Home / Forum / Verhalten & Psychologie / "Sozialisierung" von Dieter Paul Hundetrainer

Verfasser-Bild
Daniela
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 165
zuletzt 19. Feb.

"Sozialisierung" von Dieter Paul Hundetrainer

MÜSSEN HUNDE MIT JEDEM HUND "SOZIALISIERT" SEIN? Hundehalter bekommen oft, wenn sie für ihren Hund Kontakt mit fremden Hunden ablehnen, zu hören, dass ihr Hund "schlecht sozialisiert" wäre. Es fallen Sätze wie: "ach ist er unverträglich"? oder "was haben Sie für einen aggressiven Hund"? Diese Sätze werden dann von tiefsinnigen, vielsagenden und immer vorwurfsvollen Blicken begleitet. Solche Sätze sind gemein, denn sie sollen dem Gegenüber suggerieren, in der Erziehung des eigenen Hundes versagt zu haben. Das erzeugte Gefühl: man erfüllt nicht die Erwartung einen uneingeschränkt und in jeder Situation freundlichen Hund zu haben. Manche Hundehalter fühlen sich dadurch so unter Druck gesetzt, dass sie lieber lügen. Sie schummeln dann indem sie sagen ihr Hund hätte Flöhe oder eine schlimme ansteckende Krankheit. Andere Hundehalter stürmen Hundeschulen in der Hoffnung einen mit jedem Hund verträglichen Hund zu bekommen. Durch diese Forderung nach dem ultimativ verträglichen Hund unterliegen sie anscheinend dem Druck, ihren Hund zwanghaft dahin erziehen zu müssen, dass er sich sofort freundlich und spielbereit gegenüber jeden anderen Hund verhalten und aggressives Verhalten anderer Hunde einfach ignorieren soll. Das allgemeine "Totschlagargument" bei der Forderung zum "ich spiele mit allen Hund" ist, dass der Hund doch ein Rudeltier sei. DAS STIMMT NICHT Hunde sind zwar Rudeltiere aber auf Hundewiesen trifft sich kein "Rudel", sondern fremde Hunde. Sind es mehrere Hunde die sich kennen, spricht man von einer Meute, nur bei Hunden die aus einem Familienverband stammen ist der Begriff "Rudel" zulässig. Wenn das Gegenüber mit diesem Argument kommt, dann empfiehlt sich ein mitleidiger, vielsagender, tiefer Blick und die kurze Anmerkung: "Sie verstehen aber nicht viel von Hunden"? MENSCHEN DIE MEINEN JEDER HUND "SPIELT" MIT ANDEREN HUNDEN HABEN UNRECHT Hunde wissen nichts um die menschliche Definition von Sozialverträglichkeit. Sie sehen auch keinen Sinn dahinter mit fremden Hunden "spielen" zu müssen. Ganz unter uns - ist das bei Menschen anders? Welcher Mensch mag schon jedem anderen Menschen etwas zu tun haben? Hier haben wir also einen höheren moralischen Anspruch an unsere Hunde als an uns selbst. Unsere Hunde sollen das tun, was wir selbst niemals tun würden - mit jedem fremden Menschen, ganz ohne Kennenlernphase gut Freund sein. HUNDEBEGEGNUGEN BRAUCHEN MANAGEMENT Ein Hundehalter, der darauf hofft, dass der eigene Hund ohne jegliches Management und Führung durch seinen Menschen immer freundlich bleibt, nie in einen Konflikt gerät und uneingeschränkt hundespielwiesentauglich ist, hat eine realitätsfremde Erwartungshaltung an seinen Hund. Ausgeprägt ist dieses Verhalten meist bei Einzelhundehaltern. Sie meinen es gut aber die Folgen sind fatal. Hundebegegnungen sind nur dann eine Bereicherung wenn die Vierbeiner Zeit haben einander kennen zu lernen und auch entscheiden dürfen welchen Hund sie mögen und welchen nicht. Bevor man sich in Hundebegegnungen stürzt sollte man 2 Dinge tun: Ein sicheres Abbruchkommando trainieren und sich einen realistischen Blick für die Bedürfnisse und Vorlieben des eigenen Hund aneignen. DER TUTNIX Wenn ein Hund in Lauerhaltung flach am Boden liegt und einen anderen Hund fixiert, dann ist das keine Spielaufforderung. Wenn ein Vierbeiner wie ein D-Zug in eine Gruppe von Hunden kracht ist das keine freundliche Handlung und jeder vernünftige Hund wird das umgehend sanktionieren. Wenn ein Rüde eine Hündin bedrängt, ist das nicht "lieb" und jede anständige Hundedame wird dem Hundemann zeigen wo der Bartl den Most holt. Hundehalter die ihre Hunde so agieren lassen sind ausgesprochen unbeliebt. Sie zeigen, dass ihr Hundewissen bei Null liegt und sie gefährden andere Hunde, möglicherweise auch fremde Menschen. Es soll schon Schlägereien deswegen gegeben haben, nicht zwischen den Hunden sondern zwischen Zweibeinern. Dem Tutnix tut es ebenfalls selten gut. Entweder wird er von einem größeren Hund verhauen oder er macht eine unliebsame Begegnung mit einem Zweibeiner der seinen Hund beschützen will. In jedem Fall wird es eine unerfreuliche Erfahrung sein, die das Verhalten des Hundes negativ prägen kann. SOZIALVERTRÄGLICHKEIT Sozialverträgliche Hunde nähern sich langsam und respektvoll, sie laufen Bögen, sie geben anderen Hunden Raum und ziehen sich zurück wenn sie merken, dass der andere Vierbeiner keinen Kontakt wünscht. Sie sind weder aufdringlich noch überdreht. Wer solches Verhalten seines Hundes zulässt, ist auch als Hundebesitzer alles andere als „sozialverträglich“. Die Sozialverträglichkeit des eigenen Hundes beginnt beim Besitzer und zwar mit der Einstellung niemanden belästigen zu wollen, sie bedeutet Neutralität des Hundes gegenüber seiner Umwelt und sie bedeutet Kommunikation unter Hundehaltern. VERTRÄGLICHKEIT KANN MAN NICHT ANERZIEHEN Man kann die Einstellung seines Hundes zu anderen Hunden nicht mit Erziehung verändern. Man kann ihm nicht anerziehen jeden fremden Hund zu mögen. Man kann niemals Charakter durch Ausbildung verändern. Was man kann, das ist einen Hund zum Gehorsam zu erziehen, so dass man Hundebegegnungen moderieren und eventuell auch abbrechen oder ganz vermeiden kann. Ein sozialverträglicher Hund ist ein Hund der Konflikten aus dem Weg geht, sie vermeiden kann. Keinesfalls aber ein Hund der mit allen anderen Hunden Kontakt sucht. Auch ein Hund hat das Recht andere Hunde nicht zu mögen. Er hat das Recht auf seine Individualdistanz. Das macht ihn nicht zu einem "schlechten Hund", ganz im Gegenteil. ALLE HUNDE SPIELEN Das ist ein menschliches Konzept, eine Vorstellung die vorwiegend bei wenig hundeerfahrenen Menschen zu finden ist. Hunde "spielen" selten, meist "trainieren" sie. Wenn eine Meute einen kleinen Hund hetzt, dann ist das nicht ein Fitlauf sondern Jagdverhalten. Was Hunde gerne tun ist, dass sie mit anderen Hunden kooperieren, das impliziert aber dass der Mensch dabei mitmacht. Hundehalter die tief in ihrem mobilen Telefon versunken sind oder tratschen, die sind keine Kooperationspartner sondern Menschen die ihren Hund "abgeben", ihn sich selbst überlassen. Wenn es dann kracht, dann fallen diese Menschen aus allen Wolken und machen meist alle anderen aber nie sich selbst dafür verantwortlich.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Nancy
Beliebteste Antwort
27. Juni 21:46
Danke du hast aus meinem herzen gesprochen. Es ist schön zu sehen, dass ich nicht alleine mit dieser meinung bin. Deswegen 👍👍👍 für dich
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Nancy
27. Juni 21:46
Danke du hast aus meinem herzen gesprochen. Es ist schön zu sehen, dass ich nicht alleine mit dieser meinung bin. Deswegen 👍👍👍 für dich
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
27. Juni 21:48
Nein muß er nicht. Wir mögen auch nicht jeden Menschen und so gibt es das auch unter Hunden
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Daniela
27. Juni 22:34
Vom Hundetrainer Dieter Paul auf FB gelesen
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Katrin
27. Juni 22:41
BOOM. Na das schlägt hier bestimmt wie eine Bombe ein😁. Ich stimme dir im großen und ganzen zu auch wenn es recht verallgemeinert geschrieben ist. Hundekontakt beginnt ja schon lange vor dem körperlichen Kontakt. Nun sind unsere Vierbeiner bedingt durch Zucht und Charakter teilweise in der Kommunikation eingeschränkt oder haben irgendwelche Eigenarten entwickelt. Das macht das ,,lesen" für alle noch etwas schwerer. Ich habe sehr viel Wert auf eine gute Sozialisierung gelegt und viel Zeit und Herzblut investiert. Suki hat absolut jeden Hund zu tolerieren. Auch in meiner Nähe und egal wie er sich verhält. Aber das bedeutet nicht das sie mit jedem Kontakt haben muss. Hier vertraue ich sehr auf ihre Einschätzung. Wir haben eine handvoll Hundefreunde. Unsere Buddygang. Mit denen wird auch mal richtig wild getobt, denn man kennt sich gut, die Hunde verstehen sich und kennen die Eigenarten des anderen. Da gibt es das Komplettprogramm von gemeinsam schnüffeln bis Showkampf. Zufallsbegegnungen laufen eher ruhig ab. Ein kurzes schnüffeln und gemeinsames laufen, mehr nicht. Einige Hunde wecken sogar null Interesse bei ihr. Ich als Hundehalter habe die Verantwortung für meinen Hund, immer und zu jeder Zeit. Das bedeutet auch das ich meinen Hund schützen muss, eben vor jenen die weniger umgänglich sind. Deswegen ist ein guter Grundgehorsam und einige Regeln was Hundebegegnungen betrifft für mich unverzichtbar.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Menni
27. Juni 23:00
Du hast vollkommen recht, wenn Du schreibst das sich ein Hund nicht mit jedem anderen vertragen muß. Er ist zwar Rudeltier, das beschränkt sich aber auf 'sein' Rudel! Seine Familie Mensch plus die gewohnten, bekannten Spielgefährten. Nicht jeder mag jeden und das ist auch vollkommen in Ordnung so! Ein gut sozialisierter Hund ist in meinen Augen ein Hund, der die 'Hundesprache' versteht und nicht auf andere los geht. Sympathie und Antipathie sind auch bei Hunden ein Thema. Sind wir unterwegs, oft mit 8- 10 Hunden, beobachtet man sehr gut wie jeder Hund seine Aufgabe im Rudel hat und seine Stelle im Rudel. Da kann man echt viel lernen. Und die halten zusammen! Kommt ein fremder Hund dazu, wird schon kritisch sortiert ob er im Rudel willkommen ist oder nicht. Und damit meine ich KEINE Aggression.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Lisa
28. Juni 12:49
Wie trainiere ich mit meinem Hund dementsprechend?
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Daniela
28. Juni 13:15
Wie trainiere ich mit meinem Hund dementsprechend?
Das könntest du ihn mal fragen
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
28. Juni 13:47
Ich bin teils deiner meinung. Hunde brauchen hunde...basta. Daraus entwickelt sich ein souveräner hund mit herrchen im idealfall. Angst ist fehl am platz. Die konfrontation wird gesucht. Hunde sind nicht dumm wie manche menschen. Sie sind authentisch ehrlich und direkt. Viele menschen eben nicht. Das ist das problem!! Meine meinung und erfahrung😉
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
28. Juni 13:55
Wir sind einer meinung😁
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Guido
28. Juni 14:07
Nur weil irgendein Hundetrainer sagt Hunde müssen sich mit allen Hunden verstehen ( Und wenn deiner nicht so reagiert kauf mein Buch oder mach nen Kurs) ist das jetzt Gesetz ? Ahhhhh ok. Unser Rudel verhält sich nicht so. Und das ist auch ok. Kommt ein fremder Hund auf uns zu und seine Körpersprache triggert einen unserer Hunde ( die grundsätzlich bei fremden Hunden an die Leine genommen werden) wäre eine Konfrontation unumgänglich. Unsere Hunde müssen nicht alle mögen. Ich kann auch nicht alle Menschen leiden gehe aber auch niemals zu fremden in den Garten und fang an dort mein Ding zu machen . Denn ich glaube auch da wäre eine Konfrontation unumgänglich.