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Jacky
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Anzahl der Antworten 19
zuletzt 12. Feb.

Punktuelle Angst/ Erstarren Gassi gehen

Moin zusammen, mein Mann und ich haben eine 9-Monate alte Hündin aus dem Tierschutz adoptiert. Anfangs war sie sehr ängstlich, mittlerweile (sie ist seit seit fast 2 Wochen nun bei uns) fühlt sie sich in der Wohnung Pudelwohl und sicher. Bloß wenn wir rausgehen, erstarrt sie punktuell und geht keinen Schritt mehr, Rute unten, Körper geduckt und manchmal sogar extremes Zittern. Manchmal sind die Auslöser ersichtlich z. B. viele Impulse durch vorbeigehende Menschen (darüber freut sie sich dann aber immer) oder Geräusche von der Straße etc. Sie reagiert aber nie gleich, manchmal sind genau die Geräusche auch gar kein Problem oder wir erkennen keinen Grund, sowohl visuell, als auch akustisch, weshalb sie in diese Starre verfällt. In der Regel gebe ich ihr einen Moment und wir warten einfach ab. Wenn es ganz arg ist, streichel ich sie beruhigend am Bauch oder versuche sie positiv zu motivieren weiterzugehen. Manchmal klappt das, aber ganz oft auch einfach nicht. Deshalb war diese Woche auch schon ein Hundetrainer bei uns. Sie liebt Menschen, daher war das Einfrieren beim gemeinsamen Gassi gehen in der Art wie sonst nicht präsent. Er hat sie, wenn sie ängstlich stehen blieb, freundlich angesprochen und eingeladen weiterzugehen. Das hat geklappt, weil sie sich dann gefreut hat und das auch aufregend für sie war, mit dem „neuen, netten Mann“. Im Alltag klappt das allerdings nicht so. Sie ist dann manchmal wirklich überhaupt nicht ansprechbar. Ich weiß, dass ein langer Atem notwendig ist und ich stehe da auch oft mehrmals bei einer Gassirunde 5-10 Minuten an einer Stelle, aber es muss doch irgendetwas geben, womit ich die Situation positiv beeinflussen kann? An sie herankomme, sie aus der Starre rausholen kann? Mir ist heute aufgefallen, dass sie wenn wir in eine Richtung laufen und sie plötzlich ängstlich stehen bleibt, in die andere Richtung (aus der wir kamen) mitlaufen würde. Kann das eine Lösung sein? So kommen wir allerdings auch nicht an unser Ziel. Weil das dann immer hin und her geht. Wir laufen dann sicherlich 30 Minuten nur hin und her: 5 Meter nach rechts und dann kommt die Angst, dann laufen wir wieder zurück, dann kommt die Angst, dann laufen wir wieder nach rechts usw. Das kann keine Lösung sein? Und soll ich nicht die sein, die weiß wo wir lang wollen und hin laufen? Bin mir wegen der Angst der Hündin einfach unsicher, weil man sagt ja auch, dass man den Hund nicht in die Angst auslösende Situation „zwingen“ soll (auch wenn für mich dann vielleicht kein sichtbare Auslöser der Angst erkenntlich sind). Ich bin echt total überfragt. Kinder liebt sie übrigens auch und freut sich immer riesig. So sind wir einem Schulkind heute hinter her und sie lief so toll bis fast nach Hause, aber das Kind ist vorher wo anders eingebogen, dann ging wieder nichts. 10 Meter vor unserer Haustür standen wir dann wieder. Das ist sicherlich auch nicht richtig, aber ich habe sie dann ins Haus getragen, weil wir da schon mindestens 20 Minuten für nicht mal 1 km Rückweg unterwegs waren. Habt ihr vielleicht Tipps aus eigener Erfahrung heraus? Habe schon hier im Forum gestöbert, aber nichts passendes gefunden 😮‍💨 Lieben Gruß!
 
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Jacky
7. Feb. 18:20
Vielen Dank für die ganzen sehr hilfreichen Rückmeldungen und eigenen Erfahrungsberichte!! ☺️ Das macht wirklich total Mut!

Souveräne Hunde zum gemeinsamen Spazieren gehen haben wir leider noch nicht, aber schon einige positive Kontakte gemacht :)

Leberwurst in der Tube hatte ich bisher noch nicht dabei, das werde ich mal ausprobieren :) die 3er Regel kannte ich auch noch nicht, Danke!

Auf den Arm nehme ich sie nur, wenn wir keinen Schritt mehr Richtung nach Hause machen und ich sie dann zur Haustür trage, sonst würden wir auf ewig draußen stehen bleiben 🙈 Habt ihr da vielleicht noch Tipps? Was macht ihr oder würdet ihr empfehlen, wenn der Hund keinen Schritt mehr geht, auch wenn man quasi kurz vor der Haustür schon ist? Die Leberwursttube könnte Wunder bewirken, vielleicht gibt es noch ein paar Kniffe?
 
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Sue
7. Feb. 18:26
Liebe Jacky,
hier wurden schon viele super Tipps gegeben, denen ich mich gerne anschließe.
Und man unterschätzt einfach wirklich die Zeit, die unsere Tierschutzhunde zum Ankommen brauchen.
Bei uns ist es zwar nicht ganz so gewesen, aber kurze Runden und gleiche Strecke, das ist gut. Unsere hatte z.b. Angst vor der Bushaltestelle und wollte dort nie weiter. Ich habe dann gemerkt, dass es vom Spiegeln in den Scheiben dort kam.
Dann habe ich ihr immer Leckerchen dort hin geworfen und es ging immer besser. Sie war dann auch einfach zu neugierig und verfressen 😊
Ihr werdet das schaffen !
 
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Dogorama-Mitglied
7. Feb. 18:49
Pico hatte am Anfang auch oft Angst und konnte vieles nicht einordnen. Geholfen hat in den Situationen einen Bogen laufen, lange Leine geben und wenn nötig auch mal halt. Jetzt nach zwei Jahren merke ich davon gar nichts mehr (bis auf eine bestimmte Stelle, da wohnt ein böser Hund) und er läuft selbstbewusst, mit freudig erhobener Rute durch die Stadt.

Mir hat es geholfen regelmäßig mal zurück zu schauen und zu sehen wie weit wir schon gekommen sind. Im Alltag fällt einem oft nicht auf wieviel man schon erreicht hat. Nach einem Jahr waren zum Beispiel entspannte Spaziergänge normal und der Schreck kam nur noch selten. Heute geht Pico (meistens) perfekt am Halsband oder im Freilauf. Wenn das mal nicht so läuft, dann denk ich daran zurück wie es früher war und bin richtig stolz auf Pico.
Ich wünsche euch eine schöne Reise mit ganz vielen kleinen und großen Erfolgen ❤️
 
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Dogorama-Mitglied
10. Feb. 16:46
Leberwursttube ist auch unser Begleiter. Wir haben auch so eine Angstmaus. Bei uns ist Ruhe, Zeit, Geduld und sehr viel Lob die Lösung. Sie benötigen erst einmal Selbstbewusstsein und Vertrauen um vieles Bewältigen zu können. Das häufige Stehen bleiben nennt man einfrieren und ist erst einmal eine Strategie um mit der Angst umzugehen. Manche Hunde fliehen auch oder verbellen das Objekt. Das sie wenn ihr zurück lauft euch wieder folgt ist klar, weil ihr euch dann von der Gruselsache entfernt. Du willst ja das sie euch vertraut und euch bei jedem Weg folgt. Hierfür benötigen ängstliche Hunde vor allem Zeit und ihr Selbstbewusstsein muss durch sehr viel Lob und viele positive Erlebnisse aufgebaut werden. Das nötige Vertrauen baust du auf wenn sie viele positive Erfahrungen gemeinsam mit euch sammelt und du sie nicht in Situationen hinein zwingst die sie nicht bewältigen kann. Wir haben folgendes verändert um die Ängste zu überwinden. Wir haben gelernt viel langsamer spazieren zu gehen, um ihr genügend Zeit zu geben alles zu checken und verarbeiten zu können. Schnüffelt Sie nicht mehr laufen wir zu schnell. Fängt sie wieder an zu schnüffeln dann entspannt sie sich. Bleibt sie stehen, dann Hocke ich mich hin und biete ihr Schutz. Wir verweilen dann kurz bis sie wieder entspannt. Jedes freiwillige Laufen in solchen Situationen wird gelobt und ich streichle sie. An gruseligen Dingen führe ich sie je nach Angsstärke entweder im Bogen mit angedogter Leberwursttube vorbei oder ganz vorsichtig heran. Ich lasse sie an gruseligen Orten auch sehr viele Lecklis suchen, denn das entspannt sie. Wir bauen immer kleine Pausen ein um herunterzufahren und sie schauen zu lassen. Wir machen gemeinsam Parkours und Hundesport um ihr Selbstbewusstsein aufzubauen. Zusätzlich werden wir dadurch ein Team. An Ecken und Abbiegen bzw wenn wir aus der Tür gehen, gehe ich voraus und zeige ihr das ich die Lage checke und alles ok ist. Das sind unsere Strategien um mit den Ängsten umzugehen. Vielleicht ist ja etwas für euch dabei. Ich wünsche viel Geduld und Spaß mit der Maus 🍀🍀🍀🍀
 
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Jochen
10. Feb. 18:40
Ja, gute Tipps hier und du macht das ja auch schon ganz toll. Vertrauen zu euch und Selbstvertrauen des Hundes muss mE. an oberster Stelle stehen. Nicht zu viel erwarten am Anfang und eine echte Bindung zu euch dauert ca. 1 Jahr.
Er scheint ja nur mäßige Angst oder gar nur Unsicherheit zu haben. Das wird.

Am besten ist, ihn am Anfang nicht zu vielen Reizen auszusetzen. Kleine, immer gleiche Runden am besten im Outback oder zu Zeiten, an denen nichts los ist.

Ganz wichtig ist auch zu bedenken, dass es nicht nur positive neue Erfahrungen gibt. Man meint ja irgendwie immer, der Hund verknüpft nur noch Gutes. Habe es schon oft erlebt, dass manche Situationen schon in Ordnung waren und dann ist plötzlich was Blödes passiert (zB. knatterndes Auto oder hämmernde Handwerker auf einem Dach, blöde Hunde und und und) und die Situation/der Ort ist vergiftet. Dh. du musst am besten immer planen sowas vorherzusehen, dass das erträgliche Maß nie überschritten wird. Das klappt natürlich nicht immer, weil man manches eben nicht planen kann.
 
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Jacky
11. Feb. 11:53
Vielen Dank für die ganzen tollen und sehr hilfreichen Tipps! 🫶🏻 Wir verzeichnen dadurch bereits tolle Erfolge und die läuft schon viel besser :) Das gemeinsame Erkunden klappt prima und sie wird das über die Zeit sicherlich immer souveräner meistern:) Wir haben jetzt auch einfach kein Ziel mehr vor Augen und lassen uns bei jedem Spaziergang überraschen wohin es geht 😄 Mir hat es zudem geholfen mir etwas Musik auf die Ohren zu machen, um selbst entspannter und automatisch gut gelaunt bei den Spaziergängen zu sein 🎶😇
 
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Annett
11. Feb. 15:38
Vielen Dank für die ganzen tollen und sehr hilfreichen Tipps! 🫶🏻 Wir verzeichnen dadurch bereits tolle Erfolge und die läuft schon viel besser :) Das gemeinsame Erkunden klappt prima und sie wird das über die Zeit sicherlich immer souveräner meistern:) Wir haben jetzt auch einfach kein Ziel mehr vor Augen und lassen uns bei jedem Spaziergang überraschen wohin es geht 😄 Mir hat es zudem geholfen mir etwas Musik auf die Ohren zu machen, um selbst entspannter und automatisch gut gelaunt bei den Spaziergängen zu sein 🎶😇
Das klingt doch schonmal gut. Ich bin sicher, das wird schon. 👍👍Wie gesagt, 2 Wochen ist gar nichts. Da ist auch noch kein Hund richtig angekommen, der aus idealen Verhältnissen stammt.
 
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Friedel
11. Feb. 16:33
Evtl. zur Seite abbiegen? Bögen läufen. Etwas seitlich interessant machen, um von dem davorne abzulenken. Vielleicht sogar im spitzen Winkel. Im Zickzack geht es vielleicht auch vorwärts. Es sei denn es ist was seitlich, woran er nicht vorbei will, dann Bogen drumrum und du gehst zwischem deinem Hund und dem beängstigenden. Wenn du weißt was es ist, auch tatsächlich selbst hingehen und anfassen, wie oben schon beschrieben, aber nicht zu viel auf einem Spaziergang. Er muss das ja auch verarbeiten können.
 
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KATHRIN
12. Feb. 09:28
Hey, ich kann mich im Grunde bei vielem nur anschließen. 2 Wochen ist nichts und sie hat super viele Reize zu verarbeiten. Ich hab das bei meiner Hündin aus dem Tierschutz immer "Systemabsturz" genannt. Man unterschätzt das total. Also, kurze Spaziergänge, ggf. Inselspaziergänge (kann man googlen), und auch gern ein Markerwort aufbauen, so das ein Leckerli fliegt, wenn ein Reiz gruselig scheint... Geduld... Man überfordert die Hunde am Anfang sehr. Man meint es gut, aber es ist oft einfach viel zuviel an Reizen. Bei uns hat sich die Situation nach 3 Monaten (!) gebessert. Je nachdem, wo der Hund herkommt, hat er ja vieles noch nie gesehen/gerochen/gehört, und v.a. nicht in der Dichte. Muss bei euch ja nicht so sein, aber 2 Wochen sind wirklich absolut nichts. Und definitv nicht in Situationen zwingen. Sie soll dir ja lernen zu Vertrauen.