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Katrin
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zuletzt 1. Sept.

Aversive Erziehungs- und Trainingsmethoden und ihre Folgen!

Alphawurf, Schnauzengriff, treten, kneifen, erschrecken. Diese und viele weitere aversiven Methoden wirken durch Angst und Schmerz. Einer der Gründe warum diese Methoden früher (und mancherorts leider auch noch heute) in Hundeschulen/Vereinen gelehrt wurde war die Dominanztheorie aus den 60/70Jahren. Die Angst das der eigene Hund seinem Besitzer gegenüber dominant auftreten könnte war danach recht groß. In der Vorstellung des Menschen sollte ein Hund jederzeit wissen wo sein Platz in der Hackordnung ist und wer das sagen hat. Schließlich ging es darum unbedingt zu vermeiden das der Vierbeiner sich zum dominanten Alleinherrscher entwickelt der daheim und unterwegs das Ruder an sich reißt. Der Mensch muss schließlich der Rudelführer, der Alpha sein und das ginge nur durch hartes durchgreifen. Leider wurde durch Unwissenheit und Fehleinschätzungen normales Verhalten (stillen von Grundbedürfnissen) als dominates Verhalten gedeutet was dann unbedingt korrigiert bzw bestraft gehörte. Danach folgten so tolle Regeln wie man muss als erster durch Tür, man isst als erster, der Hund darf nicht vor einem laufen usw. Fehlverhalten wurde umgehend bestraft. Leinenruck hier, Schnauzgriff da und sogar ins Nackenfell greifen und schütteln (verursacht Todesangst beim Hund) waren in den 80er Jahren normal. Frei nach dem Motto ich bin der Chef und wer nicht hören will muss fühlen. Leider zeigten diese Methoden auch eine Wirkung. Der Hund begann zu funktionieren. Allerdings aus Angst vor seinem Besitzer oder aus Furcht vor Schmerzen. Schlimmstenfalls wurde er aber so zu einer tickenden Zeitbombe. Die Dominanztheorie die diesen ,,Erziehungstrend" mit ausgelöst hatte wurde inzwischen schon vor Jahrzehnten widerlegt und auch die moderne Hundeerziehung distanziert sich seitdem immer mehr von solchen Methoden. Trotzdem werden sie noch immer als gut gemeinter Ratschlag und Tipp von Hundehalter zu Hundehalter weitergegeben. Zu groß ist die Furcht davor der Hund könnte die Kontrolle übernehmen (will er nicht, ganz im Gegenteil). Begriffe wie Alphatier und Rudelführer können wir aber guten Gewissens in die Tonne kloppen. Das Leben mit Hund ist kein Kampf um den Thron. Den überlässt uns der Vierbeiner sogar sehr gerne. Und wenn er dann doch mal dort Platz nimmt dann nicht weil er regieren möchte sondern einfach nur weil es dort gemütlich ist. Wer von euch kennt noch solche Methoden von früher oder vielleicht sogar noch von heute? Welche Folgen hatte das für die Mensch-Hund Beziehung? Wie steht ihr heute dazu? Wie reagiert ihr auf solche Ratschläge? Liebe Grüße Katrin
 
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Dogorama-Mitglied
23. Feb. 15:41
Was mich immer wieder irritiert, wenn so tutnixe zu vielen hiesigen Hundehaltern kommen, da wird plötzlich die Wasserflaschen, das blockieren mit körpereinsatz (z.b. fuss, knie) , Gegenstände werfen als das Mittel der Wahl favorisiert. Wo bleibt denn da die Unversehrtheit des Hundes? Blöde Doppelmoral, gel!?!
Naja.. es geht ja um beabsichtigte Erziehungsmethoden. Nicht um ggf Gefahrenabwehr. Das macht schon einen entscheidenden Unterschied denke ich. Es wurde ja auch schon darüber diskutiert, dass man sein Verhalten auch anpassen kann wenn man merkt dass der eigene Hund zb eingeschüchtert reagiert. Dann kann ich das reflektieren als "zu aversiv" und es besser machen. einen Fremdhund den man null einschätzen kann... das ist eigentlich nicht machbar.
 
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Mara
23. Feb. 15:42
Ich lese immer wieder den Satz "es kommt auf den Hund an" und ich frage mich, wie muss ein Hund sein, dass aversive (heftigen Widerwillen auslösende) Methoden gerechtfertigt sein sollen ?
Naja es ist doch klar was damit gemeint ist: manche Hunde reagieren sensibel wenn man laut ist, manche haben ohnehin Angst vor Wasser, manche sind total traumatisiert, wenn sie kurz erschreckt werden durch klatschen oder stampfen - anderen reagieren überhaupt nicht auf so etwas. Jeder sollte seinen Hund so gut kennen, um zu wissen, was bei dem jeweiligen Hund funktioniert, ohne ihm zu schaden.
 
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Michi
23. Feb. 15:43
Das kann ich nicht beurteilen ob wir falsch angeleitet wurden...er war ja letztendlich ein Profi
Oh, wenn du wüsstest wieviele schlechte Profis es gibt. Der Ausdruck ist kein Garant für Qualität.
 
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Katrin
23. Feb. 15:43
Was mich immer wieder irritiert, wenn so tutnixe zu vielen hiesigen Hundehaltern kommen, da wird plötzlich die Wasserflaschen, das blockieren mit körpereinsatz (z.b. fuss, knie) , Gegenstände werfen als das Mittel der Wahl favorisiert. Wo bleibt denn da die Unversehrtheit des Hundes? Blöde Doppelmoral, gel!?!
Finde ich einen ungünstigen Vergleich. Zum einen weil die Person den fremden Hund weder erzieht noch trainiert und zum anderen ist ein blocken, wegschicken nicht unbedingt schmerzhaft. Auch hier kommt es auf das wie an. Muss ich meinen Hund wirklich schützen (Fremdhund mit Beschädigungsabsicht) oder reicht ein selbstsichers ,,ab" um den tut nix wieder wegzuschicken. Hier reicht in 99% aller Fälle tatsächlich letzteres.
 
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Michi
23. Feb. 15:44
Finde ich einen ungünstigen Vergleich. Zum einen weil die Person den fremden Hund weder erzieht noch trainiert und zum anderen ist ein blocken, wegschicken nicht unbedingt schmerzhaft. Auch hier kommt es auf das wie an. Muss ich meinen Hund wirklich schützen (Fremdhund mit Beschädigungsabsicht) oder reicht ein selbstsichers ,,ab" um den tut nix wieder wegzuschicken. Hier reicht in 99% aller Fälle tatsächlich letzteres.
Gregor hatte aber von Wasser oder Rütteldosen etc gesprochen...
 
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Sonja
23. Feb. 15:45
Mir geht es halt nicht nur um das Ergebnis, sondern auch um den Weg zum Ergebnis....und um das Wie, wie ein Ergebnis erreicht wird. .....und auf Aversiven Methoden zurück zugreifen um "Zeit zu Sparen" finde ich nicht angemessen. Ein vielleicht überspitzter "Vergleich" Man sagt ja "Kinder lernen erst das Feuer heiss ist wenn sie sich verbrennen" da ist was Wahres dran... Aber rechtfertigt dies z.b. die Hand des Kindes zu nehmen und in eine Kerzenflamme , Herdplatte oder ähnliches zu halten damit es schneller lernt das Feuer heiss ist ? Es also "Aversiv zu erziehen" ?
 
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Dogorama-Mitglied
23. Feb. 15:45
Man muss nicht Psychologie oder Pädagogik studiert haben, um zu wissen, dass Erziehungsmethoden, die auf Demütigung, Erniedrigung, Schmerz-zufügen beruhen, bereits in ihrem gedanklichen Ansatz und in ihrem Menschen- und Hundebild falsch sein müssen. Das kleinste Einmaleins der emotionalen Intelligenz sagt mir, dass Liebe ein Geschenk ist und Freiheit braucht, damit sie aus freiem Willen einem anderen Wesen geschenkt werden kann. Liebe, Achtung, Respekt kannst du nicht erzwingen; Unterwerfung aus Angst und Überlebenswillen kannst du erzwingen. Will ich das? Meine Süße liebt ihre Papas, weil sie sie lieben will, weil sie ein glücklicher Hund ist. Und warum ist sie ein glücklicher Hund? Weil sie Hund sein darf, weil wir ihr Naturell lieben und sie sein lassen, wie sie sein möchte. Und nein, sie tanzt uns nicht auf der Nase rum. Sie diktiert auch nicht die Spielregeln, sondern kam in eine Familie, in der bereits Spielregeln exisierten. Diese musste unsere Hundine kennen lernen und sich in sie hineinfinden, und das hat sie bald getan. Wie ich zuvor schon einmal schrieb: Unser Hundchen ist selbsterziehend. Sie fügt sich in unser System Familie ein. Und wir unterstützen sie dabei, indem wir bestätigen oder auch korrigieren. Und unsere Hundine versteht Korrekturen. Manchmal müssen wir konsequent korrigieren und der jungen Dame ganz stumpf mitteilen, dass wir bestimmte Unarten nicht süß finden - heute nicht, morgen nicht, übermorgen auch nicht. Ohne ein Riesen-Tamtam, ohne Drama, ohne Strafen ... Sie versteht unsere Botschaften ganz ohne Strafen. Sie reagiert auf kleine Signale wie Tonveränderungen, genervter Gesichtsausdruck, das Ausbleiben von Entzücken, entschlossenes "Nö-Süße-das-machen-wir-anders". Liebevolle Erziehung heißt nicht anti-autoritäre Erziehung der 70er Jahre, sondern Vorleben von Werten, Haltung zeigen, Konflikte austragen (ohne Zerreden und Dikussions-Tsunamis) und jedem den Wohlfühlraum geben, den er - Mensch und Tier - zum Glücklichsein braucht. Unsere Süße ist eigentlich völlig unerzogen, aber sie ist ein ganz wunderbar erzogener Hund, der Charm hat, mit dem ich ohne Bedenken überall hingehen kann, ohne sie oder mich oder andere Menschen und Hunde zu gefährden oder zu belästigen. Oh, mein Gott, was habe ich hier wieder zusammengepredigt! Zu spät, nun habt ihr's bereits gelesen. Sonst hätte ich jetzt gesagt: Spart Euch das Lesen; alles Sülze!
Du hast und ein paar vor dir auch, das entscheidende zwischen den Zeilen gesagt. Deine selbstbewusste Haltung, dein überzeugtes und ehrliches denken und das handeln daraus. Das ist der Punkt warum es bei den einen klappt und andere von einem Problem ins nächste rutschen. Hunde sind in der Regel Opportunisten. Sie fühlen sich dort wohl wo es sich richtig anfühlt. Es wurde gefragt wo beginnt aversiv Das beginnt oft genug bei Liebkosungen, wenn der Hund in die Rolle eines Partners oder Kindes gedrückt wird. Sämtliche Bedürfnisse eines Hundes nicht beachtet werden. Der Hund in einer Scheinwelt präsentiert und gehalten wird. Aversiv ist aber auch den Hund nicht zu beachten Das so oft erwähnte anbinden in der Wohnung, das ignorieren in bestimmten Situationen wo der Hund nach Lösung, nach Antwort regelrecht schreit ... Das ist aversiv. Einen Hund körperlich aversiv zu behandeln das fällt sofort auf, das was unter dem Mäntelchen ich lieb ihn doch, ich tu doch alles für ihn, warum ist er so...das ist quälen der Tierseele und das passiert womöglich noch viel viel öfters als das Offensichtliche.
 
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Katrin
23. Feb. 15:46
Gregor hatte aber von Wasser oder Rütteldosen etc gesprochen...
Und vom blockieren
 
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Michi
23. Feb. 15:47
Und vom blockieren
Ich glaube es ging um die " Bewaffnung " habe ich hier bei Dogorama schon öfters bestaunt, dass das für einige ganz normal zu sein scheint...
 
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Cris Tina
23. Feb. 15:49
Ich denke nicht, dass Patrick die Haltung vertritt, dass ein Hund mit Wasser konditioniert werden soll. Das soll es auch nicht sein. Mein unsicherer Schäfermix kam mit 3 Jahre zu mir, voller Ängste und mit der Erfahrung, sowohl geschlagen als auch gebissen geworden zu sein. Anfangs stieg er an mir an mir hoch aus Angst, mit (mir gegenüber zunehmender Sicherheit) ging er an der Leine hoch oder rannte bellend auf oder hinter ebikern zu bzw her. Mit angstauslösenden oder Schmerz zufügenden Methoden hätte ich ihn komplett versaut. Deshalb habe ich ihn selbstverständlich mit Vertrauensaufbau, Distanz einhalten etc erzogen. Als mal ein ebiker in vollem Tempo unerlaubterweise auf einem sehr schmalen Pfad talwärts in unsere Richtung gerast ist, habe ich den Hund auch seitwärts an den Hang gedrückt. Für Ausweichen oder sonst was blieb weder Raum und Zeit und die Alternative wäre gewesen, dass mein Hund in die Leine gehend unter Räder dieses Kerls geraten wäre. Das ist aber nicht meine Erziehungsmethode. "Erzogen" habe ich ihn so, dass er das Problem mir überlassen kann (Ängste sind durchaus noch da), indem ich vorausschaue, ihn bei mir habe, zwischen ihm und Radfahrern gehe. Nun bleibt er ruhig, wenn er merkt, dass ich das Priblem sehe. Wenn natürlich mir und ihm einer lautllos fast in die Hacken fährt, dann bleibt wieder nur Krisenmanagement. Wenn es trotzdem mal passiert, dass er rennend und bellend einen Radfahrer vertreiben möchte (da die ja nuemand erzieht und sie vermehrt durchfahren, wo sie nicht dürfen), dann hole ich ihn und nehme ihn wortlos an die Leine. Da gibt es im Moment such nichts zu erziehen, da er angstgetrieben gehandelt hat. Nachdem meine Hunde es trotz Abbruchsignal und reinholen nicht lassen konnten, am Zaun dem neu zugezogenen völlig unerzogenen an unserem Zaun dauerkläffenden Nachbarshund die Meinung zu bellen ist einmal ein kleine Petflascge mit Münzen zwei Meter neben (!) sie geflogen. Schreck war mässig, kurzes Schütteln der Flasche reichte ab dann und das anschliessende "sch" hat (zumindest vorübergehend) auch der Nachbarshund verstanden. Mit Raum arbeiten hätte bedeutet, dass meine drin bleiben damit Nachbarshund weiterhin draussen an unserem Zaun kläfft. Die beiden hatten wegen der Flasche weder einen Vertrauensverlust noch sind sie gebrochen (weshalb es durchaus noch vorkommt dass sie zurück bellen... aber sie lassen sich nun unterbrechen.) Den Vergleich mit der Kindererziehung finde ich in Bezug auf die Intention passend. Natürlich ist das konkrete Vorgehen anders da die Sprache eine andere ist