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zuletzt 31. Aug.

Ängstliche Hündin Alltag, innerlicher Umgang

Hallo ihr Lieben, ich bin Besitzerin einer sehr unsicheren, ängstlichen Hündin mit viel Thema mit Geräuschen. Es gibt Phasen, da geht es ihr recht gut, dann wieder welche in denen es längere Zeit nicht so gut läuft. Gerade dieses Jahr auch durch lange Schonung des Beinchens und weniger Auslastungsmöglichkeiten. Die genaueren Themen würden von meiner eigentlichen Frage ablenken, daher nur so grob. Wenn ihr Besitzer eines Hundes seid, der auch im Alltag sehr unsicher und ängstlich ist, sich schnell zurückzieht, evtl auch Zuhause, würden mich die Antworten besonders interessieren: - wie geht ihr innerlich mit den Auf und Abs um? - was lässt euch die Hoffnung behalten? - habt ihr Sorgen, dass es sich verschlimmern könnte? Ob durch Umstände oder Fehler die ihr vll macht? (Selbst mit Trainer kann ja einiges nicht funktionieren, sich irren etc) Schließlich muss man ja auch dann viel testen was geht und was nicht. - was lässt euch innerlich stabiler bleiben, wenn ihr seht dem Hund geht es grad nicht gut? Also im Großen und Ganzen, was habt ihr für ein Mindset in dem Zusammenhang? Liebe Grüße
 
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Sonja
Beliebteste Antwort
30. Aug. 09:55
Wir haben Yoshi, nicht sozialisierter Vermehrer-Hund. Es hat 1,5 geduldige Jahre gebraucht, bis mein Mann ihn richtig anfassen durfte. Er weicht nach 2,5 Jahren immer noch oft zurück.

Mitte Juni ist Ella dazu gekommen, TS-Hund. Hat die erste Woche in ihrer Box verbracht. Sie erschrickt vor allem, besonders vor Geräuschen. Wenn sie den Ursprung nicht ergründen kann, bekommt sie auch mal Panik. Sie ist neugierig, fasst langsam Vertrauen.

Bei Beiden habe ich keine Erwartungshaltung. Ich habe kein Bild im Kopf, wie sie werden sollen. Auch nicht die Erwartung, dass Erfolge dauerhaft sein müssen.
Wir leben im Jetzt. Wenn einer Angst/Panik hat, gehen wir darauf ein. Wir untersuchen alles, was gruselig ist, gemeinsam. Wir lassen ihnen dabei immer den Raum, den sie brauchen.
Bei Yoshi gab es Entwicklungssprünge, als wir mit Agility angefangen haben. Weil er da eine klar definierte Aufgabe hat, von der er weiß, dass er sie bewältigen kann. Auch wenn Tunnel und Steg anfangs Endgegner waren.

Ich freue mich über jeden Erfolg, jeden Fortschritt. Rückschritte gehören zu der Entwicklung dazu, daher nehme ich sie hin. Reflektiere viel, versuche, aus meinen Fehlern zu lernen.
Den Beiden geht es nicht dauerhaft schlecht, daher mache ich mir darüber nicht so viele Gedanken.
 
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Ina
30. Aug. 09:36
Hallo TC,

Mein Yaco ist in seiner Grundhaltung dem Menschen gegenüber ängstlich bis misstrauisch. Er kommt aus Spanien und hat dort sicher nicht Gutes erlebt.
Er hat lange gebraucht, ca 1 Jahr um bei uns anzukommen.
Yaco lebt jetzt 5 Jahre bei uns, hat Vertrauen zu uns, doch dieses Vertrauen ist immer brüchig.
Auch diese Veränderung im Tagesverhalten kenne ich sehr gut. Was gestern kein Problem war, kann heute ganz anders sein.

Ich habe über die Jahre festgestellt:
Es wird über die Zeit immer besser. Zwar in winzigen kleinen Schritten, aber es wird. Manchmal geht es einen großen Schritt zurück und ich bin gefrustet und frage mich was los ist? Aber 2 Tage später ist der Rückschritt wieder aufgeholt.
Bei Yaco ist es oft, dass er Nachts schlecht geträumt hat und dann tagsüber so verändert ist. So gehe ich damit dann auch um. Ich sage mir, er hat schlecht geschlafen, heute ist ein schlechter Tag, morgen ist ein neuer Tag.
Soweit zu meinem Umgang. Ich nehme es nicht persönlich, versuche aber emphatisch an ihm und seinem Erleben teilzuhaben.

Was Yaco in seiner Unsicherheit sehr geholfen hat ist das Entspannungssignal. Kennst du das?
 
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Ina
30. Aug. 09:39
Hier noch zum Entspannungssignal:

https://dogorama.app/de-de/forum/Erziehung_Training/Die_Macht_des_Entspannungssignals-GIZ6UJEgWsY33d8ZfhW0/
 
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Sonja
30. Aug. 09:55
Wir haben Yoshi, nicht sozialisierter Vermehrer-Hund. Es hat 1,5 geduldige Jahre gebraucht, bis mein Mann ihn richtig anfassen durfte. Er weicht nach 2,5 Jahren immer noch oft zurück.

Mitte Juni ist Ella dazu gekommen, TS-Hund. Hat die erste Woche in ihrer Box verbracht. Sie erschrickt vor allem, besonders vor Geräuschen. Wenn sie den Ursprung nicht ergründen kann, bekommt sie auch mal Panik. Sie ist neugierig, fasst langsam Vertrauen.

Bei Beiden habe ich keine Erwartungshaltung. Ich habe kein Bild im Kopf, wie sie werden sollen. Auch nicht die Erwartung, dass Erfolge dauerhaft sein müssen.
Wir leben im Jetzt. Wenn einer Angst/Panik hat, gehen wir darauf ein. Wir untersuchen alles, was gruselig ist, gemeinsam. Wir lassen ihnen dabei immer den Raum, den sie brauchen.
Bei Yoshi gab es Entwicklungssprünge, als wir mit Agility angefangen haben. Weil er da eine klar definierte Aufgabe hat, von der er weiß, dass er sie bewältigen kann. Auch wenn Tunnel und Steg anfangs Endgegner waren.

Ich freue mich über jeden Erfolg, jeden Fortschritt. Rückschritte gehören zu der Entwicklung dazu, daher nehme ich sie hin. Reflektiere viel, versuche, aus meinen Fehlern zu lernen.
Den Beiden geht es nicht dauerhaft schlecht, daher mache ich mir darüber nicht so viele Gedanken.
 
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T
30. Aug. 10:05
Hier noch zum Entspannungssignal: https://dogorama.app/de-de/forum/Erziehung_Training/Die_Macht_des_Entspannungssignals-GIZ6UJEgWsY33d8ZfhW0/
Danke, das kenne ich. :)

Vielen Dank euch für die schnellen Antworten!

Noch ein paar zusätzliche Fragen. Mir fehlte immer der Austausch und ich finde es schön mehr zu erfahren wie es anderen geht um mir eine Scheibe abzuschneiden. Habe momentan meine Mitte verloren. Schließlich will ich ja als gute Orientierung dienen. :)
Vergleicht ihr mit "normalen" Hunden? Kommt ihr gut mit der evtl negativen Beurteilung eurer Person klar durch andere weil der Hund zb durch pöbeln auffällig wird, nicht raus mag zum Gassi etc?
Manchmal habe ich das überzogene Gefühl, als müsste ich sie, auch zuhause vor allem beschützen, auf sie achten, aber Rund um die Uhr auf den Hund eingehen und gucken ob alles ok ist, geht ja auch nicht. Schon gar nicht vor Alltagsgeräuschen und lüften etc will ich ja auch. Vll anders formuliert: Wieviel schränkt ihr euch in eurer Freiheit dem Hund zuliebe ein bzw würdet es? Wie macht ihr das?
Wie geht ihr mit Zweifeln um ob ihr in einer Situation richtig handelt/managed? Es ist in manchen Punkten ja auch eine Frage des Gleichgewichts.
 
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Ulrike
30. Aug. 10:28
Ich habe zu meinem Bordercollie Ben (15J., lebt srit er 9 Wochen alt ist bei mir) die Aussie- Podenco- Hündin Viki aus dem rumänischen Tierschutz mit knapp 10 J. aufgenommen: sehr ängstlich, schreckhaft, Männer total gruselig, Fremde auch...🙈 Es war ein langer Weg, sie ist jetzt 2,5J. bei uns und zieht sich tagsüber seit etwa 3 Monaten nicht mehr ins Obergeschoß zurück, sondern bleibt unten bei uns. Es war ein schwieriges Balancespiel und es hat über 1 Jahr gedauert, bis sie mein erwachsener Sohn zu Gesicht bekommen hat....😉 Heute ist sie durch Vertrauen, gute Bindung und ihr Vorbild Ben relativ umweltsicher. Ich denke nicht darüber nach, was sie vermutlich erlebt haben mag, sondern ich freue mich einfach täglich an ihren tollen Eigenschaften: Sehen, was schon klappt, finde ich besser als sich nach den Dingen zu schauen, die sich noch verbessern sollten. 😉 Zeit und viel Geduld helfen sehr! 🙋‍♀️
 
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↫𝑱𝒂𝒔𝒎𝒊𝒏
30. Aug. 10:29
Ich habe(hatte) einen sehr ängstlichen Hund(Angst vorallem und jeden) und einen der schlecht sozialisiert ist/war(mutterlos großgeworden,gemobbt,mochte Hunde und Menschen nicht) und beide sind kurz nach Ankunft auch noch in die Pubertät gekommen. Wie geht man damit um? Oft habe ich auch nur geheult und dachte ich lande bald in der Klapse ,überspitzt formuliert 😆 Man ist nur ein Mensch ,der genauso auf und ab's hat und das muss man sich selbst 'verzeihen'können.
Über ein gutes Jahr später sieht es jetzt schon ganz anders aus. Der Ängstliche ist es nicht mehr ,der Andere ist zwar noch immer grantig bei manchen Hunden ,akzeptiert aber größtenteils Menschen,was vorher undenkbar schien. Klingt wie eine dumme Floskel ,aber es braucht Zeit,Geduld und Verbundenheit. Zeit bedeutet manchmal auch wirklich viiieeel Zeit. Wir Menschen halten uns manchmal zu lange mit dem auf was alles(vermeintlich) negativ ist/nicht klappt und vergessen dabei,dass es auch etliche positive Veränderungen gibt,die wir nicht genügend würdigen. Das macht die Seele nur schwer,wenn es nicht produktive Kritik ist. Man muss manche Erwartungen etwas beiseite wischen und mit dem arbeiten WIE es eben ist. Denn 'Overthinking' ist Mist.
 
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Katharina
30. Aug. 10:38
Das finde ich keine schwierige Frage. Ich würde einfach immer innnerlich für den Hund eine Führungskraft sein. Ich würde mich deshalb nicht lange mit den Ängsten abgeben sondern ihm immer nur eine Stütze sein. Ihm in jeder Situation die Möglichkeit geben bei dir die Sicherheit zu finden. Du kannst ihm ja eh nicht die Ängste abnehmen. Aber du kannst immer als fester immer gleich bleibender Fels da sein. Also so auf die Artdu bist der Fels hinter den sie sich verstecken kann, auf den sie klettern kann usw. Der ist immer da und der verändert sich nicht. Und tatsächlich ist es bei ängstlichen Hunden auch wichtig wie ein Fels emotionslos zu bleiben. Was nicht gleichzusetzen ist mit empathielos. Denn oft hilft es dem Hund mehr eine schwieriges Situation zu meistern wenn da nicht viel Puls oder so dabei mitspielt.
Also kurz gesagt mindset ist: Fels in der Brandung sein 🪨
 
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T
30. Aug. 10:42
Ihr seid super! Das hilft mir alles schon sehr. Vieles weiß ich, aber es nochmal zu lesen von auch selbst Betroffenen ist toll!
 
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Elisa
30. Aug. 10:59
Unser Urmel ist jetzt über 1Jahr bei uns, lebte davor 3 Jahre in Griechenland (2Jahre davon Zwinger).
Er hat anfangs nicht geschlafen, sehr ängstlich und alles. Vorallem in Räumen war ne Katastrophe.
Er hat inzwischen eine Box im Bad, seitdem schläft er durch. Er war auch schon 2x mit im Urlaub und sowas macht er 1a mit, besser als manch Hund ohne Vorgeschichte.
Allerdings sucht er sich immer, egal wo das Bad als seinen Raum aus und verlässt diesen dann auch kaum.
Er ist nach wie vor etwas sehr angeknipst, aber mit dem Kommando"Leg dich hin" weiß er, er soll Ruhen und es passiert nix interessantes.
Draußen ist natürlich je nach Tagesform. Er läuft nur mit ganz kurzer Leine. Kinder und Kinderwagen machen im Angst und Licht ist ganz schlimm.
Wir haben 6Monate eine Online Hundeschule mitgemacht und natürlich ist man jeden Tag am trainieren,neu auf den Hund einstellen etc. Aber mit Ruhe und Hilfe suchen klappt es sehr gut.
Uns hilft zudem CBD Öl und es gibt für Hunde Ohrenschützer gegen Geräusche und so dickere Schlauchtücher. Das werden wir um Silvester rum mal probieren.
 
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Ina
30. Aug. 11:40
Yaco kam zu meiner „normalen“ Hündin Amy🌈 dazu. Und die beiden liessen sich in keinster Weise vergleichen! Ich verstehe sehr gut was du meinst!
Yaco lässt sich mit einem „normalen“ Hund überhaupt nicht vergleichen, auch wenn ein Außenstehender das sicher nicht erkennen kann!
Yaco funktioniert in meinem Alltag wunderbar. Aber er funktioniert nicht auf Knopfdruck, wenn es sein muss. Nicht wenn eine Erwartungshaltung von mir (oder durch andere, die mir Druck machen) dahinter steht. Ich muss mich immer auf das, was er leisten kann einlassen und ihm die Zeit geben, die er braucht. Es hat einige Zeit gebraucht, bis ich gelernt habe mich von der Erwartung anderer Personen frei zu machen. Als Beispiel: Yaco geht mit mir gut Gassi, hört super. Kaum ist meine Schwiegermutter dabei funktioniert nichts. Warum? Weil er dann funktionieren soll (Bemerkungen der Schwiegermutter machen mir Druck). Seit ich hier die Fronten geklärt habe, können wir prima auch mit Schwiegermutter zusammen gehen. ☺️
Gassi gehen mag Yaco auch oft nicht. Aus verschiedenen Gründen: er verlässt grundsätzlich nicht gerne das Haus (Trauma vom Ausgesetzt werden), er mag nur gutes Wetter, er ist kein besonderer Läufer, und außerdem ist das Sofa und der Garten doch wunderbar! 😁 Und dann kommt noch die Angst/ Unbehagen vor dem Wetter dazu.
Je nachdem welche Motivation von seiner Seite dahinter steht und was meine Bedürfnisse sind, gehen wir Gassi oder auch nicht. Ich zwinge ihn eigentlich nie zu etwas, sondern lade ihn ein, versuche ihn von meiner tollen Idee zu überzeugen. Das klappt sehr oft. Und wenn er draußen wirklich nicht will, gehen wir noch 10 m weiter (damit ich meinen Willen durchsetze) und dann drehen wir um.
Den Hund „beschützen“ tue ich nicht, ich bringe ihn immer wieder in Situationen, die an oder über seine Grenzen gehen. Aber immer in meiner Begleitung, immer so, dass er merkt, er findet Schutz und Halt bei mir. Die Situation ist im gruselig, aber er geht daraus gestärkt hervor.
Wenn ich ihn aber nicht begleiten kann, dann betreibe ich Management und versuche für ihn die Situation gut zu gestalten. ZB. Er hat vor Wind bei bestimmter Wetterlage Angst. Tagsüber begleite ich ihn dabei und schließe keine Fenster etc wegen ihm. Nachts möchte ich schlafen, ich mache die Fenster zu als Management.
Yaco ist in seinen Emotionen extrem sprunghaft. Er kuschelt sich auf dem Sofa von selbst an Herrli, plötzlich ist ihm der Kontakt zu nahe und er beißt ihn in die Hand (beißen mit Aua und Zahnabdruck, keine Verletzung).
Konsequenzen: Yaco muss vom Sofa runter ins Körbchen. Mir bricht bei seinem Anblick das Herz. Ob er das wirklich verstanden hat, ich weiß es nicht. Er war sooo unterwürfig und vorsichtig in der Folge. Ich bleibe dann ganz normal, so wie immer.
Mir ist klar, dass Yaco seine negativen Emotionen schlecht steuern kann, aber beissen muss auch eine Konsequenz haben. Ich hoffe, dass es über lange Zeit zu Erfolg führt.
Grundsätzlich schränke ich mich wegen Yaco nicht anders oder mehr ein als bei es bei jedem Hund notwendig ist.