Gutes, wichtiges Thema, daher fällt meine Antwort auch etwas länger aus.
Wobei ich das Video etwas enttäuschend fand.
Der Tenor ist, dass Rudelführer sein zu müssen altes überholtes Denken ist. Die Beispiele dazu sind dann doch sehr schwarz-weiß. Das ruppige "Erziehen" an einem Stoffhund zu zeigen, finde ich eine sehr gute Idee, aber den meisten Hundehaltern geht es heute doch gar nicht mehr um diese ruppig- dominante Art. Viele mit positiver Bestärkung arbeitende Trainer und Halter halten daran fest, dass es wichtig ist, dass der Mensch das Sagen hat. Und das geht nicht immer nur freundlich, da muss es für den Hund auch mal unangenehm werden (und damit meine ich ausschließlich so etwas wie Ignorieren, mit Abbruchsignal unterbrechen, konsequent die Befolgung eines Kommandos verlangen, Anleinen wenn der Hund nicht hört, ...)
Meine Meinung zum Rudelführer ist, dass der Mensch das ohne Zweifel sein muss. Aber er muss den Boss nicht in jeder Situation raushängen lassen. Wenn mein Hund sich bei Rehsichtung oder Wildfährte abrufen lässt, darf er frei laufen, und auch kreuz und quer. Wenn mein Hund leinenführig ist und bei Begegnungen nicht nach vorne geht, darf er an der Leine auch vor mir laufen. Wenn ich dem Hund das Futter grundsätzlich wegnehmen darf, muss ich das nicht ständig üben. Kurz gesagt, wenn der Hund sich gut benimmt, kann ich ihm auch viele Freiheiten lassen. Trotzdem bleibe ich Rudelführer.
Ich vergleiche das gerne mit einem Stadtführer oder Reiseleiter. Man ist für seine Gruppe verantwortlich, muss sie sicher durch die Stadt führen, das auch interessant gestalten. Man kann es nicht gebrauchen, wenn da jemand macht, was er will, die Gruppe verlässt oder stört. Dann muss man einen Weg finden, sich durchzusetzen. Versteht sich von selbst, dass kein Stadtführer auf renitente Gruppenmitglieder einprügelt oder tritt. Am besten funktioniert es, wenn man das Vertrauen der Gruppe genießt, dass man seinen Job gut macht. Und das Vertrauen hat man nur, wenn man seinen Job tatsächlich gut macht.
Also in diesem Sinne sollte man Rudelführer sein. Das ergibt sich für mich schon daraus, dass man für den Hund und sein Verhalten verantwortlich ist. Aber auch, weil ich fest daran glaube, dass geführte Hunde glücklicher sind als Hunde die überwiegend machen können, was sie wollen.
Das Thema, wer zuerst durch die Tür geht, finde ich bei (angeleinten) Hunden, die zuverlässig vor der Tür stehen bleiben, unwichtig. Die meisten Hunde reagieren aber auf irgendwas, und wenn ich nicht nachsehe, ob das draußen auf uns wartet, bevor der Hund durch die Tür geht, kann mich die Reaktion böse überraschen.
Bei unserer Hundegruppe war es uns von Anfang an wichtig, mit allen 4 Spazierengehen zu können. Das heißt, durch die Tür gehen nur nach Freigabe, nachdem ich einen Blick nach draußen geworfen habe. Vor der Tür Sitz, bis ich den Schlüssel verstaut und das Aufbruchkommando gegeben habe. Und dann diszipliniert losgehen. Das zu erreichen war (und ist manchmal noch) viel Arbeit, und die Hunde neben und hinter mir gehen zu lassen, und die Seite, auf der sie gehen, zu bestimmen, erleichtert das Ganze ungemein. Aber wir gehen natürlich nicht den ganzen Spaziergang so geordnet.
Fazit: Die grundsätzlichen Aussagen in dem Video finde ich gut und richtig, aber man hätte mehr Leute erreichen können, wenn differenzierter auf mehr Facetten eingegangen worden wäre.