Dein Hund will AUFMERKSAMKEIT. 😉
Alleine bleiben geht deshalb auch, da ist ja eh nichts los und das habt ihr wahrscheinlich auch trainiert... aber mit Menschen vor der Nase ist es für den Junghund schwer, sich zu kontrollieren - für einen jungen Retriever ist es komplett normal, dass er sich schrecklich über Besuch oder generell Menschen freut, denn wahrscheinlich hat er bisher auch nur positive Erfahrungen gemacht... nur muss er damit umgehen lernen und wissen, was seine Rolle ist. 😉
Ich habe auch Retriever - Goldies - und gerade die Arbeitslinie ist sehr aktiv und impulsiv... total menschenbezogen sind die sowieso. Ich kenne selber die Aufregung bei "Menschenbegegnungen" selber bestens und verbringe einen Großteil des Trainings von Welpenalter an damit, die Hunde in den verschiedensten Gelegenheiten zu "entschleunigen", also Impulskontrolle und Frustrationstoleranz zu üben - wieder "aufheizen" für einen Arbeitseinsatz wie eine Suche kann man den Hund bei Bedarf immer.
Nach der Stärke der Freude deines Hundes zu urteilen wurde vermutlich sogar dieses aufmerksamkeitsfordernde Verhalten durch genau die Aufmerksamkeit, die dein Hund in dem Moment haben will, verstärkt. Auch das kenne ich selber von meinen Hunden, das passiert häufig unbeabsichtigt, weil sich einer dem Hund widmet und ihm z.B. sagt, er soll den Quatsch aufhören, ruhig bleiben, "Sitz" machen usw. - und schon hat der Hund seinen Willen, nämlich Aufmerksamkeit, bekommen und wird beim nächsten Mal noch mehr bellen.
Bei Duda war es unter anderem der Postbote, der sie falsch "programmiert" hat: Dudas Mutter freut sich über den Postboten, weil sie die Post dann zu mir bringen darf und ein Leckerchen erhält, Duda will mitmachen, drängelt sich dazwischen und bellt und springt und der Postbote lobt sie dafür mit "Ja, feine Maus bist du" - nachdem ich das ein paar mal mitbekommen habe, musste ich ihn bitten, Duda zu ignorieren, aber auch an den Effekten von den ganzen Corona-Spaziergängern im Sommer, die an meinem Haus vorbeikamen und Duda die Aufmerksamkeit gegeben haben, wenn sie sich auf die Hinterbeine an den Zaun gestellt und gebellt hat, muss ich jetzt noch arbeiten... 😏
Sich bei Begegnungen mit Menschen auf der Straße ruhig zu verhalten war zeitweilig auch eine große Herausforderung für Duda, aber das geht inzwischen.
Deinem Junghund fehlt es in dem Moment an klaren Verhaltensvorgaben und Impulskontrolle und das ist auch normal, wenn man es nicht schon häufiger mit ihm trainiert hat, sich zu beherrschen, oder man ihm einfach nicht klar kommuniziert hat, wie er sich verhalten soll Stichworte: falsche Signale und Inkonsequenz.
Ins Körbchen schicken, anleinen und ignorieren sind alles praktikable Konzepte, wenn man verpasst hat, dem Hund die Fähigkeiten in solchen Situationen "richtig" zu reagieren, anzutrainieren, und theoretisch eigentlich auch nicht falsch an sich...
Aber das alles alleine verbessert die Situation nicht genügend, weil ohne die positive Verstärkung kein Lerneffekt einsetzt, der Hund also allein gelassen wird, um seine Frustration und Erregung im Körbchen in den Griff zu kriegen.
Die richtige Maßnahme ist meiner Ansicht nach, mehrfach Freunde einzuladen, nur um das Verhalten bei der Begrüßung zu üben und dann den Hund bei sich in der Nähe (bei mir z.B. an den Füßen abgelegt, wenn ich mit irgendwem Kaffee trinke) zu behalten und in Intervallen fürs ruhig bleiben zu belohnen, denn nur so lernt der Hund, dass das das gewünschte Verhalten in dieser Situation ist und dass diese Verhaltensweise ihm den größten Erfolg bringt: Anerkennung von Herrchen und Leckerchen. Und nur so baut der Hund langsam seine Frustrationstoleranz und Impulskontrolle in dieser Situation aus, damit er in ein paar Monaten nicht 10 Minuten in seinem Körbchen braucht, um herunterzukommen, sondern nur 30 Sekunden, in denen er alle einmal begrüßt und sich dann friedlich und leise dazu legt.
Wie jedes Trainingsziel geht das in kleinen Schritten.
Hilfreich ist, sich zu überlegen, wie der Hund sich bei Besuch verhalten sollte und dieses Verhalten - wie ablegen unter Ablenkung - zuerst ohne Besuch einzuüben.
Die ganzen anderen Begegnungen mit Menschen darf man natürlich auch nicht vergessen. Ich habe Duda an der Straße ruhig gehalten mit feinster Hundewurst vom Metzger in der geschlossenen Hand vor ihrer Nase, während ich mich unterhalten habe, und alle 5 ,10 , 20 , 30 Sekunden gab es ein Stückchen und nach ein paar Wochen konnte sie sich bei solchen Begegnungen ruhig verhalten.
Viel Spaß und Erfolg beim Training! ✌️