HANDFÜTTERUNG – und Bindung
Aus dem Buch Sophie Strodtbeck (Tierärztin) und Bernd Schröder (Tierphysiologe): Ernährung & Verhalten beim Hund
In einem Kapitel wird erklärt, warum reine Handfütterung nicht zu empfehlen ist und warum es nichts mit Bindung zu tun hat.
Bei der reinen Handfütterung geht es um Ressourcenverwaltung des Menschen und darum, dass Hund nur über Kooperation mit dem Menschen an Futter kommt. Begründet wird es mit der Biologie der Hund, die im Rudel auch nur was vom Futter abbekommen, wenn sie bei der Jagd mithelfen.
Wenn man es aber mal in der Realität mit dem Wolf vergleicht, bekommen die Welpen von der Mutter die besten Futterbrocken, die Junghunde bekommen einfach so Zugang zum Beutetier und wenn sie dann soweit sind und auf die Jagd mit dürfen/sollen, dann stehen sie zu beginn erst mal blöd im Weg rum, weil sie ja erst mal alles lernen müssen und trotzdem bekommen sie von der Beute etwas ab. Somit ist das schon mal nicht wirklich vergleichbar.
Aber abgesehen davon weißt sie sehr gut auf das eigentliche Problem hin:
Eine unsichere Ernährungslage ist nicht gut für die Hunde, erst recht für Junghunde.
Es stresst die Hunde (wie uns Menschen übrigens auch, wenn wir nicht wissen, ob und wann wir was zu Essen bekommen und wir dabei auch noch hungrig sind)
Bei Hunden, bei denen die reine Handfütterung durchgehend angewendet wurde, sah man entweder eine Futteraggression oder sie wurden depressiv, da das Futter dadurch eine unnötig wichtige Ressource wird.
Zudem zeigen diese Hunde draußen kein Erkundungsverhalten mehr, weil sie nur noch in Erwartungshaltung sind, wann sie von ihrem Halter etwas zu futtern bekommen
Die Hunde sind weniger neugierig und leben ihr natürliches Erkundungsverhalten nicht mehr aus und haben dadurch extra Stress! Egal wie toll es ist, dass Hunde ihren Halter „anhimmeln“, sie sollten beim Spazieren gehen andern Reizen folgen dürfen.
Dazu kommt, dass man unter Stress und mit leerem Magen auch nicht wirklich gut lernen kann, da das Hirn einen hohen Energiebedarf hat, der durch den Stress gebremst wird.
Außerdem werden Situationen mit Futter allgemein unentspannter, weil Hund in entsprechenden Situationen eh schon in einer hohen Erwartungshaltung ist.
Eine reine Handfütterung hat mit Bindung nichts zu tun. Für Bindung ist das Hormon Oxytocin verantwortlich und das hat mit Futter nichts zu tun. Oxytocin wird ausgeschüttet:
beim Spiel mit dem Hund
entspanntes kuscheln
netter Blickkontakt
usw…
=> Also mit netter und intensiver Beschäftigung mit dem Hund inkl. Körperkontakt
d. h. jedoch nicht, dass gar nicht mit der Hand gefüttert werden darf, es bezieht sich nur auf die reine Handfütterung. Im Buch wird empfohlen, dem Hund mind. 50% (darf auch gerne mehr sein) der täglichen Ration zur freien Verfügung zu stellen, bei Hunden mit Stressproblemen, am besten gleich morgens, so dass sie den Stress von Hunger und unsicherer Ernährungslage direkt zum Tagesbeginn ablegen können.