durch, sie liebt es, Kleintiere zu jagen, und vor allem zu buddeln. Dabei erbeutet sie Mäuse, Maulwürfe, Jungvögel und junge Hasen. Das finden wir zwar nicht schön, aber wir müssten sie sonst drinnen einsperren.
Wenn wir unterwegs sind, darf sie weder buddeln noch jagen. Fängt sie mit Mäuselsprüngen an, wird sie ermahnt und hört auf. Sie möchte auch Hasen und Rehe jagen, wenn sie die weglaufen sieht, lässt sich aber abrufen. Vielleicht weil sie eh nicht schnell genug ist.
Yoshi hat von Shiba buddeln beigebracht bekommen. Ich habe aber noch nicht mitbekommen, dass er eine Maus gefangen oder gar gefressen hätte.
Er geht allerdings sehr gerne Krähen jagen. Das hat definitiv seinen Jagdtrieb geweckt, denn wenn er Krähen auf dem Feld sah oder Vögel im Gebüsch rascheln hörte, war kein Halten mehr. Kurz danach scheuchte er sein erstes Reh aus dem Gebüsch. Dann lief er gezielt in bestimmte Waldabschnitte, um dort nach Wild zu stöbern. Die Krähen jagen zu dürfen hat bei ihm eine große Jagdleidenschaft in Gang gesetzt.
Natürlich haben wir gegen gesteuert. Freilauf ging eine Weile gar nicht, nur Flexi oder Schleppleine. Wir haben mit der Reizangel geübt, dass er erst auf unsere Freigabe hin jagen darf. Und wir machen sowieso viel Dummytraining.
Stand jetzt können wir Yoshi mit dem Dummy umlenken, wenn er einer Wildspur folgt, obwohl er dann schon in einem sehr aufgeregten Jagdmodus ist. Aber ohne Leine darf er nur dort laufen, wo wir die Umgebung weit im Blick haben. Dann halten wir ständig nach Wild Ausschau und nehmen ihn sofort an die Leine, wenn wir was sehen. Denn wenn ein Tier wegläuft, würde er bestimmt hinterher laufen, und ich glaube nicht, dass er dann abrufbar oder umlenkbar wäre. Leider können wir das auch nicht an der Schleppleine üben, da er sich dann anders verhält als beim Freilauf.
Mein Fazit: Es kommt sehr auf den Hund an, aber unkontrolliertes Jagen zu erlauben, kann den Jagdtrieb bezüglich anderer Tiere fördern. Wenn man Jagen erlauben will, sollte man dem Hund das kontrolliert erlauben und auch verbieten, nicht ihn selbst entscheiden lassen.
 
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Ilona
20. Nov. 06:51
Ich bin weit davon entfernt, eine Patentlösung parat zu haben. Ich kann nur für mich sprechen: im Wald ist Allie grundsätzlich an der Leine, frei laufen darf sie nur, wenn ich ein Gelände gut überschauen kann. Und auch da bin ich auf der Hut, damit ich potentielle Beute vor ihr sehe. Ich bin aber nicht päpstlicher als der Papst: sie darf "mäuseln" und sie darf auch Blätter jagen🤫
Hast du das Gefühl, das durch das Blätter jagen und mäuseln ihr Jagdtrieb kontrollierbar ist?
 
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Ilona
20. Nov. 06:52
Interessante Diskussion. Meinen PRT-MIX mache ich mit Mäusebuddeln einfach glücklich, zufrieden und ausgeglichen. Eine kontollierte Gelegenheit für mich Abruf unter starker Ablenkung zu üben. Töten darf er nicht. Allerdings fangen wir auch Dachbodenmäuse mit Lebendfallen und bringen die 500 m weit weg. Ich frage mich aber grade, warum es bei einer Katze als "naturgegeben" hingenommen wird, beim Hund wird das ebenfalls natürliche Verhalten unterbunden. Oder man ist sogar empört, wenn es zugelassen wird. Fleisch esse ich auch. ABER: ich bin nicht beim Töten dabei. Macht das den "kleinen" Unterschied?
Du, so hab ich das noch gar nicht gesehen, das es bei Katzen ok ist und bei Hunden nicht. Ich hab Angst, wenn ich Yuna das nach Mäusen buddeln erlauben würde ihr Jagdtrieb noch größer wird...
 
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Ilona
20. Nov. 06:55
Es geht immer um den Sozialverband und die Entscheidungskompetenz. Die allermeisten Hunde leben in der Situation, viel zu viele eigene Entscheidungen zu treffen. Dabei lernt der Hund, dass der Sozialpartner Mensch nicht als Entscheidungsträger taugt, demzufolge nicht im Sinne des Sozialverbands handeln kann und schlussendlich dessen Wohlergehen dem Hund überlassen muss. In der Praxis resultieren daraus Dinge wie fehlende Leinenführung, Leinenaggression, nicht funktionierender Freilauf und das Ausleben des Jagdverhaltens. Ob das Buddeln und Töten von Mäusen das Jagdverhalten hemmt oder fördert, hängt letztlich davon ab, wer darüber entscheidet. Erfolgt Impuls, Freigabe und Beendigung über den Menschen, wird dies unkontrolliertes Jagdverhalten hemmen. Nicht, weil der Hund eine Ersatzbefriedigung hat, sondern weil er seinem Entscheidungsträger Mensch vertraut und folgt. Dazu muss er die Mäuse übrigens nicht zwingend töten, „dürfte“ das aber, wenn der Mensch das für sinnvoll erachtet, weil er beispielsweise keine Mäuse im Keller haben möchte. Damit der Hund vertraut, muss der Mensch sich des Vertrauens würdig erweisen, indem seine Entscheidungen immer dem Vorteil des Hundes dienen. Heißt zum Beispiel, dass der Mensch Hundebegegnungen so steuert, dass der eigene Hund konfliktfrei bleiben kann. Hat man verstanden, wie der Sozialverband funktioniert, wird schnell deutlich, dass der Hund keine „Bespaßung“ im Sinne von Futtersuchspielen braucht, um der Entscheidung des Sozialpartners, nicht eigenständig zu jagen, bereitwillig zu folgen.
Das ist toll erklärt, damit es für mich noch verständlicher ist, könntest du vielleicht noch ein paar Beispiele bringen, was das Vertrauen des Hundes in seinem Menschen angeht und die Vorteile des Hundes bzgl. Entscheidungen des Halters. Danke Dir.
 
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Ilona
20. Nov. 06:59
Wenn der Hund keine Ahnung vom jagen hat und ich das nicht möchte, muss er keinen Jagderfolg haben...habe ich einen jagdlich ambitionierten Hund ist das Jagdinteresse, in meinen Augen, völlig unabhängig von einem Jagderfolg. Ein Jagderfolg ist es ja im Prinzip schon, wenn das Herz höher hüpft bei einer Spur, beim buddeln, beim glotzen riechen und in der Ferne was ausmachen. Das sind alles Erfolgserlebnisse. Ich glaube nicht, das der Hund jagdsicher wird indem man hofft er übt nie seinen Instinkt umzusetzen... Allerdings was nicht gewünscht ist, würde bei jedem Jagdhund natürlich Fragezeichen bei seinem Halter aufwerfen. So wie Katzen uns mäuse aus unterschiedlichen gründen schenken und Frauchen an die Decke springt, oder sogar bestraft.... Natütlich kann man jagdersatz suchen, es muss nicht das wild sein. Mit dem jagdersatz ist es ein win-win Training. Der Hund hat natürlichen Trieb ausgelebt, der Besitzer kann seinen Hund austoben und nebenbei beim Training besser einschätzen und kontrollieren üben. Hunde können absolut unterscheiden ob sie einer Maus hinterherrennen oder eine Meute Wildschweine treibt. Faktisch ist es aber besser sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Das mit , keinen Jagderfolg haben verstehe ich da gar nicht. Was ist wenn wauz eine fliege schnappt? Was wenn wauz hinter euch die Maus zur Strecke bringt weil er sie euch nicht mehr zeigen darf. Das mit dem verbieten des jagderfolgs verstehe ich nicht?! Tickt ein Jagdhund dann nicht irgendwann aus? Bspw. Im Spiel mit anderen Hunden, wo er dann hetzen darf? ... Gerne darf mir das einer Nahe legen.
Ich stimme dir schon zu. Natürlich kann ich nicht verhindern das hundi sich ne Fliege schnappt, oder hinter mir ne Maus platt macht. Aber es heißt doch immer, je mehr Jagderfolg der Hund hat, desto schwieriger ist die Umlenkung. Ich merke, daß mich das Thema echt wuschig macht. Ich glaube, ich muss da noch mal drüber nach denken..
 
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Dogorama-Mitglied
20. Nov. 07:01
Du, so hab ich das noch gar nicht gesehen, das es bei Katzen ok ist und bei Hunden nicht. Ich hab Angst, wenn ich Yuna das nach Mäusen buddeln erlauben würde ihr Jagdtrieb noch größer wird...
Nach meiner Erfahrung wird der Jagdtrieb durch Mäusebuddeln überhaupt nicht beeinflusst, eher umgelenkt auf die Mäuse.

Jagen ist natürliches Hundeverhalten und mir ist immer noch lieber, wenn sie Mäuse buddeln als hinter Rehen oder Hasen herzurennen.
Glaube, wenn sie buddeln, könnte das Reh daneben stehen, sie würden es nicht merken🤣

Ich finde es zwar nicht supertoll, aber ich lasse meine auch buddeln.

Für die Maus ist es definitiv angenehmer vom Hund erwischt zu werden, als von einer Katze.
 
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Kirsten
20. Nov. 07:27
Da hast du wohl Recht. Wie handhabst du es denn?
Mein Hund macht Jagdersatztraining und läuft dort ohne Leine, wo sie Orientierung leisten kann. Jagd auf echte Tiere gibt es bei uns aktuell nicht.

Buddeln ist für mich dort okay, wo sie darin abbrechbar ist und es keine Gefahr für andere darstellt. Mäuse hat sie bisher nicht ausgegraben.

Schweißjagd mit einem befreundeten Jäger wäre aber für mich durchaus eine mögliche Option für die Zukunft, wenn sie sich dafür nicht selbst mit 2 anderen kleinen Problemchen im Weg stehen würde.

Wie so vielen Sachen denke ich, dass es wichtig ist drauf zu schauen, was der Hund draus macht. Der eine Hund mag zufrieden beim Mäuseln bleiben, während ein anderer dadurch Lust auf mehr bekommt.
 
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Ari
20. Nov. 08:40
Simba darf Spuren nachschnüffeln und wenn er einen Hasen entdeckt oder davonlaufen sieht darf er ihm auch nachschauen. Er bleibt nur stehen und schaut gespannt, kurz darauf wirkt er fast verunsichert (?) und geht wieder seines Weges. Also ich glaub dass er da nicht extrem ist mit dem Jagdtrieb.

Aber er ist immer an der normalen oder Schleppleine und darf nichts töten (außer Spinnen und Gelsen wenn ich drinnen eine entdecke)
 
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Digital
20. Nov. 08:44
Ja, kann funktionieren. Aber nicht mit Leckerli und Clicker. Hundeflo hat ein sehr gutes realistisches Training a
 
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Bettina
20. Nov. 09:30
Hast du das Gefühl, das durch das Blätter jagen und mäuseln ihr Jagdtrieb kontrollierbar ist?
Du meinst, dass sie mäuseln und Blätter jagen als Ersatz für "richtiges" Jagen sieht und sie dadurch Hasen, Rehe usw. nicht mehr interessieren? Glaube ich nicht! Ich würde meine Hand zumindest nicht dafür ins Feuer legen. Wir hatten schon Situationen z. B. im Wald, wo kurz vor uns ein Reh über den Weg ist. Allie wäre da vor einigen Monaten noch hysterisch in die Schleppleine gebrettert. In dieser Situation war sie jedoch ansprechbar und wir haben gemeinsam beobachtet. Ich mache mir da aber nichts vor - ohne Leine hätte das sicher anders ausgesehen. Deshalb bleibt sie im Wald generell an der Leine, auch wenn es bei uns keine Leinenpflicht gibt.
Ich denke einfach, dass Jagdtrieb bei Hunden unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Allie ist Jagdhund durch und durch. Durch ihre Beagle-Anteile sehr nasenfixiert. Aber auch Sichtjäger, weshalb wir davon ausgehen, dass da noch was anderes, jagdlich sehr ambitioniertes, mitgemischt hat. Hunde aus dem spanischen Tierschutz haben halt meist Jagdhund-Anteile, damit muss man ein Stück weit leben (können).
Aber nochmal: das ist kein Freibrief, seinen jagenden Hund einfach von der Leine zu lassen.