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Jessica
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Anzahl der Antworten 71
zuletzt 22. Aug.

Kann aus einer Leinenpöblerin eine nette Artgenossin werden?

Hallo ihr lieben, ich habe eine teilweise freundliche/ teils ängstliche/ pöbelnde / mobbende Hündin aus Rumänien. Als Anfänger arbeiten wir mit Trainern und üben die hundebegegung über Orientierung und leinenführigkeit, weil wir die Hoffnung haben, dass ary irgendwann durchgängig entspannt durchs stadtgeschehen laufen kann. Meine Frage dazu ist: kann ich jetzt schon mal direkt meine Hoffnungen und Wünsche vergessen und einfach akzeptieren, dass sie eben keinerlei Hunde begegnen will/kann und ich sie nicht so oft mit in der Stadt dabei haben kann wie vorgestellt? Oder hat es bei euch geklappt und falls ja, wie lang hat es ungefähr gedauert, bis sich das Verhalten entspannt hat (mir ist bewusst dass es individuell ist, aber ich würde gerne einfach wissen worauf ich mich so einstellen kann, als ungeduldige Person, die jetzt schon nach 5 Monaten die Hoffnung verliert) Wir haben heute wieder ein paar Begegnungen gehabt die allesamt (4 unterschiedliche Hunde) reibungslos und lieb abgelaufen sind. Dann ein Hund den sie attackiert. Unser learning daraus ist, ab jetzt nur noch mit Maulkorb, um Hunde nicht weiter zu gefährden. Ich weiß, in dem Video wurde absichtlich vom Menschen etwas provoziert und nicht ganz richtig gehandelt, aber wir wollten uns eben ihre Kommunikation mit anderen anschauen (was im Nachhinein betrachtet unfair dem anderen gegenüber war). In Zukunft immer großen Bogen gehen ist zwar eine Maßnahme die sich umsetzen lässt aber ich träume noch davon, dass es eben einfach unkompliziert abläuft…
 
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Sonja
21. Aug. 07:35
Um auf deine Eingangsfrage zu antworten: Ja, sie kann es lernen, aber es gibt dafür keine Garantie. Hier sind tolle Tipps und Erfolgsgeschichten zu lesen, aber es gibt eben auch Hunde, die es nicht schaffen. Und das ist nicht schlimm und kein Versagen. Mein Mali z.B. kam mit 5,5 Jahren aus dem Tierheim zu mir. Er mochte keine anderen Hunde, aus welchem Grund auch immer. Zwei Jahre hab ich mit verschiedenen Trainern und Methoden daran gearbeitet. Und jeder kleine Fortschritt wurde immer durch eine Beissattacke von frei laufenden Hunden zunichte gemacht. Irgendwann hab ich das Training sein gelassen. Wir weichen aus, wir drehen um, wir gehen Bögen. Und ich arbeite mit Bestechung. Leckerchen rein in den Hund zur Ablenkung. Nicht pädagogisch wertvoll, aber hilft. Und seit ich Mali nicht mehr "trainiere" hat er ein größeres Vertrauen zu mir. Wir sind nicht perfekt, aber wir kommen gut durchs Leben. Als erstes würde ich dir den Tipp geben, entspann dich, schraub die Erwartungen runter und sieh, was sich entwickelt. Viel Erfolg!
Hört sich an, als hättest Du intuitiv den richtigen Trainingsansatz für Deinen Hund gefunden. Ausweichen = Reduzierung der stressigen Situationen
Leckerchen rein = Click für Blick
Der Erfolg gibt Dir recht.
 
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Dogorama-Mitglied
21. Aug. 07:36
Wenn Sie gelernt hat sich zu benehmen sag ich jetzt mal kann man das machen. Vorher einfach vorbei gehen. Da hat sie ja auch Begegnungen, sie läuft halt dann nur vorbei.
Was du da erzählst, ist zu einem guten Teil inkorrekt.

Man kann die Erregungszustände nicht über operante Konditionierung steuern
 
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Dogorama-Mitglied
21. Aug. 07:48
Hunde brauchen keinen Direktkontakt mit Fremdhunden, die haben davor schon kommuniziert und sich abgecheckt. Dieses Vermenschlichen und dem Hund Fremdhunde aufzwingen macht so viel kaputt. Braucht man sich auch nicht wundern wenn der Hund dann iwann doof wird weil er sich nicht mehr anders zu helfen weiß. Hunde sind Rudeltiere und keine ich hab alles und jeden lieb Tiere.
Zwischen "brauchen" und "aufzwingen" liegt die weite, weite Welt von "wollen" und "können".

Wenn man erfahrene Freiläufer beobachtet, stellt man fest, dass die von sich aus manchmal an Direktkontakt interessiert sind und ihn manchmal vermeiden.


Was Hunde und Halter brauchen, ist sich von derartigen Dogmen zu lösen und stattdessen ganz pragmatisch eine souveräne Kompetenz im Handling von Kontakten - auch Direktkontakten - zu erwerben.
 
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Dogorama-Mitglied
21. Aug. 08:06
Stehen bleiben finde ich persönlich falsch, da puscht sich der noch mehr auf
Das kannst du gerne persönlich falsch finden, es ist aber eine der hündischen Deeskalationsstrategien in Begegnungen.

Wie immer kommt es auf den Kontext und die Umsetzung an, sowohl beim Stehenbleiben als auch beim Weitergehen.
 
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Jessica
21. Aug. 08:33
Kann ich dir gerne mal schreiben, bin nur grad leider in der arbeit.
Mir bitte auch :)
 
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Jessica
21. Aug. 08:41
Ob die Ary gerne (mehr) Kontakte hätte oder nicht lässt sich anhand dieser Situation meiner Meinung nach gar nicht beurteilen, nur das diese Begegnung für die involvierten Hunde kein Gewinn war. Ihr kennt euch 5 Monate, die Hündin hat wohl Umweltängste. Gleichzeitig hast du viele Hoffnungen und Wünsche, die das Leben mit Hund zu sein hat. Vorstellungen und Erwartungen. Das finde ich erstmal menschlich und auch normal ☺️ Bei jemanden mit dem man viel Zeit verbringt finde ich es sinnvoll genau hinzuschauen, wer dieser Charakter, diese neue Persönlichkeit überhaupt ist. Was mag dein Hund, was mag er nicht? Welche Erwartungen und Wünsche hat dein Hund, wie möchte er mit Dingen umgehen, welche Ressourcen und Möglichkeiten hat er bereits dafür? Wer kann und möchte Ary überhaupt sein? Dazu kann ich eigentlich so gut wie alle Bücher von der Ulli Reichmann empfehlen. Die ist aktuell auch in den letzten Zügen über ein Buch zu Hundebegegnungen, vielleicht ist das für euch bald auch interessant, wenn es erscheint. Häufig versperren einem die eigenem Erwartungen dazu, wie der eigene Hund zu sein hat, die Möglichkeit ihn in mit all seinen Facetten wahrzunehmen. Ein Hund der unsicher ist, möchte sich womöglich in erste Linie sicher fühlen und benötigt ggf. einen Partner der ihm dabei hilft und unterstützt. Einen Partner auf den er sich verlassen kann, der hilfreich und zu seinen Gunsten agiert, statt ihn in Situationen reinzuführen, die er sehr gerne wahrscheinlich noch nicht gut bewältigen kann. Also mal ganz unabhängig von Hundebegegnungen. Der kleine Weiße folgt seiner Person die sehr zügig geradeaus weitergeht, ohne zu schauen, wie die Begegnung abläuft. Hier wird sich für ein richtiges Kennenlernen keine Zeit genommen. Der Bordermix steht nahezu mittig auf dem Weg und somit bleibt dem Kleinen nahezu gar keine Möglichkeit kontaktfrei (außer Augen zu und durch, was nicht jeder kann/ möchte und auch nicht unbedingt sinnvoll ist) weiterzugehen. Das würde ich dabei berücksichtigen, wenn man nun ebenfalls anfängt das Verhalten des kleineren Hundes in der Situation mit zu beurteilen. Ich würde wohl das Training erstmal hinten anstellen und ihm stattdessen erstmal vermitteln, dass seine Menschen in seinem Team spielen und sich um seine Belange kümmern. Am Selbstbewusstsein arbeiten, den Hund ein Gefühl der Selbstwirksamkeit entwickeln lassen und ihm so helfen, zu lernen, dass er durch sein Verhalten Situationen zu seinen Gunsten verändern kann. Was tut ihr denn nach solch aufregenden Situationen?
Danke für deine Worte. Was meinst du damit an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten ? Denn für meine Logik ist das aus dem Weg gehen und meiden von Situationen, die sie überfordern, doch im umkehrschluss der „Beweis“ dafür dass das alles gruselig und doof ist und man lieber Abstand hält, weil man das nicht Händeln kann und dann der Schreck noch größer ist wenn zb ein Hund plötzlich direkt vor einem steht.
 
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Vivi &
21. Aug. 09:26
Danke für deine Worte. Was meinst du damit an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten ? Denn für meine Logik ist das aus dem Weg gehen und meiden von Situationen, die sie überfordern, doch im umkehrschluss der „Beweis“ dafür dass das alles gruselig und doof ist und man lieber Abstand hält, weil man das nicht Händeln kann und dann der Schreck noch größer ist wenn zb ein Hund plötzlich direkt vor einem steht.
Naja, dein Hund pöbelt ja nicht, weil er selbstsicher ist. Sie versucht, sich Platz zu schaffen, weil sie unsicher ist und nicht weiß, wie sie mit der Situation umgehen soll. Das Video, das du gepostet hast, zeigt deine Hund, der klar kommuniziert: „Ich möchte nicht, dass du näher kommst, hier ist meine Grenze“. Ihre Grenze wird ignoriert und der kleine Hund kommt auf sie zu. Und da sie nicht weiß, wie sie reagieren soll, rastet sie aus. Das ist unangenehm und für sie auch schwierig, weil sie nicht weiß, wie sie sich verteidigen soll. In so einer Situation kann ein Hund auch beißen, weil er nicht weiß, welche Optionen er noch hat.
Wenn dein Hund aber selbstbewusster wird, und gleichzeitig Methoden lernen, mit solchen Situationen umzugehen, muss er nicht mehr ausrasten. Und diese Methoden lehrte teilweise von dir, das hatte ich ja im Kommentar auch beschrieben, aber auch von anderen Hunden. Dafür brauchst du aber souveräne Hunde, die Hunde Begegnung gut meistern.

Denn leider Gottes gibt es unter Hunden echt einige Arschlöcher, die Grenzen wahrnehmen und bewusst überschreiten. Das ist unhöfliches Verhalten und wenn das weder von dem Besitzern, noch von anderen Hunden korrigiert wird, dann kommen Sie ihr Leben lang damit durch. Bis sie irgendwann „ganz ohne Grund“ gebissen werden. Da du aber keine Möglichkeit hast, diese anderen Hunde zu erziehen, außer halt mit den Besitzern sprechen und wenn die einsichtig sind mit denen tatsächlich zusammen trainieren, musst du deinem eigenen Hund Methoden beibringen, damit umzugehen.

Selbst ein unsicherer Hund, kann lernen, von sich aus an den Rand zu gehen, Platz zu schaffen, sich aus der Situation rauszuziehen und körpersprachlich „unsichtbar“ zu werden. Und das ist zumindest der Weg, der uns geholfen hat. Und aus dieser beobachten Situation, der kein Stress besteht, lässt sich eine ruhige Begrüßung formen.

Ich dachte mir zum Beispiel immer wenn ich ein Hund hab, gehen wir ganz normal Gassi, die Hunde begrüßen sich dann an der Leine und man geht weiter. Das möchte mein Hund aber nicht. Und das zu begreifen und zu akzeptieren hat mich ein paar Jahre gekostet. Inzwischen ist es so, dass ich verstehe, was mein Hund möchte, nämlich, in seinem eigenen Rahmen und mit so viel Distanz wie es ihm angenehm, ist Kontakt aufnehmen und dann entspannt weitergehen. Dafür mache ich meinen Hund meistens von der Leine, und er läuft teilweise absurd große Bögen. Kann aber so stressfrei mit anderen Hunden interagieren. In Situationen, wo wir das nicht können, hole ich ihn gedanklich zu mir und wir gehen schnell gemeinsam weiter. Ohne dass der andere Hund auch nur ne Chance bekommt, mit uns Kontakt aufzunehmen.

D.h. nicht dass diese Methode für euch funktioniert. Vielleicht ist dein Hund ganz anders. Das hat für uns funktioniert, weil ich mich auf ihn eingelassen hab und zusammen mit ihm von anderen Hunden gelernt habe.
 
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Jessica
21. Aug. 09:30
Naja, dein Hund pöbelt ja nicht, weil er selbstsicher ist. Sie versucht, sich Platz zu schaffen, weil sie unsicher ist und nicht weiß, wie sie mit der Situation umgehen soll. Das Video, das du gepostet hast, zeigt deine Hund, der klar kommuniziert: „Ich möchte nicht, dass du näher kommst, hier ist meine Grenze“. Ihre Grenze wird ignoriert und der kleine Hund kommt auf sie zu. Und da sie nicht weiß, wie sie reagieren soll, rastet sie aus. Das ist unangenehm und für sie auch schwierig, weil sie nicht weiß, wie sie sich verteidigen soll. In so einer Situation kann ein Hund auch beißen, weil er nicht weiß, welche Optionen er noch hat. Wenn dein Hund aber selbstbewusster wird, und gleichzeitig Methoden lernen, mit solchen Situationen umzugehen, muss er nicht mehr ausrasten. Und diese Methoden lehrte teilweise von dir, das hatte ich ja im Kommentar auch beschrieben, aber auch von anderen Hunden. Dafür brauchst du aber souveräne Hunde, die Hunde Begegnung gut meistern. Denn leider Gottes gibt es unter Hunden echt einige Arschlöcher, die Grenzen wahrnehmen und bewusst überschreiten. Das ist unhöfliches Verhalten und wenn das weder von dem Besitzern, noch von anderen Hunden korrigiert wird, dann kommen Sie ihr Leben lang damit durch. Bis sie irgendwann „ganz ohne Grund“ gebissen werden. Da du aber keine Möglichkeit hast, diese anderen Hunde zu erziehen, außer halt mit den Besitzern sprechen und wenn die einsichtig sind mit denen tatsächlich zusammen trainieren, musst du deinem eigenen Hund Methoden beibringen, damit umzugehen. Selbst ein unsicherer Hund, kann lernen, von sich aus an den Rand zu gehen, Platz zu schaffen, sich aus der Situation rauszuziehen und körpersprachlich „unsichtbar“ zu werden. Und das ist zumindest der Weg, der uns geholfen hat. Und aus dieser beobachten Situation, der kein Stress besteht, lässt sich eine ruhige Begrüßung formen. Ich dachte mir zum Beispiel immer wenn ich ein Hund hab, gehen wir ganz normal Gassi, die Hunde begrüßen sich dann an der Leine und man geht weiter. Das möchte mein Hund aber nicht. Und das zu begreifen und zu akzeptieren hat mich ein paar Jahre gekostet. Inzwischen ist es so, dass ich verstehe, was mein Hund möchte, nämlich, in seinem eigenen Rahmen und mit so viel Distanz wie es ihm angenehm, ist Kontakt aufnehmen und dann entspannt weitergehen. Dafür mache ich meinen Hund meistens von der Leine, und er läuft teilweise absurd große Bögen. Kann aber so stressfrei mit anderen Hunden interagieren. In Situationen, wo wir das nicht können, hole ich ihn gedanklich zu mir und wir gehen schnell gemeinsam weiter. Ohne dass der andere Hund auch nur ne Chance bekommt, mit uns Kontakt aufzunehmen. D.h. nicht dass diese Methode für euch funktioniert. Vielleicht ist dein Hund ganz anders. Das hat für uns funktioniert, weil ich mich auf ihn eingelassen hab und zusammen mit ihm von anderen Hunden gelernt habe.
Jetzt versteh ich’s
 
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Dogorama-Mitglied
21. Aug. 09:32
Danke für deine Worte. Was meinst du damit an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten ? Denn für meine Logik ist das aus dem Weg gehen und meiden von Situationen, die sie überfordern, doch im umkehrschluss der „Beweis“ dafür dass das alles gruselig und doof ist und man lieber Abstand hält, weil man das nicht Händeln kann und dann der Schreck noch größer ist wenn zb ein Hund plötzlich direkt vor einem steht.
Es geht nicht um völliges Meiden, sondern um Anleiten und Moderieren in einem Mass, das für den Hund erträglich ist und aus dem er positive bzw kompetenzfördernde Lernerfahrungen mitnehmen kann.
 
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Liane
21. Aug. 11:26
Das kannst du gerne persönlich falsch finden, es ist aber eine der hündischen Deeskalationsstrategien in Begegnungen. Wie immer kommt es auf den Kontext und die Umsetzung an, sowohl beim Stehenbleiben als auch beim Weitergehen.
Wenn stehen bleiben nicht fun, geh ich weiter oder Dreh um