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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 31. Jan.

Immer erst noch Gucken...

In meiner Fantasie spreche ich meinen Hund gezielt an - zB Name oder Komm her - und sobald er meine Stimme hört, dreht er sich zackzack um und sieht mich an oder tut was ich will. In meiner Realität spreche ich meinen Hund gezielt an - zB Name oder Komm her - und sobald er meine Stimme hört, guckt er nicht selten erstmal noch ein gutes Weilchen in der Gegend rum, bevor er mich ansieht oder tut was ich will. (Ja ich hab prompte Reaktion auf Ansprache geübt und verstärkt. Hat bisher nicht viel geändert) 2 konträre Probleme hab ich mit diesem Verhalten: 1) Es nervt mich als Kontrollfreak ziemlich, nicht zuletzt weil es ihm Zeit gibt, sich gegen meine Aufforderung zu entscheiden und Blödsinn zu machen. 2) Je länger ich ihn dabei beobachte, um so mehr bekomm ich den Eindruck, dass das Abchecken der Umgebung wichtig für ihn/rassetypisch ist. Ich bin hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis/der Notwendigkeit prompter Befehlsbefolgung (sehr dicht frequentierter Lebensraum mit viel Potential für Probleme) und dass ich gerne meine Toleranz etwas erhöhen und auch ein verzögertes Befolgen akzeptieren würde, sofern dazwischen kein Blödsinn gemacht wird. Vielleicht müsste ich auch konkretere Anweisungen für konkrete Situationen ausarbeiten...? Und den Unterschied besser erkennen, zwischen Umsehen und Anvisieren (incl Davonlaufen)...? Habt ihr dazu ähnliche Erfahrungen und Gedanken?
 
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Carina
24. Jan. 11:17
Ich hab einen Hund, der für hochkonzentrierte Kooperation und das Gesteuert werden auf Entfernung gemacht wurde. Würde er Hüten, müsste er das auch regelmäßig leisten. Nur weil wir es "Spaziergang" nennen, wird das nicht grundsätzlich schwieriger für ihn, ausser dass es halt eine gemischte Situation ist, die etwas mehr Flexibilität verlangt. Das für sich genommen stresst ihn ja auch nicht, wenn ich ihn zwischendurch leicht dirigiere, da ist er ja gleich wieder entlassen und kann weiterschnüffeln. Eher müsste ich vielleicht mehr auf das Verhältnis wie viel ist zu tun - wie lange gehen wir und wenn möglich auf Pausen achten. Ich bin sogar tatsächlich skeptisch, ob es für ihn schöner oder mehr "Spass" wäre, wenn ich zwei Stunden kaum mit ihm interagieren würde... Selbst wenn rundherum wenig los ist, sind wir viel im Austausch. Das ist halt auch sein Job, zu achten was ich vorgebe, damit wir uns in unserer Lebenswelt gut und sicher bewegen können.
Versteh mich nicht falsch, ich bin mit Balto auch im permanenten Austausch. Er achtet laufend auf mich, hat mich im Auge, bleibt immer in meiner Nähe, reagiert auf meine Körpersprache. Im Gegenzug sind bei mir aber nur ein Bruchteil der Anweisungen "ernste Kommandos". Unsere Interaktion besteht zu 90% aus gemeinsamem Spaß. Meine "Befehle" sind oft nur Einladungen, denen er gerne folgt, weil für ihn auch etwas Spaßiges dabei ist. Z.B. ist ein Richtungswechsel auf Handzeichen für ihn kein stumpfes "Kommando befolgen", sondern ein "mit Vollgas über die Wiese brettern", bei dem er auch noch angefeuert wird.

Ich denke einfach, das Verhältnis aus Spaß und Arbeit für den Hund muss stimmen. Dann fällt dem Hund die Arbeit auch leichter, vor allem wenn es ernst wird.

Diesen Weg und diese Art der Kommunikation musste ich auch erst lernen. Nun habe ich mit Balto das genaue Gegenteil von Guiness, eine sehr eigenständige Rasse ohne will to please, der Befehle nur dann ausführt, wenn sie für ihn auch Sinn machen. Wenn man einfach nur reinen Gehorsam einfordert, macht er komplett dicht. Man muss die Motivation des Hundes berücksichtigen, damit er auch gerne mit dem Menschen zusammenarbeitet. Diese Hunde musst du auf deine Seite kriegen, da kriegt man nichts geschenkt. Das mag beim Arbeits- und Hütehund vielleicht anders sein, aber was beim eigensinnigen Sturkopf klappt, müsste ja dann beim Hüti das i-Tüpfelchen sein 😅
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 11:41
Vor allem andere Hunde, manchmal auch Menschen. Je höher die Grunderregung, umso eher passiert das natürlich. Ich versuche, da rechtzeitig anzusprechen oder zu sichern, aber wie gesagt...🤦 Skateboards und Wild wären auch Auslöser, aber wie ich meine mit etwas anderem Hintergrund.
Wie ist er sonst so gegenüber Hunden/Menschen? Also ich meinte damit auf Spaziergängen an der Leine. Wie nah kannst du da an Hunden/Menschen vorbeigehen?
Oder stehen bleiben und andere Hunde oder Menschen laufen eng vorbei?
 
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Kirsten
24. Jan. 12:21
Naja, für uns ist sowas in Berlin auch Alltag… aber weder ich noch Polli empfinden das als stressig und ich denke, das liegt daran, dass wir uns gegenseitig vertrauen, in 90% der Situationen das Richtige zu tun, und zwar bei beiden. Ich musste da sehr viel an mir arbeiten (erster Hund, man will alles richtigmachen, ihr immer wieder sagen, welche Pfote sie jetzt zuerst heben soll…😉), weniger Wert auf Details zu legen und ihr in vielen Dingen einfach zu vertrauen. Und mich auch weniger auf die Umgebung zu konzentrieren, als vielmehr auf sie, um mitzukriegen, wann sie jetzt wirklich nicht weiterweiß und von mir einen Fingerzeig braucht. Und sie musste im Wesentlichen lernen, was für mich ok ist und was nicht. Das hatte sie aber recht schnell drauf Ich habe aber auch den Vorteil, dass sie gründlich eher zurückhaltend und vorsichtig ist. Macht viele Situationen von vorneherein doch unkritischer. Wichtig war für uns aber auch das Stop auf Distanz. Polli lief sonst beim Rückruf auch genau vors Fahrrad.😫 Inzwischen kriegt sie Fahrräder selber mit und bleibt ohne Aufforderung an der Seite. Allerdings ist sie ziemlich verschlumpft und kriegt die manchmal echt nicht mit. Dafür dann das Stop. Kurze Unterbrechung, dann geht’s weiter… kein großes Ding. Was bei uns allerdings nach wie vor diskutiert wird, ist Fressbares (ehemaliger Strassenhund): da ruf ich und sie schaut mich auch an und schnappt sich noch schnell den nächsten Brocken, bevor sie kommt. Daher lese ich hier sehr interessiert mit!😀
Ja, nu. Ich wollte jetzt auch nicht pauschal sagen, das jeder Hund in der Stadt maximal überfordert ist 😄

Ich kenne euch ja nicht persönlich und kann nur von dem ausgehen, was hier so gepostet wird. Aber deine Texte klingen für mich auch nicht so als hättest du ein Thema oder gar Perfektionsanspruch mit ein ein paar Extra-Sekunden an Reaktionszeit 😉
 
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Katja
24. Jan. 13:04
Ja, nu. Ich wollte jetzt auch nicht pauschal sagen, das jeder Hund in der Stadt maximal überfordert ist 😄 Ich kenne euch ja nicht persönlich und kann nur von dem ausgehen, was hier so gepostet wird. Aber deine Texte klingen für mich auch nicht so als hättest du ein Thema oder gar Perfektionsanspruch mit ein ein paar Extra-Sekunden an Reaktionszeit 😉
Naja, bei unserem Fressthema schon… wer weiß, was da rumliegt. Meistens verbuch ich’s unter „Straße Säubern“, weil ich mich sonst verrückt machen würde. Aber ein vages schlechtes Gefühl bleibt.

Ich hab übrigens festgestellt, dass mehr „Trara“ durchaus öfter zum sofortigen Erfolg führt: Pfiff ist „sofort angaloppieren“. Bei was Fressbarem hilft meistens Pfiff + „EYYYYY“… zumindest, wenn sie noch nicht frisst bzw grad angefangen hat. Fressen + noch dazu lecker ist dann vorbei, da hilft nur ein Stück zurückgehen (nur ein Stück auf sie zu, ich interpretiere das als „Mist, Frauchen kommt zurück… dann muss ich wohl doch…“…😫

Würde das schon als ähnliche Situation sehen: Hund will jetzt das unbedingt noch checken/ein Maul voll nehmen… und „ja, dann komm ich meinetwegen, weil es dich glücklich macht und ich auch weiß, dass ich das nicht soll“.
Wie kriegt man die da aus dem Tunnel raus?
Wahrscheinlich echt nur über „oh, Frauchen hat da wohl grad noch was viel Tolleres!“…🤔
 
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Nadine
24. Jan. 14:59
Ich werfe mal noch den Notrückruf in den Ring.

Ich hab heute auch gepennt bzw hab nicht geschnallt, dass Wayne da gerade einen am Fahrrad rennenden Hund beobachtet. Wie man sich denken kann, ist er dann los gesprintet, normaler Rückruf Fehlanzeige. (Er kann sehr schlecht mit Dynamik umgehen und Hunde am Fahrrad sind hier Endgegner, noch schwieriger als Katzen.) Aber aufs Notsignal hat er unmittelbar umgedreht, weit bevor er den Hund erreicht hat.

Wichtig ist natürlich, dass man das nicht einmal pro Spaziergang einsetzt, sonst greift das ganz schnell nicht mehr. Aber für Situationen die wirklich kritisch sind ist es vielleicht eine Lösung. Darf halt nicht zu häufig vorkommen, hier bei uns vielleicht 2x im Jahr. (und zusätzlich so 2-3x ohne Grund als Auffrischung)
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 15:37
Ich werfe mal noch den Notrückruf in den Ring. Ich hab heute auch gepennt bzw hab nicht geschnallt, dass Wayne da gerade einen am Fahrrad rennenden Hund beobachtet. Wie man sich denken kann, ist er dann los gesprintet, normaler Rückruf Fehlanzeige. (Er kann sehr schlecht mit Dynamik umgehen und Hunde am Fahrrad sind hier Endgegner, noch schwieriger als Katzen.) Aber aufs Notsignal hat er unmittelbar umgedreht, weit bevor er den Hund erreicht hat. Wichtig ist natürlich, dass man das nicht einmal pro Spaziergang einsetzt, sonst greift das ganz schnell nicht mehr. Aber für Situationen die wirklich kritisch sind ist es vielleicht eine Lösung. Darf halt nicht zu häufig vorkommen, hier bei uns vielleicht 2x im Jahr. (und zusätzlich so 2-3x ohne Grund als Auffrischung)
Das haben wir auch und es ist wirklich Gold wert. 👍🏻
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 16:09
Versteh mich nicht falsch, ich bin mit Balto auch im permanenten Austausch. Er achtet laufend auf mich, hat mich im Auge, bleibt immer in meiner Nähe, reagiert auf meine Körpersprache. Im Gegenzug sind bei mir aber nur ein Bruchteil der Anweisungen "ernste Kommandos". Unsere Interaktion besteht zu 90% aus gemeinsamem Spaß. Meine "Befehle" sind oft nur Einladungen, denen er gerne folgt, weil für ihn auch etwas Spaßiges dabei ist. Z.B. ist ein Richtungswechsel auf Handzeichen für ihn kein stumpfes "Kommando befolgen", sondern ein "mit Vollgas über die Wiese brettern", bei dem er auch noch angefeuert wird. Ich denke einfach, das Verhältnis aus Spaß und Arbeit für den Hund muss stimmen. Dann fällt dem Hund die Arbeit auch leichter, vor allem wenn es ernst wird. Diesen Weg und diese Art der Kommunikation musste ich auch erst lernen. Nun habe ich mit Balto das genaue Gegenteil von Guiness, eine sehr eigenständige Rasse ohne will to please, der Befehle nur dann ausführt, wenn sie für ihn auch Sinn machen. Wenn man einfach nur reinen Gehorsam einfordert, macht er komplett dicht. Man muss die Motivation des Hundes berücksichtigen, damit er auch gerne mit dem Menschen zusammenarbeitet. Diese Hunde musst du auf deine Seite kriegen, da kriegt man nichts geschenkt. Das mag beim Arbeits- und Hütehund vielleicht anders sein, aber was beim eigensinnigen Sturkopf klappt, müsste ja dann beim Hüti das i-Tüpfelchen sein 😅
Versteh jetzt du mich nicht falsch, aber wenn du denkst, dass Hütehunde einem was "schenken" oder dass sie dumpfe Befehlsempfänger ohne eigene Meinung sind, hast du nicht übertrieben viel Ahnung.

Ganz ehrlich gesagt bin ich inzwischen ein bisschen satt von diesem ganzen "will to please = hirnloser Gehorsam" bzw "meiner ist ja so eigenständig, der macht nur was Sinn ergibt, blablabla".

Nicht all zu persönlich nehmen, aber das nervt manchmal ein bisschen.
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 16:16
Wie ist er sonst so gegenüber Hunden/Menschen? Also ich meinte damit auf Spaziergängen an der Leine. Wie nah kannst du da an Hunden/Menschen vorbeigehen? Oder stehen bleiben und andere Hunde oder Menschen laufen eng vorbei?
Er ist weitgehend problemlos an der Leine, keine generell Reaktivität oder so. Wir können an Menschen im Zentimeterabstand und an neutralen Artgenossen in vielleicht 2 Metern vorbeigehen.

Intakte Konkurrenz, Pöbler, sexy Mädels und Leute, die ihn zu Interaktion animieren, bringen ihn aber mal mehr, mal weniger in Wallung und müssen dementsprechend mehr gemanaged werden.

Er ist halt auch noch nichtmal 3, da ist in Punkto Selbstbeherrschung noch Luft nach oben.

Bei mir übrigens auch 🫣
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 16:21
Ich werfe mal noch den Notrückruf in den Ring. Ich hab heute auch gepennt bzw hab nicht geschnallt, dass Wayne da gerade einen am Fahrrad rennenden Hund beobachtet. Wie man sich denken kann, ist er dann los gesprintet, normaler Rückruf Fehlanzeige. (Er kann sehr schlecht mit Dynamik umgehen und Hunde am Fahrrad sind hier Endgegner, noch schwieriger als Katzen.) Aber aufs Notsignal hat er unmittelbar umgedreht, weit bevor er den Hund erreicht hat. Wichtig ist natürlich, dass man das nicht einmal pro Spaziergang einsetzt, sonst greift das ganz schnell nicht mehr. Aber für Situationen die wirklich kritisch sind ist es vielleicht eine Lösung. Darf halt nicht zu häufig vorkommen, hier bei uns vielleicht 2x im Jahr. (und zusätzlich so 2-3x ohne Grund als Auffrischung)
Kannst du das bzw dein Training dafür vielleicht näher beschreiben?

Die Einen sagen bez Superrückruf oft üben, nur was geübt wird klappt auch - Andere wieder vertreten den Standpunkt nur ganz selten benutzen...Ich bin da etwas verwirrt, was der beste Weg ist...
 
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Dogorama-Mitglied
24. Jan. 16:21
Er ist weitgehend problemlos an der Leine, keine generell Reaktivität oder so. Wir können an Menschen im Zentimeterabstand und an neutralen Artgenossen in vielleicht 2 Metern vorbeigehen. Intakte Konkurrenz, Pöbler, sexy Mädels und Leute, die ihn zu Interaktion animieren, bringen ihn aber mal mehr, mal weniger in Wallung und müssen dementsprechend mehr gemanaged werden. Er ist halt auch noch nichtmal 3, da ist in Punkto Selbstbeherrschung noch Luft nach oben. Bei mir übrigens auch 🫣
Ja klar, Training und Selbstbeherrschung braucht halt Zeit. Man lernt ja auch mit seinem Hund. 😉
Sind es denn auch dieselben Reize, also intakte, pöbelnde und Mädels, die ihn zum hinlaufen animieren im Freilauf?