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Lena
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zuletzt 6. Sept.

Ursache fürs Anspringen finden und beheben

Dieser Thread hier ist entstanden nachdem ich in einem anderen Thread Videos von Samu eingestellt habe und daraufhin einige Kommentare kamen und wir dann doch etwas von ursprünglichen Thema des Threads abgewichen sind.. jetzt stelle ich die Videos hier nochmal ein und werde die Antworten aus dem anderen Thread als Screenshots hier einstellen und dann alles nach und nach beantworten. In dem anderen Thread wurde vorher schon ein wenig darüber geschrieben, aber ich werde alle wichtigen Infos auch hier reinstellen, sodass es auch ohne den anderen Thread zu kennen nachvollziehbar ist. Wer trotzdem die Konversation im anderen Thread lesen möchte, hier der Link: https://dogorama.app/de-de/forum/Verhalten_Psychologie/Notfall_-Reaktion_bei_Leinenreaktivitaet-DriFlVVUOAqpuOJfqbSb/ Hier jetzt erstmal die Erklärung (kopiert aus dem anderen Thread) zu meinen Videos: Auch wenn es mich jetzt doch etwas Überwindung kostet…. aber vielleicht hat ja jemand von euch einen Gedanken dazu, der mir selbst bisher noch nicht gekommen ist…. deshalb stelle ich jetzt ein Video von heute morgen hier rein (geteilt in 2, weil die Situation leider so lange gedauert hat und hier ja nur max. 3 Min. gehen..). Dazu muss ich noch sagen, dass Samu mich manchmal wirklich nur anspringt, aber meistens schnappt er leider auch nach Händen und Armen. (Hab ich bisher nicht erwähnt, weil es für mich bisher nicht so arg relevant war und es natürlich nix schönes ist, worüber man gerne spricht.. aber ich hab mir jetzt gedacht „entweder ganz, oder gar nicht“. Einfach offen und ehrlich ALLES erzählen und hoffen, dass man nicht zu sehr verurteilt wird und vielleicht sogar nützliche Hinweise bekommen kann..!) Trotzdem ist es nicht so, dass ich mir allgemein Sorgen machen muss, dass mein Hund mich beißt. Ansonsten gibt es sowas zum Glück überhaupt nicht bei uns. Nur in diesen Situationen. Was schon schlimm genug ist, aber ich wollte es einfach dazu sagen. Auch weil hier die Tage ja schon mal kurz das Thema „rückgerichtete Aggression“ aufkam. Aber das ist hier, meine ich, nicht unser Thema. Und ich muss noch dazu sagen, dass es heute erst das 2. Mal war, dass wir nicht nach dem ersten Leckerlie suchen sofort normal weiter gehen konnten und dass ich das mehrfach wiederholen musste. Sonst reicht immer wirklich nur 1x 1 Leckerlie suchen lassen und weiter geht’s, als wär nie was gewesen.. und bevor ich auf Play gedrückt hab, ist er auch schon gesprungen. Ich hab beim suchen dann das Handy gezückt und es extra gefilmt. Zum Hintergrund: Wir waren davor kurz auf einer Wiese, wo er mehrfach Enten Kacke fressen wollte, was ich jedes Mal unterbunden hab (mit „Pfui“ und Schritt auf ihn zu). Das fand er sicher doof. Danach sind wir weiter und ich glaube er wollte lieber in die andere Richtung abbiegen und nicht wieder zurück nach Hause. Weil nach dem Abbiegen, wo er dann weiß, dass wir in 1 Min. wieder daheim sind, fing es an….. Was ihr im Video gegen Ende seht: Solange ich Samu „beschäftige“ und dafür belohne, läuft er weiter ohne springen. Aber einfach NUR laufen geht nicht.. und auf einmal geht’s dann plötzlich wieder.. und auch die Hundebegegnung danach war kein Thema! Ich kann mir das nicht wirklich erklären….. diese plötzlichen Stimmungsschwankungen… außer evtl. durch seine Krankheit?!? Was seht ihr hier im Video bei Samu? Seht ihr Stress? Was denkt ihr darüber? Bitte ganz offen sagen was ihr denkt!! Danke dafür im Vorfeld! 🙏🏻
 
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Dogorama-Mitglied
6. Sept. 08:06
Kann ich echt nicht nachvollziehen...... sorry.. aber wenn du meinst, wenn das dein Eindruck ist.. Wer uns kennt, gibt uns anderes Feedback. 🤷🏽‍♀️
Meine ganz persönliche Meinung?

Dieser ganze Thread ist ein einziges Helikoptern um jede Bewegung, die der Hund macht - hier ist er nervös, dort womöglich überfordert, mal ist etwas Zug auf der Leine, da läuft er von links nach rechts und generell nicht "perfekt", ist er im Aussen, guckt er zu dir oder die Strasse entlang, wo muss sein Hintern sein, darf er schnuppern oder nicht, darf er sich wälzen und wie und wann und wo genau usw, usf...

Bis auf das Anspringen und Schnappen zu Beginn verhält sich Samu imho wie ein normaler Hund und ich habe das starke Bedürfnis dir zu raten, doch selbst mal ein gutes Stück nachzulassen und zu versuchen, ohne dieses ganze Kopfkino entspannt mit dem Hund Gassi zu gehen...
 
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Liane
6. Sept. 08:16
Da muss ich Joe recht geben. Der Hund soll funktionieren wie eine Maschine. Da kann sich kein Vertrauen und Bindung aufbauen. Wie lange hast du denn den Hund schon, 4jahre? Geh einfach mal normal spazieren im Wald auf ner Wiese. Lass ihn einfach mal seinen Bedürfnissen nachgehen nicht immer rumtrainieren. Kein Wunder das er immer gestresst ist der weiß ja gar nicht so richtig was er machen soll. Meine Meinung. Man kann auch eine Hund abstumpfen.
 
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Dogorama-Mitglied
6. Sept. 08:16
Ich möchte nicht sagen, dass dieser Tipp generell falsch ist. Sicherlich ist es in manchen Situationen und für manche Hunde sinnvoll, sich manchmal zurückzunehmen. Mir wurde der Tipp damals auch gegeben, dass ich mich mehr zurücknehmen soll, weil Koya gar nicht auf mich achten würde und er so lernen solle, mir mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nur war allerdings unser Problem, dass Koya das Bedürfnis nach mehr Führung und Bindung hatte. Und gerade das unterlässt man in solchen Situationen ja dann. Er hat dadurch noch weniger Führung und Kontakt zu mir bekommen, was wiederum das Anspringen noch verschlimmerte (So in der Art: „Hey sag mir doch gefälligst, wenn du stehen bleibst oder einen anderen Weg nimmst und ignoriere mich nicht andauernd! Wir sind doch ein Team!“). Lena hat gesagt, dass Samu etwas mehr Anleitung benötigt, weil er in vielen Situationen einfach zu viel Stress hat und sich dann nicht auf sie konzentrieren kann. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Vorgehensweise das dann ähnlich verschlechtert wie bei uns damals. Aber wie gesagt: Das soll den Ansatz nicht schlecht machen. Ich kann es sowieso nicht beurteilen, was für Samu das richtige wäre, das muss Lena entscheiden. Wollte nur mal kurz mein Bauchgefühl mitteilen.
Sich zurück nehmen heisst aber nicht, die Führung aufzugeben, sondern den Führungsstil zu verändern.

Und weil hier der Begriff "Bindung" mal ausnahmsweise halbwegs passt - es geht darum, ein sicherer, verlässlicher Bindungspartner zu sein, der mit Rat und Tat vorhanden ist !! wenn nötig !!, der aber auch Freiraum für eigene Entscheidungen und Bewegungen ermöglicht und damit umgehen kann, dass die manchmal nicht optimal ausfallen.

Letzteres hat bei Samu imho nach wie vor zu wenig Raum.
 
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Babs
6. Sept. 08:22
Wie genau meinst du das, dass für dich Leckerchen und Lob da keinen Sinn macht? Meinst du speziell in den Momenten, in denen ich lobe/belohne, dass du nicht versteht warum ich das in dem Moment tu? Oder meinst du allgemein die Gassi-geh-Situation mit anderem Hund, dass du da keinen Sinn in so viel Lob und Leckerlies siehst? Meiner Meinung nach ist er mit den Gedanken schon bei mir, wenn ich lobe. Ich kann seine Aufmerksamkeit auch für einige Sekunden halten, wenn ich das möchte. Ich will aber ja gar nicht, dass er sich zu sehr auf mich konzentriert in dem Moment. Also ich möchte ihn ja nicht ablenken. Aber ja, es hat sich unbeabsichtigt so entwickelt, dass das Leckerlie bei Aufmerksamkeit/Blickkontakt so eine Art Auflösesignal geworden ist. Früher gab es in so aufregenden Situationen kaum bis gar kein Blickkontakt. Ich bin froh, dass er mich nicht völlig vergisst vor lauter Aufregung und er reagiert ja (meist sofort) auf jede Ansprache von mir! Deshalb bin ich auch der Meinung, dass er schon mit dem Kopf bei mir ist. Nicht NUR bei mir, natürlich hat er auch den anderen Hund im Kopf. Aber das finde ich grundsätzlich nicht schlimm. Er soll ihn ja wahrnehmen. Aber so ganz im Außen kann er ja nicht sein, wenn er noch so gut ansprechbar ist. Das wäre früher alles undenkbar gewesen.. da war er dann wirklich fast komplett im Außen. Wie ich ja irgendwo auch geschrieben hatte, hab ich beim letzten Mal auch mal kurzzeitig zwischendurch die Leine etwas länger gelassen und Samu hatte "Freizeit", wo er keine feste Position hat, sondern den Leinenradius nutzen darf. Wie ich aber auch schon geschrieben hatte, war das noch zu stressig für ihn. Das waren die Momente, als er kreuz und quer gelaufen ist und so. Deshalb hab ich ihn dann ja auch immer wieder recht schnell doch wieder kurz und an die abgewandte Seite genommen. Überwiegend hatte ich ihn ja an meiner linken Seite mit kurz gegriffener Leine. Und das kennt Samu und er weiß dann schon, dass er auf dieser Seite laufen soll und mehr oder weniger neben mir. Ne ganz exakte Position haben wir da aber nicht. Ist ja kein Fuß laufen bzw soll es nicht sein. Einfach nur links neben mir, so dass mindestens noch Schnauze oder Popo auf Höhe meiner Beine sind (nicht weiter vor, als bis der Popo bei meinen Beinen ist oder nicht weiter hinten, als bis die Schnauze an meinen Beinen ist). Also einfach neben mir eben, nicht komplett vor mir, aber auch nicht komplett hinter mir. Und ich halte die Leine dann genau in der Länge, dass Samu genau diesen Spielraum hat. Abgesehen von den Momenten, wo ich kurz unaufmerksam war und/oder wir doch zu nah dran waren, wo Samu dann kurz in die Leine gehüpft ist und zu Vally rüber wollte.. abgesehen von diesen Momenten hat Samu seine Positionen doch gut gehalten - meiner Ansicht nach. (und abgesehen von den Momenten, wo er den Leinenradius nutzen durfte natürlich) Er lief nicht "perfekt", hat immer mal wieder bissl nach vorne gezogen, aber alles sehr gemäßigt für seine Verhältnisse für diese Situation und bei dem Abstand zum anderen Hund. Er hat aber nicht versucht ständig mit voller Kraft vor oder hinter mir rüber zu ziehen (wie er es früher getan hätte, da konnte ich ihn nicht körpersprachlich davon abhalten) oder ist irgendwie kreuz und quer gelaufen, solange ich die Leine kurz hatte. Also ich empfinde das tatsächlich als gar nicht so schlecht, wie du es anscheinend siehst.. aber vielleicht kannst und magst du mir ja erklären warum du so denkst? Wie Jörg dich auch schon gefragt hat, muss auch ich dich fragen: Was schlägst du denn vor wie Samu in dieser Situation seinen Stress abbauen könnte? Klar, dass Leckerlies seinen Stress nicht abbauen. Aber er braucht auf jeden Fall ein Feedback von mir, dass er es gut macht (was er meiner Meinung nach tut!). Deshalb lobe und belohne ich ja auch z.B. den Blickkontakt zu mir. Die Frequenz von Lob und Leckerlies passe ich im Laufe des Spaziergangs immer an den aktuellen Stresspegel von Samu an. Je ruhiger er ist, umso längere Pausen kann ich machen. Wenn es ihm aber grad sehr schwer fällt, dann braucht er mehr Feedback, weil er sonst wieder auf andere Ideen kommt, wenn ich ihm nicht sage, dass das gut ist, was er grad macht. Und ja, er ist immer wieder schnell im Außen.. wie gesagt ist das Leckerlie bei Aufmerksamkeit/Blickkontakt unbeabsichtigt wirklich wie ne Art Auflösekommando für ihn geworden. Aber grundsätzlich darf und soll er ja den anderen Hund wahrnehmen und ich will ja gar nicht, dass er die ganze Zeit auf mich konzentriert ist. Er fragt immer wieder ab, also schaut Vally an und dann mich, fragt"was machen wir" und "mach ich das so gut" und ich sage ihm mit Lob und Leckerlie "ja, du machst das gut, wir machen gar nix mit Vally und laufen einfach nur hier gemeinsam weiter". So sehe ich das eher. Aber vielleicht magst du mir auch hier näher erklären warum du es so negativ empfindest? (Oder habe ich deinen Kommentar falsch verstanden? Ich hab den Eindruck für dich ist alles nur "Chaos" und du siehst nichts positives darin..) Und ja, die Verbesserung ist eindeutig und selbst mein Mann war mega erstaunt, als er das erste Mal dabei war, was wir geschafft haben in der kurzen Zeit und dass das überhaupt möglich ist mit Samu! Ihm fällt es sonst immer eher schwer Verbesserungen zu erkennen und "anzuerkennen". Aber hier ist es so eine massive Veränderung, dass selbst er es bemerkt!
Mir liegt es weiterhin fern zu kritisieren. Es sind meine Beobachtungen und es ist mein Eindruck ohne große Bewertungen. Ich schaue nur von außen drauf, zumal ich nicht IN der Situation selber bin.

Meine persönliche Einstellung ist, dass ich nur Leckerchen nutze, um gezielt und bewusst etwas zu verstärken. Z. B. beim Aufbau eines Tricks. Ein Lob ist nicht einfach nur dahin gesagt, sondern ich freue mich von innen heraus über etwas, was mein Hund gemacht hat. Es geht nicht um die Häufigkeit, sondern um die ehrliche Wertschätzung. Insgesamt bleibt es für mich und meinem Hund etwas Besonderes.

Aus diesem Grund machen für mich in Deiner Situation Leckerchen und Lob keinen Sinn.

Ich sehe nur Ausschnitte in Kombination mit Deinen Kommentaren. Und da fällt mir auf, dass sich alles um Samu dreht. Er macht dies in der Situation und das in einer anderen Situation. Bleib doch mal Du selber und richte Dich nicht ständig nach Samu und denke nicht immer darüber nach, was er tun oder lassen soll. Z. B. schreibst Du, dass Du ihn nicht ablenken möchtest. Erwartest aber gleichzeitig, dass er Dich hin und wieder anschaut und dafür bekommt er was, um es dann selber wieder aufzulösen. Was soll er nun? Sich mit dem anderen Hund auseinandersetzen oder Dich anschauen oder Beides? Einerseits macht Samu was er will (er läuft vorne, hinten, schießt quer, löst selber auf) und gleichzeitig erwartest Du etwas von ihm. Und da kommt für mich das größte Problem ins Spiel. Die Körpersprache, konsequentes/verlässliches Verhalten und hierüber einen sicheren Rahmen bieten/geben. Die Haltung der Schultern, der Blick in eine Richtung, die Verlagerung des Gewichtes auf ein Bein, die Beckenstellung .... das sind alles Dinge, worauf ein Hund achtet. Und die Körpersprache sollte klar und eindeutig sein. In der großen weiten Welt gibt es für den Hund vorrangig 2 Konstaten. Sein Hundeführer und seine eigenen Erfahrungen in Situationen.

Mein Tip: Stell Dich mit Samu vor einem Spiegel und probier Dich aus. Filme mal mit, sodass Du nachher Samus Reaktionen analysieren kannst. So lernst Du Dich und Samu noch mehr kennen.

Ich empfinde es als wichtig, dass sich Hunde ohne Erwartungen mit der Außenwelt auseinandersetzen und dies auch verarbeiten können. Genauso wichtig finde ich, dass sich meine Hunde mit mir auseinandersetzen können und mein Verhalten/meine Gesten verlässlich lesen können. Nicht nur umgedreht, dass ich meinen Hund lesen kann. Es geht nicht um den einen Moment, sondern um das allgemeine Zusammenleben, woraus sich Themen ergeben, an denen man zum Wohl des Hundes arbeiten kann.
Alles was Hunde machen ist kein Zufall. Sie machen es bewusst. 1 cm Raum ergattern, Leckerchen fordern, andere Hunde anbellen, eine Ressource verteidigen oder freigeben, sich vor oder hinter einem setzen, die Pfote auf einen Fuß abstellen, sich abwenden ....

Wie ich schon oft geschrieben habe: Das ist meine Einstellung, unser grober Weg und ist nicht in Stein gemeißelt.
 
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Miriam
6. Sept. 08:37
Sich zurück nehmen heisst aber nicht, die Führung aufzugeben, sondern den Führungsstil zu verändern. Und weil hier der Begriff "Bindung" mal ausnahmsweise halbwegs passt - es geht darum, ein sicherer, verlässlicher Bindungspartner zu sein, der mit Rat und Tat vorhanden ist !! wenn nötig !!, der aber auch Freiraum für eigene Entscheidungen und Bewegungen ermöglicht und damit umgehen kann, dass die manchmal nicht optimal ausfallen. Letzteres hat bei Samu imho nach wie vor zu wenig Raum.
Du beschriebst genau das, was ich meine. Wir reden einfach seit Wochen aneinander vorbei, deshalb weiß ich schon gar nicht mehr, was ich noch dazu sagen soll.
 
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Dogorama-Mitglied
6. Sept. 09:12
Du beschriebst genau das, was ich meine. Wir reden einfach seit Wochen aneinander vorbei, deshalb weiß ich schon gar nicht mehr, was ich noch dazu sagen soll.
Dann hab ich das vielleicht falsch verstanden...wie sah denn diese Balance zwischen Führung und Freiraum dann bei euch aus?
Wie habt ihr das praktisch umgesetzt?
 
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Miriam
6. Sept. 09:50
Dann hab ich das vielleicht falsch verstanden...wie sah denn diese Balance zwischen Führung und Freiraum dann bei euch aus? Wie habt ihr das praktisch umgesetzt?
Das ist leider eine Frage, die sich nicht gut in ein paar Absätzen erklären lässt, weil das hochkomplex und auch für jede Situation individuell ist. Aber vielleicht kann man es sich ein bisschen mit diesem Übertragungsbeispiel vorstellen:

Ich stelle mir vor, ich wäre Chefin eines kleinen Teams in einer Firma, die einen wichtigen Auftrag bekommen hat. Unfair wäre es meiner Meinung nach, den Auftrag den Mitarbeitern einfach hinzuklatschen und zu sagen „Macht mal!“ und dann aber jedes Mal den Mitarbeitern die Ohren langzuziehen, wenn sie einen Fehler machen, Erfolge aber nicht zu belohnen. Die Moral im Team und auch mein Ansehen würde schnell sinken.

Besser ist es deshalb, wenn ich dem Team erkläre, was unsere Aufgabe ist, diese kleinteilig aufzuteilen, Ideen zu geben, wie sich bestimmte Probleme lösen lassen und dabei aber auch darauf zu achten, was machbar ist und wo die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter liegen. Gleichzeitig lasse ich aber Raum für eigene kreative Ideen (die vielleicht sogar besser als meine sind), feiere Erfolge und baue meine Mitarbeiter auf, wenn etwas nicht funktioniert hat, erarbeite mit ihnen, wo der Fehler war und gehe mit ihnen gegebenenfalls nochmals ein paar Schritte zurück.

Konkret auf Koyas Situation: Wenn er meine Aufmerksamkeit forderte (Samu scheint das hier mit Blicken zu machen, Koya macht das mit „Touch“ an meinem Handrücken) gebe ich ihm natürlich die Zuwendung, Anleitung oder eben auch Führung. Ich gebe ihm Feedback, wenn er etwas gut macht, gehe mit ihm ein paar Schritte zurück, wenn er zu aufgeregt ist, erweitere die Distanz zum Reiz oder mache sie ihm anderweitig angenehmer mit Leckerchen/Körperkontakt/Ablenkung. Dieses Touch zeigt mir z.B. auch an, wenn er zu aufgeregt ist. Da ist er dann komplett im Außen, schaut mich nicht mehr an und macht auch kein Touch mehr. Nicht, weil er es nicht will, sondern weil er es nicht kann. Da weiß ich dann, dass es nutzlos ist, in einer solchen Situation irgendwas regulieren, trainieren oder kontrollieren zu wollen. Wenn ich die Situation dann verlassen kann, tue ich das. Ansonsten weiß ich beim nächsten Mal, dass die Situation noch zu schwer für ihn ist und übe deshalb nochmal in Situationen, die noch nicht so aufgeladen sind.

Freiraum bekommt Koya immer dann, wenn er noch recht entspannt und nicht zu aufgeregt ist. Das erkenne ich an seiner Körpersprache und daran, dass er nur alle paar Minuten nach mir schaut, nicht alle paar Sekunden oder gar ständig ein Touch ausführt. Da darf er dann machen, was er möchte, solange es die Situation zulässt und er auch noch ansprechbar ist. Da kommentiere ich auch recht wenig, versuche Grenzen positiv zu setzen und belohne dennoch die Kontaktsuche zu mir. Alle anderen Ideen, die er hat und der Situation entsprechend sind, lasse ich ebenfalls unkommentiert. Generell ist er aber kein Hund, der sowas ausnutzt und mich komplett vergisst. Wenn er entspannt und moderat erregt ist, ist er immer ansprechbar und hat eine gute Bindung zu mir.

Das Führungsbeispiel funktioniert also nur, wenn man auch einen Hund hat, der generell eine gute Bindung zum Halter hat oder diese haben möchte und man davon ausgehen kann, dass der Hund seine Freiheiten nicht dazu nutzt, um den Halter zu dominieren, auszunutzen, auszutricksen oder zu provozieren (was ich allerdings für generell eher unwahrscheinlich halte, weil Hunde nicht berechnend sind, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema).
 
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Dogorama-Mitglied
6. Sept. 10:10
Das ist leider eine Frage, die sich nicht gut in ein paar Absätzen erklären lässt, weil das hochkomplex und auch für jede Situation individuell ist. Aber vielleicht kann man es sich ein bisschen mit diesem Übertragungsbeispiel vorstellen: Ich stelle mir vor, ich wäre Chefin eines kleinen Teams in einer Firma, die einen wichtigen Auftrag bekommen hat. Unfair wäre es meiner Meinung nach, den Auftrag den Mitarbeitern einfach hinzuklatschen und zu sagen „Macht mal!“ und dann aber jedes Mal den Mitarbeitern die Ohren langzuziehen, wenn sie einen Fehler machen, Erfolge aber nicht zu belohnen. Die Moral im Team und auch mein Ansehen würde schnell sinken. Besser ist es deshalb, wenn ich dem Team erkläre, was unsere Aufgabe ist, diese kleinteilig aufzuteilen, Ideen zu geben, wie sich bestimmte Probleme lösen lassen und dabei aber auch darauf zu achten, was machbar ist und wo die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter liegen. Gleichzeitig lasse ich aber Raum für eigene kreative Ideen (die vielleicht sogar besser als meine sind), feiere Erfolge und baue meine Mitarbeiter auf, wenn etwas nicht funktioniert hat, erarbeite mit ihnen, wo der Fehler war und gehe mit ihnen gegebenenfalls nochmals ein paar Schritte zurück. Konkret auf Koyas Situation: Wenn er meine Aufmerksamkeit forderte (Samu scheint das hier mit Blicken zu machen, Koya macht das mit „Touch“ an meinem Handrücken) gebe ich ihm natürlich die Zuwendung, Anleitung oder eben auch Führung. Ich gebe ihm Feedback, wenn er etwas gut macht, gehe mit ihm ein paar Schritte zurück, wenn er zu aufgeregt ist, erweitere die Distanz zum Reiz oder mache sie ihm anderweitig angenehmer mit Leckerchen/Körperkontakt/Ablenkung. Dieses Touch zeigt mir z.B. auch an, wenn er zu aufgeregt ist. Da ist er dann komplett im Außen, schaut mich nicht mehr an und macht auch kein Touch mehr. Nicht, weil er es nicht will, sondern weil er es nicht kann. Da weiß ich dann, dass es nutzlos ist, in einer solchen Situation irgendwas regulieren, trainieren oder kontrollieren zu wollen. Wenn ich die Situation dann verlassen kann, tue ich das. Ansonsten weiß ich beim nächsten Mal, dass die Situation noch zu schwer für ihn ist und übe deshalb nochmal in Situationen, die noch nicht so aufgeladen sind. Freiraum bekommt Koya immer dann, wenn er noch recht entspannt und nicht zu aufgeregt ist. Das erkenne ich an seiner Körpersprache und daran, dass er nur alle paar Minuten nach mir schaut, nicht alle paar Sekunden oder gar ständig ein Touch ausführt. Da darf er dann machen, was er möchte, solange es die Situation zulässt und er auch noch ansprechbar ist. Da kommentiere ich auch recht wenig, versuche Grenzen positiv zu setzen und belohne dennoch die Kontaktsuche zu mir. Alle anderen Ideen, die er hat und der Situation entsprechend sind, lasse ich ebenfalls unkommentiert. Generell ist er aber kein Hund, der sowas ausnutzt und mich komplett vergisst. Wenn er entspannt und moderat erregt ist, ist er immer ansprechbar und hat eine gute Bindung zu mir. Das Führungsbeispiel funktioniert also nur, wenn man auch einen Hund hat, der generell eine gute Bindung zum Halter hat oder diese haben möchte und man davon ausgehen kann, dass der Hund seine Freiheiten nicht dazu nutzt, um den Halter zu dominieren, auszunutzen, auszutricksen oder zu provozieren (was ich allerdings für generell eher unwahrscheinlich halte, weil Hunde nicht berechnend sind, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema).
Cool, aus der Beschreibung nehm ich definitiv was mit 👍👍👍
 
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Lena
6. Sept. 11:50
Die "Geduld" bezog sich nur auf das letzte Video, wo Samu mir ohnehin schon ziemlich erschöpft schien und dieses zackige Sitz-Steh-Rundum-Mitte-Lieg-Sitz nicht meine Wahl gewesen wäre. Mit "Unruhe" generell meine ich, dass du in vielen Videos sehr viel auf Samu einwirkst - viel auf ihn einredest, ihm viele Leckerlies reinschiebst, viele Übungen machst - und man selten sieht, dass der mal einfach nur in Ruhe vor sich hin laufen kann.
Danke für die Erklärung.

Das ist halt so, weil ich hier eben Videos einstelle, wo „etwas passiert“. Klar kommuniziere ich da dann mit Samu.

Glaub mir, Samu darf oft genug auch einfach laufen, ohne ständig von mir bequatscht zu werden ;)

Es gibt auch oft Gassi Runden, wo ich die ganze Zeit (also bei kürzeren Stunden, so 20 Min. oder so) nicht ein Wort gesprochen haben und kein einziges Leckerlie verteilt hab.

Oder auch allgemein rede und belohne und mache ich ja nicht dauerhaft so „viel“ wie auf den Videos.
Viel in Anführungszeichen, weil das ja relativ ist.. ist halt Ansichtssache.. aber es ist schon weniger geworden als früher und situativ/ phasenweise finde ich es so wie es mittlerweile ist in Ordnung, solange es eben nicht dauerhaft so ist. Aber manchmal würde auch noch etwas weniger nicht schaden..
 
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Miriam
6. Sept. 13:22
Danke für die Erklärung. Das ist halt so, weil ich hier eben Videos einstelle, wo „etwas passiert“. Klar kommuniziere ich da dann mit Samu. Glaub mir, Samu darf oft genug auch einfach laufen, ohne ständig von mir bequatscht zu werden ;) Es gibt auch oft Gassi Runden, wo ich die ganze Zeit (also bei kürzeren Stunden, so 20 Min. oder so) nicht ein Wort gesprochen haben und kein einziges Leckerlie verteilt hab. Oder auch allgemein rede und belohne und mache ich ja nicht dauerhaft so „viel“ wie auf den Videos. Viel in Anführungszeichen, weil das ja relativ ist.. ist halt Ansichtssache.. aber es ist schon weniger geworden als früher und situativ/ phasenweise finde ich es so wie es mittlerweile ist in Ordnung, solange es eben nicht dauerhaft so ist. Aber manchmal würde auch noch etwas weniger nicht schaden..
Ich denke was Joe und andere meinen, ist nicht, dass du generell weniger mit ihm reden sollst, ihn weniger loben oder auch weniger Leckerchen geben sollst, sondern, dass du einfach sehr hohe Erwartungen an Samu und dich stellst.

Du gehst die Dinge halt alle sehr verkopft an, überlegst dir bei jeder kleinen Bewegung von Samu, was das zu bedeuten hat und wie du sein Verhalten optimieren kannst. Und glaub mir, ich kann dich absolut verstehen! Ich war an der genau gleichen Stelle wie du, wollte alles richtig machen und den anderen beweisen, dass ich eine richtig gute Hundehalterin bin und mein Hund so ein richtiger Superhund wird, der sich total vorbildlich verhält. Diese Ambition ist ja nicht schlecht und sicherlich darin begründet, dass du die doofen Vorurteile gegenüber Listenhunden nicht bestätigen willst, aber dennoch können diese hohen Anforderungen an euer Team auch eure Beziehung zueinander vergiften.
Samu muss überhaupt nicht perfekt sein. Auch er darf seine Ecken und Kanten haben, genau wie du und jeder andere von uns hier.

Vielleicht ist dieser Eindruck, den man von dir bekommt, auch total falsch und in Wirklichkeit bist du gar nicht so streng mit euch. Aber hier im Forum kommt es so rüber, weil der Fokus eben darauf liegt, wie Samu sich in gewissen Situationen verhält und was noch verbesserungsfähig ist. Es wurde nur einmal kurz darüber gesprochen, was euch zweien eigentlich Spaß bereitet. Und zwar nicht nur, um ihn auszulasten, sondern einfach nur, weil ihr gerne Zeit miteinander verbringt.

Vielleicht würde euch helfen, wenn ihr euch mehr auf die freudigen Dinge im Leben konzentriert und nicht so sehr darauf, wie ihr ein perfektes Team werdet. Durch den gemeinsamen Spaß kommt letztes dann ganz von allein.
Koya und mir hat das auf jeden Fall am meisten geholfen. Ja, Koya ist nicht perfekt erzogen. Und er verhält sich manchmal auch völlig daneben. Aber das ist total in Ordnung! Er hat halt seine Marotten und genau das macht ihn doch zu dem kleinen Quatschkopf, der er eben ist.

Ich denke, wenn du generell etwas entspannter wirst und dir nicht mehr so einen Kopf machst, sondern die Dinge mal mehr nach Bauchgefühl angehst, wirst du auch ein souveräneres Auftreten haben, das Babs immer wieder betont. Einfach weil du mehr in dir ruhst und das strahlt man dann auch aus.