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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 12. Mai

Zwerghunde und die "bösen Grossen"

(HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) Gerade häufen sich mal wieder die Threads und Beiträge zum Thema winzige Hunde, die vor den angeblich so zahlreichen ungezogenen, normalgrossen Hunden beschützt werden müssen. Einerseits sollte natürlich jeder HH darum bemüht seinen, sein Tier zu weitgehend verträglichem, höflichen Verhalten zu erziehen und es so zu führen, dass es seine Umwelt nicht gefährdet. Andererseits stellt sich mir schon die Frage, woher Menschen, die absichtlich zu den problembehafteten (gesundheitliche, körperbauliche und kommunikationstechnische Probleme) Klein- und Zwergzuchten greifen, die Vorstellung nehmen, dass Halter grösserer Hunde sich in der Führung derselben nochmal extra einschränken müssten, um den künstlich produzierten speziellen Bedürfnissen dieser züchterischen Entgleisungen gerecht zu werden. Für mich fühlt sich das an wie Logik von innen nach aussen gestülpt - zuerst wird absichtlich ein Problem produziert, an das sich dann alle anzupassen haben...? Wie wär's stattdessen damit, das Problem ansich zu beheben? (HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) [Dies ist eine Grundsatzfrage, Beiträge nach dem Motto "soll jetzt jeder bereits existente kleine Hund von grösseren verletzt werden dürfen?" würden an der Intention des Threads total vorbeigehen. Und nein, natürlich sollten sie das nicht.]
 
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Steffi
3. Feb. 15:19
Ja, das stimmt, Bellen ist nicht so leicht ‚unsichtbar‘ zu machen wie Jagen, weil es sofort hörbar ist. Aber genau das ist ja mein Punkt: Es wird oft nicht als etwas angesehen, was man in gleichem Maß kontrollieren oder beeinflussen sollte, wie andere Verhaltensweisen. Wenn man Jagdverhalten als Problem ansieht, wird meist erwartet, dass man daran arbeitet. Aber beim Bellen scheint das oft nicht der Fall zu sein. Mir geht es also nicht darum, ob ein Verhalten auffällt oder nicht, sondern darum, ob gesellschaftlich unterschieden wird, was als ‚erwartbarer Aufwand‘ für Training gilt.
Meinst Du Erwartung aus Sicht des Halters oder Anderer? Ich habe den Eindruck, dass gerade bei unangemessenem Bellen erwartet wird, dass dies durch den Halter in den Griff zu bekommen ist und dass es ein leicht zu behebendes Problem ist. Beim Jagdhund sehe ich gesellschaftlich mehr Toleranz... Oder habe ich dich falsch verstanden?
 
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Dogorama-Mitglied
3. Feb. 15:20
Ich kenne dazu auch noch einige Studien mehr. Da ging es unter anderem um Persönlichkeitseigenschaften. Ähnliches Ergebnis. Spannend wäre es die Ergebnisse in einer Metaanalyse zu betrachten - aber das gehört hier nicht her. ☺️
Magst du dazu vielleicht einen Thread aufmachen? Ich fände das Thema interessant.
 
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Dogorama-Mitglied
3. Feb. 15:22
Ich finde es schade wenn man als Hundehalter sich was Verhalten angeht nach dem richtet was die Gesellschaft gerne möchte. Kläffen ist in erster Linie Stress für den Hund. Das alleine sollte eigentlich reichen um etwas dagegen zu tun. Ganz unabhängig davon ob es mich selbst oder andere nervt.
Naja, ein dauerkläffender Hund ist aber schon eine echte Zumutung für die Umgebung, darauf Rücksicht zu nehmen fände ich schon auch wichtig.
 
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Sonja
3. Feb. 15:23
So ist ist - laut Studie. Ich sag doch nicht, dass das nun der heilige Gral ist. Aber suuuuper interessant 🥹
Studie ist nicht gleich Studie und auch sie wollen interpretiert werden. Ich interpretiere die Ergebnisse ehrlich gesagt anders als du das hier beschreibst. Das führt aber in der Tat in diesem Thread zu weit. Kurzum möchte ich dazu nur sagen, dass es mitnichten so ist, dass es praktisch keinerlei Rasseeigenschaften geben würde und man mal eben aus nem Apfel ne Birne macht. Selbst mit den besten Absichten nicht.
 
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Dogorama-Mitglied
3. Feb. 15:24
Magst du dazu vielleicht einen Thread aufmachen? Ich fände das Thema interessant.
Schon erledigt 😉
 
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Dogorama-Mitglied
3. Feb. 15:30
Meinst Du Erwartung aus Sicht des Halters oder Anderer? Ich habe den Eindruck, dass gerade bei unangemessenem Bellen erwartet wird, dass dies durch den Halter in den Griff zu bekommen ist und dass es ein leicht zu behebendes Problem ist. Beim Jagdhund sehe ich gesellschaftlich mehr Toleranz... Oder habe ich dich falsch verstanden?
Ich meinte damit eher, dass bestimmte Verhaltensweisen gesellschaftlich unterschiedlich bewertet werden, wenn es darum geht, ob sie ‘aberziehbar’ sind oder nicht. Zum Beispiel wird bei einem Jagdhund häufig erwartet, dass er sein Jagdverhalten kontrollieren kann – und das kann er ja auch. Ein gut ausgebildeter Jagdhund hetzt nicht einfach blind hinter Wild her, sondern arbeitet in Abstimmung mit seinem Jäger.

Gleichzeitig gibt es andere Verhaltensweisen, wie z. B. Bellen, bei denen diese Erwartung viel weniger stark ausgeprägt ist. Obwohl es auch hier evolutionäre Ursachen gibt – wie es unten bereits angesprochen wurde –, scheint es gesellschaftlich weniger wichtig zu sein, das Verhalten zu regulieren.

Und genau da sehe ich eine Dissonanz: Bestimmte Verhaltensweisen sollen kontrolliert werden, während andere als ‘gegeben’ oder ‘harmlos’ hingenommen werden. Und ich denke, dass das sehr stark mit der Größe des Hundes zusammenhängt. Ich bin mir sicher, dass ein kleiner Hund, der jagt, weniger kritisch gesehen würde als mein Weimaraner, wenn er ein Reh hetzen würde – einfach weil das Bild eines jagenden großen Hundes ganz anders wahrgenommen wird als das eines kleinen. Ja natürlich - schneller ist mein Weimaraner vermutlich auch.
 
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Steffi
3. Feb. 15:33
Kläffen muss nicht Stress bedeuten. Es kann auch einfach ein Ausdruck von Freude sein. Es gibt halt auch bei Hunden den Typ gesprächiger, lauter Südländer und wortkarger Norddeutscher. Bis zu einem gewissen Punkt kann man das beeinflussen. Aber ich finde es sollte auch jeder Mensch/Hund nach seiner Facon glücklich werden.
50 Shades of kläffen bzw. bellen. ist jedenfalls bei meinem nordischen Spitz so und ich höre mittlerweile meist sogar raus, was gemeint ist. Ist auch ok, bloß gepöbel nervt.
 
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Steffi
3. Feb. 15:38
Ich meinte damit eher, dass bestimmte Verhaltensweisen gesellschaftlich unterschiedlich bewertet werden, wenn es darum geht, ob sie ‘aberziehbar’ sind oder nicht. Zum Beispiel wird bei einem Jagdhund häufig erwartet, dass er sein Jagdverhalten kontrollieren kann – und das kann er ja auch. Ein gut ausgebildeter Jagdhund hetzt nicht einfach blind hinter Wild her, sondern arbeitet in Abstimmung mit seinem Jäger. Gleichzeitig gibt es andere Verhaltensweisen, wie z. B. Bellen, bei denen diese Erwartung viel weniger stark ausgeprägt ist. Obwohl es auch hier evolutionäre Ursachen gibt – wie es unten bereits angesprochen wurde –, scheint es gesellschaftlich weniger wichtig zu sein, das Verhalten zu regulieren. Und genau da sehe ich eine Dissonanz: Bestimmte Verhaltensweisen sollen kontrolliert werden, während andere als ‘gegeben’ oder ‘harmlos’ hingenommen werden. Und ich denke, dass das sehr stark mit der Größe des Hundes zusammenhängt. Ich bin mir sicher, dass ein kleiner Hund, der jagt, weniger kritisch gesehen würde als mein Weimaraner, wenn er ein Reh hetzen würde – einfach weil das Bild eines jagenden großen Hundes ganz anders wahrgenommen wird als das eines kleinen. Ja natürlich - schneller ist mein Weimaraner vermutlich auch.
Ach ok, dann habe ich es richtig verstanden, aber anders bewertet bzw. empfinde ich den Erwartungsdruck hinsichtlich des Bellens subjektiv als gravierender, denn da liegt ja auch mein 'Problem'.
 
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Dogorama-Mitglied
3. Feb. 15:41
Ach ok, dann habe ich es richtig verstanden, aber anders bewertet bzw. empfinde ich den Erwartungsdruck hinsichtlich des Bellens subjektiv als gravierender, denn da liegt ja auch mein 'Problem'.
Ja verstehe ich. Ich hatte es jetzt im Thema groß versus klein gesehen. ☺️
 
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Julia
3. Feb. 15:51
Mein (kleiner) Hund hat seit Welpe an Kontakt zu Hunden jeglicher Größe. Wobei wirklich toben auch eher mit (bekannten) Hunden in annähernd passender Größe erfolgt, das ist einfach schon auch eine Sache des Verletzungsrisikos, weil zwischen 9kg und 50kg ist eben doch ein Unterschied. Trotzdem wie gesagt Kontakt besteht auch zu den Großen. Ich nehme ihn auch nicht auf den Arm, nur weil uns ein großer Hund entgegen kommt. Einmal haben wir das getan, aber da war es aus Schutzgründen. Ein Schäferhundmix hier aus dem TS hat ein Problem mit allen anderen Hunden. Besitzer weichen aus, trainieren, tun ihr bestmögliches, er hat auch immer Maulkorb und Leine. Aber einmal riss die Leine und er kam knurrend, angespannt auf unseren Welpen los gerannt. Da war der Impuls ihn hochnehmen und ich glaube das war auch ganz gut so.
Danach waren aus Hundesicht alle Schäferhunde erstmal mit Skepsis zu genießen. Allerdings haben wir hier einen absolut lieben Schäferhund, durch den hat er seine Skepsis wieder gut „kurieren“ können.

Allerdings seit der Pubertät gibt es Hunde, die er ankläfft. Bei weitem
nicht alle. Nur ein paar. Denen weiche ich wenn möglich aus. Ich verhindere, dass mein Hund den anderen Hund anstarrt, in die Leine geht und bellt indem ich mich körpersprachlich vor ihm stelle und wenn er ruhiger wird lobe. Er darf nicht an langer Leine auf irgendwen los preschen. Trotzdem wenn man uns so sieht, denken sicher viele „ach wieder eine pöbelnde Fußhupe, die keine Erziehung bekommt“. Stimmt dann leider aber nicht unbedingt.

Generell habe ich als Kleinhundehalter eher das Problem, dass so viele wildfremde Menschen den Hund zu sich locken, streicheln etc. Wollen und da auch mal probieren mein „Nein“ zu umgehen. Da muss man höllisch aufpassen. Es stört und erschwert die Erziehung ungemein, wenn man gerade wirklich Fuß übt und dann kommt der nächste der plötzlich vor dem Hund kniet und dideldumm macht. 😅

Auch hatten wir schon, dass wir auf der Wiese Schnüffelspiele gemacht haben und um die Ecke kam ein Berner Sennenhund und rennt meinen um. Klar hatte er dann bisschen Bammel und ist zu mir gekommen und ich habe mich dann auch vor ihn gestellt, einfach damit das nicht nochmal passiert. Oder Leute aus der Fraktion: die regeln das schon, ähm nö, das sollen die gar nicht- besonders ab einem gewissen Größenunterschied wäre das durchaus potentiell verletzungstechnisch mehr als ungünstig.

Auch laufen hier durchaus große Hunde herum, die null erzogen sind und wo man manchmal Bauchweh hat, weil Besitzer die niemals halten könnten. Das wirkt dann einfach bedrohlicher als wenn ein Dackel an der Leine ziehen sollte.

Ich für meinen Teil nehme meinen kleinen Hund als vollwertigen Hund wahr und nicht als Kuscheltier und er wird als eben dieser auch ernst genommen. Ich unterbinde unhöfliches anstarren, übe an der Leine laufen und weiß, dass auch er Zähne hat und durchaus auch ernsthafte Verletzungen hervorrufen könnte.

Was ich mir wirklich wünschen würde, wäre gegenseitige Rücksichtnahme ohne direkt zu beurteilen. Denn wenn ich sage, wir sind im Training, jetzt gerade keinen Kontakt und muss mir dann einen Vortrag darüber anhören, dass „der Kleine schon nicht gefressen wird“ ist das genauso wenig hilfreich, wie blöde Kommentare über „Fußhupen“ und co.
Ich versuche meinen Hund so zu führen, dass er sich sicher fühlt und andere möglichst nicht gestört werden (weder Hund noch Mensch noch anderes Tier). Dennoch ist er relativ lautlich vom Charakter und bellt draußen manchmal. Daran arbeiten wir, aber auszaubern können wir es nicht.